Dienstag, 31. Mai 2011

Regenchaos


Es hat in letzter Zeit immens viel geregnet hier in Portugal, vor allem im Lissabonner Großraum.
Auch gestern, zum Wochenanfang, hatten wir hier einen ziemlich feuchten Wochenstart.

Heftige Regenfälle haben Teile der Hauptstadt und viele Städte im Lissabonner Umland, wie Almada, Sintra, Loures und Amadora, überflutet und den gesamten Berufsverkehr zum erliegen gebracht.
In der Lissabonner Unterstadt, hier vor allem in den Stadtteilen in Flussnähe, gab es mehrere Stromausfälle und viele Geschäfte und so manche U-Bahn-Station mussten zur morgendlichen Rushhour geschlossen bleiben.
Trotz dieses Chaos kamen laut Zivilschutzes keine Personen zu schaden, aber eine Menge Sachschäden.

Die Regenfälle der letzten Tage selbst waren nicht vermeidbar, schließlich sind heftige Regenfälle in Lissabon an sich nichts Außergewöhnliches.
Die Folgen dieser heftigen Regen aber, waren sehr wohl vermeidbar!
Wir hatten die letzten Jahre hier in Portugal recht viele Trockenperioden und deshalb nur recht viel Glück gehabt, was nasse Wetterkapriolen angeht.
Aber auch hier, am Rande Europas verdichten sich zunehmend die Anzeichen für extreme Wetterverhältnisse - wie Hitze, Trockenheit, Kälte und Überschwemmungen.

Aber trotz dieser extremen Wetterereignissen sind wir Portugiesen, dank der wild wuchernden Verstädterungen, oft selbst daran Schuld das hier zu Lande ganze Landstriche zu Überschwemmungsgebieten werden.

Ein Beispiel:
Da die Kommunen im Augenblick an allen Ecken und Kanten einsparen müssen und kein Geld haben, werden seit geraumer Zeit Gullys und Abwasserrohre in den Städten einfach nicht mehr gereinigt.
So kann das Wasser bei Regen nicht vernünftig abfließen und bei der geringsten Wassermenge verwandeln sich ganze Straßenzüge in riesige Stauseen und reißende Bäche.

Die bislang schwerste Überschwemmung Portugals ging als Novemberüberschwemmung (port.: „cheias de Novembro“) in die hiesigen Geschichtsbücher ein.
Damals, in der Nacht vom 25. auf den 26. November 1967, starben über 700 Menschen, in wenigen Stunden, in den Armenvierteln am Rande der Hauptstadt.

Armenviertel wie damals, gibt es heute zum Glück nicht mehr.
Regenfälle, wie die im Jahre 1967, kommen statistisch gesehen auch nur alle 200 Jahre vor.
Aber die Gefahr einer Wiederholung solch einer Naturkatastrophe, ist heute genauso gegeben, wie damals in den 60er Jahren.

Die Regenfälle der letzten Tage sind bei weitem nicht so gravierend wie die vor 44 Jahren.
Sie sind aber sehr wohl ein Warnzeichen, das sich Stadt und Land unbedingt besser auf solche Ereignisse vorbereiten müssen als bisher!

Dienstag, 24. Mai 2011

Missfallen und zur großen Überraschung


In der hiesigen Presse konnte ich gestern nachlesen, das der Botschafter der Bundesrepublik Deutschland, Herr Helmut Elfenkämper, dieses Wochenende in den Palácio das Necessidades, dem Portugiesischen Außenministerium (port.: Ministério dos Negócios Estrangeiros) einbestellt worden ist.

Bei diesem Treffen wurde der Botschafter davon unterrichtet das die portugiesische Regierung mit Missfallen (port.: „desprazer“) und großer Überraschung (port.: „grande surpresa“) die Äußerungen der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel (bitte hierzu meinen Blogtext „Von Klischees und Populismus“ vom 20. Mai 2011 lesen) vernommen hat, die sie vergangene Woche auf einem Treffen ihrer Partei in Meschede, über die arbeitende Bevölkerung in Portugal und seine Renten- bzw. Urlaubspolitik, von sich gegeben hat.

Die scheidende Regierung unter José Socrates bekundete dem Vertreter der Bundesrepublik nicht nur ihre Empörung (port.: „indignação“), sondern dem Botschafter wurde ein detaillierter Bericht über die aktuelle und reale Arbeitslage in Portugal ausgehändigt, der sich auf internationale Studien stützt, und die Worte der Bundeskanzlerin widerlegen.

Sicherlich, das Einbestellen des Deutschen Botschafters Elfenkämper, einem durchaus sehr kompetenten Mann, ins portugiesische Außenministerium, hat eine formelle, diplomatische Bedeutung.
Für den portugiesischen Arbeiter an sich aber, ist diese völlig bedeutungslos!

Freitag, 20. Mai 2011

Von Klischees und Populismus


Nun haben wir es hier in Portugal gewissermaßen amtlich, von höchster deutscher Stelle sozusagen, wer für die Euro-Krise in der EU verantwortlich ist:
Laut deutschem Bundeskanzleramt, sind wir faulen Südländer es nämlich selber, die viel zu viel Urlaub bekommen und vor allem viel zu früh in Rente gehen, während die arbeitsfreudigen Deutschen für halb Europa schuften, Rettungsschirme finanzieren und erst viel später in Rente gehen als wir.

Man könnte meinen, so aus ganz hohem berufenem Mund, nämlich aus dem der deutschen Bundeskanzlerin Angela Merkel, könnte das wirklich stimmen.
Aber es handelt sich bei den Worten von Merkel nur um populistisches und unangemessenes Gerede.

Auf einer CDU-Veranstaltung, im nordrhein-westfälischen Meschede, hatte nämlich die deutsche Bundeskanzlerin diese Woche doch tatsächlich über uns Südländer im Allgemeinen behauptet (und hier zitiere ich Frau Merkel wortwörtlich):

- „Natürlich wollen wir den Euro und natürlich wollen wir nicht, dass einer sozusagen Pleite macht und dann wir alle mitgezogen werden“.

- „Wir können nicht einfach solidarisch sein, und sagen, diese Länder sollen mal einfach so weitermachen wie bisher“.

- „Ja, Deutschland hilft, aber Deutschland hilft nur dann, wenn sich die anderen anstrengen. Und das muss nachgewiesen werden.“

Aber damit nicht genug!
Der Bundeskanzlerin sind auch die frühen Renten-Einstiegsalter sowie die angeblich vielen Urlaubstage in Portugal und Spanien ein Dorn im Auge.
Zu diesem Thema meinte sie:

- „Es geht auch darum, dass man in Ländern wie Griechenland, Spanien, Portugal nicht früher in Rente gehen kann als in Deutschland, sondern dass alle sich auch ein wenig gleich anstrengen - das ist wichtig.“

Vor dem Hintergrund der Heraufsetzung des Rentenalters in Deutschland auf 67 Jahre und nur 20 Tagen gesetzlichen Mindesturlaub, sagte Merkel:

- „Wir können nicht eine Währung haben und der eine kriegt ganz viel Urlaub und der andere ganz wenig. Das geht auf Dauer auch nicht zusammen.“

So schwer attackiert und kritisiert zu werden, tut mir als Portugiesen weh!
Als fauler und betrügerischer Bürger der EU dargestellt zu werden ist für mich in höchstem Maße unerträglich, zumal die Wahrheit ganz anders aussieht!

Ich habe mir mal die Mühe gemacht (vielleicht hätte sich die deutsche Bundeskanzlerin auch diese Mühe machen sollen!) und im Internet einen Statistikbericht der OECD zu diesem Thema gesucht und auch gefunden.
Dieser Bericht ist sehr aktuell, denn er ist erst knappe zwei Monate alt, nämlich vom 17. März 2011!
In ihm wird, unter anderem, das Rentenalter in Frankreich mit durchschnittlich 62 Jahren angegeben, in Deutschland mit durchschnittlich 62,2 Jahren und für Portugal wird das Rentenalter mit durchschnittlich 65 Jahren angegeben!

So arbeiten die Deutschen im Jahr durchschnittlich 1390 Stunden, die Spanier durchschnittlich 1654 Stunden, wir Portugiesen bringen es auf jährlich durchschnittlich 1710 Stunden und die Griechen
Arbeiten durchschnittlich sogar 2119 Stunden jährlich.
Die meisten Portugiesen müssen hier in der Zwischenzeit sogar einem Zweitjob nachgehen, arbeiten 18 Stunden am Tag und das sechs Tage die Woche, und viele erwägen nun, angesichts der schweren wirtschaftlichen Lage in der wir uns befinden, sogar einem Drittjob nachzugehen.
Es wird also bei uns im Süden nicht weniger gearbeitet, sondern einfach weniger produziert!

Das Sparprogramm, das die portugiesische Regierung ihrer Bevölkerung in den nächsten Jahren zumuten wird, ist beispiellos.
Und nicht der Normalbürger ist an der finanziellen Misere schuld, sondern die habgierigen Banken und die korrupten, verschwenderischen Politiker, die uns regieren!

Auch was den Urlaub angeht, geht die Rechnung von Angela Merkel nicht auf.
Laut dem Statistikbericht der OECD haben in Deutschland z.B. Angestellte (dem Lebensalter entsprechend) und z.B. Arbeiter in der Autoindustrie bis zu sechs Wochen Urlaub, und das bei einer 35-Stunden-Woche.
Wir hier in Portugal können maximal von drei bis vier Wochen Jahresurlaub träumen, und arbeiten dafür durchschnittlich mindestens 40 Stunden die Woche.
Nicht umsonst werden die Deutschen „Urlaubsweltmeister“ genannt!

Diese populistischen und absurden Verallgemeinerungen der Kanzlerin, die sie diese Woche wieder einmal vom Stapel losgelassen hat, sind also äußerst verdreht dargestellt und falsch.

Es ist schon wahr, das die Griechen mit ihren – zugegebenen – Problemen uns langsam aber sicher gegen die Wand fahren.
Aber die Situation in Griechenland mit der in Portugal oder Spanien zu vergleichen zeugt von blamablen politischen Kenntnissen seitens der Bundeskanzlerin.

Aber diese Äußerungen der deutschen Bundeskanzlerin sind nicht
nur blamabel, sondern meiner Meinung nach, auch äußerst besorgniserregend, denn sie strotzen nur so vor Vorurteilen und Klischees.

Die wirtschaftlichen Probleme einzelner EU-Länder waren VOR der Wirtschaftskrise und VOR dem Beitritt einiger Staaten bekannt.
Die Bundeskanzlerin, und vor allem ihr Ziehvater Helmut Kohl, hätten damals intervenieren können.
Jetzt ist es zu spät!

Frau Merkel, deren Aufgabe es ist „Schaden vom Deutschen Volke abzuwenden“, hat sich selber mit ihren Bemerkungen diese Woche keinen Gefallen.
Im Gegenteil, sie hat allen bewiesen, das Dummheit ein wahrlich nachwachsender Rohstoff ist…

Mittwoch, 18. Mai 2011

Namban






Einer der Gründe warum ich diesen Blog schreibe, ist unter anderem das positive Feedback das ich durch viele meiner Leser bekomme.
Wenn dann darunter Leser sind, die interessiert nachhaken und mir Fragen stellen, komme ich gerne dazu, diese bei Gelegenheit zu beantworten.

Vor Tagen erwähnte ich in dem Blogtext „Portugiesisches Japanisch“ vom 12. Mai 2011, den japanischen Nambanstil (port.: arte Namban).
Jetzt wurde ich gefragt, was denn der Nambanstil oder die Nambankunst sei.

Nun, der Nambanstil ist eine japanische Kunstform die sich zwischen 1543, dem Jahr der Entdeckung des Landes durch die Portugiesen, und 1639, der endgültigen Vertreibung der selbigen aus Japan, entwickelt hat.
In dieser Zeit, der endenden Sengoku-Epoche, der Azuchi-Momoyama-Epoeche und der frühen Edo-Epoche, kamen die Japaner durch die Portugiesen, mit vielen, für sie bis dahin unbekannten europäischen Dingen des alltäglichen Gebrauchs, europäischen Nahrungsmitteln und Tieren in Berührung.

Der Name „Namban“ hat seinen Ursprung in dem japanischen Wort „Naban-jin“, was so viel bedeutet wie „Barbaren des Südens“ (port.: bárbaros do sul“.
Mit Barbaren des Südens titulierten die Japaner zuerst die Portugiesen und hinterher alle Europäer.
Die Japaner betrachteten damals ihr Land als das Zentrum der Zivilisation und die anderen Nationen als „barbarisch“.
Mit anderen Worten: für sie war Japan der Nabel der Welt und die anderen Länder und Kulturen nichts weiter als armselige Anhängsel.
Als die ersten Portugiesen japanischen Boden betraten, zumeist Seefahrer die wirklich nur das Mindestmaß an Kultur besaßen, müssen sie damals für die meisten Japaner sprichwörtliche „barbarische“ Manieren gehabt haben.
Und da diese ursprünglich aus dem Süden ins Land gesegelt kamen, gaben ihnen also die Japaner den Namen „südliche Barbaren“.

Sie fanden die Menschen die ihnen da auf einmal begegneten einfach nur primitiv und abstoßend.
So schreibt ein japanischer Schriftsteller in einem zeitgenössischen Bericht aus jener Zeit:
„ …eles comem com os dedos, em vez de utilizarem pauzinhos, assim como nós os usamos. Demonstram todo o típo de sentimentos, sem o minimo auto-contróle. Imagine-se, que eles nem entendem os carácteres da nossa lingua!...”
Was ins Deutsche übersetzt so viel heißt wie:
„… Sie essen mit ihren Fingern anstatt mit Stäbchen, so wie wir sie benutzen. Sie zeigen ihre Gefühle ohne jede Selbstkontrolle. Sie können noch nicht einmal die Bedeutung unserer Schriftzeichen verstehen!...“

Nichtsdestotrotz wussten die Japaner die vielen neuen technischen Errungenschaften der Portugiesen sehr wohl zu schätzen, wie z.B. die auf den militärischen und nautischen Gebieten, des Weiteren die der metallurgischen Verarbeitung und die vielen Gegenstände des alltäglichen Gebrauchs. Und auch die Verbreitung des Christentums bewirkte einen beträchtlichen Einfluss im japanischen Alltag.
Viele Portugiesen wurden damals von japanischen Feudalherren freundlich aufgenommen, und ihre Fähigkeiten wurden manchmal in solchem Maß belohnt, dass einige von ihnen sogar in den Rang eines Samurai erhoben wurden.

Die Herstellung der aus Europa importierten Dinge des alltäglichen Gebrauchs und die westlichen Einflüsse wurden mit den Jahren von den Japanern perfektioniert und dann mit einem neuen japanischen Design kombiniert.
Die zahlreichen bildlichen Darstellungen, die in dieser Zeit entstanden, definierten damals einen völlig neuen Stil in der japanischen Kunst, eben den Nambanstil.

Dieser fand, mit der endgültigen Vertreibung der Portugiesen im Jahre 1639 und der daraufhin von den japanischen Feudalherren verordneten Abschottung des Landes zum Westen, nach nur knapp 100 Jahren, sein jähes Ende.
Die Japaner fingen nämlich an zu begreifen, dass sie sich einer Unabhängigkeit Japans nur sicher sein konnten, wenn sie die Expansions- und Kolonialpolitik Portugals, das nun seit 1580 in einer unheilvollen Personalunion mit Spanien verbunden war, sofort unterbinden konnten.
Die Abschottung des Landes war also zur Sicherung der Unabhängigkeit Japans gedacht, endete aber gleichzeitig mit einem Kunststil der das japanische Kaiserreich über viele Jahrhunderte hindurch, bis in den heutigen Tag hinein, bereichern sollte.

Es gibt weltweit heute zwei Orte in denen man die Kunst des Namban besonders bewundern kann.
Der erste ist natürlich Japan, hier vor allem in den Museen von Kobe, Tokio, Nagasaki und Osaka.
Und der zweite Ort an dem man einzigartig schöne Namban-Kunst bewundern kann, ist in Portugal, hier vor allem in dem Nationalmuseum für alte Kunst (port.: Museu Nacional de Arte Antiga) und im Museum für Asiatische Kunst (port.: Museu do Oriente), beide in Lissabon gelegen.

Ich kann einen Besuch der beiden Museen nur wärmstens empfehlen!

Dienstag, 17. Mai 2011

Das Jubiläumslied


Wie schon in meinem vorherigen Blogtext „Festgottesdienst zum 250. Geburtstag der DEKL“ erwähnt, wurde die Kirchengemeinde zu Lissabon mit einem frischen Liedertext, welches zu den Klängen einer neuen, angenehmen Musik, die sich sofort als Ohrwurm entpuppte, von Pfarrer Stefan Stalling am vergangenen Sonntag Jubilate, dem 15. Mai 2011, überrascht.

Er komponierte und textete, anlässlich des 250jährigen Bestehens der Evangelischen Kirchengemeinde zu Lissabon, das sechsstrophige Lied mit dem Titel „ Lasst uns beten! Lasst uns singen!“, welches die Gemeinde und die Festgesellschaft an diesem Tag, in einer „Weltpremiere“, sang.

Der Text zu dem heiteren Lied „Lasst uns beten! Lasst uns singen!“ lautet:


1.
1755 bebt die Erde in Lissabon.
Alles lag in Schutt und Asche. Kaum meiner kam heil davon.
Menschen in Gebet und Trauer, auch die Kirchen stürzten ein.
Und bald stellte man die Frage: Das soll Gottes Liebe sein?


2.
1761 war die Stadt noch ganz kaputt.
Herzen wollten schwer verheilen inmitten von Angst und Schutt.
Doch eine Handvoll Hanseaten, Kaufleute aus deutschem Land,
waren stolze Protestanten – nahmen nun das Kreuz zur Hand:
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns endlich wieder eine gute Predigt anhören!
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns in einer Gemeinde fest zusammengehören!


3.
In 250 Jahren gute Zeiten, große Not.
Doch mit Gottes gutem Segen hielt sich das Gemeindeboot.
Mal im Sturm, mal ruhige See, mal kein Pastor, oft kein Geld
hielt der Geist sie doch zusammen, ließ sie spüren, was wirklich zählt:
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns endlich wieder eine gute Predigt anhören!
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns in einer Gemeinde fest zusammengehören!


4.
1914 – 18 flohen sie bis nach Madrid.
Doch auch dort hielt man zusammen, Hoffnung führte sie zurück
1934 weihten sie ihr Gotteshaus.
Dankbarkeit in allen Herzen – und ihr Pfarrer sprach es aus:
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns endlich wieder eine gute Predigt anhören!
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns in einer Gemeinde fest zusammengehören!


5.
1945 ging durch sie ein tiefer Riss,
weil sich manche sehr verirrten und man falsche Götter pries
Kirch und Hof waren am Boden. Konnte es noch weitergehen?
„Was ist, Leute, uns geblieben? Wo wollen wir in Zukunft stehen?“
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns endlich wieder eine gute Predigt anhören!
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns in einer Gemeinde fest zusammengehören!


6.
Wir schreiben 2011 und wir sind noch immer hier.
Kirch und Haus stehen prächtig da. Im Kühlschrank wartet kühles Bier.
Das ist köstlich, doch wir wissen: Es ist letztlich fader Schein.
Denn was unsere Seelen erdet: Das ist ER in Brot und Wein.
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns endlich wieder eine gute Predigt anhören!
Lasst uns beten! Lasst uns singen!
Lasst uns in einer Gemeinde fest zusammengehören!


(Text und Musik von Pfarrer Stefan Stalling, 2011)

Festgottesdienst zum 250. Geburtstag der DEKL


Mit einem Festgottesdienst zum 250. Geburtstag der Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde zu Lissabon feierte die DEKL in ihrer Kirche, an der Praça de Espanha, ihr vierteltausendjähriges Bestehen.

Seit 1761 gibt es diese deutsche Auslandsgemeinde schon und in den vielen Jahren, seit ihrer Gründung, hat es natürlich Höhen und Tiefen gegeben, an denen in dem Gottesdienst, aber auch danach, an diesem Tag noch oft erinnert wurde.

Mit einer Intrade von Georg Philipp Telemann, nämlich einem Trompetenkonzert in f-moll, zogen der Gemeindekirchenrat, die Pfarrer Anke und Stefan Stalling und die illustren Gäste, allen voran der Bischof der Evangelischen Kirche in Deutschland für Ökumene und Auslandsarbeit, Bischof Martin Schindehütte, in die Kirche ein.

Mit dem Lied „Nun danket alle Gott“, dem Psalmgebet und der Apostelgeschichte, deren Text der gleiche war den der erste Pfarrer Johannes Schiving, damals in Lissabon in seiner ersten Predigt im Mai 1761 an seine Gemeinde hielt, begann der Festgottesdienst.

In dem Text der Apostelgeschichte heißt es:

„Und an Paulus erschien ein Gesicht bei der Nacht,
dies war von einem Mann aus Mecedonien,
der vor ihm stand und ihn bat und sprach:
Komme nach Macedonien und helfe uns!“

(Apostelgeschichte Kapitel XVI, vs. 9,10)

Sehr wohl bedachte Worte und schon damals, vor 250 Jahren, ein von Johannes Schiving nicht zufällig und willkürlich ausgewählter Text.
Genauso wie in der Apostelgeschichte Paulus aufgefordert wird in das ferne Mazedonien zu kommen um zu helfen, so wurde auch damals der junge Pfarrer Johannes Schiving in Lissabon, von der neuen deutschen Gemeinde, aufgefordert zu kommen, denn auch er wurde gebraucht um zu helfen.

Nach der Apostelgeschichte gab der Kirchenchor das Lied „Für die Schönheit dieser Welt“, von John Ruttler, zum besten, und alle zusammen stimmten wir in das Lied „Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt“, und unter dessen Motto am Vortag die Gemeinde einen Schiffsausflug auf dem Tejo gemacht hatte, ein.

Dann hielt Bischof Martin Schindehütte aus Hannover, die Predigt zum 250. Geburtstag der Gemeindegründung.
Pfarrer Stefan Stalling spielte anschließend auf der Gitarre noch das Lied „Lasst uns beten! Lasst uns singen!“, welches er eigens für dieses Ereignis und seine Gemeinde komponiert und getextet hat.
In meinem nächsten Blogtext „Jubiläumslied“ werde ich das Lied hier noch einmal erwähnen.

Das Abendmahl, das Vater Unser und ein Dankgebet beendeten dann den Festgottesdienst in der Kirche.
Zu den Klängen eines vierhändigen Orgelorchesters von Johann Ernst Prinz von Sachsen-Weimar zog die Gemeinde dann aus der Kirche aus.

Danach wurde im Pfarrhaus und im Kirchgarten weiter gefeiert und in angenehmen Tischgesprächen, wurde noch die eine oder andere Geschichte aus den 250 Jahren Kirchengemeinde erzählt.
So froh viele auch waren, das nun die Zeit der Festvorbereitungen, die mit viel Arbeit einher ging, Vergangenheit war, so schade fanden es viele das so ein schönes Jubiläum nun vorbei war.

Die Gründerväter dieser Auslandsgemeinde in Lissabon wären stolz gewesen, auf die Gemeinde und ihre Mitglieder!

Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt


1.
Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.
Das Schiff, es fährt vom Sturm bedroht durch Angst, Not und Gefahr,
Verzweiflung, Hoffnung, Kampf und Sieg,
so fährt es Jahr um Jahr und immer wieder fragt man sich:
Wird denn das Schiff bestehen? Erreicht es wohl das große Ziel? Wird es nicht untergehen?
Bleibe bei uns Herr!
Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir allein
auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns Herr!

2.
Im Schiff, das sich Gemeinde nennt, muss eine Mannschaft sein,
sonst ist man auf der weiten Fahrt verloren und allein.
Ein jeder stehe, wo er steht, und tue seine Pflicht,
wenn er seinen Teil nicht treu erfüllt, gelingt das Ganze nicht.
Und was die Hoffnung auf dem Schiff ganz fest zusammenschweißt
in Glaube, Hoffnung, Zuversicht ist Gottes guter Geist.
Bleibe bei uns Herr!
Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir allein
auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns Herr!

3.
Ein Schiff, das sich Gemeinde nennt, fährt durch das Meer der Zeit.
Das Ziel, das ihm die Richtung weist, heißt Gottes Ewigkeit.
Und wenn uns Einsamkeit bedroht, wenn Angst uns überfällt:
Viel Freunde sind mit unterwegs auf gleichen Kurs gestellt.
Das gibt uns wieder neuen Mut, wir sind nicht mehr allein.
So läuft das Schiff nach langer Fahrt in Gottes Hefen ein!
Bleibe bei uns Herr!
Bleibe bei uns, Herr, denn sonst sind wir allein
auf der Fahrt durch das Meer. O bleibe bei uns Herr!


(Text und Musik von Martin Gotthard Schneider)

Schiffsfahrt auf dem Tejo






Als Auftakt zum Jubilatewochenende hat die Deutsche Evangelische Gemeinde zu Lissabon (DEKL) am vergangenen Samstag, den 14. Mai 2011, einen besonderen Ausflug gemacht.

Bei strahlendem Sonnenschein trafen sich die Mitglieder der Gemeinde und Ehrengäste aus Deutschland und Spanien um kurz nach 11 Uhr im Bootshafen von Belém (port.: Estção Fluvial de Belém) zu einer Schiffsfahrt auf dem Tejo.

Mit dem Katamaran „Pedro Nunes“, Baujahr 2002, einem modernen Schiff der Lissabonner Transportgesellschaft TransTejo, stachen wir um kurz vor 12 Uhr in See, zu einem Spaziergang auf dem Wasser, den viele, auch wenn sie seit Jahren in Portugal leben, noch nicht kannten.

Vom Tejo aus gesehen sieht Lissabon so schön aus!
Hügel, versteinert und vielerorts hinuntergetreppt, mit intimen Vierteln, die wie kleine Städtchen in der Stadt sind, individuelle Häuser, bröckelnde Stadtpaläste, imponierende Betonklötze, dazwischen kleine, grüne Inseln zum Atemholen und alles vereint mit einem faszinierenden Blick über das Wasser.

In diesem Ambiente bewegten sich unser Schiff und die Festgesellschaft, unter dem Motto „Ein Schiff das sich Gemeinde nennt“, den Tejo langsam hinauf.
So oder so ähnlich müssen sich vor über 250 Jahren die ersten hanseatischen Kaufleute gefühlt haben, als sie damals aus dem fernen Deutschland mit dem Schiff ankamen und aus dem Atlantik kommend, in den Tejo rein gefahren kamen.

Es wurden am Samstag auch ein paar kurze Worte vom Gemeindekirchenrat, den Pfarrern und dem Besuch aus Deutschland an die Gemeinde gerichtet, aber da dies nicht ein Tag der großen Reden, sondern eher ein Tag des gemeinsamen Ausflugs war, wurden wir, alleine schon landschaftlich, dazu angehalten die vielen Aus- und Eindrücke, die uns während der Fahrt begleiteten, zu genießen.

Von Belém aus sahen wir den Turm von Belém (port.: Torre de Belém) und das Hieronymuskloster (port.: Mosteiro dos Jerónimos), sowie das riesige Komplex des Kulturzentrums (port.: Centro Cultutal de Belém) und das große, steinerne Entdeckerdenkmal (port.: Padrão dos Descobrimentos).
Dann fuhren wir, an den Stadtteilen Santo Amaro und Alcântara vorbei, unter der imposanten Tejobrücke des 25. April (port.: Ponte 25 de Abril), hindurch.
Wir fuhren weiter über Santos und die Baixa, am mächtigen Handelsplatz (port.: Praça do Comercio) vorbei, und folgten dem Tejo stromaufwärts, immer mit der Alfama, der alten Stadtburg Sankt Georg (port.: Castelo de São Jorge), der Kirche São Vicente (port.: Igreja de São Vicente) und dem Nationalpantheon (port.: Panteão Nacional) im Blickfeld.
Dann schipperten wir an vielen Containern aus aller Welt vorbei, an Silos und Raffinerien, bis wir endlich am ehemaligen Expogelände vorbeifuhren.
Hier unterquerten wir auch die riesige, moderne Brücke Vasco da Gama (port.: Ponte Vasco da Gama) und machten uns, jetzt nicht mehr geographisch ihm Lissabonner Stadtgebiet befindend, auf die Rückfahrt, diesmal stromabwärts den Tejo hinunter.

Auf dem Rückweg begegneten uns wieder riesige Ozeanliner, einfache Fährschiffe, große Industrieanlagen, der lang gezogene Containerhafen und wir fuhren wieder an Lissabons wunderschöne Hauptplätze vorbei.

Viele meinten es wäre schade, dass man nicht näher an dies allem vorbeifahren konnte.
Aber ich finde die Entfernung schadet der Stadt nicht, im Gegenteil!
Sie macht Lissabon „weicher“, verdeckt das Brüchige und verbirgt ihre Narben.

Nach etwas mehr als zwei Stunden war die Fahrt über den Tejo vorbei, und wir legten an unseren Anfangspunkt, im Stadtteil Belém, an.
Jeder ging nun seiner Wege, aber jeder dankbar für dieses wunderbare Landschaftsgeschenk das sich die Gemeinde zu ihrem 250jährigen Bestehen selber gemacht hat.

Freitag, 13. Mai 2011

Deutscher Bundestag stimmt über Milliardenhilfen für Portugal ab


Der Deutsche Bundestag hat gestern über die geplanten Milliardenhilfen für Portugal abgestimmt.
Die Abgeordneten der CDU/FDP-Regierungskoalition, der SPD und der Grünen sprachen sich für die geplanten EU-Hilfsgelder für Portugal in einer Höhe von 78 Mrd. Euro aus.
Als einzige Partei votierten die deutschen Linken gegen das geforderte Hilfspaket.
Diese Abstimmung im Deutschen Bundestag war gesetzlich nicht bindend!
Aber gerade weil nicht bindend, hat die positive deutsche Wahl für die Hilfe an Portugal, für die anderen EU-Mitgliedsstaaten, eine wegweisende Wirkung.

Wenn sich am kommenden Montag, dem 16. Mai 2011, die EU-Länder in Brüssel treffen, um das Hilfspaket für Portugal zu schnüren, werden alle Länder der EU, einschließlich der Finnen, die ja bis zuletzt gezaudert haben, sich für die finanzielle Hilfe an Portugal entscheiden.
Dies ist insofern wichtig, als das nur eine von allen Mitgliedsstaaten einstimmig erzielte Votierung, zählt!

Natürlich ist es für die Länder Europas nicht leicht mal so 78 Mrd. Euro locker zu machen.
Aber es ist auch nicht leicht um diese 78 Mrd. Euro zu betteln.

Es kommen harte und unsoziale Sparauflagen auf uns Portugiesen zu und im Verhältnis dazu, werden die Steuereinnahmen gering sein.
Aber es geht jetzt um die nachhaltige Sanierung und dauerhafte Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit Portugals. Die portugiesische Regierung, egal welcher Partei sie zukünftig angehören wird, und die Mehrheit der Portugiesen, da bin ich mir absolut sicher, werden ihre „Hausaufgaben“ machen.

Donnerstag, 12. Mai 2011

Portugiesisches Japanisch


In einem, vor wenigen Tagen hier geschriebenen Blogtext, widme ich mich dem Leben und Wirken des portugiesischen Schriftstellers Wenceslau de Moraes, der einen großen Teil seines Lebens in Japan verbrachte, und sehr eng mit dem Land, seinen Menschen und ihrer Kultur verbunden war.

Aber diese enge Verbindung zwischen Portugal und Japan (port.: Japão) besteht nicht nur nach dem Wirken Wenceslau de Moraes im letzten Jahrhundert, sondern um genau zu sein, seit dem 23. September 1543.
An diesem Tag wurde die chinesische Dschunke der drei portugiesischen Kaufleute António da Mota, Francisco Zeimoto und António Peixoto, durch einen schweren Sturm auf hoher See, auf die japanische Küste geworfen.
Damals betraten diese drei Handelsmänner, als erste Europäer überhaupt, japanischen Boden.

Ihre Ankunft auf der kleinen südlichen Insel Tanegashima, in der Präfektur Kagoshima, und die im darauf folgenden Jahr 1544 durch den Seefahrer Fernão Mendes Pinto durchgeführte Expedition ins Land des Lächelns, gelten als die Meilensteine der luso-japanischen Geschichte.

Natürlich sind uns heute die Japaner um Meilen voraus, was den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Fortschritt angeht!
Dies war aber nicht immer so.
Als die Portugiesen zum ersten Mal Japan betraten, zeigten sich vor allem die Japaner an den damaligen Wissensstand der Portugiesen interessiert.

In ihrer Art stets wiss- und lernbegierig, erhielten die Japaner damals zum ersten Mal, durch ihre Kontakte zu den Portugiesen, eine ungefähre Vorstellung unserer Erde, den Ozeanen, den Kontinenten und den Menschen die es damals bewohnten.

Ziemlich schnell kommen sie mit den verschiedensten Produkten und Techniken der damaligen Zeit in Verbindung, die ihnen bis dahin unbekannt waren, sei es z.B. in der Verarbeitung von Metallen, im Schiffsbau oder in der Navigation.

Sie bereichern ihre Küche mit Nahrungsmitteln die sie bis dahin nicht kannten, wie z.B. Mandeln, Feigen, Birnen, Pfirsichen, Oliven, Quitten und Trauben und auch das Huhn, die Ente und der Stallhase standen fortan auf ihrem Essensplan.

Schnell erlernen die Japaner damals auch Fremdsprachen, hier vor allem das portugiesische und das lateinische, lernen die Ölmalerei, neue Musikrichtungen und Musikinstrumente und die verschiedensten Moderichtungen und artistischen Stilrichtungen kennen.
Und auch mit der katholischen Religion, der Mathematik, dem Kriegswesen, der Geografie, dem Bauwesen, dem Buchdruck, der Medizin und der Pharmazie der damaligen bekannten westlichen Welt kommen sie durch die Portugiesen in Berührung.

Die Japaner entwickeln damals sogar eine eigene Kunstrichtung, nämlich den Nambanstil (port.: arte Namban).
Mit dem Nambanstil ahmten die Japaner erfolgreich europäische Kunsttechniken und Kunstdarstellungen nach.

Es würde ins Unermessliche gehen, würde man die Dinge aufzählen wollen, die das japanische Leben damals revolutioniert haben, aber zweifelsohne gehören z.B. die Uhr, das Glas, der Spiegel, die Wolle, die Brille, die Handfeuerwaffen, das Schießpulver und noch vieles mehr, dazu.

Noch heute sind viele Wörter und Bezeichnungen der japanischen Sprache portugiesischen Ursprungs.
So spricht der Japaner von einem „bateran“ (port.: padre), wen er von einem Pfarrer spricht, von einem „jabo“ (port.: diabo) wenn er den Teufel meint und er redet von einem „kirisutan“ (port.: cristão), dann wenn er einen Christen benennen will und von einem „rozario“ (port.: rosário) wenn er einen Rosenkranz meint.
„Bidoro“ (port.: vidro) heißt auf japanisch Glas, „birodo“ (port.: veludo) ist der Samt, „chuchin“ (port.: cetim) die Seide und ein „botan“ (port.: botão) ist ein Knopf.
Erwähnt ein Japaner das Wort „shabon“ (port.: sabão) so meint er damit die Seife, spricht er von einem „orugan“ (port.: órgão) dann meint er eine Orgel damit, redet er über „karutas“ (port.: cartas) so meint er damit Karten und mit einem „joro“ (port.: jarro) ist ein Wasserkrug gemeint.
Spricht der Japaner von „tempura“ (port.: tempero) dann spricht er von einer fantastischen frittierten und „gewürzten“ kulinarischen Delikatesse.
Viel Fantasie braucht man allerdings als Portugiese nicht zu haben, wenn man die japanischen Worte „pan“ (port.: pão / dt.: Brot), „tabako“ (port.: tabaco / dt.: Tabak), „kapitan“ (port.: capitão / dt.: Kapitän), „oranda“ (port.: Holanda / dt.: Holland) oder „sabato“ (port.: sabado / dt.: Samstag) hört.

Wie viele japanische Worte ihren Ursprung in der portugiesischen Sprache haben ist heute nur noch schwer nachzuvollziehen, denn eine Sprache, zumal so eine komplexe wie die japanische, ändert sich stetig über die Jahrhunderte hinweg.

Eines ist aber sicher:
es gibt weiß Gott mehr japanische Ausdrücke die einen portugiesischen Ursprung haben, als umgekehrt.
Außer Judo, Karate, Origami, Bonsai und Sushi konnte sich leider nicht viel mehr, bis in unsere Tage, in der portugiesischen Sprache herüberretten.

Kulturelle Bankrotterklärung


Als ich noch ein Kind war, gab es einen großen Schlagerwettbewerb, der Grand Prix hieß und auf dem die meisten Gruppen Lieder mit einfachen Texten und eingehenden Refrains vortrugen.
Heute gibt es den Eurovision Song Contest und die Lieder, jetzt Songs genannt, werden immer grotesker und die Refrains klingen immer mehr wie gequirlte Hühnerkacke, um es mal vornehm auszudrücken.

Das beste Beispiel ist der diesjährige Beitrag Portugals zum Eurovision Song Contest, welches am vergangenen Dienstag von der Gruppe „Homens da Luta“ (dt.: „Männer des Kapfes) in Düsseldorf, vorgetragen wurde.
Zum 56. Mal findet der Eurovision Song Contest statt, aber so ein schlechtes Lied wurde von uns Portugiesen, glaube ich, noch nie abgeliefert.
Nun weiß ich sehr wohl, das über Geschmack sich ja für gewöhnlich wunderbar streiten lässt.
Aber selbst zum „streiten“ sind diese Clowns, die da für Portugal aufgetreten sind, nicht zu gebrauchen.

Die Band, oder Delegation wie sie jetzt so schön heißt, die Portugal vertreten hat, hatte eher etwas von politischem Kabarett an sich, als von einer Musikband.
Sowohl vom Stil als auch von der Musik her, hätte die Band eher zu einer politischen Veranstaltung linker Parteien für die anstehenden Parlamentswahlen gepasst, als zu einem Event in dem Liedermacher und Liedertexter prämiert werden sollen.

Ich war froh als die drei Minuten, in der sich Portugal vorgestern im ersten Halbfinale in Düsseldorf als Deppen Europas aufführen konnte, vorbei waren; und so wie ich denken viele abertausende Portugiesen!

Wie solch ein Lied bei der Vorentscheidung hier in Portugal überhaupt gewinnen konnte, ist mir und vielen meiner Landsleute, ein Rätsel.
Mit diesem Song haben wir der ganzen Welt gezeigt, dass es nicht nur mit unserer Wirtschaft zum argen steht, sondern dass wir auch kulturell völlig bankrott sind.

Mit dem vorgestrigen Auftritt hat sich Portugal sämtliche Chancen auf einen Sieg selber genommen.
Portugal konnte gegen die Konkurrenz in Düsseldorf nicht gewinnen…

…oder wollte Portugal einfach nicht gewinnen???

Mittwoch, 11. Mai 2011

Jubilatefestwochenende


Endlich ist er da, das von vielen seit langem ersehnte Festwochenende der Deutschen Evangelischen Kirchengemeinde zu Lissabon.

Am kommenden Wochenende, dem 14. und 15. Mai feiert eine der ältesten Auslandskirchengemeinden Deutschlands hier in Lissabon ihren 250. Geburtstag!

Als Auftakt werden die Gemeinde und die vielen Gäste aus dem In- und Ausland am kommenden Samstag eine Schiffsfahrt auf dem Tejo machen, die vom Stadtteil Belém bis zur Brücke Vasco da Gama (port.: Ponte Vasco da Gama), und zurück, gehen wird.
Diese Schiffsfahrt soll an die hanseatischen Kauf- und Seeleute die im Jahre 1761, kurz nach dem schweren Erdbeben von Lissabon diese Gemeinde auch gegründet haben, erinnern.

Das Festwochenende wird allerdings am kommenden Sonntag um 11 Uhr seinen Höhepunkt finden, wenn Pfarrerin Anke Stalling, Pfarrer Stefan Stalling und Auslandsbischof Martin Schindehütte aus Hannover, gemeinsam einen Festgottesdienst in der alten Deutschen Evangelischen Kirche, an der Praça de Espanha, halten werden.

Leider bin ich im Augenblick gesundheitlich nicht so ganz auf der Höhe, und weiß dementsprechend auch noch nicht, in wie fern ich an diesen Festlichkeiten werde teilhaben können.
Nichtsdestotrotz freue ich mich als Gemeindemitglied sehr auf das kommende Wochenende und wünsche uns allen einen schönen 250. Geburtstag.

Dienstag, 10. Mai 2011

Wenceslau de Moraes


Ich bin gerade mit dem lesen des Buches „O Bon Odori em Tokoshima“ (dt.: „Das Totenfest von Tokushima“), einem Werk von Wenceslau de Moraes, welches ich vor gut einer Woche angefangen habe zu lesen, fertig geworden.

Ehrlich gesagt, waren mir bis dato die Werke von Wenceslau de Moraes völlig unbekannt.
Als ich das einer Freundin gestand, musste die mir beichten, dass ihr alleine ein gewisser Wenceslau de Moraes schon überhaupt kein Begriff war, geschweige denn seine Werke!

Nun, so arg ist es um meinen Wissensstand über Wenceslau de Moraes nicht bestellt, aber ich muss gestehen, das ich erst durch das lesen eines seiner Bücher, mehr über den Mann erfahren habe, der so viel Liebe und Sympathie für den asiatischen Kontinent hegte, hier vor allen Dingen für Japan, und der zu den wichtigsten portugiesischen Schriftsteller des anfangenden 20. Jahrhunderts zählt.

Wenceslau de Moraes wird am 30. Mai 1854, als Wenceslaus José de Sousa Moraes, Sohn von Maria Amélia Figueiredo Moraes und Wenceslaus de Moraes, in der portugiesischen Hauptstadt Lissabon geboren.

Er machte 1875, an der Lissabonner Marineschule (port.: Escola Naval de Lisboa), im Alter von nur 21 Jahren, seinen Offiziersabschluss, und dient daraufhin als Marineoffizier auf verschiedenen Kriegsschiffen der portugiesischen Kriegsmarine, die ihn nach Moçambique, Timor, Japan und schließlich 1885 auch nach Macau bringen.

Hier in Macau lässt er sich 1891, als ihn die portugiesische Kolonialverwaltung den Posten eines Hafenhauptmannes anbietet, auch nieder.
1893 wird er sogar Lehrer an der renommierten São José Oberschule (port.: Colégio de São José) in Macau.

Wenig später ehelicht er die Chinesin Wong Yog Chan und gemeinsam haben sie zwei Söhne.

Er freundet sich in Macau mit dem Schriftsteller Camilo Pessanha an, der ihn dazu animiert, seine schriftstellerische Kariere zu beginnen.
„Traços do Extremo Oriente - Sião, China e Japão“ wird 1895 sein erstes literarisches Werk.
Bis 1897 bereist er mehrere male Japan; ein Land dessen Menschen und Kultur es ihm angetan haben.
1897 erscheint auch sein Hauptwerk „Dai Nippon“ (dt.: „Das große Japan“), zu dessen Lesern auch der japanische Kaiser Meiji zählt, wie dieser ihm auch persönlich gesteht, als er ihn und den portugiesische Gouverneur von Macau 1898 empfängt.
1899 ernennt ihn der portugiesische König D. Carlos zum Konsul des Königreiches Portugal im japanischen Kobe und Osaka.

Der Umzug als Diplomat nach Japan fällt ihm nicht schwer, da er schon seit Jahren von seiner chinesischen Frau Wong Yog Chan und den gemeinsamen Söhnen getrennt lebt.

In Kobe kaum angekommen, beschließt er die japanische Geisha O-Yone Fukemoto, die er auf einer seiner Reisen durch das Land des Lächelns Jahre zuvor kennen gelernt hat, zu ehelichen.
Im Gegensatz zu seiner chinesischen Frau, mit der er eine Ehe voller Anspannungen führt, kommt er mit seiner japanischen Gattin wunderbar zu recht.

1904 erscheinen seine „Cartas do Japão“ (dt.: „Briefe aus Japan“), im Jahr darauf das Buch „O culto do chá“ (dt.: „Die Teekultur“) und 1907 das Werk „A vida japonesa“ (dt.: „Der japanische Alltag“).

Seine Ehefrau O-Yone Fukemoto verstirbt plötzlich am 20. August 1912 an einem Herzinfarkt.
Der Tod seiner zweiten Frau nimmt ihn so sehr mit, das er ein knappes Jahr nach ihrem Tod, am 10. Juni 1913 vom Konsulposten in Kobe und Osaka zurücktritt.

Er zieht nach Tokoshima, einer damaligen Kleinstadt in der gleichnamigen Präfektur, auf die Insel Shikoku, wo seine geliebte Ehefrau, die Geisha O-Yone Fukemoto, ursprünglich herkam, und wo auf ihrem Wunsch hin, ihre Asche, nach ihrem Tod, verstreut werden sollte.

1916 erscheint sein Buch „O Bon Odori em Tokoshima“ (dt.: „Das Totenfest von Tokushima“), das erste Werk das er nach dem Tod seiner geliebten Frau schreibt.
In den drauffolgenden Jahren erscheinen, unter anderem, noch die Werke „Ko-Haru“, „Relance da história do Japão“, „Os serões no Japão“ und „Relance da alma japonesa“.

Die Stadt Tokoshima und ihre Umgebung werden zur großen Inspiration der schriftstellerischen Werke von Wenceslau de Moraes, die sowohl in der portugiesischen als auch japanischen Literatur ihres gleichen suchen.
Hier in Tokoshima verstirbt Wenceslau de Moraes, unter bis heute völlig ungeklärten Umständen, plötzlich und unerwartet, am 01. Juli des Jahres 1929.

Das einzige was von ihm geblieben ist, sind seine detailgetreuen und für die damalige Zeit einzigartigen Beobachtungen und Erklärungen der asiatischen Kultur.
Ich freue mich auf das Lesen des nächsten Werkes von Wenceslau de Moraes.

Donnerstag, 5. Mai 2011

Senhor Roubado


Als am frühen Morgen des 11. Mai des Jahres 1671 zwei Küster die Türen der kleinen Dorfkirche von Odivelas öffnen um den Gottesdienst vorzubereiten, finden sie die untrüglichen Zeichen eines Einbruchs und eines ungeheuerlichen Frevels vor.

In der Kirche finden sie die Heiligenfiguren „Unserer Jungfrau des Rosenkranzes“ (port.: „Nosssa Senhora do Rosario“) und „Unserer Jungfrau aus Ägypten“ (port.: „Nossa Senhora do Egípto“), die Figur des Jesuskindes (port.: „Menino Jesus“) sowie die Figuren anderer Heiliger splitterfasernackt und entkleidet bloßgestellt.

Nach dem Frevel kommt nun auch der Schock:
Außer das die Figuren nackt sind, müssen die erschrockenen Küster auch feststellen, dass einige Schmuckperlen aus dem Rosenkranz der einen entblößten Heiligen fehlt und ein riesiger Schmuckedelstein aus der Krone der anderen Heiligenfigur heraus gebrochen ist.
Außerdem fehlen einige Altardecken, das Heilige Grabtuch, zwei vergoldete Becher und die wertvolle Monstranz, in der immer die Hostien - das Laib Christi - für die nächste heilige Messe aufbewahrt werden.

Sofort macht das Gerücht vom „gestohlenen Laib Christi“, (port.: „Senhor Roubado“), den die Hostien in der christlichen Religion darstellen, die Runde.
Dieses ungeheuerliche Sakrileg und Diebstahl erschüttert das katholische Portugal der damaligen Zeit bis auf die Grundmauern.

Eine Sonderkommission der Polizei wird daraufhin gegründet und eine nächtliche Ausgangssperre über Odivelas verhängt. Alle Häuser, selbst das Rathaus und die der hohen Bürger werden bei mehreren Razzien durchsucht – allerdings ohne Erfolg!

Nach ein paar Tagen erreicht diese skurrile Kriminalgeschichte den königlichen Hof in Lissabon.
König Pedro II ist außer sich vor Wut!
Auf seine Veranlassung hin werden an jeder Kirche des Landes, an jedem öffentlichen Platz in Portugal, Steckbriefe ausgehängt auf denen für sachdienliche Hinweise zur Ergreifung des Täters des „Senhor Roubado“ die stolze Summe von zweitausend Cruzados ausgesetzt werden.
Außerdem werden verschiedene Prozessionen veranlasst und in allen Kirchen Fürbitten abgehalten.
Der König ordnet sogar an, dass für Hundert Tage am ganzen königlichen Hof schwarze Trauerkleidung getragen werden muss.
Doch alles Beten und büßen hilft nichts.
Die Suche nach dem „Senhor Roubado“ und den anderen gestohlenen Wertgegenständen bleibt erfolglos.

Vier Monate später, am 16. Oktober 1671, ereignet sich in Odivelas erneut ein Verbrechen, der den Ort aufschreckt:
Im altehrwürdigen Kloster von Odivelas (port.: Mosteiro de Odivelas) wird ein Dieb dabei erwischt, wie er auf frischer Tat den Schwestern sechs Suppenhühner stehlen will.
Die Küchenmagd kann den Dieb im Hühnerstall festhalten bis die Dorfpolizei eintrifft.

Der auf frischer Tat festgenommene Hühnerdieb ist der betrunkene António Ferreira, der im ganzen Ort als der Dorftrottel bekannt ist.
Die Polizei findet in einer seiner Taschen ein goldenes Kreuz das zu einer der Heiligenfiguren gehört, welche Monate zuvor in Odivelas gestohlen worden waren.
Nach einigen Verhören gesteht António Ferreira den Diebstahl in der Dorfkirche, im betrunkenen Zustand, begangen zu haben.
Auf einem Feld, unweit von Odivelas, wird unter den Wurzeln eines Baumes versteckt, die Mehrzahl der gestohlenen Gegenstände gefunden.
Die Hostien allerdings, so gibt der Dorftrottel freimütig zu, habe er vor lauter Hunger noch in derselben Nacht vernascht.
Die Monstranz, in der die Hostien aufbewahrt waren, bleibt aber verschwunden.
Der ganze Ort lacht, ja ganz Portugal lacht über diesen Dorftrottel, und eigentlich wäre der Fall nun aufgeklärt und somit zu den Akten zu legen.

Doch was nun folgt ist eine selbstherrliche, gnadenlose Demonstration der Inquisition, der in einen gnadenlosen, brutalen Prozess gegen António Ferreira endet.
Die Hysterie eines Teils des Großadels und der Fanatismus der Kirchenoberen führen dazu bei, das António Ferreira, ein armer Schlucker, die ganze Härte des Inquisitionstribunal zu spüren bekommt.
Ihm wird öffentlich der Prozess gemacht.
Unter der Folter wird er aufgefordert zu sagen wo die Monstranz ist, da diese unauffindbar ist.
Doch alles foltern nützt nichts, und der „Senhor Roubado“ bleibt verschollen.
António Ferreira wird gnadenlos durch die Inquisition zum Tode verurteilt!

Am 13. November 1671 wird der Verurteilte zur Urteilvollstreckung nach Lissabon gebracht.
Dort werden ihm am nächsten Tag öffentlich am Rossioplatz, bei lebendigem Leib, beide Hände vom Körper abgehackt.
Eine Würgeschlinge wird ihm angelegt, und er wird langsam und qualvoll erwürgt.
Als er tot ist, wird sein lebloser Körper auf einen Scheiterhaufen gelegt und verbrannt.
So endet, auf stupide Weise und durch eines der vielen Fehlurteile der Inquisition, das Leben des Dorftrottels António Ferreira.

Nur noch wenig erinnert heute in Odivelas an den traurigen Held dieser wahren Geschichte.
An der Stelle im Feld, an der die gestohlenen Kirchengegenstände wieder gefunden wurden, und wo António Ferreira behauptet die Hostien vor lauter Hunger verspeist zu haben, haben die Bürger von Odivelas, hundert Jahre nach dem Ereignis, ihm ein Denkmal gesetzt.
Seit 1774 kann dort, ein alleine durch Spendengeldern finanzierter „Senhor Raubado Denkmal“ (port.: Monumento ao Senhor Roubado), bewundert werden.
Auch der jeden Montag stattfindende Wochenmarkt in Odivelas trägt den Namen dieses traurigen Helden, nämlich „Feira do Senhor Roubado“ (dt.: „Senhor Roubado Markt“), genauso wie eine Metrostation ganz in der Nähe.

Portugiesisches Finale in Sicht


Nach dem 5:1-Hinspielsieg des portugiesischen Fußballmeisters FC Porto gegen den spanischen Vertreter FC Villarreal geht es heute, vor den Rückspielen, für den FC Porto darum, ob der Endspielgegner in der Fußball-Europaliga aus dem Norden Portugals oder der Hauptstadt Lissabon kommt.

Benfica Lissabon kämpft nämlich, nach seinem 2:1-Heimsieg letzte Woche, zur selben Zeit bei Sporting Braga um das zweite Ticket für das Finale am kommenden 10. Mai im irischen Dublin.

Erstmals überhaupt zogen drei portugiesische Mannschaften in die Vorschlussrunde eines Europapokalwettbewerbes ein.
Wenn der spanische Club Villarreal nicht noch für eine dicke Überraschung sorgt, fände nächste Woche somit, das erste rein portugiesische Europapokal-Endspiel statt.

So kommt es das das fast bankrotte Portugal von einem historischen Finale in der Europa League träumt!

Rettungspaket für Portugal unter Dach und Fach


Nachdem die Portugiesische sozialistische Minderheitsregierung von José Socrates und die beiden größten Oppositionsparteien PSD und CDS das Rettungsprogramm der EU (dt.: Europäischen Union / port.: União Europeia) und des Internationalen Währungsfonds (IWF) (port.: Fundo Monetario Internacional (FMI)) abgesegnet haben, haben nun auch diese den erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen über das Hilfspaket für Portugal bestätigt.

Beide Seiten sind sich darüber einig, dass das Programm die Grundlangen für die Stärkung der portugiesischen Wirtschaft legen wird.
Von den 78 Milliarden Euro des Rettungspakets entfallen 52 Milliarden Euro auf die EU und 26 Milliarden Euro auf den IWF.

Zugegeben, eine Menge Holz, bzw. Geld, wenn man bedenkt das man nur ungern an das Wort „Union“ in der Europäischen Union, in solchen schweren wirtschaftlichen Situationen, erinnert wird.

Viele EU-Länder, allen voran Deutschland und Finnland, geben daher zu bedenken Portugal soll die Verwertung seiner hohen Goldreserven, immerhin die viertgrößten der Welt, in Erwägung ziehen.
Sie sind der Meinung, das Portugal in Haftung genommen werden muss, bevor andere Nationen zur Rechenschaft gezogen werden können, bedenken aber dabei nicht, das der Euro eine „europäische Währungseinheit“ ist, und keine „Landeswährung“!

Solche Forderungen kann ich sehr klar nachvollziehen, sie aber keineswegs akzeptieren.
Schließlich hätten sich die Gründungsväter des Euro, allen voran ein gewisser Helmut Kohl, mehr Gedanken über solche Fälle machen müssen.

Es obliegt nicht mir, einem einfachen Steuerzahler aus Portugal, für den politischen Traum eines anderen gerade zu stehen.
Hätte man mich bei der Einführung des Euro befragt, ich hätte niemals solch einer unsicheren Währung beigestimmt.

Aber wie so oft im Leben, wird der kleine Mann auf der Straße ja nicht gefragt!
Vielleicht weil seine Meinung irgendeinem europäischen Traum im Wege steht?...

Freuen erlaubt?…


So unterschiedlich Portugal und Deutschland auch sein mögen, so Ähnlich können sich beide Nationen manchmal auch sein.

Die Aussage so mancher Politiker, sie würden sich über den Tod von Terrorchef Osama bin Laden dieser Woche in Pakistan „freuen“, hat sowohl hier in Portugal als auch in Deutschland zu großen Kontroversen geführt.

Aus Deutschland, so höre ich, hätten sich viele über das „unchristliche“ Verhalten von Bundeskanzlerin Angela Merkel mokiert, als diese vor laufenden Kameras sagte, sie freue sich über die erfolgreiche Aktion in Pakistan und den Tod des Terrorchefs.
Nun ja, das Zusammenwirken der beiden Worte „Tod“ und „Freude“ in einem Satz ist vielleicht doch etwas unpassend, zumal, wenn man einer christlichen Partei angehört wie Merkel.

Aber hier in Portugal artet das dahingehend aus, das sich in Zeiten des Wahlkampfes, Politiker der verschiedensten politischen Lager, regelrecht gegenseitig angeifern.
Vor allem die Mitglieder der Kommunistischen Partei (port.: Partido Comunista) und des Linken Blocks (port.: Bloco de Esquerda) schreien nach „Menschenwürde“ und verurteilen das „imperialistische Gehabe“ der USA.

Nun, mein Großvater, er selber ein Opfer des Faschismus, hat immer gesagt, das jedes Opfer eine Familie hat, genauso wie auch jeder Kriminelle. Deshalb sollte ich mich nie über den Tod eines Menschen freuen, selbst wenn ich das viele Leid vor Augen hätte, welches dieser Mensch den anderen zugefügt hätte.

Angesichts des tausendfachen Leids, welches Osama bin Laden und seine Al-Kaida-Organisation über die Menschheit gebracht haben, und ich rede hier nicht nur über die Opfer des 11. Septembers 2001 in New York, sondern auch über die vielen tausenden Opfer weltweit, wie z.B. die in Madrid, London, Tunesien, Bali, Istanbul, Indien, Israel, etc., frage ich mich, in wie fern die mahnenden Worte meines Großvaters eigentlich Gültigkeit haben.

Osama bin Laden war ein skrupelloser Mörder, ohne Gnade und Nächstenliebe.
Er war der Meinung „ungläubige“ Christen würden den Tod verdienen, seien sie Zivilisten oder Militärs. Und um seine Ziele zu erreichen, nahm er auch in Kauf das viele Moslems unter diesen Toten waren.

Osama bin Laden hat, soviel ich weiß, Ingenieurbau studiert.
Mir ist aber kein Gebäude bekannt, welches er erbauen ließ.
Mir sind nur Gebäude bekannt, die er in seinem blinden Hass zerstören ließ.

In all seinen Videobotschaften aus den Verstecken, erklärte er die letzten Jahre immer wieder der ganzen westlichen Welt, und nicht nur den USA, den Krieg.
Bin Laden war, so gesehen, bis zu letzt im Krieg gegen jeden frei denkenden und anders denkenden Menschen in der zivilisierten Welt.
Und da bekanntlich im Krieg alle Mittel erlaubt sind, war der Schlag den die USA am letzten Sonntagabend gegen Osama bin Laden ausführte, ein nachvollziehbarer Akt, für viele eben ein Akt der Freude, der allerhöchsten Respekt abverlangt, mit all seinen Konsequenzen.
Und das ist es, was viele, die die „Freude“ der anderen nicht teilen und verstehen können, nicht begreifen:

Nicht der Todesakt an sich erfreut die Menschen, sondern die Tatsache, dass von diesem gnadenlosen Subjekt keine Gefahr mehr ausgeht.

Trotz aller „Freude“ oder Kritik an der selbigen, muss man sich aber über eines im Klaren sein:
Diese, unsere Welt, ist mit dem Tod von Osama bin Laden leider kein Stück sicherer geworden!

Dienstag, 3. Mai 2011

Krankenhausessen





Ich bin oft gefragt worden, wie denn das Essen im Krankenhaus gewesen sei.

Nun, natürlich ist das Essen nicht mit einem Gourmetrestaurant zu vergleichen, zumal ich ja als hochgradig Bluthochdruckgefährdeter nicht salzarmes sondern sogar salzloses Essen vorgesetzt bekam.
Aber da der Mensch ein Gewohnheitstier ist, muss ich zugeben, dass sich mein Gaumen recht schnell an salzloses und sagen wir es nun einfach frei heraus, fades Essen, gewöhnt hat.

Was die Portionen und was die Frische der selbigen angeht, so muss ich gestehen, habe ich keinerlei Beschwerden vorzutragen.
Natürlich hat mich in den ersten Tagen gestört das das Brot z.B. in Plastik abgepackt kam.
Das hatte so etwas von einer industriellen Küche an sich.
Und machen wir uns nichts vor: Krankenhausessen ist Industrieessen!
Aber, wie ich schon erwähnte, gewöhnt sich der Mensch, zumal wenn er Hunger hat, recht schnell an solche Kleinigkeiten.

Ich habe mich schlau gemacht und erfahren, dass es Krankenhäuser gibt in denen man sogar richtige Wunschmahlzeiten ankreuzen kann.
Nun, damit ist im Krankenhaus Garcia de Orta nicht zu rechnen.
Aber ich muss auch zugeben, ich habe in meinem Leben schon schlechter gegessen, und sogar dafür bezahlt…

Einen Tipp möchte ich hier noch loswerden, für alle die, die in nächster Zeit mit einem Krankenhausaufenthalt rechnen müssen: seien sie immer einer der ersten bei der Essensausgabe, zumal wenn ihr Zimmer, wie meines, am Ende eines langen Flures liegt.
Denn viel schlimmer als fades Krankenhausessen, ist kaltes Krankenhausessen das ihnen serviert wird…

Zimmergenossen


Wenn man, so wie ich, über zwei Wochen im Krankenhaus verbringen musste, dann kommt man leicht an seine Grenzen, sowohl physisch als auch psychisch.
Wenn man sieht wen man denn so als Zimmergenossen hat, und wer so alles kommt und geht, dann schlägt das ganz schon aufs Gemüt.

Ich habe in der Zeit, in der ich im Krankenhaus Gracia de Orta (port.: Hospital Garcia de Orta) war, in dem Dreierzimmer in dem ich lag, so einige Gestalten kommen und gehen sehen.

Da war z.B. der Eine der partout seinen Harnfluss nicht kontrollieren konnte. Nicht nur das er ins Bett machte, nein, er erleichterte sich an jeder Ecke unseres Zimmers. Das war alles andere als Angenehm, vor allem für unser Riechorgan. Außerdem war dieser Mensch dafür verantwortlich das ein oder zwei Mal in der Station, in der ich lag, die Pyjamahosen ausgingen!

Dann war da der Eine, der die unangenehme Angewohnheit hatte mich mitten in der Nacht aufzuwecken - so gegen 3 Uhr morgens schien er immer am fitesten zu sein - und nach seinen Autoschlüsseln zu fragen oder ob ich mit ihm angeln gehen wollte und andere solche originelle Dinge.

Wiederum Einer hatte die Angewohnheit stundenlang zu singen.
Ich weiß nicht wer diesem Menschen gesagt hat, er könne singen, aber es ist doch eine erwiesene Tatsache, das der Rebe kein Singvogel ist.

Dann war da ein ganz besonderer Zimmergenosse, dessen Bluthochdruck einfach nicht sinken wollte, trotz aller medikamentösen Anstrengung der Ärzte.
Jeden Tag, zur Visite. zermarterten sich die Ärzte den Kopf woran es liegen könnte, dass der Patient keine Besserung zeigte,
Per Zufall kam eine Schwester dahinter das der Mensch die ihm verordneten Tabletten um den Bluthochdruck zu senken einfach die Toilette runterspülte. Eine mögliche Genesung rückte für diesen Spaßvogel natürlich in weite Ferne.

Und da war noch der eine Patient, der leider nur zwei Tage in meinem Zimmer lag.
Mit entzündeten Atemwegen war er eingeliefert worden. Ich habe ihn nie so richtig wahrgenommen. Nur sein ständiges schweres Atmen war Tag und Nacht zu hören.
Eines Nachts wachte ich auf und hörte… Nichts!
Ich klingelte nach der Nachtschwester da mir so viel Ruhe in der Nacht suspekt vorkam.
Die Schwestern konnten nur seinen Tod feststellen.

So manche Nacht lag ich schlaflos in meinem Bett und fragte mich ob ich genauso verschroben war wie so mancher meiner Zimmergenossen.

Da ich aber immer den Weg zur Toilette fand, niemand seines Schlafes beraubte, nicht sang, immer artig meine Medikamente zu mir nahm und niemand mit meinem Ableben belastete, gehe ich davor aus, das ich in erträglichen Maßen für Schwestern und Pflegern auszuhalten war.

Plötzlich und unerwartet


„Plötzlich und unerwartet…“, so heißt es oft in Todesanzeigen oder wenn einem von einem Augenblick auf den anderen etwas zustößt was man nicht erwartet hat oder etwas Unerklärliches mit einem passiert.

Mir erging es am letzten 12. April so:
Plötzlich und unerwartet änderte sich von einem Moment auf den anderen mein Alltag, mein Leben…

Wie an jeden Morgen, war ich auch an diesem Dienstagmorgen früh aufgestanden und mit dem Bus zur Arbeit gefahren.
Als ich die Fähre in Cacilhas, in Richtung Lissabon nahm, ging es mir noch gut.
Als wir aber im Cais do Sodré ankamen und ich aufstehen wollte um in Richtung Ausgang zu gehen, da ging plötzlich gar nichts mehr.
Ich hatte, wie aus heiterem Himmel, keine Gewalt mehr über meine Arme und Beine.
Mit großer Anstrengung schaffte ich es dennoch torkelnd aus der Fähre und aus dem Fährhafen zu kommen.
Ich weiß nicht woher ich die Kraft nahm, aber ich kam bis zur Haltestelle an der die Busse und Bahnen in Richtung meines Arbeitsplatzes abfahren.

Irgendetwas tief in mir sagte mir, dass ich diese Kraft haben musste um bis an meinen Arbeitsplatz zu kommen.
Am Cais do Sodré zusammenzubrechen, dort wo die ganzen Alkoholiker und Obdachlosen ihr klägliches Dasein fristen, das wollte ich nicht.
Gott vergebe mir, aber ich wollte nicht dort aufgegriffen werden, wo ich genau wusste, die meisten die an mir vorbei gehen würden, würden denken ich sei einer der vielen Schnapsleichen die dort üblicherweise ihren Rausch ausschlafen.
Eine Straßenbahn kam und ich stieg ein.
Ich setzte mich nicht auf einen Platz hin, da ich Angst hatte nicht wieder aufzustehen.
Vom Cais do Sodré bis zur Avenida Infante Santo, wo mein Büro liegt, sind es mit der Straßenbahn höchstens fünf Minuten, aber mir kam die Fahrt viel, viel länger vor.

An der Avenida Infante Santo angekommen, kämpfte ich mich zu meinem Büro durch.
Die Ängste und die Hilflosigkeit die ich auf diesem Weg verspürte waren unermesslich.
Aber innerlich war ich froh - wenn man meinen Zustand so nennen darf - dass ich im Büro angekommen war, das ich mich völlig „hinfallen“ ließ. Ich war so erleichtert „angekommen“ zu sein, das ich jede Energie verlor. Ich konnte regelrecht spüren wie all die Kraft die ich bis dahin gehabt hatte, von mir wich. Trotz aller Kraftlosigkeit fühlte ich mich an einem sicheren Ort.
Trotz aller Schmerzen fühlte ich mich sicher!

Ab diesem Moment waren meine Kollegen da, um mich zu unterstützen.
Mit all ihrer Kraft und Fürsorge standen sie mir bei.
Unseren Pförtner Nélson und meinen Kollegen David, Miguel und Malene habe ich es zu verdanken das ich nicht zusammengebrochen und in Ohnmacht gefallen bin, bis der Krankenwagen gekommen ist, der mich ins Krankenhaus São José (port.: Hospital de São José) gebracht hat.

Im Krankenhaus São José wurden mir extrem hohe Blutdruckwerte diagnostiziert und ich wurde mit dem Verdacht auf einen Schlaganfall (port.: Acidente Vascular Celebral = AVC) behandelt und erstversorgt.
Abends wurde ich nach Almada, ins Krankenhaus Garcia de Orta (port.: Hospital Garcia de Orta) verlegt und in diesem Krankenhaus blieb ich dann über zwei lange Wochen, bis zum 28. April.
Ich musste in dieser Zeit etliche Untersuchungen an Nieren, Lungen, dem Herzen und noch vieles mehr über mich ergehen lassen.
Aber das Bestreben, sowohl der Ärzte als auch der Schwestern, herauszufinden was meinen konstant hohen Bluthochdruck verursacht war beispiellos.
Leider ist man bis dato zu keinem richtigen Ergebnis gekommen, aber die Ärzte geben die Suche nicht auf.
Ich habe in der Zwischenzeit das Krankenhaus verlassen, werde aber von den Fachärzten im Krankenhaus Garcia de Orta weiterhin begleitet.

Ich möchte nun die Gelegenheit wahrnehmen, und all denen danken die mich während dieser so schwierigen Zeit unterstützt haben.

- Ich danke in erster Linie Nélson, David, Miguel und Malene für ihre Erste Hilfe, die wortwörtlich und zweifelsohne eine „erste Hilfe“ war.
- Dann danke ich den zwei Engeln im Krankenwagen. Sowohl sie als auch er waren hervorragend bei ihrer Erstversorgung auf dem Weg ins Krankenhaus São José.
- Mein großer Dank gilt auch dem Personal in der Notaufnahme des Krankenhaus São José in Lissabon.
- Ganz besonderer Dank gilt dem ganzen ärztlichen und pflegerischen Team des Krankenhaus Garcia de Orta in Almada, die mir mit viel Fachwissen, Aufmerksamkeit, Fürsorge und Hingabe die ganzen Tage beigestanden haben und die versucht haben mir meinen Aufenthalt so angenehm wie möglich zu machen.
- Ein besonderer Dank gilt all denen die mich während meines Krankenhausaufenthaltes besucht haben, hier vor allem Stefan und Anke Stalling für die Gespräche die mir viel Kraft gaben, und einen besonderen Dank an die, dir mir telefonisch beigestanden haben. Vor allem die täglichen Anrufe meiner Schwester Carla, meines Schwagers Egbert und der Kinder waren für mich etwas ganz besonderes. Die Stimmen von Nélson und Lorena am Telefon zu hören waren die reinste Medizin für mich. Aber auch die Telefongespräche von Susana Morais und die anderer Arbeitskollegen, sowie die unzähligen Anrufe aus Deutschland haben mich riesig gefreut.
- Und zu guter letzt möchte ich meinen Eltern Luisa und António für ihre Liebe und Kraft danken. Ohne diese beiden besonderen Menschen in meinem Leben hätte ich diese schwierige Zeit nicht so schadlos überstanden. Die Liebe und Zuneigung die ich für meine Eltern empfinde sind grenzenlos! Mama und Papa, ich liebe Euch!

Euch allen die ihr mir beigestanden habt und weiterhin beisteht, meinen tief empfundenen Dank!