Mittwoch, 1. Juli 2009

Donnerstags nachts im Campo Pequeno





Donnerstags nachts zwischen Ostersonntag und Ende Oktober, ist die Lissabonner Stierkampfarena im Campo Pequeno, genauso wie jede andere Stierkampfarena des Landes, ein magisches Feld; dann ist nämlich Stierkampfzeit („tempo de touradas“).
Der Stierkampf ist fester Bestandteil portugiesischen Brauchtums und Folklore.

Wie im Nachbarland Spanien, so gibt es auch hier in Portugal zwei Typen von Menschen:
die die den Stierkampf lieben, und die die ihn abgrundtief hassen.
Der Stierkampf, auf Portugiesisch „tourada“ genannt, lässt niemanden gleichgültig.
In Portugal unterscheidet sich der Stierkampf allerdings grundsächlich vom Stierkampf in Spanien; beide sind nicht mit einander zu vergleichen!

Das ist so, als wenn man Handball und Fußball miteinander vergleichen würde. Zwar wird beim Hand- und beim Fußball jeweils ein Ball zum spielen benutzt. Das Spiel selber aber unterscheidet sich grundlegend. So ungefähr kann man sich den Unterschied zwischen der portugiesischen „tourada“ und der spanischen „corrida“ vorstellen. Corrida ist überhaupt ein Begriff, der in Portugal schon einem Schimpfwort gleichkommt.

Der Hauptunterschied zwischen einer „tourada“ und einer „corrida“ ist, das der Stier in einer portugiesischen Arena niemals den Tod findet, so wie die spanischen Stiere in einer Arena auf der anderen Seite der Grenze. Eher erwischt es hier in Portugal ab und zu Mal den Stierkämpfer tödlich, den „toureiro“.

Der Kampf selbst besteht aus drei Teilen.
Zuerst beschäftigen sich die „toureiros“ zu Fuß mit dem Stier und versuchen ihn einigermaßen zu bändigen.
Dann tritt der berittene Stierkämpfer, der „cavalheiro“, auf seinem Pferd in Aktion. Hier wird nun der Stierkampf fast zu einem imaginären Ballett, in dem lusitanischer Ross und Reiter eine Einheit gegen den Stier bilden.
Und zuletzt treten die acht „forcados“ in die Arena ein. Sie springen unbewaffnet in die Arena, stellen sich in einer Reihe vor dem Stier auf und einer aus ihrer Mitte wirft sich dem Stier zwischen die Hörner und versucht sich an diesem festzuhalten. Dann stürmen die anderen auf das Tier zu und versuchen ihn mit bloßer Manneskraft sprichwörtlich „in die Knie“ zu zwingen.

Anders als in Spanien darf der Stier, wie gesagt, nach diesem Spektakel lebend die Arena verlassen.
War er ein guter Kampfstier, und hat er für ein Spektakel ohnegleichen gesorgt, dann wird ihm die Freiheit geschenkt und er darf sein Lebensabend als Zuchtstier auf der Weide verbringen. War er aber ein mittelmäßiger oder gar schlechter Stier, dann kommt er direkt ins Schlachthaus. So ist nun einmal das Leben eines Nutztieres!

In den letzten Jahren finden sich vor einigen Stierkampfarenen des Landes immer wieder öfters, so genannte Tierschützer, die lautstark gegen den Stierkampf protestieren. Meistens handelt es sich bei diesen Demonstranten um deutsche Staatsbürger.

Nun, ich persönlich habe nichts gegen diese Demonstranten, solange sie friedlich bleiben, und nicht wie vor einigen Wochen, wehrlose Besucher einer „tourada“ mit Tierblut bespritzen und beschmutzen.
Aber als Portugiese, der 30 Jahre lang in Deutschland gelebt hat, und dem es nie im Traum eingefallen wäre, vor einer Hühnerfarm zu demonstrieren, würde ich diese Demonstranten schon gerne einmal fragen, ob sie in Deutschland nicht genug Tiere zum Retten haben, das sie sich ausgerechnet eine Tierart zum schützen aussuchen müssen, die dieses Schutzes überhaupt nicht bedarf.

Denn ohne den Stierkampf, wären die Stiere und auch die lusitanischen Pferde, die alleine nur für den Stierkampf gezüchtet werden, schon längst ausgestorben!
Außerdem, wer sich ein wenig mit dem Stierkampf auseinander setzt, wird erfahren, dass man nicht umsonst bei diesen Tieren von „wilden Stieren“ spricht. Das heißt, im Gegensatz zu den Rindern die in Deutschland in dunklen und stickigen Ställen geboren werden um dann acht Monate gemästet zu werden, um danach beim Schlachter zu Enden, ohne jemals eine grüne Wiese betreten zu haben, werden portugiesische Kampfstiere wild auf einer Weide geboren und leben dann für die nächsten fünf oder sechs Jahre ihres Lebens wild und in völliger Freiheit.
Und wer sich die Menschen, die mit dem Stierkampf zu tun haben, anschaut und ihnen genau zuhört, der wird feststellen dass es kaum größere Tierliebhaber und Tierschützer gibt, als diese selbst.

Ich selber bin ein großer „aficionado“, so nennt man hier in Portugal, die Menschen die dem Stierkampf nachfrönen, und ich bin stolz darauf.
Ich werde mir niemals diese Liebhaberei, die eine 1000 Jahre alte Kunst und Folklore meines Volkes ist, durch ein paar deutsche Pseudodemonstranten nehmen lassen.

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