Heute wurde ich von
meiner guten Freundin Anke, die erst seit wenigen Monaten hier in Lissabon
lebt, gefragt, warum ihr heute Morgen auf dem Weg zur Arbeit, an verschiedenen
Ecken, und sogar am Eingang zur Metro, Sträuße mit Kornblumen zum Kauf
angeboten wurden.
Nun, ich habe ihr
dann erklärt, dass das mit dem heutigen Feiertag Christi Himmelfahrt zu tun
hat.
Genau vierzig Tage
nach Ostersonntag feiert die christliche Welt Christi Himmelfahrt, ein Tag der
hier in Portugal den offiziellen Namen „Dia da Ascensão
de Jesus“ trägt.
Während dieser Tag in
Deutschland ein gesetzlicher Feiertag ist, wird er hier in Portugal nur in
bestimmten Gemeinden des Landes gefeiert, so z.B. in Alenquer, Almeirim, Mafra,
Vila Franca de Xira, Beja, Monchique oder Loulé – nur um einige zu nennen.
Christi Himmelfahrt
ist heutzutage in Deutschland eher unter dem Namen „Vatertag“ bekannt und hier
in Portugal kennt jeder diesen Feiertag eher unter dem Namen „Dia da espiga“
(dt.: „Kornährentag“) oder „Quinta-feira de espiga“ dt.: Kornährendonnerstag“).
Welchen Beinamen
dieser religiöse Feiertag in anderen Ländern trägt, ist mir nicht bekannt, aber
wieso Christi Himmelfahrt in Deutschland „Vatertag“ genannt wird und hier in
Portugal „Kornährentag“ (port.: „Dia da espiga“), das will ich hier versuchen
zu erklären.
Während die Feier der
Himmelfahrt Christi in den Anfängen des Christentums überall mit dem
Pfingstfest verbunden war, entwickelte sich ab dem 4. Jahrhundert dann das
eigene Fest Christi Himmelfahrt.
Die Gläubigen
begingen früher diesen religiösen Tag traditionell mit vielen Prozessionen
außerhalb der Stadt, und so gingen sie raus auf die Felder und beteten für
gute, ertragreiche Ernten.
Wie bei jeder
Prozession wurde damals wie heute gut gefeiert, viel gegessen und noch mehr getrunken,
und zwar mancherorts so heftig, das die Umzüge in wahre Trinkgelage ausarteten.
Während hier im Süden
Europas die katholische Kirche streng über ihre Schäfchen zu wachen versuchte,
so dass diese beim Feiern nicht allzu sehr über die Strenge schlugen, entwickelten
sich an diesem Tag seit dem 18. Jahrhundert in manchen Ländern im Norden Europas
vielerorts organisierte Ausflüge aufs Land, an dem nur Männer teilnahmen – der
Vatertag war geboren.
Hier in Portugal wird
Christi Himmelfahrt, wie schon erwähnt, in Anlehnung an die traditionellen Ernteprozessionen
die an diesem Tag vielerorts stattfinden, „Dia da espiga“ (dt.: „Kornährentag“)
genannt.
Wer es sich zeitlich
leisten kann – dieser Tag ist wie gesagt kein Feiertag hier in Portugal – geht an
diesem Tag raus in die Natur, pflückt verschiedene Kornähren, Feldblumen,
wilden Rosmarin und Olivenzweige und bindet diese dann zu einem Strauss
zusammen.
Solch ein „Ramo de
espiga“ (dt.:„Kornährenstrauß“) besteht traditionell aus folgenden Blumen und
Ähren und jede für sich hat eine bestimmte Symbolik:
- die Kornähre
(port.: espiga) steht für das tägliche Brot das niemals auf dem Tisch fehlen
sollte
- der Olivenzweig
(port.: ramo de oliveira) symbolisiert den Frieden und steht gleichzeitig für
das teure, viel geschätzte Olivenöl
- die weiß-gelbe Margarite
(port.: malmequer) steht für Gold und Silber aber auch für den Frieden
- der rote Klatschmohn
(port.: papoila) steht sinnbildlich für die Liebe und das Leben
- die Weinrebe
(port.: videira) steht für Wein und Freude
- letztendlich der
Rosmarin (port.: alecrim), der Gesundheit und Kraft symbolisiert
Wer nicht dazukommt
sich den Strauß selber zu pflücken, der findet, wie meine Freundin Anke, an
diesem Tag an jeder Ecke jemanden der einen Strauß Feldblumen und Kornähren zum
Verkauf feilbietet.
Dieser Strauss wird
dann daheim aufgehängt, am besten an die Innenseite der Eingangstür, und er
soll dem Glauben nach, dem Heim Gesundheit, Reichtum, Glück und Segen bringen.
Der Volksmund sagt,
dass dieser Strauß dann erst im nächsten Jahr durch einen neuen ersetzt werden
kann.
Dies wäre, dem
Kalender nach, nächstes Jahr am 14. Mai 2015.