Samstag, 20. August 2011
Die zwölf von England
Die Geschichte, die ich heute hier in meinem Blog erzählen will, soll sich so tatsächlich in den Regierungszeiten von König João I von Portugal und von König Henry IV von England zugetragen haben.
Aber wie bei so vielen Geschichten von früher, ist auch diese wohl eine gelungene Kombination aus Wahrheit und Legende.
Es ist eine Geschichte die im Mittelalter spielt und die von zwölf mutigen Rittern (port.: cavaleiros) und von zwölf edlen Ladies handelt.
Bekannt wurde diese Geschichte hier in Portugal als „Os doze de Inglaterra“ (dt.: „Die zwölf von England“).
Die Geschichte geht in etwa so:
Zwölf junge Ladies, aus bestem englischem Hause, wurden auf das äußerste von zwölf, ebenfalls englischen, Edelmännern beleidigt, die ihre Ehrenwertigkeit anzweifelten und die tatsächlich behaupteten das die Damen den Titel einer Lady nicht verdienten.
Um ihre Ehre zu retten, baten die englischen Ladies ihre Freunde und Verwandte um Hilfe.
Aber alle verwehrten sie den Damen ihre Hilfe.
Da sie nicht mehr wussten, was sie noch tun sollten, um ihre Ehre wiederzuerlangen, beschlossen die zwölf Ladies dem König von England zu schreiben, damit er zwölf englische Ritter finden möge, die dann um die Ehre der Damen öffentlich kämpfen sollten.
Doch im ganzen Königreich meldete sich kein einziger Ritter freiwillig um für die Damen in den Kampf zu ziehen.
Da erinnerte sich König Henry IV von England, dass John of Gaunt, der Herzog von Lencaster (port.: João de Gant, 1.º Duque de Lencastre), Jahre zuvor Seite an Seite mit portugiesischen Rittern, in einem Krieg gegen das Königreich Kastilien gekämpft hatte.
Der Herzog von Lencaster hatte schon oft am Hofe von Henry IV von dem Mut und der Unerschrockenheit der portugiesischen Ritter berichtet und so beschloss der König John of Gaunt zu ersuchen, ob sich den in Portugal keine Ritter finden lassen würden, die bereit waren um die Ehre der englischen Ladies zu kämpfen.
Portugiesische Ritter, die dafür bekannt waren, im Gegenteil zu ihren englischen Brüdern, ein maßvolles und zurückhaltendes Leben zu führen, die Anstand, Würde, Wohlerzogenheit und Treue eindrucksvoll repräsentierten, galten damals als die edelsten in Europa.
Während wo anders in Europa, auch in England, damals Ritter meistens nichts weiter waren als Soldaten ihres Lehnsherren, waren sie Ende des 15. Jahrhunderts, hier am Rande Europas, Männer mit höfischen Umgangsformen und einem gesitteten und musischen Benehmen.
Für einen portugiesischen Ritter im Mittelalter gab es vier wichtige Regeln, die es galt einzuhalten:
• Frauen und Schwache zu beschützen
• für Gerechtigkeit zu sorgen
• das Vaterland zu lieben
• die Kirche zu verteidigen
Nach nur kurzer Zeit wurden im Königreich Portugal zwölf Ritter gefunden, die sich bereit erklärten im fernen England für die besagten Ladies in einem Turnier in Hampstead ihre Tapferkeit zu zeigen.
Diese zwölf Ritter waren:
• Álvaro Vaz de Almada, Graf von Avranches
• Álvaro Gonçalves Coutinho, genannt „O Grão Magriço“
• João Fernandes Pacheco
• Lopo Fernandes Pacheco
• Álvaro Mendes Cerveira
• Rui Mendes Cerveira
• João Pereira Agostim
• Soeiro da Costa
• Luís Gonçalves Malafaia
• Martim Lopes de Azevedo
• Pedro Homem da Costa
• Vasco Anes da Costa, genannt „Corte Real“
Als die zwölf englischen Ladies von dem Herzog von Lencaster erfahren hatten, wer die zwölf portugiesischen Ritter waren, schrieb jede von ihnen an einen der Ritter um diesen für ihren Mut im Voraus zu danken.
Gleichzeitig schrieben sie auch an König João I, um diesen für die Entsendung der edlen Ritter zu bitten.
So kam es, das sich eines Tages elf der Ritter, mit einem Segelschiff von Lissabon aus, auf den Weg nach England machten.
Einer der Ritter aber, Álvaro Gonçalves Coutinho, der den Beinamen „O Grão Magriço“ (dt.: „der lange Lulatsch“) trug, musste sich auf dem Landweg nach England machen, da er extrem Seekrank war.
Er versprach aber am verabredeten Tag des Turniers in Hampstead präsent zu sein.
Als der Tag des Turniers nun kam, stellten die elf anderen Ritter mit Schrecken fest, das ihr Freund und Mitstreiter noch nicht anwesend war.
Über fünf ganze Tage erstreckte sich das Turnier.
Die englischen Ladies und die portugiesischen Ritter sahen ihre Chancen am letzten Tag dahinschwinden, und befürchteten nun das Turnier gegen die Engländer zu verlieren.
Doch in letzter Minute tauchte Álvaro Gonçalves Coutinho auf, und konnte gegen den letzten englischen Edelmann, der für ihn als Gegner bestimmt war, antreten.
Er konnte das Turnier in Hampstead für sich und für seine Freunde entscheiden und somit die Ehre der englischen Ladies retten.
Nach dem gewonnenen Turnier wurden sie von König Henry IV feierlich empfangen, und von diesem mit einem rauschenden Fest belohnt.
Soweit die Geschichte, die sich so oder so ähnlich zugetragen haben soll.
Fakt ist, das die zwölf portugiesischen Ritter alle wirklich gelebt haben und das sie wirklich in England an einem Turnier in Hampstead, einem heutigen Stadtteil von London, gegen englische Edelleute erfolgreich teilgenommen haben.
Ein Fakt ist es allerdings auch, das das portugiesische Rittertum, mit all seiner Würde und Höfischkeit, nicht sehr lange andauerte.
Es wurden zwar später noch viele junge Männer nach festen Regeln und Anstand erzogen, doch die stolze Zeit der Ritter war damals in Portugal unwiederbringlich verloren.
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