Sonntag, 27. April 2014

Taufe von Maryam Celeste


Das Hemd des Glücklichen

Ein König war krank und sagte: „Die Hälfte des Reiches gebe ich dem, der mich gesund macht." Da versammelten sich alle Weisen und überlegten, wie man den König gesund machen könne. Doch keiner wusste wie. Nur einer der Weisen sagte, dass es möglich sei, den Herrscher zu heilen. Er meinte: „Man muss einen glücklichen Menschen ausfindig machen, dem das Hemd ausziehen und es dem König anziehen. Dann wird der König gesund."
Und der König schickte überall hin, dass man in seinem weiten Reich einen glücklichen Menschen suche. Aber die Beauftragten fuhren lange im ganzen Reich umher und konnten keinen Glücklichen finden. Nicht einen gab es, der zufrieden war. Wer reich war, war krank; wer gesund war, war arm; wer gesund und reich war, der hatte ein böses Weib, und bei dem und jenem stimmte es mit den Kindern nicht. Über irgendetwas beklagten sich alle.
Aber einmal ging der Sohn des Königs spätabends an einer armseligen Hütte vorbei und hörte jemanden sagen: „Gottlob, zu tun gab es heute wieder genug, satt bin ich auch und lege mich nun schlafen. Was braucht es mehr?"
Der Königssohn freute sich, befahl seinen Dienern, diesem Menschen das Hemd auszuziehen und ihm dafür soviel Geld zu geben, wie er wolle, und das Hemd gleich dem König zu bringen. Die Diener gingen eilends zu dem glücklichen Menschen hin und wollten ihm das Hemd ausziehen. Aber der Glückliche war so arm, dass er nicht einmal ein Hemd besaß!


Dieses Märchen des berühmten russischen Schriftstellers Leo Tolstoi wurde heute, in abgewandelter Form, bei der Taufe der Tochter meiner lieben Freunde Melanie und Andreas, der kleinen Maryam Celeste, vorgetragen und vorgeführt.

Es war eine schöne Taufe, eine schöne anschließende Feier und die Kleine hat sich die ganze Zeit vorbildlich verhalten.
Und natürlich gibt es in der Realität kein Hemd des Glücks…
Aber ich wünsche diesem kleinen Wonneproppen alles Glück der Erde und Gottes Segen für ihr zukünftiges Leben!

Freitag, 25. April 2014

Die ganze heutige Welt bräuchte mal eine Nelkenrevolution…


25. April

Dies ist der Morgen den ich ersehnte
Der Tag des Neubeginns, vollkommen und rein
An dem wir aufgestanden sind aus Nacht und Schweigen:
Und frei bewohnen wir die eigentliche Zeit.

Sophia de Mello Breyner Andresen (1919-2004)


Heute vor genau 40 Jahren, am 25. April 1974, fand hier in Portugal die  Nelkenrevolution (port.: Revolução dos Cravos) statt – eines der wichtigsten Ereignisse in der modernen portugiesischen Geschichte.
Welchen besonderen Stellenwert dieser außergewöhnliche und friedliche Tag für Portugal und seine Bürger hatte (hat), sieht man heute, im Vergleich, z.B. an den leider gewalttätigen Konflikten in Syrien oder der Ukraine.
Manchmal denke ich mir: die ganze heutige Welt bräuchte mal eine Nelkenrevolution…

Mit dem obigen Vierzeiler „25 de Abril“ von Sophia de Mello Breyner Andresen, den die portugiesische Schriftstellerin 1977 in ihrem Gedichtsband „O Nome das Coisas“ (dt.: „Der Name der Dinge“) veröffentlichte, erinnere ich hier im Blog an diesen – auch für mich – sehr wichtigen Tag.

Hier das Gedicht in seiner Originalfassung:


25 de Abril

Esta é a madrugada que eu esperava
O dia inicial inteiro e limpo
Onde emergimos da noite e do silêncio
E livres habitamos a substância do tempo

Sophia de Mello Breyner Andresen (1919-2004)

Montag, 21. April 2014

Normal kann jedermann – Außergewöhnlich aber nicht jeder!





Mit der Architektur verhält es sich wie mit der Mode:
das Meiste sieht fast immer gleich aus, und dennoch ist manchmal unter dem ganzen „Einheitsbrei“ auch mal das eine oder andere außergewöhnliche Objekt dabei, das alle Blicke auf sich zieht.
Auf der interessanten Internetseite www.strangebuildings.com kann man die skurrilsten Gebäude und einzigartigsten Häuser der Welt bewundern.

Ein ganz besonderes Haus aus Nordportugal hat es jetzt auf die Liste der „ Top 50 World´s Strangest Buildings“ (dt.: „ Die 50 weltweit seltsamsten Gebäude“) auf den ersten Platz dieser amerikanischen Internetseite gebracht:
die „Casa do Penedo“ (dt.: Felsbrockenhaus / engl.: Stone House), in der Nähe der Stadt Guimarães.
Dieses außergewöhnliche Haus befindet sich unweit des 350 Einwohner zählenden kleinen Dorfes Várzea Cova, inmitten eines Windparks im Fafe-Gebirge (port.: Serra de Fafe) und wird von vielen in der Umgebung auch das Flinstonehaus genannt – in Anlehnung an die Zeichentrickserie „Familie Feuerstein“ (port.: „Os Flinstones“).

Bei der „Casa do Penedo“ handelt es sich um ein sehr kreatives Privatwohnhaus – ein Ferienhaus um genauer zu sein – das von 1972 bis 1974 zwischen vier großen Felsbrocken gebaut wurde.
Dieses originelle Haus passt sich architektonisch voll und ganz seiner rustikal-ländlichen Umgebung an.
Damit aber nicht genug: die Eigentümer haben bei der Errichtung ihres unkonventionellen Ferienhauses auch Wert darauf gelegt, dass die Innenarchitektur ausschließlich aus natürlichen Elementen, wie z.B. Holz, Kork, Stein und Schiefer, besteht.
Und auch wenn das „Felsbrockenhaus“ bis heute – mit Absicht – nicht an das öffentliche Stromnetz angeschlossen wurde, so haben es sich die Eigentümer nicht nehmen lassen, sich auf dem Dach ihres Hauses ein Swimmingpool in den Felsen hauen zu lassen.

Normal kann jedermann – Außergewöhnlich aber nicht jeder!

Freitag, 18. April 2014

Ostergrüße 2014


Ich wünsche allen Leserinnen und Lesern meines Blogs schöne, friedliche, geruhsame Osterfesttage mit viel Zeit zum Ausspannen und Genießen.

Frohe und gesegnete Ostern 2014!  


Desejo a todos os leitores e leitoras deste meu Blog uma Páscoa imenso feliz, cheia de paz e com muito tempo para relaxarem e saborearem os dias feriados que aí vêm.

Uma abençoada e feliz Páscoa 2014!

Donnerstag, 17. April 2014

Die Kapelle der Königin Maria Pia




Seit dem heutigen Donnerstag kann man im Lissabonner Ajuda-Palast (port.: Palácio Real da Ajuda), dem letzten ständigen Wohnsitz der portugiesischen Königsfamilie, wieder die Privatkapelle der ehemaligen Königin Maria Pia besichtigen.

Seitdem sich die Türen dieser Kapelle kurz nach der republikanischen Revolution im Jahre 1910 schlossen, hat kaum ein Besucher das Privileg gehabt diesen Raum, der über ein ganzes Jahrhundert hinweg nur als Lagerraum genutzt wurde, zu betreten.

Die Kapelle wurde im Jahre 1897 auf Anordnung von Königin Maria Pia, der Witwe von König Luis I, von dem bedeutenden Innenarchitekten Miguel Ventura Terra errichtet.
Sie war der letzte große architektonische Bau, den die portugiesische Königsfamilie privat in Auftrag gab.

Da es keine Fotografien der ursprünglichen Kapelle gibt, wurde sie nach knapp 104 Jahren Schließung, dank eines alten Inventarbuches des Palastes, wieder innenarchitektonisch so dekoriert, wie sie höchstwahrscheinlich einstmals von der Monarchin ausgestattet wurde.

Maria Pia, eine geborene italienische Prinzessin aus dem Hause Savoyen (port.: Maria Pia de Saboia), war nicht nur für ihren exklusiven und teuren Geschmack was Kleider und Schmuck anging berüchtigt, sondern war auch für ihre kreative und kunstorientierte Ader bekannt.

Und so ließ sie die Decke und den Boden ihrer ziegelroten Privatkapelle in Eichenholz verkleiden und diese dann mit besonders schönen religiösen Kunstobjekten und wertvollen Bildern ausstatten.
Alle Heiligenbilder die sich in diesem Raum befinden, wie das der Heiligen Rita von Cascia (port.: Santa Rita de Cássia), des Heiligen Franz Xaver (port.: São Francisco Xavier), der Heiligen Jungfrau von Paris (port.: Santa Virgem de Paris) und des Heiligen Carlo Borromeo (port.: São Carlos Borromeu), stammen aus dem 17. und 18. Jahrhundert und sind von der Königin einstmals aus ihrer Heimat Italien nach Portugal mitgebracht worden.

Das Altarbild ist ein besonders schönes Werk des portugiesischen Malers José Maria Veloso Salgado, das der Künstler 1897 malte.
Es trägt den Namen „Virgem e o menino“ (dt.: „Jungfrau mit Kind“).

Das wertvollste Bild der Kapelle ist aber ein Ölgemälde des spanischen Malers griechischer Abstammung El Greco aus dem 17. Jahrhundert, das den Namen „Santa face de Cristo“ (dt.: „Heiliges Gesicht des Christus“) trägt. Dieses Gemälde, das das einzige von El Greco in ganz Portugal ist, gehörte einmal zur persönlichen Bildersammlung von König Luis I.

Königin Maria Pia soll ihre Privatkapelle sehr geliebt und geschätzt haben.
Und es ist überliefert das sie, nach dem Attentat auf ihren Sohn König Carlos I und ihren Enkelsohn Infante Luis Filipe, am 01. Februar 1908, tagelang schweigend und kniend in ihr betend verbracht haben soll.

Die Kapelle kann seit dem heutigen Tag, donnerstags bis dienstags von 10.00 Uhr bis 18.00 Uhr, im Rahmen eines Besuches des Königpalastes von Ajuda, besichtigt werden.

Sonntag, 13. April 2014

Mafra – die größte Votivgabe der Welt


Zwei Wege führen in das 45 km nordwestlich von Lissabon gelegene Städtchen Mafra.
Der eine verläuft über Sintra nach Norden, der andere führt weiter östlich über Loures. Wählt man die über Loures führende Straße, so sieht man gleich hinter der Stadtgrenze von Lissabon Odivelas liegen – eine zu schnell gewachsene Satellitenstadt die einmal für ihr Zisterzienserinnen-Kloster, den Mosteiro de São Dinis e de São Bernardo, berühmt war, das König Dinis, dessen schwerer gotischer Steinsarkophag in der Apsis steht, um 1300 von dem Baumeistergeschwisterpaar Antão und Afonso Martins errichten ließ.

Unter einem späteren Nachfolger von König Dinis auf dem portugiesischen Thron, König João V, war Odivelas und sein Kloster vor allem für köstliches Gebäck aus der Klosterbäckerei bekannt. Aber es gab einen anderen, viel triftigeren Grund warum Odivelas bei João V so beliebt war. Der Monarch hatte mit mehreren Nonnen des Klosters lustvolle Verhältnisse.
Mit einer dieser Nonnen, Madre Paula Teresa, hatte er sogar eine längerdauernde Beziehung. Diese amouröse Beziehung zu Madre Paula führte dazu, dass diese dem König drei Söhne schenkte. Einer dieser Söhne, Gaspar, wurde später einmal Erzbischof von Braga und ein anderer, José, sogar Großinquisitor des Landes.
Das Erdbeben von 1755 ließ von dem alten Kloster kaum etwas übrig, und so wurde er im alten Stil wieder aufgebaut.

Dafür glänzt, nur 30 km nordwestlich von Odivelas, ein anderes Kloster in einem unscheinbaren Städtchen: der gigantische Klosterpalast von Mafra (port.: Convento e Palácio de Mafra), der Kloster, Kirche und Palast in einem ist.
Nur ein prunkliebender Barockfürst wie König João V konnte sich diese imposante Anlage ausdenken, die als Konkurrenzunternehmen zum spanischen El Escorial von Philipp II erbaut wurde und gleichzeitig ein steinernes Gelübde zum Dank für die Geburt des Thronfolgers von João V ist.
Sicherlich, königliche Gelübde schlugen in Portugal schon mal öfters in prächtige Kirchenbauten zu Buche.
Manuel I mit seinem Mosteiro dos Jerónimos (dt.: Hieronymuskloster) in Belém, den er zum Dank für die Entdeckung des Seeweges nach Indien durch Vasco da Gama einst bauen ließ, war das große Vorbild.
Es war nun einmal in Portugal Gang und Gäbe, dass die Monarchen ihren privaten Handel mit Gott machten, und Votivgaben als Versprechungen leisteten.

Und so gelobten König João V und seine Gemahlin Königin Maria Anna von Österreich ein Kloster zu Ehren des in Portugal sehr beliebten Heiligen Antonius (port.: Santo António) zu bauen, wenn ihnen endlich ein Thronfolger geboren würde.
João V und Maria Anna hatten im Oktober 1708 geheiratet und erst 1711 wurde ihnen ein Kind geboren – allerdings ein Mädchen.
Erst 1714 wurde dem Paar endlich der ersehnte Thronfolger Infante José geboren und so wurde, wie versprochen, Mafra gebaut!

Die ehrgeizige Anlage für 300 Franziskanermönche und 150 Novizen stellte seinerzeit ein Großprojekt dar, dem das Land zu Beginn des 18. Jahrhunderts kaum finanziell gewachsen war und der das Königreich damals fast in den Staatsbankrott geführt hätte.
Nur die plötzlich aufkommenden riesigen Goldfunde in Brasilien konnten letztendlich das Projekt wahr machen.

Zahlreiche Ausländer mussten für die Vollendung des Bauwerks ins Land geholt werden.
Der Entwurf stammt z.B. von dem Deutschen Johann Friedrich Ludwig, den man hier in Portugal eher unter dem Namen João Frederico Ludovice kennt. In Portugal, wo er sich seit etwa dem Jahr 1700 aufhielt, wurde er von Königin Maria Anna, einer Habsburgerin, protegiert.
Für die Bildhauerwerkstatt rief man den Italiener Alessandro Giusti ins Land – die besten Skulpturen aus Carraramarmor aber bestellte der König gleich direkt in Rom und Florenz.

Am 17. November 1717 wurde der Grundstein für das Kloster gelegt. Um den Bau zu beschleunigen, wurden 45.000 arbeitsfähige Männer aus dem ganzen Land zum Dienst gezwungen. Sie mussten Tag und Nacht, praktisch unentgeltlich, arbeiten um den Traum des Königs zu verwirklichen. Deshalb wurden 7.000 Soldaten an die Baustelle abkommandiert um Aufpasser und Antreiber spielen.
Offiziellen Berichten zufolge sollen angeblich „nur“ 1.400 Männer bei den Bauarbeiten gestorben sein, obwohl andere Quellen von über 3.000 Toten Arbeitern während der Bauphase sprechen.
Die Kirche konnte bereits am 22. Oktober 1730, dem 41. Geburtstag von König João V, eingeweiht werden. Die Arbeiten an der Gesamtanlage zogen sich jedoch noch bis 1750 hin.

Angesichts der Ausdehnung und Maße des fertigen, fast quadratischen Komplexes stellt sich beim heutigen Betrachter fast ein leichtes Schwindelgefühl ein:
Der Klosterpalast von Mafra besitzt eine 220 m lange Fassade, eine unglaubliche Fläche von 40.000 m², 4.500 Fenster und Türen, 9 Innenhöfe und 1.200 Zimmer und Sälen deren Besichtigung in der Mehrzahl leider nicht möglich ist, da ein großer Teil des Convento heute als Militärkaserne dient.
Die Vorderfront ist rechts und links von riesigen Eckpavillons eingerahmt und wird von der zentralen Kirchenfassade mit ihren zwei Türmen sowie von einer Vierungskuppel beherrscht. Die mit Marmor ausgestattete Kirche wirkt Dank ihrer klaren Linien harmonisch, aber kühl.
Marmor ist zweifelsohne Mafras Baustein.

Sehenswert ist auch die von Manuel Caetano de Sousa entworfene Bibliothek mit ihren 36.000 Bänden.
Die Kulisse dieser Bibliothek ist einfach nur edel.
Sie ist ganz aus rosafarbenem Marmor und exotischen Hölzern aus den königlichen Kolonien. Eine doppelstöckige, 88 m lange Galerie mit Schränken voller wertvoller Bücher, von denen viele Erstausgaben sind machen sie zu einer der schönsten Bibliotheken Europas.
Zu den Kostbarkeiten der Bibliothek zählen die älteste Homerausgabe in Griechisch, mehrere Bibel aus dem 15. und 16. Jahrhundert, die Stücke von Gil Vicente, des ersten Dramaturgen Portugals, aus der Zeit Manuel I, und vor allem die Erstausgabe der weltberühmten „Os Lusíadas“ von Luis Vaz de Camões.
Bedauerlich, dass man hier nicht sitzen und blättern kann, denn die Bibliothek ist heute nur fürs Auge gedacht. Wahrscheinlich saß auch nie ein Bragança-König hier, um in seinen Schätzen zu schmökern.
Einfach nur schade!

An die Bibliothek grenzt der Botanische Garten des Klosterpalastes und an diesen schließt sich das 819 Hektar große ummauerte Waldgebiet Tapada de Mafra an. Dieses Waldgebiet, in dem es auch heute noch Wildschweine, Rot- und Damhirsche und noch anderes Jagdwild gibt, war einmal das königliche Jagdrevier und wurde von allen Monarchen rege für ihre Jagdgesellschaften benutzt.

Mafra spielt eine wichtige und positive Rolle in der portugiesischen Kunstgeschichte. Eine ganze Generation portugiesischer Handwerker und Künstler wurden in der so genannten „Schule von Mafra“ geschult und geprägt. Zu ihnen zählen, um nur zwei von vielen zu erwähnen, der Bildhauer Joaquim Machado de Castro und der Architekt des Königpalastes von Queluz Mateus Vicente de Oliveira.
Als im Jahre 1807 die französischen Truppen Napoleons Portugal überfielen und die Bragança nach Brasilien flohen, waren die Tage von Mafra als ständiger Wohnpalast gezählt.
Als König João VI 1822 wieder nach Portugal zurückkehrte, weigerte er sich den Palast wieder regelmäßig zu bewohnen. Er zog die Paläste von Queluz und Sintra vor; sie waren ihm weniger kalt und protzig.
Das Kloster wurde im Jahre 1834 von den Mönchen aufgegeben.
Dafür kamen 1840 die Militärs und blieben dort bis heute.
In einem Teil des riesigen Komplexes des Klosterpalastes ist heute ein Infanterieregiment untergebracht.

So protzig und museal die königlichen Räume der Bragança auch waren, so spartanisch und genügsam waren die Zellen der Mönche die hier Tür an Tür mit dem König und seinem Gefolge lebten. Wie einfach die Mönche damals im Kloster leben mussten, so ganz ohne Komfort, kann jeder heute bei einem Besuch des Klosterkomplexes mit eigenen Augen sehen.
Erst wenn man die Mönchszellen besucht hat, wird einem das Abgründige in König Joãos einst gegebenes Gelübde deutlich:
Er baute den Mönchen eine armselige Bleibe mit Totenschädeln an den Zellwänden, während er sich selbst und den Seinen einen feudalen Palast errichten ließ, der trotz aller Grenzenlosigkeit einfach nicht wohnlich genug war.
Und selbst der letzte Monarch Portugals, König Manuel II, hat einmal gesagt, dass er mit Mafra nur melancholische und schmerzhafte Erinnerungen verbinden würde.
Wer will es ihm verdenken!
Hier in diesem riesigen Palast verbrachte er seine letzte Nacht in Portugal, bevor er mit seiner Mutter und Großmutter am 05. Oktober 1908 vom nahen Strand in Ericeira nach England ins Exil fliehen musste.

Aus Mafra muss man heute aber nicht mehr fliehen.
Im Gegenteil, heute sollte man sich auf alle Fälle die Zeit nehmen und diesen Abstecher in das Lissabonner Umland, nach Mafra, unbedingt gönnen, wenn man einpaar Tage Urlaub in Lissabon plant.
Es lohnt sich alle mal!

Donnerstag, 10. April 2014

Lissabon, so wie es einmal war...





Seit dem vergangenen Samstag, den 05. April 2014, kann man in den Ausstellungsräumen der ehemaligen königlichen Schiffstaufabrik Cordoaria Nacional (dt.: Nationales Tauwerk), im Rahmen der alljährlich stattfindenden Lissabonner Kunst- und Antiquitätenmesse (port.: Feira de Arte e Antiguidades de Lisboa), vier ganz besondere Ölgemälde besichtigen.

Bei diesen vier Bildern eines unbekannten Meisters, die von den Galeristen Álvaro Roquette und Pedro de Aguir-Branco ausgestellt werden, handelt es sich um vier 50cm x 60cm große Ölgemälde aus der Mitte des 18. Jahrhunderts, die noch nie öffentlich ausgestellt wurden.

Die vier Gemälde zeigen einzigartige Ansichten von Lissabon vor dem großen Erdbeben vom 01. November 1755, wie das alte Königliche Allerheiligenkrankenhaus (port.: Hospital Real de Todos-os-Santos), das ehemalige Königsschloss (port.: Palácio Real da Ribeira), das Hieronymuskloster (port.: Mosteiro dos Jerónimos) und den Klosterpalast von Mafra (port.: Convento-Palácio de Mafra).

Die vier Gemälde im Einzelnen:

Das erste Gemälde stellt das ehemalige königliche Allerheiligenkrankenhaus (port.: Hospital Real de Todos-os-Santos) am Lissabonner Rossio dar.
Das dreistöckige Gebäude stand einstmals da, wo sich heute der Platz Praça da Figueira befindet. Es war König João II der zwischen 1492 und 1504 das Krankenhaus als das modernste der damaligen Zeit erbauen lies. Mit seinen ursprünglich 250 Betten war diese Heilanstalt bis ins 18. Jahrhundert hinein die größte und bedeutendste Krankenanstalt, nicht nur Lissabons, sondern ganz Portugals. Weil das Hospital Real für alle Bevölkerungsschichten zugänglich war – auch für die Armen der Armen – wurde es von der Bevölkerung auch oftmals „Hospital dos Pobres“ (dt.: Krankenhaus der Armen) genannt.
Hinzu kam, das das Hospital Real de Todos-os-Santos nicht nur als Krankenhaus diente, sondern auch als Irrenanstalt (port.: Casa dos doidos) und Kinderheim (port.: Casa das crianças abandonadas).
Als ein großes Erdbeben am 01. November 1755, dem Allerheiligentag, die Stadt Lissabon verwüstete, fiel auch das königliche Allerheiligenkrankenhaus – welche Ironie des Schicksals –  der Naturgewalt zum Opfer. Das Krankenhaus wurde nach dem Erdbeben nicht wieder aufgebaut!

Das zweite Bild zeigt das ehemalige königliche Stadtschloss Paço da Ribeira (dt.: Uferpalast), der einstmals am Fluss Tejo stand, dort wo sich heute die Gebäude des großen Platzes Praça do Cemercio befinden. Auch wenn das königliche Schloss heute nicht mehr existiert, so wird der Platz heute noch, wie zu Zeiten der Monarchie, von den meisten Lissabonnern Terreiro do Paço genannt, was soviel wie Palastterrasse heißt.
Es war König Manuel I der im Jahre 1498 beschloss von der festungsartigen, zügigen Burg Castelo de São Jorge runter in die Lissabonner Unterstadt zu ziehen und dort seine neue luxuriöse Unterkunft zu errichten. Bewusst wählte er als Standort für seinen Palast das Hafengebiet aus, mit all seinen Werften, Kontoren und Lagerhäusern, um so der ganzen Welt die damals beginnende Beziehung Portugals zur Seefahrt und zu seinen Überseekolonien symbolisch zu demonstrieren.
Der König und sein Hof bezogen den im manuelistischen Stil errichteten Palast, der als einer der schönsten in Europa galt, im Jahre 1503, nach einer Rekordbauzeit von nur fünf Jahren.
Im ersten Stock des königlichen Schlosses war aber auch die mächtige Casa da India (dt.: Indienhaus) untergebracht, die zentrale Behörde des damaligen Königreiches, die alle Kolonien und Überseeprovinzen verwaltete und gleichzeitig als Archiv aller Entdeckungsfahrten diente.
Im Erdgeschoß befand sich die Casa da Livraria, eine riesige und bedeutende Bibliothek mit über 70.000 verschiedenen Büchern, unzähligen und einzigartigen handschriftlichen Dokumenten und tausenden von See- und Landkarten.
Zum Palastkomplex gehörte ab dem 17. Jahrhundert auch der damals neu erbaute Palácio Corte Real, genau neben den Paço da Ribeira, das als Wohnpalast des jeweiligen Thronfolgers diente.
Am Morgen des 01. November 1755, dem Allerheiligenfeiertag, wurde auch der imposante Paço da Ribeira, mit all seinen einzigartigen Schätzen, ein Opfer des furchtbaren Erdbebens.
Der Königspalast wurde nach dem Erdbeben nicht wieder aufgebaut!

Das dritte Gemälde zeigt das im frühen 15. Jahrhundert erbaute Hieronymuskloster (port.: Mosteiro dos Jerónimos), noch völlig schnörkellos und ohne den manuelistischen Schmuck, so ganz anders wie wir ihn heute kennen.
Es war König Manuel I der dieses bedeutende Gotteshaus, gleich nach der Ankunft Vasco da Gamas von dessen ersten Indienreise, in Belém, am Ufer des Tejo, errichten lies.
Das Hieronymuskloster war eines der wenigen Gebäude Lissabons, das das Erdbeben vom 01. November 1755 ziemlich unbeschadet überstand.

Das vierte und letzte Bild stellt den Nationalpalast von Mafra (port.: Palácio Nacional de Mafra) dar, ca. 45 km nordwestlich von Lissabon.
Einstmals von dem aus Deutschland stammenden Architekten João Frederico Ludovice (dt.: Johann Friedrich Ludwig) im Auftrag von König João V zwischen 1717 und 1730 im Barockstil erbaut, ist dieses Schloss die größte Palast- und Klosteranlage Portugals und die zweitgrößte der Iberischen Halbinsel. Nur der Palastkomplex von El Escorial, in der Nähe von Madrid, ist imposanter.
Um eine Vorstellung der Größe vom Palastkloster von Mafra zu haben, hier einige ziemlich imposante Zahlen und Fakten:
Der Palast hat eine Fläche von etwa 40.000 m² die sich über 1.200 einzelne Räume verteilen. In diesen Räumen gibt es über 4.500 Türen und Fenstern. Es sind 9 stattliche Innenhöfe vorhanden und die Klosterkirche beherbergt 6 imposante Orgeln. Die 96 Glocken der zwei Glockenspiele wiegen zusammen unglaubliche 217 t.
Und noch eine bemerkenswerte Zahl: die Bibliothek, der größte Schatz des Palastkomplexes, besitzt 36.000 gebundene Bücher!

Diese vier wunderbaren Ölgemälde sind Bildnisse eines einzigartigen Lissabons, so wie es vor dem großen Erdbeben 1755 existiert hat, und wie wir alle, die wir heute Leben, es nie kennen lernen durften.
Deshalb, wenn es ihnen möglich ist, besuchen sie die Ausstellung in der Cordoaria Nacional im Stadtteil Belém, und schauen sie sich Lissabon an, so wie es einmal war.
Sie werden es nicht bereuen!

Samstag, 5. April 2014

Bolo lêvedo – leckeres Brot aus den Azoren




Vor einiger Zeit erhielt ich eine E-Mail von meinem sehr guten Freund Andreas, der mich auf einen Artikel in der US-amerikanischen Onlinezeitung Huffington Post aufmerksam machte, in dem von portugiesischen „bolos lêvedos“ die Rede war.
Da Andreas, der mit seiner kleinen Familie hier in Lissabon lebt, noch nie hier in Portugal von diesen „portuguese muffins“, so die Huffington Post, gehört und diese auch noch nie probiert hatte, fragte er mich, ob ich wüsste, wo er sich denn solche mal besorgen könne.

Auf Anhieb habe ich Andreas darauf keine Antwort geben können, denn bei „bolos lêvedos“ handelt es sich um eine regionale Brotspezialität aus den Azoren, und wie bei allen regionalen Spezialitäten, so ist auch an dieser hier in der Großstadt nicht leicht ranzukommen.
Ich sagte ihm aber, ich müsste sicherlich noch irgendwo ein altes Familienrezept dieses Backwerkes rum liegen haben, und würde ihm dieses gerne zukommen lassen.
Dies tat ich dann auch und Andreas hat sich daraufhin ans backen gemacht. Von ihm sind auch die hier abgebildeten Fotos.

Aber, so werden viele sich nun fragen:
was ist eigentlich ein „bolo lêvedo“?

Nun, fangen wir mit dem Namen an:
„bolo lêvedo“ heißt ins Deutsche übersetzt soviel wie „fermenierter Kuchen“. Aber der Name täuscht, denn es handelt sich bei diesem Backwerk nicht um eine Kuchenart, sondern um eine süße Brotsorte.
Seinen Ursprung hat der „bolo lêvedo“ auf der Azoreninsel São Miguel, wo er im Tal von Furnas (port.: Vale das Furnas), in Steinöfen, die von warmen vulkanischen Quellen erhitzt werden, gebacken wird.

Wann genau dieses scheibenförmige süßliche Brot zum ersten Mal gebacken wurde, lässt sich heute nicht mehr feststellen, aber es ist bekannt, das kurze Zeit nach der Kolonialisierung der Insel, Mitte des 15. Jahrhunderts, dank des Vulkanismus im Tal von Furnas sehr gerne alles gebacken und gekocht wurde.
Über Jahrhunderte hinweg war diese Brotsorte nur den Inselbewohnern bekannt.
Doch heute, dank der vielen Menschen die die Azoren jedes Jahr besuchen und der vielen Azoreaner die in der Neuen Welt leben, sind die „bolos lêvedos“ auch über die Grenzen der Insel São Miguel hinaus bekannt geworden und sogar die renommierte Huffington Post schreibt heutzutage Artikel über diese leckere gastronomische Spezialität.

Für alle, die es Andreas gleichtun wollen, und sich gerne an diesem süßen, weichen Brot versuchen wollen, hier nun ein altes Familienrezept:

Bolo lêvedo (dt.: Fermentiertes Kuchen / Gegärter Kuchen)

Zutaten:

1 kg Mehl (vorzugsweise Weizenmehl)
250g Zucker
250g Butter
4 Eier
20g frische Bäckerhefe (port.: fermento de padeiro)
1 Teelöffel Salz
1 dl – 2 dl warme Milch
etwas geriebene Zitronen- oder Orangenschale

Zubereitung:

1. die Hefe und den Salz in etwas Milch auflösen
2. das Mehl mit dem Zucker, der Butter und den Eiern gut verrühren
3. dann, ganz nach Geschmack, etwas geriebene Zitronen- oder Orangenschale hinzufügen
4. jetzt die warme Milch hinzufügen und den ganzen Teig rühren und kneten
5. dann den Teig zum aufgehen an einem warmen Ort ca. 2 Stunden zum gären stehen lassen
6. danach den Teig ausrollen und in kleine Portionen teilen
7. die portionierten Stücke noch einmal gut eine Stunde stehen lassen
8. diese einzelnen Portionen in einer Pfanne, bei kleiner Gasflamme goldbraun backen (es ist sehr wichtig, dass die Flamme nicht sehr hoch ist, denn sonst wird der „bolo lêvedo“ außen zwar knusprig, ist dann innen aber roh!)