Wer von meinen Freunden jemals hier in Portugal war, weiß dass er, wenn er mich hier zuhause, in Almada, besuchen will, immer übers Wasser kommen muss.
Er muss!
Egal ob er über eine der Hängebrücken mit dem Mietauto fährt, oder mit einer der Fähren über das Wasser kommt.
Er muss immer den Tejo überqueren.
Immer!
Wer nicht von hier ist, könnte meinen der Tejo ist wie eine Grenze oder wie eine Barriere, der Städte, ja ganze Provinzen und ihre Menschen, teilt.
Aber genau das Gegenteil ist der Fall.
Der Tejo, obwohl er von Osten nach Westen das ganze Land in zwei Hälften „teilt“, ist für uns Portugiesen seit Jahrhunderten die Verbindung in die Welt, die Nabelschnur die uns mit allen Weltmeeren verbindet. Er war und ist die Bühne eines vergangenen Weltreiches. Ohne den Tejo wäre Portugal niemals die Seefahrernation geworden, die es einmal war.
Unsere Entdeckungsfahrten fingen hier in diesem Fluss an, und nicht draußen auf dem offenen Meer!
Lissabon und die Lissabonner sind tejoverliebt, waren es schon immer. Aber wie mit jeder Liebe, so ist es auch mit dieser: mit der Zeit lässt vieles nach! Und heute sieht es so aus, als wenn der Lissabonner den Tejo vernachlässigt. Aber es sieht nur so aus, glauben sie es mir!
Die beste Aussicht auf den Tejo hat man übrigens von den vielen Aussichtterrassen (Miradouros) die über die Hügel der Stadt verteilt sind. Von ihnen aus kann man den riesigen Mündungssee bewundern, der sich erst im letzten Augenblick entschließt, noch einmal ein Fluss zu werden. Die Lissabonner nennen dieses riesige Binnensee „Mar da Palha“ (das Strohmeer), denn morgens und abends, wenn die Sonnenstrahlen auf das Wasser fallen, lassen sie die Fluten so aussehen als wären sie von schimmernden goldenen Halmen bedeckt.
Viele Touristen, die Lissabon besuchen, nehmen die Gelegenheit wahr, und überqueren den Tejo von Lissabon nach Cacilhas.
Ich selbst schlage so eine Überquerung des Tejos jedem Touristen vor, der mich nach einem originellen Trip in Lissabon fragen tut. So eine fahrt über den Tejo ist zwar keine „Weltreise“, aber es reicht, um sich in diesen Fluss zu verlieben.
Von Cacilhas aus, hat man auch den schönsten Ausblick auf Lissabon. Die Entfernung von knapp 3 km schadet Lissabon überhaupt nicht. Ich möchte sogar sagen, das Gegenteil ist der Fall! Die Entfernung macht Lissabon weicher, sie verdeckt das Brüchige, verbirgt die Narben und die Schatten, und die ewigen Baustellen die die Stadt ständig heimsuchen. Und außerdem sieht man immer Wasser, viel Wasser.
Ich stelle mir oft vor, wenn ich den Tejo überquere, so wie heute Abend, als ich von dem Antoniusfest nach hause gefahren bin, wie der Tejo vor drei oder vier Jahrhunderten ausgesehen haben muss, mit seinen hunderten und aberhunderten Karavellen, Naus, den Segelschiffen aus aller Welt und den Fischerbooten in allen Größen.
Wie muss dieser Fluss ausgesehen haben mit den ganzen weißen Segeln im Wind?
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen