Wie kommt der „Berliner“ nach Portugal?
Nein, hiermit meine ich nicht einen Bürger der deutschen Hauptstadt.
Die kommen nämlich, wie wir sehr wohl wissen, meistens mit dem Flieger, manchmal auch über Bremerhaven oder Hamburg mit dem Luxusliner, seltener mit dem Reisebus oder mit dem eigenen Auto, ins Land herein.
Nein, ich frage den geschätzten Leser, ob er weiß, wie der Berliner Pfannkuchen, (in einigen Teilen Deutschlands auch Krapfen oder Kreppel genannt) nach Portugal gekommen ist.
Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, müssen wir gut 75 Jahre „zurückreisen“, in eine Zeit, vor dem Zweiten Weltkrieg.
Damals, noch vor Kriegsbeginn, flohen zehntausende Juden, deutsche Regimegegner, Kommunisten, Widerstandskämpfer, Intellektuelle und „entartete“ Künstler aus dem Dritten Reich, um sich vor Hitler und seiner braunen Gestapo zu retten.
Viele, die nicht fliehen wollten oder konnten, starben später in den Konzentrationslagern oder bei Kriegshandlungen.
Aber die, die fliehen konnten waren froh, dass es am Rande Europas ein kleines Land wie Portugal gab, das neutral war, und dass sich bereit erklärte, sie aufzunehmen.
Lissabon sollte in den wirren des Zweiten Weltkrieges als der „Hafen der Freiheit“ (Porto da Liberdade) in die portugiesischen Geschichtsbücher eingehen, denn nur von Lissabon aus, konnten in den letzten Kriegsjahren die unzähligen Schiffe und Boote mit den abertausenden Flüchtlingen unbehelligt in die freie Welt, nach Amerika reisen. Aber nach Amerika konnte nur ausreisen, wer ein gültiges Ausreisevisum für die USA hatte. Amerika lies keinen ohne gültiges Visa ins Land rein (so viel zum Thema „Freiheit liebendes Amerika“).
Die, die kein Ausreisevisum hatten, mussten aber nicht um ihr Leben bangen. Portugal gewährte ihnen unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, allerdings mit Auflagen.
Eine dieser Auflagen war, das sich deutsche Flüchtlinge nur an zwei bestimmten Orten niederlassen konnten, nämlich entweder im ca. 100 km von der Hauptstadt entfernten Caldas da Rainha, oder im mondänen Badeort Ericeira, an der Stadtgrenze zu Lissabon.
Eine zweite Auflage die den Flüchtlingen auferlegt wurde, war das sie keiner geregelten Arbeit nachgehen durften. Sie bekamen zwar vom portugiesischen Staat eine finanzielle Unterstützung, aber, so würde man heute wohl sagen, diese Unterstützung reichte weder zum Leben noch zum Sterben. Und so kam es, das viele Flüchtlinge anfingen kleine Dienste zu verrichten, und diese den Portugiesen anzubieten, denn das war ihnen erlaubt. So kläglich die finanzielle Lage vieler Flüchtlinge war, so reich war doch ihre Fantasie, wenn es darum ging kreativ eine Erwerbsmöglichkeit zu finden.
Und so kam es, durch die Wirren des Krieges verursacht, dass sich in Portugal in diesen Jahren viele neue Gewohnheiten und Sitten, und ebenso auch einige neue Produkte durchsetzten.
Und hier kommt nun der Berliner Pfannkuchen ins Spiel. Denn der Berliner ist solch ein „Kriegsprodukt“ des neutralen Portugals.
Es wird erzählt, das um das Jahr 1937, eine aus Berlin stammende Jüdin, mit dem Namen Davidson, in Estoril die ersten Berliner Krapfen in ihrer Küche backte, und sie dann an andere Deutsche Flüchtlinge zu verkauften, um sich ein bisschen Geld nebenbei zu verdienen.
Mit der Zeit probierten auch die Portugiesen dieses fremde Gebäck. Und da die Portugiesen weiß Gott allem Süßen nicht gerade abgeneigt sind, fanden die von Frau Davidson gebackenen Krapfen bald reisenden Absatz in Estoril. Durch Mundpropaganda wurden die von den Portugiesen nun „Bolas de Berlim“ (übersetzt: Berliner Bälle oder Berliner Ballen) genannten Krapfen bald so beliebt, das sie bereits 1940 in den ersten Pastelarias und Cafés in Estoril und Umgebung zu kaufen waren.
Seit dieser Zeit haben sich die Bolas de Berlim geschmacklich kaum verändert. Am Anfang wurden sie noch mit Erdbeermarmelade gefüllt, so wie in Deutschland üblich. Doch diese Füllung kam bei den Portugiesen nicht sehr gut an. Kurz nach ihrer Einführung in Portugal wurden sie bereits mit dem „creme pasteleiro“, einer Creme aus Vanille und Eigelb befüllt, und diese Füllung ist bis heute noch die beliebteste geblieben, obwohl es in der Zwischenzeit auch Berliner mit Schokoladen- und Karamelfüllung gibt.
Heute sind die Bolas de Berlim nicht mehr aus einer portugiesischen Kuchentheke wegzudenken. Ja wenn der Name nicht darauf hinweisen würde, das dieses süße Gebäck aus Berlin stammt und nicht etwa aus Estoril, Mafra oder Lissabon, dann würde glatt jeder Portugiese meinen die Berliner Pfannkuchen wären so portugiesisch wie die nationalen Pasteis de Belém!
Nein, hiermit meine ich nicht einen Bürger der deutschen Hauptstadt.
Die kommen nämlich, wie wir sehr wohl wissen, meistens mit dem Flieger, manchmal auch über Bremerhaven oder Hamburg mit dem Luxusliner, seltener mit dem Reisebus oder mit dem eigenen Auto, ins Land herein.
Nein, ich frage den geschätzten Leser, ob er weiß, wie der Berliner Pfannkuchen, (in einigen Teilen Deutschlands auch Krapfen oder Kreppel genannt) nach Portugal gekommen ist.
Um eine Antwort auf diese Frage zu erhalten, müssen wir gut 75 Jahre „zurückreisen“, in eine Zeit, vor dem Zweiten Weltkrieg.
Damals, noch vor Kriegsbeginn, flohen zehntausende Juden, deutsche Regimegegner, Kommunisten, Widerstandskämpfer, Intellektuelle und „entartete“ Künstler aus dem Dritten Reich, um sich vor Hitler und seiner braunen Gestapo zu retten.
Viele, die nicht fliehen wollten oder konnten, starben später in den Konzentrationslagern oder bei Kriegshandlungen.
Aber die, die fliehen konnten waren froh, dass es am Rande Europas ein kleines Land wie Portugal gab, das neutral war, und dass sich bereit erklärte, sie aufzunehmen.
Lissabon sollte in den wirren des Zweiten Weltkrieges als der „Hafen der Freiheit“ (Porto da Liberdade) in die portugiesischen Geschichtsbücher eingehen, denn nur von Lissabon aus, konnten in den letzten Kriegsjahren die unzähligen Schiffe und Boote mit den abertausenden Flüchtlingen unbehelligt in die freie Welt, nach Amerika reisen. Aber nach Amerika konnte nur ausreisen, wer ein gültiges Ausreisevisum für die USA hatte. Amerika lies keinen ohne gültiges Visa ins Land rein (so viel zum Thema „Freiheit liebendes Amerika“).
Die, die kein Ausreisevisum hatten, mussten aber nicht um ihr Leben bangen. Portugal gewährte ihnen unbefristete Aufenthaltsgenehmigung, allerdings mit Auflagen.
Eine dieser Auflagen war, das sich deutsche Flüchtlinge nur an zwei bestimmten Orten niederlassen konnten, nämlich entweder im ca. 100 km von der Hauptstadt entfernten Caldas da Rainha, oder im mondänen Badeort Ericeira, an der Stadtgrenze zu Lissabon.
Eine zweite Auflage die den Flüchtlingen auferlegt wurde, war das sie keiner geregelten Arbeit nachgehen durften. Sie bekamen zwar vom portugiesischen Staat eine finanzielle Unterstützung, aber, so würde man heute wohl sagen, diese Unterstützung reichte weder zum Leben noch zum Sterben. Und so kam es, das viele Flüchtlinge anfingen kleine Dienste zu verrichten, und diese den Portugiesen anzubieten, denn das war ihnen erlaubt. So kläglich die finanzielle Lage vieler Flüchtlinge war, so reich war doch ihre Fantasie, wenn es darum ging kreativ eine Erwerbsmöglichkeit zu finden.
Und so kam es, durch die Wirren des Krieges verursacht, dass sich in Portugal in diesen Jahren viele neue Gewohnheiten und Sitten, und ebenso auch einige neue Produkte durchsetzten.
Und hier kommt nun der Berliner Pfannkuchen ins Spiel. Denn der Berliner ist solch ein „Kriegsprodukt“ des neutralen Portugals.
Es wird erzählt, das um das Jahr 1937, eine aus Berlin stammende Jüdin, mit dem Namen Davidson, in Estoril die ersten Berliner Krapfen in ihrer Küche backte, und sie dann an andere Deutsche Flüchtlinge zu verkauften, um sich ein bisschen Geld nebenbei zu verdienen.
Mit der Zeit probierten auch die Portugiesen dieses fremde Gebäck. Und da die Portugiesen weiß Gott allem Süßen nicht gerade abgeneigt sind, fanden die von Frau Davidson gebackenen Krapfen bald reisenden Absatz in Estoril. Durch Mundpropaganda wurden die von den Portugiesen nun „Bolas de Berlim“ (übersetzt: Berliner Bälle oder Berliner Ballen) genannten Krapfen bald so beliebt, das sie bereits 1940 in den ersten Pastelarias und Cafés in Estoril und Umgebung zu kaufen waren.
Seit dieser Zeit haben sich die Bolas de Berlim geschmacklich kaum verändert. Am Anfang wurden sie noch mit Erdbeermarmelade gefüllt, so wie in Deutschland üblich. Doch diese Füllung kam bei den Portugiesen nicht sehr gut an. Kurz nach ihrer Einführung in Portugal wurden sie bereits mit dem „creme pasteleiro“, einer Creme aus Vanille und Eigelb befüllt, und diese Füllung ist bis heute noch die beliebteste geblieben, obwohl es in der Zwischenzeit auch Berliner mit Schokoladen- und Karamelfüllung gibt.
Heute sind die Bolas de Berlim nicht mehr aus einer portugiesischen Kuchentheke wegzudenken. Ja wenn der Name nicht darauf hinweisen würde, das dieses süße Gebäck aus Berlin stammt und nicht etwa aus Estoril, Mafra oder Lissabon, dann würde glatt jeder Portugiese meinen die Berliner Pfannkuchen wären so portugiesisch wie die nationalen Pasteis de Belém!
Gibt es in Lissabon irgendeine Art von Erinnerung an die Flüchtlinge vor Nazi-Deutschland, z.B. eine Plakette an einem relevanten Haus o.ä.? Für interessierte Touristen wäre das doch einen Hinweis wert.
AntwortenLöschenWilfried Viebahn, Köln