Mittwoch, 29. April 2015

Es gibt kein schlechtes Wetter, nur verschiedene Arten von gutem Wetter!


Heute hatten wir hier in Lissabon einen schönen sonnigen und recht warmen Tag.
Als Mitte des Monats meine Freundin Vanda in Portugal war, um hier ein paar Tage Urlaub an der Algarve zu machen, hatte sie mit dem Wetter weniger Glück, denn sie hat ziemlich regnerische, windige und leider auch kalte Urlaubstage abbekommen.

Als Vanda sich bei mir telefonisch über das Wetter beschwerte – als ob ich beim portugiesischen Wetterdienst arbeiten würde und daher für das schlechte Wetter zuständig wäre – gab ich ihr zum Trost als Antwort eine uralte portugiesische Bauernweisheit mit auf dem Weg:

„Abril, águas mil!“ – was ins deutsche übersetzt soviel heißt wie „Im Monat April, mach dich auf viel Wasser gefasst!“, d.h. der April gilt auch hierzulande als ein sehr unbeständiger und beim Wetter sehr unzuverlässiger Monat.

Heute bin ich von meinem Leser Peter, der dieses Jahr einen zweiwöchigen Urlaub hier in Portugal plant, gefragt worden welche die beste Reisezeit wäre, um in Portugal „so richtig geiles Wetter“ abzubekommen.

Nun, in Zeiten globaler Erderwärmung und extremen Klimawandel lässt sich leider nicht mehr so genau sagen, wie das Wetter am nächsten Tag, nächste Woche oder im nächsten Monat hierzulande sein wird.
Das war früher einfacher.
Da gab es hier in Portugal zuverlässig einen Frühling, einen Sommer, etwas Herbst und kaum einen Winter.
Aber heute ist das leider alles nicht mehr so eindeutig wie früher.

Meine Verbindungen zu Petrus sind in letzter Zeit nicht die allerbesten, aber ich glaube sagen zu dürfen das für gewöhnlich eine Rundfahrt durch Portugal, einen Aufenthalt an der Südküste oder auch einen Kulturtrip nach Lissabon sich der Frühling und der Herbst am besten anbieten, so etwa von März bis Anfang Juni sowie von Anfang September bis Anfang November.
An der Algarve kann man im Regelfall in diesen Monaten mit einem angenehm warmen und recht beständigen Wetter rechnen; es ist jedoch nie auszuschließen, dass es auch mal einige Tage lang recht heftig regnet – man frage die leidgeprüfte Vanda…

Wer einen Badeurlaub an der westlichen Atlantikküste plant, sollte den Hochsommer als Reisezeit wählen.
Ein beständig kräftig wehender Wind sorgt dafür, dass es nie zu heiß wird.
Im Norden bleiben selbst im Juli und August manchmal Regenfälle nicht aus und außerhalb der Algarve erreichen die Wassertemperaturen nur sehr selten die 18°C.
Erträglich ist ein Aufenthalt im Hochsommer eigentlich nur an der Algarve, wo die Höchsttemperaturen selten über 35°C steigen.
Da jedoch in Portugal die Sommermonate die Zeit des stärksten Reiseverkehrs sind, wird sich mancher im Gedränge an der Algarve und vor allem in den Seebädern um Lissabon herum nicht mehr so recht wohl fühlen.
Die portugiesische Südküste hat ein sehr wintermildes Klima. Die Tiefsttemperaturen sinken nur kurzzeitig unter 10°C; an einem geschützten Plätzchen kann man hier selbst im Dezember und Januar die Sonnenstrahlen genießen.

Da das Klima auf Madeira das ganze Jahr über mild bis subtropisch ist, wählen viele auch hierzulande die Atlantikinsel als Winter- und Frühjahrsreiseziel.
Sogar in den Wintermonaten sinkt die Temperatur in Funchal nur sehr, sehr selten unter 12°C, die Tageshöchsttemperaturen liegen bei 22°C.
Man muss damit rechnen, dass es hin und wieder regnet, meist handelt es sich jedoch um Schauer von kurzer Dauer.
Das Wasser ist selten kälter als 18°C.
Im Sommerhalbjahr sind die Niederschläge deutlich geringer; die höchsten Durchschnittstemperaturen werden in Funchal im August mit gut 25°C erreicht.

Dank des nach der Azorengruppe benannten Azorenhochs, macht es kaum einen Unterschied ob man im Hochsommer oder im Winter auf die Azoren reist.
Da die Inselgruppe im Bereich des Golfstroms liegt, hat sie das ganze Jahr über ein gleichmäßig mildes Klima, mit durchschnittlich 22°C.
Dennoch darf man auf den Azoren keinesfalls mit beständig schönem Wetter rechnen. Im Gegenteil, es ist ganz normal das man auf den Inseln an einem einzigen Tag die vier Jahreszeiten erleben kann.
Die hohen Niederschläge verteilen sich auf das ganze Jahr, zudem sind die Azoren ebenfalls das ganze Jahr beständigen Winden ausgesetzt.

Aber ob es nun regnet oder die Sonne scheint, man sollte einen Besuch in Portugal – außer man hat wie meine Freundin Vanda einen Badeurlaub geplant – nie vom Wetter abhängig machen.
Im Grunde genommen gibt es kein schlechtes Wetter, sondern nur verschiedene Arten von gutem Wetter!

Mittwoch, 22. April 2015

Tomar






Das reizvoll in der mittelportugiesischen Landschaft Ribatejo, unweit nördlich vom Tejo, am Fluss Nabão gelegene Städtchen Tomar hat knapp 41.000 Einwohner und ist vor allem wegen seines mächtigen Ordenskloster der Christusritter, das seit 1983 UNESCO-Weltkulturerbe ist, bekannt.

Das Flüsschen Nabão teilt das recht ansprechende Städtchen in einen westlichen und einen östlichen Teil.
Das historische Zentrum befindet sich westlich des Flusses, rund um die Praça da República.
An diesem zentralen Platz, an dem ein Denkmal für den Stadtgründer Gualdim Pais steht, befindet sich die um 1490 erbaute Kirche São João Baptista mit ihrem wunderschönen, zierlichen manuelistischen Portal.
Vor dieser Kirche beginnt das nur alle vier Jahre stattfindende größte Stadtfest von Tomar, die „Festa dos Tabuleiros“ (port.: Fest der Präsentierplatten), mit einem traditionellen Volksfestumzug.

Bei dieser religiösen Prozession ziehen weißgekleidete Mädchen und Frauen durch die Straßen der Altstadt und balancieren auf ihren Köpfen hohe Präsentierplatten (port.: tabuleiros), auf denen sich immer 30 Brotlaibe türmen, die mit Ähren, bunten Papierblumen, Klatschmohn und Weinlaub geschmückt sind. Jeder „tabuleiro“ hat in der Regel die Höhe des Mädchens, das ihn auf den Kopf trägt.
Mit diesem Fest soll an die Zeremonie erinnert werden, mit der im 14. Jahrhundert vom Heilig-Geist-Orden Lebensmittel bei Prozessionen an die Armen verteilt wurden.

Etwas südlich von der Praça da República steht die aus dem 15. Jahrhundert stammende alte Synagoge im alten Judenviertel (port.: judiaria), indem sich das kleine jüdische Museum Abraão Zacuto (port.: Museu Luso-Hebraico Abraão Zacuto) befindet, das nach Abraham ben Samuel Zacuto, dem jüdischen Astronomen von König João II, benannt ist. Tomar gehört heute, auf Grund seiner jüdischen Geschichte, der „Rede de Judiarias“ an, einer Gruppe von historischen portugiesischen Stätten mit ehemals bedeutenden jüdischen Gemeinden, zu denen z.B. auch die Städte Belmonte, Évora, Lamego und Trancoso gehören.

Östlich von der Synagoge überquert die Ponte Velha (port.: Alte Brücke) den Rio Nabão.
In einer Sandbank des Flusses wurde der hübsche Park do Mouchão angelegt, in dessen Umgebung sich die Kirche Igreja de Santa Maria do Olival befindet, die lange Zeit Sitz des großen Ordenskapitels und Mutterkirche aller Ordenskirchen in Portugal und all seinen Kolonien war. Das Innere der ehemaligen Templerkirche entstammt überwiegend aus der Renaissancezeit und in ihr befinden sich die Gräber zahlreicher Ordensmeister und Ritter, auch das des Großmeisters und Stadtgründers Gualdim Pais.

Unweit der Kirche Igreja de Santa Maria do Olival führt, an der alten Kapelle Eremida de Nossa Senhora da Conceição vorbei, eine kurvenreiche Straße hinauf zur Christusritterordensburg (port.: Convento da Ordem de Cristo), der wohl bedeutendsten Sehenswürdigkeit der Stadt Tomar.

Der Christusritterorden (port.: Ordem de cavalharia de Nosso Senhor Jesus Cristo) wurde einstmals von den Templern zur „Verteidigung des Glaubens und zur Bekämpfung der Mauren“ als Templerorden im Jahre 1118 infolge des Ersten Kreuzzuges gegründet. Der Templerorden war der erste Orden der die bis dahin streng getrennten Stände der Mönche und Ritter miteinander verband.
Im Jahre 1159 siedelte sich der Templerorden unter seinem vierten Großmeister Gualdim Pais, einem Ritter der mit König Afonso Henriques in der Schlacht von Ourique gegen die Mauren gekämpft hatte, in Portugal an.
Gualdim Pais war es dann auch der ein Jahr drauf, 1160, hoch über dem rechten Ufer des Nabão eine Burg erbauen ließ – dies war die Geburtsstunde von Tomar.
Im Jahre 1312 wurde der Orden durch fadenscheinigen Anschuldungen des französischen Königs Philipp IV von Papst Clemens V aufgelöst und verboten.

Nach dem päpstlichen Verbot des Templerordens, der auch in Portugal befolgt werden musste, gründete im Jahre 1317 der portugiesische König Dinis den Christusritterorden. Vor allem französische Mitglieder des verbotenen Templerordens die vor König Philipp IV nach Portugal geflohen waren fanden in dem neuen Orden Zuflucht. Recht schnell erlangte der Christusritterorden an Bedeutung und vor allem unter den späteren Großmeistern Heinrich dem Seefahrer (port.: Henrique o Navegador) und König Manuel I hatte der Orden seine Glanzzeit.

Mit Mitteln des Ordens – die Güter und Reichtümer des ehemaligen Templerordens waren fast alle auf den Christusritterorden übertragen worden – wurden Entdeckungsexpeditionen an die Westküste Afrikas entsandt und damit die Kolonialerwerbung der europäischen Völker eingeleitet. Unter König Manuel I, Großmeister ab 1484, bildeten die Christusritter mit ihren Besitzungen in Afrika und Ostindien den reichsten Orden der Christenheit.

Die hoch über Tomar thronende Christusritterordensburg besteht heute aus mehreren stattlichen Bauten des 12. bis 17. Jahrhunderts, von dem einer der wichtigsten wohl die zinnengekrönte achteckige Templerkirche ist, mit deren Bau im Jahre 1162 begonnen und die nach dem Vorbild der Grabeskirche in Jerusalem errichtet wurde. Der überreiche Innenschmuck dieser Kirche – vergoldete Holzschnitzereien, Fresken und Statuen – stammt fast ausnahmslos aus dem 16. Jahrhundert.

Die an die Templerkirche angrenzende Christusritterkirche, mit deren Bau 1515 nach Plänen von João de Castilho – dem Baumeister der später auch am Hieronymuskloster in Lissabon und dem Kloster von Batalha mitgewirkt hat – begonnen wurde, gilt als eines der hervorragendsten Baudenkmäler manuelistischen Stils in Portugal. Das Äußere der Kirche ist über und über mit Schmuckwerk und Statuen beladen und vor allem das weltberühmte prunkvolle „Fenster von Tomar“ (port.: Janela de Tomar) des alten Kapitelsaals zeigt den manuelistischen Stil in seiner schönsten Vollendung.
Die Prachtentfaltung der Templerburg drückt sich ohne Zweifel vor allem in der Architektur der insgesamt acht Kreuzgänge (port.: claustros) aus, die man hier findet.

Da wäre zum einen der älteste Kreuzgang der Templerburg, der Claustro do Cemitério (dt.: Friedhofskreuzgang), der aus der Zeit des Großmeisters Heinrich dem Seefahrer stammt und mit wunderschönen Fliesen im Mudejarstil ausgestattet ist. In diesem Kreuzgang wurden einstmals traditionell die Ritter und Mönche des Christusordens bestattet.

Östlich neben dem Friedhofskreuzgang befindet sich der zweistöckige Claustro da Lavagem (dt.: Kreuzgang der Waschungen), ein weiterer Kreuzgang aus der Zeit des Großmeisters Heinrich des Seefahrers. In ihm fanden früher immer die religiösen Waschungen der Rittermönche statt.

Ein weiterer Kreuzgang der Templerburg ist der Claustro da Hospedaria (dt.: Kreuzgang der Beherbergung). Wie der Name schon andeutet war dieser Kreuzgang dazu bestimmt, die Personen zu beherbergen, die damals das Kloster als Besucher aufsuchten und dort verweilten.

In der Vorhalle des vom Architekten João de Castilho erbauten Claustro da Micha (dt.: Kreuzgang des Brotes) wurde einstmals das Brot an die Armen verteilt.

Der Claustro dos Corvos (dt.: Kreuzgang der Raben), der früher die Klosterküche beherbergte, ist der einzige Kreuzgang der Mönchsburganlage mit einem Garten.

Ein anderer Kreuzgang auf der Klosterburg ist der überaus prachtvolle Bau des  Claustro dos Filipes (dt.: Philippkreuzgang). Der Kreuzgang verfügt über zwei Stockwerke und von der Terrasse hat man einen grandiosen Überblick über die gesamte Klosteranlage. Hier im Claustro dos Filipes wurde im Jahre 1580 der spanische Monarch Felipe II als Filipe I zum König von Portugal gekrönt.

Vom Claustro dos Filipes gelangt man in den Claustro de Santa Barbara (dt.: Sankt-Barbara-Kreuzgang). Dieser kleine Kreuzgang wurde im Auftrag von König Manuel I im Stil der Frührenaissance erschaffen. Von der Terrasse dieses zweistöckigen Kreuzganges hat man den besten Nahblick auf das schon erwähnte prächtige manuelistische Fenster des Kapitelsaals der Christuskirche.
Das Fenster wird von zwei mächtigen Strebepfeilern, Tauwerk, Knoten, Bändern und vielem anderem, vor allem mit dem Motiv Meer verbundenem steinernem Schmuckwerk umgeben. Das portugiesische Wappen oberhalb des Fensters überragt heute noch das Kreuz der Christusritter.

Ein weiterer Kreuzgang ist der Claustro de João III (dt.: Kreuzgang von João III). Der Bau dieses Kreuzganges wurde unter König João III begonnen und erst unter dem Spanier Felipe II, der gleichzeitig auch König von Portugal war, und seinen Lieblingsarchitekten Filippo Terzi beendet. Filippo Terzi war auch der Baumeister der 6 km langen Wasserleitung Aqueduto dos Pegões, der die Klosterburg und die Stadt mit Wasser versorgte.

Im Jahre 1523 wurde der Christusritterorden auf Befehl von König João III zu einem reinen Mönchsorden. Die politische Bedeutung des Ordens nahm in den folgenden Jahrhunderten rapide ab, bis er im Zuge der Säkularisierung, aufgelöst wurde.
Der religiöse Orden wurde zwar aufgegeben, aber der Christusorden besteht seit 1834 als politische Auszeichnung für verschiedene Verdienste heute immer noch und ist der höchste Verdienstorden den Portugal aktuell zu vergeben hat.
Deutsche Träger des portugiesischen Christusordens waren und sind u. a. Alexander von Humboldt, Konrad Adenauer, Heinrich von Brentano, Gerhard Schröder und Hans-Diedrich Genscher.

Tomar ist zu jeder Jahreszeit einen Besuch wert.
Aber vor allem jetzt im Frühsommer, wenn es überall in der Stadt blüht und duftet, ist die Stadt am Ufer des Rio Nabão ein wundervolles Erlebnis für Augen und Sinne.

Dieses Jahr findet vom 04. bis zum 13. Juni das nur alle vier Jahre stattfindende und hier am Anfang dieses Textes schon erwähnte berühmte Stadtfest „Festa dos Tabuleiros“ statt, eine Festivität voll religiösem Brauchtum, geschichtlicher Tradition und gut gelaunten Menschen jeden Alters.
Zum Abschluss ein Link von den Festlichkeiten der letzten „Festa dos Tabuleiros“ im Jahre 2011, aufgenommen von dem von mir sehr geschätzten Antonio Rovisco:



Mittwoch, 15. April 2015

Ovos moles – weiche Eier aus Aveiro



In meinem vorhergehenden Blogeintrag „Aveiro“, vom 13. April 2015, erwähne ich im Text unter anderem die „ovos moles“ (dt.: weichen Eier) von Aveiro.
Damit sind nicht etwa weich gekochte Fünf-Minuten-Eier gemeint, wie man sie in Deutschland zum Frühstück isst, sondern eine traditionelle und sehr leckere Eiersüßspeise dieser Hafenstadt.

Ich bin nun von zwei meiner Leserinnen, Annette und Martina, gefragt worden was „ovos moles“ genau sind, wie sie schmecken und welche Geschichte hinter dieser regionalen Spezialität steckt.
Nun, „ovos moles“ bestehen fast ausschließlich aus Eigelb und Zucker, sind daher logischerweise zuckersüße Kalorienbomben und die Geschichte dieser traditionellen Süßspeise der portugiesischen Küche reicht bis ins 14. Jahrhundert hinein.

Im Mittelalter war es üblich das Nonnen und Mönche der europäischen Ordensgemeinschaften ihre Tuniken und Soutanen mit der Hilfe von Eiklar stärkten, so auch die im damaligen Portugal.
Durch die Nutzung von Eiweiß zum Stärken der Ordenstrachten entstand so natürlich ein großer Überschuss an Eigelb in den einzelnen Klöstern. Da es damals keine Möglichkeit gab die Eidotter lange Zeit zu konservieren, da sie vor allem in den portugiesischen Sommern sofort verdarben, wurde dieser Überschuss meistens den Schweinen zum Fraß vorgeworfen.

Es ist historisch belegt, dass es Nonnen des altehrwürdigen Dominikanerklosters Mosteiro de Jesus in Aveiro waren, die als erste anfingen die Unmengen von Eidotter nicht mehr zu vernichten, sondern diese zu verarbeiten.
Sie stellten fest, dass wenn man den Eidotter eine bestimmte Menge an Zucker beimengte, diese dann nicht mehr so schnell verdarben.
Dies war die Geburtstunde der „ovos moles“.
Mit der Zeit stellten die Ordensfrauen fest, das sie durch den Verkauf der von ihnen hergestellten Süßspeise eine neue finanzielle Einnahmequelle gefunden hatten, denn der Adel und Klerus leckten sich die Finger nach diesem neuen Naschwerk und zahlten gut für dieses Produkt.

Die Nonnen des Klosters Mosteiro de Jesus gaben mit der Zeit ihre Rezeptur an die anderen Kirchenorden der Stadt weiter, und so kam es, dass im 14. und 15. Jahrhundert die Dominikanerinnen, Franziskanerinnen und Karmeliterinnen der Stadt Aveiro für ihre kalorienreiche Süßspeise im ganzen Königreich bekannt wurden.

Nun werden viele wohl denken:
„Was ist daran so schwierig ein paar Eidotter mit Zucker zu vermengen?“

Nun, es kommt immer auf das richtige Mischverhältnis zwischen Eidotter und Zucker an, auf die Temperatur mit der man das Gemisch zu einer gelungenen Masse vermengt und wie schnell oder langsam man die Masse rührt, bis diese die gewünschte cremige Konsistenz erreicht.
Diese drei Dinge sind das große Geheimnis bei der Herstellung der „ovos moles“!
Die Nonnen der Stadt Aveiro hüteten dieses Geheimnis erfolgreich über viele Jahrhunderte hinweg.

Als dann im Rahmen der Säkularisierung in Portugal, ab dem Jahre 1834, so gut wie alle Klöster und Kirchenorden schließen mussten, waren es Klosterschülerinnen die von den alten Nonnen in das Herstellungsgeheimnis der „ovos moles“ eingeweiht wurden.
Einige dieser ehemaligen Klosterschülerinnen gaben ihr Wissen weiter, und so ist uns das Originalrezept für „ovos moles“ nach Generationen bis heute erhalten geblieben.

Heute werden die „ovos moles“ entweder in kleinen handbemalten Holz- oder Porzellanfässchen angeboten oder die cremige Masse wird, in dünnem Oblatenpapier gehüllt, in Form von kleinen Fischen, Muscheln, Seesternen, Bötchen oder anderen maritimen Figuren zum Verkauf angeboten.

Die „ovos moles“ von Aveiro waren das erste Produkt Portugals, das im Jahre 2006 von der EU auf ihre Liste der landwirtschaftlichen Erzeugnisse und Lebensmittel als „Produkt mit geschützter geografischer Angabe“ (port.: Produto com Indicação Geográfica Protegida) aufgenommen wurde.
Und so sind nur die mit diesem Gütezeichen versehenen „ovos moles“ garantiert aus der Stadt Aveiro!

Wer aber nun diese süße Spezialität einmal probieren will, der muss nicht extra nach Aveiro fahren (auch wenn die Stadt sehr wohl einen Besuch wert ist!).
Jedes gut sortierte SB-Warenhaus hat für gewöhnlich mindestens eine oder zwei Schachteln dieser Nascherei jeden Tag frisch im Sortiment – zwar nicht immer, aber immer öfters…

Montag, 13. April 2015

Aveiro






Etwa auf halber Strecke zwischen dem nordportugiesischen Porto und der Universitätsstadt Coimbra liegt die Stadt Aveiro reizvoll am Ostrand eines etwa 47 km langen und bis zu 11 km breiten fischreichen Haffs (port.: ria).
Dieses Haff, die Ria de Aveiro, ist ein verzweigter und artenreicher Brackwasserbinnensee der vom Fluss Rio Vouga und dem Atlantik gespeist wird und den die ortsansässige Bevölkerung oftmals wegen seiner vielen Seitenarme „Polipo aquático“ (dt.: Seepolyp) nennt.
Aveiro ist Distriktshauptstadt, Bischofsitz und einer der wichtigsten Hafenstädte an der Westküste Portugals.
Etwa 80.000 Menschen leben in und um Aveiro, und während sich früher die Bevölkerung hauptsächlich der Fischerei, der Meersalzgewinnung der Salinen der Ria de Aveiro und dem Seetank (port.: moliço) des Haffs, der als Dünger sehr geschätzt war und neuerdings wieder ist, widmete, sind die Hauptgeschäftszweige der Stadt heute die seit dem 19. Jahrhundert hier angesiedelte Porzellan- und Keramikerzeugung, die Papier- und Nahrungsmittelindustrie und der Tourismus.

Die Gegend um Aveiro war, so zeigen neuzeitliche Ausgrabungen, schon bereits in der Jungsteinzeit und in der Bronzezeit besiedelt.
Später ließen sich die Römer in der Gegend nieder und gründeten im heutigen Stadtgebiet von Aveiro die Siedlung „Talabriga“.
In der Schenkungsurkunde „Suis terras in Alauraio et Salinas“, die mit dem 26. Februar 959 datiert ist und den die damals einflussreichste Frau der Iberischen Halbinsel, Gräfin Mumadona Dias (port.: Condessa Mumadona Dias), an das Kloster von Guimarães verfasst, wird Aveiro zum ersten Mal urkundlich namentlich erwähnt.
Im Jahre 1434 erlaubt König Duarte I den Bürgern der Stadt fortan einen alljährlichen Markt abzuhalten, einen Markt, der noch heute jedes Jahr im März (port.: Feira de Março) abgehalten wird.
Ab dem Ende des 15. Jahrhundert wurde Aveiro, Dank seiner außergewöhnlichen Lage, zu einem der bestgeschützten Hafenplätze Portugals und erlebte zu Zeiten der Entdeckungsfahrten seine größte Blüte.

Der Hafen von Aveiro war so geschützt weil der Rio Vouga durch seine angeschwemmten Ablagerungen dafür sorgte, dass lediglich eine schmale Verbindung, die „barra“, zum Meer hin offen blieb.
Ein schweres Unwetter verwüstete 1575 den Ort und verschloss die „barra“, den einzigen Zugang zum Meer. Der nunmehr vom Atlantischen Ozean getrennte Hafen verlor rasch seine ursprüngliche Bedeutung. Alle Versuche, die verschüttete Passage freizuräumen, scheiterten kläglich.
Die Fischer wurden damals von einem Tag auf den anderen brotlos, erfolgreiche Entdeckungsfahrten von Aveiro aus waren ab da durch die Versandung auch nicht mehr möglich und so erlebte die Bevölkerung einen rapiden sozialen und ökonomischen Absturz.
Aveiro brauchte Jahrzehnte um sich von dieser Naturkatastrophe zu erholen. Von den ehemals 14.000 Einwohnern die damals die Stadt bevölkerten blieben lediglich nur etwas über 3.000 übrig.

In einem feierlichen Akt erhob König José I Aveiro am 11. April 1759 zur Stadt.
Wahrscheinlich tat er das, um die Bevölkerung der Stadt zu beruhigen, denn nur wenige Monate vorher, am 13. Januar 1759, hatte der König den letzten Herzog von Aveiro (port.: Duque de Aveiro), Dom José de Mascarenhas da Silva e Lencastre, wegen seiner angeblichen Teilnahme an einem Attentat gegen den König, öffentlich wegen Hochverrats auf grausamste Art und Weise in Lissabon hinrichten lassen.
Der Hass von König José und der seines Prämierministers Marquês de Pombal gegenüber dem Herzog von Aveiro war so groß, das auf königlichen Befehl hin, der Name der Stadt von Aveiro in Nova Bragança umgeändert wurde.
Aber als Königin Maria I, die Tochter von König José I, 1777 den Thron bestieg, entledigte sie sich des von ihr gehassten Prämierministers ihres Vaters und es war sie, die aus Nova Bragança wieder Aveiro machte.

Im Frühjahr 1808 wüteten wieder orkanartige Sturmfluten über Aveiro, die so stark waren, das die alte versandete Durchfahrt, die „barra“, wieder auf natürliche Weise größtenteils freigespült wurde.
Am 03. April 1808 konnte nach größten Anstrengungen endgültig ein neuer Zugang zum Atlantik hin eröffnet werden. Fortan schützte man diese für die Stadt so wertvolle Öffnung zum Meer vor neuerlicher Versandung mit zahlreichen Deichbauten und Wehren.
So konnte Aveiro in den letzten zwei Jahrhunderten seine Bedeutung als einer der besten Häfen Portugals wiedergewinnen.

Häufig wird Aveiro mit Amsterdam und Venedig verglichen – angesichts der nur drei vorhandenen Kanäle ein recht gewagter Vergleich.
Dennoch sorgen diese drei Kanäle – der Canal das Prâmides, der Canal de São Roque und der Canal dos Santos Mârtires – und die vielen mittelalterlichen Bauten in der Stadt für ein sehr schönes Stadtbild.
Das die Stadt sich solch eine einzigartige und reizvolle Atmosphäre bewahren konnte, hat sie auch ohne Zweifel den pittoresken Seetangbooten (port.: barcos moliceiros) zu verdanken, die heute hauptsächlich für touristische Zwecke benutzt werden.

„Moliceiros“ heißen die Seetangfischer von Aveiro, die mit eben diesen charakteristischen Booten heute noch teilweise in der Ria de Aveiro, dem Haff von Aveiro, Seetang „ernten“.
Das Wort „moliceiro“ kommt von dem Wort „moliço”, dem portugiesischen Wort für Algen oder Tang, bzw. dem daraus gewonnenen natürlichen Dünger für die Landwirtschaft.
Die „moliceiros“ fahren mit ihren zumeist aus Kiefernholz gezimmerten, an den großen Bugschnäbeln und am Heck mit naiven Darstellungen bunt bemalten Segelkähnen in das weit verzweigte Haff hinaus und fischen mit einem großen Rechen den dort vorhandenen Tang aus dem Wasser.
Bei genügend starkem Wind setzen die Fischer auf den bis zu 15 m langen und etwas über 2 m breiten Booten trapezförmige Segel. Ansonsten bewegen sie die Kähne mit langen Staken oder treideln sie in schmalen Kanälen auch mit langen Seilen.

In den letzten Jahrzehnten hat sich die Zahl der Barken in Aveiro von einst über tausend auf leider nur noch einpaar Dutzend registrierte Boote verringert. Die meisten werden für den Fremdenverkehr vermarktet um mit ihnen sehr reizvolle Kanalfahrten zu machen, aber einpaar werden auch für ihre eigentliche Bestimmung als Seetangboote genutzt.
Der früher sehr verbreitete, einträgliche Beruf des Tangfischers war eine zeitlang praktisch ausgestorben da die Landwirtschaft weitgehend zur Verwendung von Kunstdünger übergegangen war und harter Existenzkampf und Landflucht der Jugend an der Tagesordnung waren. In letzter Zeit aber, Dank der ökologischen Denkweise vieler Obst- und Gemüseproduzenten und der Verbraucher ist, der Absatz an Seetang etwas gestiegen und so gewinnt der Beruf des „moliceiro“ neuerdings etwas mehr an Bedeutung.

Anlässlich des Stadtfestes „Festa da Ria“, das alljährlich in den Sommermonaten Juli oder August stattfindet, treffen sich die letzten Tangfischer von Aveiro in der Ria zu einer Regatta, verbunden mit Geschicklichkeitswettbewerben und einem Wettstreit um die schönste Bootbemalung.
Ein Fest, dass man sich nicht entgehen lassen sollte!

Ebenso nicht entgehen lassen sollte man sich die vielen historischen Bauwerke in der Altstadt von Aveiro.
Die bedeutendsten von ihnen sind:

- das Kloster Mosteiro de Jesus
dieses Dominikanerkloster wurde 1458 gegründet und beherbergt heute das Stadtmuseum von Aveiro (port.: Museu de Aveiro), das auch unter dem Namen Museu da Santa Joana (dt.: Museum der Heiligen Johanna) bekannt ist.
Joana war eine portugiesische Infantin und wurde 1452 als Tochter von König Afonso V und seiner Gemahlin Königin Isabel geboren.
Im Jahre 1475 trat Joana in das Dominikanerkloster ein und blieb in diesem bis zu ihrem Tod am 12. Mai 1490. Im Kloster Mosteiro de Jesus wurde sie dann auch beigesetzt.
Im Jahre 1693 wurde Joana von Papst Innozenz XII selig gesprochen und obwohl die katholische Kirche sie bis heute nicht heilig gesprochen hat, wird sie hierzulande heute als Santa Joana (dt.: Heilige Johanna) verehrt.
Das sehenswerte Museum beherbergt zahlreiche Gemälde, Azulejos und religiöse Gegenstände, die dem Leben der Santa Joana gewidmet sind

- die Kirche Igreja São João Evangelsta (dt.: Sankt Johanneskirche)
in dieser Kirche waren einstmals im 17. Jahrhundert die Karmelitinnen untergebracht, weshalb die Kirche heute auch unter dem Namen Igreja das Carmelitas bekannt ist. Sie ist sehr prunkvoll ausgestattet, mit einer bemerkenswerten Kassettendecke, einem reich verzierten Altar und wunderschönen, sehenswerten Azulejos an den Wänden

- die Kathedrale von Aveiro (port.: Sé de São Domingos de Aveiro)
dieses Gotteshaus ist aus dem 15. Jahrhundert und dem Heiligen Dominikus gewidmet. Ursprünglich Hauptkirche des Dominikanerklosters der Stadt Aveiro, wurde sie im Jahre 1938 zur Kathedrale erhoben. Da die Kirche seit ihrer Gründung mehrmals umgebaut wurde, kann man heute an und in ihr verschiedene Stilrichtungen, wie Manierismus, Barock und Modernismus, bewundern

- die Kirche Igreja de Nossa Senhora da Apresentação (dt.: Kirche Unserer Lieben Frau in Jerusalem)
diese Kirche wurde im Jahre 1606 erbaut und ist in ihrem Inneren ein Überschwank an barockem, vergoldeten Holzschnitzereien, der so genannten „talha dourada“. Glanzpunkt der Innenausstattung der Kirche ist eine gotische Marienfigur aus Alabaster. Anfang des 18. Jahrhunderts wurden dann an der Außenfassade die zwei großen Azulejobilder angebracht.

Weitere sehenswerte Objekte in Aveiro sind das Stadttheater (port.: Teatro Aveirense), der alte Bahnhof (port.: Estação de comboios) mit seiner prachtvollen Azulejofassade, das schöne Rathaus und der Pranger (port.: pelourinho) aus dem 18. Jahrhundert.

Ein weiteres Highlight von Aveiro ist zweifellos seine Gastronomie.
Typische regionale Fischgerichte, wie z.B. Aaleintopf (port.: caldeirada de enguias), haben den Ruf zu den besten kulinarischen Speisen zu gehören, den das Land zu bieten hat.
Wenn man nicht gerade am Abnehmen ist, dann sollte man unbedingt die traditionellen „ovos moles“ (dt.: weiche Eier) probieren, eine Süßspeise die praktisch nur aus zwei Komponenten besteht, nämlich Eigelb und Zucker – sehr viel Zucker!

Aveiro ist zweifellos eine der schönsten und originellsten Städte in Portugal und zu jeder Zeit eine Reise wert!

Freitag, 10. April 2015

Der Brand der Rua da Madalena in Lissabon


Brände haben seit jeher die Geschichte der Städte mitgeschrieben, sei es durch die immer wieder vernichtenden Feuersbrünste die oftmals immense materielle Schäden verursachten oder durch die manchmal zahlreichen Menschenopfer die die Brände forderten.
Die Stadt Lissabon ist da keine Ausnahme!

Oftmals in der Stadtgeschichte Lissabons mussten ihre Einwohner hilflos mit ansehen wie Teile der Hauptstadt Opfer wütender Flammen wurden und zusehen wie wichtige Gebäude ihrer Stadt durchs Feuer bis auf ihre Grundmauern zerstört wurden, so z.B. im Jahre 1996 als das Rathaus (port.: Câmara Municipal) brannte – davor hatte ein Feuer bereits 1863 das Gebäude völlig zerstört – oder im August 1988 als der halbe Stadtteil Chiado ein Opfer der Flammen wurde.
Im August 1959 versank die Barockkirche São Domingos (port.: Igreja de São Domingos) am Rossio in Schutt und Asche und wenige Jahre darauf, im Dezember 1964, brannte ein Flamenmeer das Nationaltheater D. Maria II (port.: Teatro Nacional D. Maria II), ebenfalls am Rossio liegend, nieder.
Als am 01. November 1755 nach einem verheerenden Erdbeben die Stadt völlig zerstört wurde, brannte sie tagelang lichterloh und auch 1363, als das Lissabonner Judenviertel (port.: Jadiaria) durch Brandstiftung ein Raub der Flammen wurde, brannte dieser  Teil der Stadt mehrere Tage.

Ein Großbrand, der den Bürgern Lissabons bis heute im Gedächtnis geblieben ist, auch wenn er schon vor über Hundert Jahre gewütet hat, ist ein Brand der unter dem Namen „Incêndio da Rua da Madalena“ (dt.: Brand der Rua da Madalena) bekannt ist und der sich damals in der Straße gleichen Namens, in der Lissabonner Unterstadt Baixa, ereignet hat.
In den Morgenstunden des 10. April 1907, also auf den Tag genau vor 108 Jahren, breitete sich in einem vierstöckigen Wohn- und Lagerhaus in der Rua da Madalena / Ecke Escadinhas de Santa Justa ein Brand aus, bei dem 14 Menschen starben.
Zehn der Opfer kamen in den Flammen um, die vier anderen wiederum starben, weil sie sich in den oberen Stockwerken befanden und sie auf die Straße sprangen. Ihnen war durch die lodernden Flammen der Fluchtweg auf die Straße versperrt gewesen.
37 Personen konnten sich aber, zum Teil schwer verletzt, retten.

Für den Brand wurden damals zwei spanische Bürger – Leandro Gonzalez und Antonio Fernandez – verantwortlich gemacht, zwei Männer die im Untergeschoß des Gebäudes ein kleines Stofflager betrieben.
Nach dem Brand kam heraus, dass die zwei Spanier nur drei Monate vor dem Brand eine hohe Versicherung für ihr Lager im Erdgeschoß des Gebäudes und die darin befindliche Ware abgeschlossen hatten. Außerdem fand man später in einem anderen Lager der beiden Spanier mehrere Kanister des Brandbeschleunigers Ethanol.
Nachdem Gonzalez und Fernandez der Brandstiftung überführt waren und sie die Tat gestanden, wurden die zwei festgenommen und zu lebenslänglichen Haftstrafen verurteilt.
Antonio Fernandez starb nach drei Jahren Zuchthaus im Jahre 1910.
Leandro Gonzalez reichte nach acht Jahren Haft – in der Zwischenzeit war aus dem monarchistischen Portugal eine Republik geworden – einen Gnadengesuch bei dem ersten verfassungsmäßig gewählten Staatspräsidenten Manuel de Arriaga ein.
Arriaga, der von Haus aus Jurist und als ehemaliger Generalstaatsanwalt für seine Kompromisslosigkeit in Rechtsdingen bekannt war, gab dem Gnadengesuch nicht statt und ließ den Häftling daraufhin wissen:
„Politische Systeme mögen kommen und gehen, das Rechtsbewusstsein eines Menschen aber sollte unumstößlich sein.
Ich kann einem Mörder keine Gnade vor Recht gewähren!...“.

Erst zehn Jahren später, 1917, gab der neue Präsident Bernardino Machado, auf Druck Spaniens, endlich dem Gnadengesuch von Leandro Gonzales statt, verwaiste ihn aber, sobald er das Zuchthaus verlassen hatte, des Landes.

Heute steht an der Stelle, an der vor über Hundert Jahren eine der größten Brandkatastrophen des modernen Lissabon stattgefunden hat, ein Wohn- und Geschäftshaus das nach Originalplänen des ursprünglichen Gebäudes errichtet wurde.

Sonntag, 5. April 2015

Frohe Ostern 2015


Denn also hat Gott die Welt geliebt, dass er seinen eingeborenen Sohn gab, damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren werden, sondern das ewige Leben haben
(Johannes 3, 16)

Porque Deus amou o mundo de tal maneira que deu o seu Filho unigênito, para que todo aquele que nele crê não pereça, mas tenha a vida eterna
(João 3, 16)


Ich wünsche allen Lesern von Planet Portugal“, sowie ihren Familien und Freunden ein frohes, stressfreies und von Gott gesegnetes Osterfest 2015.

Frohe Ostern 2015 / Feliz Páscoa

Freitag, 3. April 2015

Folar – ein altes Familienrezept



In meinem vorherigen Blogeintrag „Der Folar – das portugiesische Osterbrot“, vom 02. April 2015, schreibe ich über den traditionellen Folar, eine Backware die zu Ostern auf keinem Tisch hierzulande fehlen darf.

Nachdem mich nun einige Interessierte angeschrieben und mich nach einem Rezept des Folar gefragt haben, habe ich den heutigen Nachmittag dahingehend verwendet, um ein altes Familienrezept dieses typischen portugiesischen Osterbrotes ins Deutsche zu übersetzen (habe ja sonst nichts zu tun an Karfreitag ;-)

Dieses Backrezept, das ich hier niederschreibe, ist aus dem Backbuch meiner Tante Aida, einer Großtante meiner Mutter.
Er ist nur einer von vielen Folar-Rezepten die es hierzulande gibt, denn schließlich hat ja jede portugiesische Region, ja gar jede portugiesische Familie, ein anderes Rezept dieses süßen Brotes.
Hier nun also das Folar-Rezept meiner Großtante Aida:

Folar – portugiesisches Osterbrot

Zutaten:

1 kg Weizenmehl
70 g Bäckerhefe
250 g Zucker
200 g Schweineschmalz oder Margarine
250 g Rosinen
6 Eier
2 dl lauwarme Milch
2 dl lauwarmes Wasser
1 Messerspitze Salz
etwas geriebene Zitronen- oder Orangenschale
Zimt und Gewürzanis nach Geschmack
1 bis 4 hart gekochte Eier mit Schale, zur Dekoration

  1. Zu aller erst die Hefe in etwas lauwarmer Wasser auflösen und mit ein wenig Mehl zu einem Vorteig vermengen
  2. dann das restliche Mehl, den Zucker, die Milch, die ganzen Eier und den Hefevorteig in einer Schüssel zusammenrühren und zu einem Klumpen energisch kneten
  3. dem Teigklumpen nun das Schmalz, die Rosinen, das Salz, die geriebene Zitronen- oder Orangenschale, das Zimt und den Anis hinzufügen und weiter kneten, bis die Masse Brotteigqualität erreicht hat und sich von der Schüssel löst (wie normales Brotteig!)
  4. den Teigklumpen nun mit einem nassen Tuch zudecken und gut 3 Stunden ruhen lassen, damit er aufgeht
  5. nachdem der Teig aufgegangen ist, den Klumpen noch einmal durchkneten und als runde Form auf ein gefettetes oder mit Backpapier ausgelegtes Backblech geben
  6. dann eins bis vier hart gekochte Eier  (mit Schale!) als Dekoration auf den geformten Teig etwas vertieft auflegen
  7. wer will, kann mit etwas übrig gebliebenem Teig kleine Streifen formen und dieser über die Teigkugel und die gekochten Eier gitterförmig anordnen
  8. nun die Teigkugel wiederum abgedeckt an einem warmen Ort ca. 1 Stunde nochmals gehen lassen
  9. dann den Teigrohling vor dem backen mit einem Pinsel mit etwas Eigelb bestreichen
  10. in der Zwischenzeit heizt man den Backofen bei 200°C vor und schiebt dann den Teigrohling für gut 30 Minuten hinein, bis der Folar seine gold- bis hellbraune Farbe erreicht hat. Gegebenenfalls während des Backens mit Alufolie abdecken, damit der Folar nicht zu dunkel wird

Anmerkung: Da man hier in Portugal so etwas wie Eiermalfarben nicht kennt, färbt man sie hier auf natürliche Art und Weise, wie z.B. mit Zwiebelschalen oder Safran.
Ich habe noch nie bemalte Eier in den Backofen geschoben, und weiß daher nicht ob diese mit der Hitze nicht abfärben.

Wie ich schon hier erwähnt habe, gibt es hierzulande viele Rezepte dieses traditionellen Osterbrotes.
Aber die Variante mit Rosinen, die ich hier vorgestellt habe, esse ich am liebsten!

Allen Lesern von „PlanetPortugal“ und all meinen Freunden wünsche ich ein frohes und leckeres Osterfest!

Donnerstag, 2. April 2015

Der Folar – das portugiesische Osterbrot


Vor einiger Zeit habe ich von Matthias, einem Leser meines Blogs, eine E-Mail erhalten indem er mich nach einem „typisch traditionelles Osternbrot“ fragt, von dem ihm sein Nachbar, der anscheinend öfters hier in Portugal Urlaub macht, wohl berichtet hat.

Nun, dieses Osterbrot, nach dem Matthias fragt und von dem ihm sein Nachbar erzählt hat, trägt hier in Portugal den Namen „Folar“ (port.: folar).
Der Folar ist ein Hefeteigbrot, der hierzulande traditionell in der Osterzeit gebacken wird und der kulturhistorisch den gleichen Stellenwert hat, wie wohl in Deutschland der Osterhase oder die Ostereier.

Der Basisteig dieses süßen, weichen und fluffigen Brotes besteht immer aus Weizenvollkornmehl, Hefe, Wasser, Eier und Schmalz, sowie aus Zucker (für die süße Variante) oder Salz (für die salzige Variation).
Da jede Provinz hier in Portugal ihr eigenes Folarrezept hat, unterscheidet er sich von Region zu Region durch die jeweiligen Zusatzzutaten die dem Teig beigemengt werden.

In Olhão, an der Algarve, fügt man z.B. dem Grundteig des Folar Honig und eine Menge Zimt (port.: canela) hinzu.
Im Alentejo gibt man dem Teig fast immer Anis (port.: anis) oder Fenchel (port.: erva doce) hinzu, um ihn geschmacklich zu verfeinern.
Vielerorts bereichert man den Folar z.B. auch mit Mandeln (port.: amendoas), Schokolade (port.: chocolate), Rosinen (port.: passas), Trockenobst (port.: frutas secas), Kürbismarmelade (port.: gila) und noch vieles mehr.
Im nordportugiesischen Trás-os-Montes, in der Umgebung von Chaves und Valpaços, fügt man dem salzigen Folarteig traditionell entweder Schweine-, Geflügel-, Lamm- oder Kalbfleisch, sowie Salami, Speck oder Wurst hinzu.

Aber, ob nun in der süßen oder salzigen Variation und egal wie er sich auch geschmacklich unterscheiden mag, eines sollte ein echter Folar stets haben: er sollte immer mit einem oder zwei hart gekochten Eiern verziert sein!
Nur dann ist er ein echter Folar!

Traditionell schenken am Ostersonntag der Patenonkel (port.: padrinho) und die Patentante (port.: madrinha) ihrem Patenkind (port.: afilhado) immer einen Folar.
Dies tun sie jedes Jahr, bis das Patenkind heiratet.
Dies ist seit Generationen so!
Da meine Patentante nie sehr viel von Traditionen gehalten hat und mein Patenonkel leider schon verstorben ist, muss ich mir in den letzten Jahren meinen Folar selber kaufen…

Wo der Folar zum ersten Mal gebacken wurde, woher sein Name kommt und wie er hierzulande zum traditionellen Osterbrot wurde, ist ein Geheimnis der Geschichte.

Der Legende nach soll einmal vor langer, langer Zeit, in einem abgelegenen Dorf die Tochter eines Schneiders mit Namen Mariana gelebt haben. Marianas größter Wunsch es war, zu heiraten.
Also betete Mariana zur Heiligen Katharina (port.: Santa Catarina), der Schutzpatronin der Näherinnen und Schneider, und bat diese um einen Ehemann.
Wie es das Schicksal so will, verliebten sich eines Tages zur gleichen Zeit zwei junge Männer in das junge Mädchen – ein armer Schafhirte und ein reicher Edelmann – und sowohl der eine als auch der andere machten ihr den Hof.
Da sich Mariana weder für den Hirten noch für den Edelmann entscheiden konnte, betete sie erneut zur Heiligen Katharina, diese möge ihr bitte bei der schweren Entscheidung helfen.
Da sie sich aber mit der Entscheidung Zeit ließ, klopfte eines Tages der junge Hirte an ihre Tür und forderte Mariana auf, sich für ihn oder den Edelmann zu entscheiden. Als Frist für sein Ultimatum nannte der Hirte ihr den Sonntag vor Ostern, den  Palmsonntag.
Am nächsten Tag klopfte auch der Edelmann an die Tür der jungen Schneidertochter und auch er stellte ihr eine Entscheidungsfrist für den nahenden Palmsonntag.
Als der Palmsonntag gekommen war und Mariana sich immer noch nicht für einen der zwei Freier entscheiden hatte, machten sich sowohl der Hirte als auch der Edelmann auf dem Weg zum Hause des Schneiders.
Vor dem Haus trafen sie sich.
Voller Wut und Eifersucht aufeinander zog der Hirte seinen Dolch und der Edelmann sein Schwert und beide waren sie bereit für die Gunst der jungen Schneidertochter bis zum Tode zu kämpfen.
Als das Mädchen vor die Tür trat und die beiden Männer um sie kämpfen sah, schrie sie auf und rief – ohne zwei Mal zu überlegen – den Namen des Hirten und umarmte diesen.
Als der Edelmann nun sah, dass sich Mariana für den Hirten entschieden hatte, steckte er sein Schwert in die Scheide, drehte sich um und räumte das Feld. Doch bevor er ging, drohte er dem jungen Paar am Tag der Hochzeit zurückzukommen und sich dann zu rächen.
Einen Tag vor Ostersonntag, ihrem Hochzeitstag, ging Mariana in die Kirche und betete noch einmal zur Heiligen Katharina.
Sie bat ihre Schutzpatronin um eine glückliche und friedliche Hochzeit mit dem Hirten, die am nächsten Tag stattfinden sollte. Bevor sie die Kirche verließ, legte sie einen Strauß Blumen für die Heilige Katharina am Altar nieder.
Wieder zuhause angekommen entdeckte Mariana auf ihrem Tisch ein rundes Brot stehen, den ein Ei zierte und welches von Blumen umgeben war – die gleichen Blumen,  die sie zuvor in der Kirche für dieHeilige Katharina niedergelegt hatte.
Da wusste Mariana, dass ihre Schutzpatronin sie erhört hatte und das ihr eine glückliche Ehe mit ihrem Hirten bevorstand.
Seitdem gilt der Folar traditionell an Ostern als ein Symbol von Freundschaft, Frieden, Glück und Versöhnung.

Zu erwähnen sei noch das der Folar im Mittelalter unter dem altportugiesischen Namen „folore“ in der Literatur oftmals Erwähnung findet.
Höchstwahrscheinlich leitet sich „folore“ wiederum vom lateinischen Wort „flora“ ab, was soviel wie Blumenblüte (port.: flor) bedeutet, und was wiederum erklären würde, warum in der Legende von Blumen die Rede ist, die um das Osterbrot gelegt werden.