D. Afonso de
Albuquerque, einst Vizekönig in Indien, blickt gelassen, in Bronze, von einer
pseudo-manuelinischen Säule auf den gleichnamigen Platz und Grünanlage im
Lissabonner Stadtteil Belém herab.
Am Nordende der Praça Afonso de Albuquerque befindet sich das alte
Gebäude des nationalen Kutschenmuseums (port.: Museu Nacional dos Coches),
eines der meistbesuchten Museen der portugiesischen Hauptstadt.
Auf der anderen Straßenseite,
praktisch gegenüber des alten Museums, ist am vergangenen Wochenende, nach
einer langen Plan- und Bauphase, endlich das neue Gebäude des Kutschenmuseums
eröffnet worden. Eigentlich ist das neue Museumsgebäude bereits seit 2013
fertig gebaut, konnte aber aufgrund der schlechten finanziellen Lage in
Portugal erst jetzt eröffnet werden.
„Portugals Seewege
sind seine besten Trophäen. Die grässlichen Landwege stapft höchstens der
Teufel entlang, und selbst der Belzebub würde umkehren, grau von Staub und
krumm von Mühsal und höllisch fluchend vor Entsetzen.“
Diese wenig schmeichelhaften
Reiseerinnerungen eines Franzosen sind über 150 Jahre alt. Aber die Kutschen,
Karossen, Tragstühle und Sänften im alten und im neuen Lissabonner
Kutschenmuseum sind um vieles älter (lesen sie hierzu bitte auch meinen
Blogeintrag „Das Kutschenmuseum in Belém“, vom 06. Januar 2010).
Das imposante
Museumsgebäude das am 23. Mai 2015 eröffnet wurde, auf den Tag genau 110 Jahre
nach der Eröffnung des ersten Kutschenmuseums im Jahre 1905, ist ein Werk des
brasilianischen Stararchitekten und renommierten Pritzker-Preisträgers Paulo
Mendes da Rocha und des Portugiesen Ricardo Bak Gordon.
Insgesamt hat das
neue Museum eine Ausstellungsfläche von 6.000 m², bestehend aus zwei riesigen
Ausstellungshallen und einer großen Halle für Sonderausstellungen, sowie einem
Auditorium und einer Bibliothek. Somit ist das neue Museum drei Mal so groß wie
das alte Ausstellungsgebäude.
Vorerst 80 Kutschen
und Karossen aus verschiedenen Epochen und Ländern, wie Italien, Frankreich,
Spanien, Österreich und natürlich auch Portugal, werden im neuen Museumsgebäude
ausgestellt.
55 Reisegefährte
wurden vom alten in das neue Museum transportiert und 25 Kutschen wurden aus
dem Museum der ehemaligen Königsresidenz, dem Herzogspalast von Vila Viçosa, nach Lissabon gebracht.
Zu besichtigen sind
fortan im neuen Kutschenmuseum so prachtvolle und aufwendig gestaltete Kutschen
wie
– Coche de D. Filipe
II (dt.: Kutsche von Philipp II)
mit dieser
Reisekutsche, die älteste des Museums, reiste der spanische König Philipp II im
Jahre 1581 von Madrid nach Lissabon, um sich hier die portugiesische
Königskrone aufzusetzen und so die portugiesisch-spanische Personalunion zu
proklamieren
– Coche de D. Maria
Francisca de Sabóia (dt.: Kutsche von Maria Francisca von Savoyen)
diese besonders
schöne Kutsche aus dem 17. Jahrh., eine französische Arbeit, gehörte zum
Fuhrpark der Nichte des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV, Königin Maria Francisca,
die hintereinander Gattin zweier portugiesischer Könige war
– Coche do Embaixador
(dt.: Kutsche des Botschafters)
mit dieser
prachtvollen Kutsche fuhr im Jahre 1716 der portugiesische Botschafter D. Rodrigo
de Almeida e Meneses bei Papst Clemens XI in Rom vor. Der prunksüchtige
portugiesische König João V ließ diese pompöse,
goldverzierte Kutsche einstmals in Rom bauen. Große mythische Figuren die die
Flüsse Tiber und Tejo und die Städte Rom und Lissabon symbolisieren, zieren die
Seitenwände des offenen Wagens.
In
überlieferten Schriften heißt es, die anderen Diplomaten hätten sich damals
geniert in ihren eigenen Kutschen beim Heiligen Vater vorzufahren. Diese Galakutsche
war eine von fünf Kutschen die König João V einstmals in Rom anfertigen ließ. Zwei andere dieser fünf
Kutschen waren die Kutsche der Ozeane und die Lissabonner Krönungskutsche
– Coche dos Oceanos
(dt.: Kutsche der Ozeane)
Dies war eine weitere
Kutsche die der damalige Botschafter Portugals, D. Rodrigo de Almeida e Meneses,
im Jahre 1716 bei seinen diplomatischen Missionen in Rom bei Papst Clemens XI
benutzte.
Auch sie wurde, wie
die so genannte Kutsche des Botschafters, von König João
V in Rom in Auftrag gegeben.
Das
besondere an dieser pompösen Kutsche
sind die vergoldeten Putten, die den Atlantik, den Indischen Ozean, den Pazifik
und das Mittelmeer symbolisieren
– Coche da Coroação de Lisboa (dt.: Lissabonner Krönungskutsche)
auch
diese Kutsche ließ sich der prunkliebende König João V im Jahre 1716 in Rom anfertigen. Im Gegensatz zu den
anderen Kutschen die sich der König in Italien anfertigen ließ, war diese nicht
für den diplomatischen Dienst angefertigt worden, sondern war für zukünftige
Krönungszeremonien in Lissabon gedacht.
Da die
Kutsche über 7 m lang und 3 m breit war ist sie in den damaligen engen Straßen
Lissabons nie im Einsatz gewesen. Nach ihrer Fertigung wurde diese prachtvolle
Kutsche per Segelschiff nach Lissabon gebracht
– Coche da Coroa
(dt.: Kutsche der Krone)
diese Galakutsche aus
dem Anfang des 18. Jahrh. wurde von vom portugiesischen König João V in Frankreich in Auftrag gegeben und von dessen
Botschafter am Hofe des Sonnenkönigs, Luis Manuel da Câmara Graf von Ribeira
Grande, benutzt
– Coche Papa
Clemente XI (dt.: Kutsche von Papst Clemens XI)
König João V erhielt diese Kutsche im Jahre 1715 von Papst Clemens
XI als Geschenk zur Geburt seines Sohnes, des portugiesischen Thronfolgers José,
geschenkt
– Coche de D. Pedro
II (dt.: Kutsche von Pedro II)
diese mit vergoldeten
Holzschnitzereien versehene Kutsche aus dem 17. Jahrh. gehörte einstmals dem
Bragança-König Pedro II. Sie ist im
französischen Stil aber in Portugal angefertigt worden
– Coche dos
Patriarcas (dt.: Kutsche der Patriarchen)
die Lissabonner
Patriarchen ließen sich in dieser im 17. Jahrh. gebauten und mit
silberbesticktem Samtbrokat versehenen Kutsche anno dazumal über das schlechte
Pflaster schaukeln
– Coche de D. Maria
Ana de Austria (dt.: Kutsche von Maria Ana von Österreich)
als die Habsburger
Erzherzogin Maria Ana von Österreich im Oktober 1708 mit einer Flotte von elf
Schiffen in Lissabon eintraf um den portugiesischen König João V zu ehelichen, brachte sie unter anderem aus ihrer
Heimat eine prachtvolle Kutsche mit.
Diese
Kutsche, die heute ihren Namen trägt, wurde vom Bruder von Maria Ana, Kaiser
Josef I, in Österreich in Auftrag gegeben und dort von österreichischen und
holländischen Handwerkern gebaut
– Coche de D. João V (dt.:
Kutsche von João V)
in
Portugal hergestellt, ist diese Kutsche eine der wenigen, von denen man mit
Sicherheit sagen kann wer sie gebaut, bzw. dekoriert hat.
Anfang
des 18. Jahrh. bat der portugiesische Monarch João V die Brüder José de Almeida, Bildhauer, und Felix
Vicente de Almeida, Holzschnitzer, darum ihm eine Prunkkarosse zu bauen. Für
die malerischen Verzierungen und Bilder an der Kutsche wurden die beiden Maler
José da Costa Negreiros und der Franzose Pierre-Antoine Quillard herangeholt.
Das
Ergebnis ist die prachtvolle Kutsche die man heute im Kutschenmuseum bewundern
kann
– Coche de D. José I
(dt.: Kutsche von José I)
diese in Portugal, im
Stile Louis XV erbaute Kutsche, wurde im 18. Jahrh. von König José I in Auftrag
gegeben.
Für ihren Bau waren
die Brüder José de Almeida und Felix Vicente de
Almeida verantwortlich. Die Malereien die den Wagen zieren werden dem
portugiesischen Künstler Cirilo Volkmar Machado zugeschrieben
– Carruagem da Coroa
(dt.: Staatskarosse)
König João VI gab diese Kutsche im Jahre 1824, kurz nachdem er aus
Brasilien nach Portugal zurückgekehrt war, in Auftrag.
Sie
diente ihm und seinen Nachfolgern als Staatskarosse. Im Jahre 1889 wurde die
Kutsche signifikant umgebaut um dem Monarchen Carlos I als Krönungskutsche zu
dienen.
1957
wurde die Kutsche anlässlich des Staatsbesuches von Königin Elisabeth II von
Großbritannien aus dem Museum geholt und nochmals als Staatskarosse benutzt.
Dies war
das letzte Mal, bis auf die kurze Reise die sie jetzt vom alten ins neue
Museumsgebäude gemacht hat, das die Kutsche das Museum verlassen hat
– Landau do Regicidio
(dt.: Landauer des Königsmord)
diese viersitzige,
vierrädrige und an beiden Achsen gefederte Kutsche, Landauer genannt, ist ein
portugiesisches Fabrikat und stammt aus dem Ende des 19. Jahrh. Dieser Landauer
ist das Fahrzeug, auf den am 01. Februar 1908 ein Attentat gegen den König
verübt wurde.
Als der königliche
Landauer an diesem Tag den zentralen Platz Terreiro do Paço überquerte, feuerten zwei Attentäter auf die königliche
Familie.
König
Carlos I und der Thronfolger Luis Filipe kamen bei diesem Königsmord (port.:
regicidio) ums Leben. Nur Königin D. Amélia, die Begründerin des ersten
Kutschenmuseums, und der zweitälteste Sohn des Königpaares, Manuel, überlebten das Attentat.
An dem
ausgestellten Landauer kann man heute noch sehr deutlich die entsprechenden
Einschusslöcher erkennen.
Das neue
Museu dos Coches, das pro Jahr an die 350.000 Besucher anziehen soll, hat dem
portugiesischen Staat 40 Millionen Euro gekostet.
Am
jetzigen Eröffnungswochenende besuchten knapp 20.000 Besucher die neuen
Ausstellungshallen.