Donnerstag, 15. Dezember 2011

Die Verschwörer


In meinem Eintrag „Bye-bye 01. Dezember“, vom 01. Dezember 2011, schreibe ich über den portugiesischen Feiertag „Dia da Restauração da Independência“ (dt.: Tag der Wiederherstellung der Unabhängigkeit).
In ihm berichte ich, dass es wohl das letzte Mal gewesen ist, das wir hier in Portugal diesen Feiertag gefeiert haben.
Wenn es nach der Regierung von Premierminister Pedro Passos Coelho geht, wird er nämlich schon im kommenden Jahr abgeschafft sein.

Ich erwähne in dem Text, das wir diesen symbolträchtigen Feiertag dem Mut von 40 Verschwörern (port.: conjurados) zu verdanken haben.
Ich bin vor Tagen gefragt worden, wer denn diese 40 Verschwörer waren.

Nun, diese Verschwörer, die eigentlich 54 an der Zahl waren, gehörten vor allem dem portugiesischen Adel an. Aber es waren auch Kirchenmänner und einfache Männer aus dem Volk unter ihnen.
Als „Os 40 conjuradores“ (dt.: „Die 40 Verschwörer“) ging diese Gruppe von Männern in die Geschichte ein, weil 40 von ihnen damals dem portugiesischen Hochadel angehörten – was aber keinesfalls den Beitrag der anderen 14 bürgerlichen Aufrührer schmälern sollte!
Es ist einfach nur so, das der Adel zur damaligen Zeit einfach einen höheren Stellenwert hatte, als der einfache Mann vom Volk.

Im Jahre 1640 waren alle sozialen Schichten in Portugal der spanischen Herrschaft, die 60 Jahre lang gedauert hatte, überdrüssig geworden.
Das spanische Königshaus hatte in all den Jahren, in denen Portugal mit Spanien offiziell gleichwertig in einer Personalunion verbunden war, Portugal wie eine der vielen spanischen Provinzen behandelt.

Als am 07. Juni 1640 im spanischen Katalonien eine Revolte losbrach und König Philipp IV von Spanien, der auch gleichzeitig als Philipp III, König von Portugal war, den größten Teil seiner Truppen in diese spanische Provinz schickte um dort die Revolte zu unterdrücken, sah der portugiesische Adel seine Chance auf eine eigene Revolte gekommen.

Am 12. Oktober 1640 kamen im Hause von Antão de Almada, dem Grafen von Avranches, zum ersten Mal sechs Adelige zusammen um einen Aufstand gegen das spanische Königshaus zu planen.
Bei diesem Treffen waren zugegen der Hausherr, die Brüder Francisco und Jorge de Melo, sowie Pedro de Mendonça Furtado, António de Saldanha und João Pinto Ribeiro.
Die sechs Adeligen beschlossen dem Herzog von Bragança, einem Nachfahren von König João I, die Krone Portugals anzubieten.
Sollte der Herzog von Bragança die angebotene Krone aber ablehnen, so wollten die Verschwörer eine Republik ausrufen.
Die Spanier wollten sie aber auf alle Fälle loswerden!

Doch der Herzog von Bragança nahm dieses Angebot an, und mit der Zeit schlossen sich immer mehr Adelige den ursprünglichen Verschwörern an.
Bald war man sich nicht nur der Unterstützung des Adels sicher, sondern auch des Klerus und vor allem des Volkes.

Die meisten spanischen Militärs befanden sich im Herbst 1640 in Katalonien, um die dortige Revolte zu unterdrücken.
Die Adventszeit war gekommen und fast alle spanischen Beamten und Würdenträger hatten sich auf den Weg in ihre Heimat gemacht, um dort Weihnachten zu verbringen.
Die Zeit für den Aufstand war gekommen.
Die Verschwörer einigten sich auf den 01. Dezember 1640.

Die einzigen hohen Würdenträger die sich an diesem Tag in Lissabon aufhielten, waren die spanische Vizekönigin und Herzogin von Mantua, Margarida de Saboia (dt.: Margarete von Savoyen), und ihr portugiesischer Staatssekretär Miguel de Vasconcelos e Brito.

Früh am Morgen dieses Tages drangen die Verschwörer in die königliche Residenz „Palacio da Ribeira“ ein.
Sie setzten die Vizekönigin unter Arrest und zwangen diese den wenigen spanischen Soldaten, die sich damals in Lissabon aufhielten, den Befehl zu geben sich nicht gegen die Portugiesen zu widersetzen.
Ihr Staatssekretär Miguel de Vasconcelos e Brito, der wegen seiner Kollaboration mit Spanien regelrecht vom Volk gehasst wurde, wurde aus dem Palastfenster geworfen und getötet.

Zwei Wochen später, am 15. Dezember 1640, also heute vor genau 371 Jahren, wurde der Herzog von Bragança von den Verschwörern als João IV, zum König gewählt und ernannt.

Diese Verschwörer, die damals Portugal in die Unabhängigkeit von Spanien führten waren:


• Afonso de Menezes – zukünftiger Hofmeister Königs João IV

• Álvaro de Abranches da Câmara – General der Provinz Minho und Mitglied des Kriegsrates

• Antão de Almada – 7. Graf von Avranches, 10. Herr von Lagares d´El-Rei, 5. Herr von Pombalinho und Governeur der Stadt Lissabon

• António de Alcáçovas Carneiro – Herr von Alcáçovas, Generalhauptmann von Campo Maior und Ouguela

• António Álvares da Cunha – Herr von Tabua

• António da Costa – Kommandant des Christusordens und Herr von Mustela

• António Luís de Menezes – 3. Graf von Cantanhede, 1. Marques von Marialva

• António Mascarenhas – Kommandant von Castelo Novo und des Christusordens

• António de Melo e Castro – Kapitän von Sofala und Governeur von Indien

• António de Saldanha – Hauptmann von Vila Real

• António Teles de Meneses – 1. Graf von Vila Pouca de Aguiar

• António Telo – Admiral der portugiesischen Indien-Flotte

• Ayres de Saldanha – Kommandant und Generalhauptmann von Soure

• Carlos de Noronha – Kommandant von Marvão

• Estevão da Cunha – Prior von São Jorge in Lissabon, Kanon der Kathedrale von Faro an der Algarve und Bischof von Miranda

• Fernão Teles da Silva – 1. Graf von Vilar Mayor und Waffengoverneur der Provinz Beira

• Francisco Coutinho de Ataide – Bruder von Jerónimo Coutinho de Ataide

• Jerónimo Coutinho de Ataide – 6. Graf von Atouguia, Bruder von Francisco Coutinho de Ataide

• Fernando Telles de Faro – Herr von Damião de Azere und Santa Maria de Nide de Carvalho

• Francisco de Melo – königlicher Jagdmeister

• Francisco de Melo e Torres – 1. Graf von Ponte, Marques von Sande und General der Artillerie

• Francisco de Noronha – Bruder des 3. Grafen von Arcos

• Francisco de São Payo

• Francisco de Sousa – 1. Marques von Minas, 3. Graf von Prado

• Gastão Coutinho – Gouverneur der Provinz Minho

• Gaspar de Brito Freire – Herr von Santo Estevão und Herr von Nossa Senhora de Jesus im brasilianischen Bahia

• Gomes Freire de Andrade – Hofrittmeister

• Gonçalo Tavares de Távora – Hofrittmeister

• João da Costa – 1. Graf von Soure

• João Rodrigues de Sá e Menezes – 3. Graf von Penaguião

• João de Saldanha da Gama – Hofrittmeister

• João de Saldanha e Sousa

• João Pereira – Prior von São Nicolau und Stellvertreter des Papstes für die Inquisition

• João Pinto Ribeiro – Bachelor für kanonisches Recht und Richter von Fora de Pinhel und Ponte de Lima

• João Sanches de Baena – königlicher Berater und Richter am königlichen Hof sowie Doktor für Kirchenrecht

• Jorge de Melo – Admiral und Mitglied des Kriegsrates

• Luis de Almada – Sohn von Antão de Almada, dem 7. Graf von Avranches, 10. Herr von Lagares d´El-Rei, 5. Herr von Pombalinho und Governeur der Stadt Lissabon

• Luis Álvares da Cunha – Herr von Olivais

• Luis da Cunha de Ataíde

• Luis de Mello - königlicher Empfangschef

• Manuel Child Rolim

• Martim Afonso de Melo – 2. Graf von São Lourenço und Generalhauptmann von Elvas

• Miguel Maldonado – Schreiber im königlichen Außenministerium

• Miguel de Almeida – 4. Graf von Abrantes

• Nuno da Cunha de Ataíde – 1. Graf von Pontével

• Paulo da Gama – Herr von Boavista

• Pedro de Mendonça Furtado - Generalhauptmann von Mourão

• Rodrigo da Cunha – Erzbischof von Lissabon

• Rodrigo de Figueiredo de Alarcão – Herr von Ota

• Sancho Dias de Saldanha – Hofrittmeister

• Tomas de Noronha – 3. Graf von Arcos

• Tomé de Sousa – Aufseher des königlichen Haushaltes

• Tristão da Cunha de Ataíde – Herr von Povolide und Kommandant von São Cosme de Gondomar

• Tristão de Mendonça – zukünftiger Botschafter am niederländischen Hof


Doch mit der Ernennung von João IV zum König durch diese 54 Männer, am 15. Dezember 1640, war Portugals Unabhängigkeit gegen Spanien noch lange nicht gewonnen.
Ganze 28 Jahre sollten die ständigen kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen den zwei Nationen dauern.

Erst am 13. Februar 1668 erkannte Spanien, im „Frieden von Lissabon“ (port.: „Páz de Lisboa“), die Unabhängigkeit Portugals „für immer und ewig“, wie es so schön im Friedensvertrag heißt, an!

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