Portugal ist bei der
Fußball-WM 2014 (port.: Mundial de futebol 2014) in Brasilien bereits in der
Vorrunde ausgeschieden.
Nichtsdestotrotz wird
in Brasilien weiter Fußball gespielt.
Ich werde hier im
„Planet Portugal“ versuchen in nächster Zeit noch den einen oder anderen
Austragungsort dieser Fußball-WM in Brasilien vorzustellen. Fast all diese
Städte haben eine portugiesische Entstehungsgeschichte und noch heute einen
starken portugiesischen Einfluss, so auch die Megacity São Paulo.
São Paulo ist für
mich die Stadt mit der größten Persönlichkeit die ich kenne.
Sicherlich, ich kenne
Städte die sind schöner, ruhiger, besser gelegen, sauberer und sicherlich
konfliktarmer; aber keine von ihnen ist so vielseitig, dynamisch, faszinierend,
vorurteilslos, abwechselungsreich und multikulturell wie São Paulo.
São Paulo hat nun
einmal zwei Gesichter:
ein friedliches, lebendiges,
niveauvolles, kreatives, kosmopolitisches und gleichzeitig auch ein
gewalttätiges, gnadenloses und fratzenhaftes.
Diese Stadt
polarisiert: entweder man liebt sie oder man hasst sie.
Ich habe mich
irgendwann dazu entschieden São Paulo zu lieben!
Im Jahre 1530
beauftragte König João III den Adligen Martim Afonso de Sousa damit, den Süden
des 30 Jahre zuvor von Pedro Álvares Cabral neu entdeckten Brasiliens zu
kolonialisieren.
Mit einer Flotte von
fünf Schiffen und 500 Männer stach Martim Afonso de Sousa im selben Jahr in See
und landete zuerst in Pernambuco, im Nordosten des Landes.
Nachdem er dort
französische Piraten erfolgreich vertrieben hatte, führte er seine Fahrt an der
brasilianischen Küste gen Süden weiter.
Am 22. Januar 1532
gründete er, auf einer dem Festland vorgelagerten Insel, die erste
portugiesische Stadt in Brasilien und die erste europäische Siedlung in ganz
Südamerika – den kleinen Ort São Vicente.
Im Jahre 1533 machte
sich Martim Afonso de Sousa mit dem Abenteurer João Ramalho daran, die hohe
Serra do Mar, ein Küstengebirge das die Indios Paranapiacaba nannten und das die
Stadt São Vicente und die Küste vom Landesinneren trennte, zu besteigen.
Nach einer
beschwerlichen Reise gründeten sie mit einpaar Indios des Stammes der Guaianases
auf einer Hochebene, zwischen den Flüssen Anhangabaú, Tieté und Tamanduatei, das
Dorf Vila de Piratininga.
Für die nächsten 20 Jahre
war Vila de Piratininga nur ein kleiner unscheinbarer Handelsposten in den
Bergen, das ab und zu von den Portugiesen auf ihrem Weg von der Küste ins
Landesinnere aufgesucht wurde.
Im Januar 1554 machte
sich eine Gruppe von zwölf jungen jesuitischen Geistlichen, unter ihnen die
Jesuitenpater Manuel da Nobrega, José de Anchieta und Manuel de Paiva, von São
Vicente auf den Weg nach Vila de Piratininga, um dort die Indios des Hochlandes
im Christentum zu unterweisen.
Dort wo sich heute,
Mitten in São Paulo, die Nachbildung des Jesuitenkollegs (port.: Pátio do
Colégio) befindet, errichteten sie eine einfache Lehmhütte, in der sie die
„Wilden“ fortan bekehrten.
Genau vor dieser
Hütte hielt der Jesuitenpater Manuel de Paiva am 25. Januar 1554, dem
Paulustag, eine Messe unter freien Himmel ab.
Dieser Gottesdienst gilt
als die Geburtsstunde von São Paulo!
Zwei Jahre später errichteten
die Jesuiten eine kleine Kirche und eine Ordensschule, einen so genannten Kolleg,
den sie am 01. November 1556, dem Allerheiligentag, einweihten. Bis 1560 bauten
sie dann die „Confraria da Misericórdia de São Paulo“, ein Krankenhaus, das
erste im brasilianischen Hinterland.
Im selben Jahr ließ
der Generalgouverneur Brasiliens, Dom Francisco de Sousa, ein Rathaus für die
Siedlung bauen und fortan trug diese, auf seinen Erlass hin, den Namen São
Paulo de Piratininga und gehörte zur Capitania von São Vicente.
Von 1580 bis 1640 war
die portugiesische Krone mit der spanischen offiziell in einer
gleichberechtigten Personalunion; offiziell, denn die Realität sah leider
anders aus. Nachdem Philipp II von Spanien gewaltsam Portugal besetzte, wurden
Portugal und seine Überseegebiete 60 Jahre lang mehr schlecht als recht verwaltet.
Auch Brasilien, und
hier ganz besonders das unscheinbare, kleine und arme São Paulo de Piratininga,
gerieten während der spanischen Herrschaft über Portugal so gut wie in Vergessenheit.
1640 bestieg João IV,
aus dem Hause Bragança, als portugiesischer König den
Thron.
Wieder
unter portugiesischer Herrschaft, blieb São
Paulo de Piratininga zuerst weiterhin die wirtschaftlich unwichtige Stadt die
es ehedem war. Die Zuckerrohrplantagen brachten nicht genug ein, und erst der
Anbau von Weizen für den Eigenbedarf und für den Export Ende des 17.
Jahrhunderts brachte der Stadt so etwas wie einen kleinen wirtschaftlichen
Erfolg.
Am 22. März 1681
verlegte Luis Álvares de Castro, der 2. Marquês de Cascais und Gouverneur der
Capitania, die Hauptstadt von São Vicente nach São Paulo de Piratininga.
Doch auch als
Hauptstadt blieb die Stadt weiterhin die ärmste in ganz Portugiesisch-Amerika.
Am 11. Juli 1711
erhielt São Paulo de Piratininga auf Anordnung von König João V und auf Grund
seiner strategisch günstigen Lage zwischen der Küste und den neu eroberten
weiten Gebieten in Zentralbrasilien, in denen Gold gefunden worden war, den
Status einer Stadt und durfte sich fortan nur São Paulo nennen.
Im Jahre 1723 konnte der Portugiese Francisco de Melo Palheta eine handvoll Samen aus
französisch Guyana herausschmuggeln. Es waren ganz besondere Samen, nämlich Kaffeesamen!
Der Anbau von Kaffee
war bis dahin fest in französischer und niederländischer Hand gewesen, aber nun
wurde er auch von den Portugiesen in Brasilien angebaut. Melo Palheta brachte 1727
den Kaffee auch nach São Paulo und hier im Hochland gedieh er prächtig, so das
bereits in den folgenden Jahrzehnten mit der Kaffeeproduktion begonnen
wurde. São Paulos Bedeutungslosigkeit sollte sich eines Tages Dank des Kaffees
schlagartig ändern und vielen seiner Bürger den langersehnten Reichtum und
Wohlstand bringen.
1808 floh die portugiesische Königsfamilie vor den napoleonischen Truppen aus Portugal nach Brasilien.
Königin Maria I und
ihr Sohn Prinzregent João, der spätere König João VI, residierten bis 1821 in
Rio de Janeiro, der Hauptstadt des Vereinigten Königreiches von Portugal,
Brasilien und der Algarve (port.: Reino Unido de Portugal, Brasil e Algarves).
João VI erhob São
Paulo zur Hauptstadt der neuen Provinz gleichen Namens.
1821 begab sich König
João VI wieder nach Portugal zurück und ließ seinen Sohn Pedro als Regenten in
der Kolonie zurück. Dieser proklamierte alsbald die volle Autonomie für
Brasilien.
Am 07. September 1822
rief Pedro in São Paulo, am Ufer des Flusses Ipiranga, in einer bewegenden
Rede, die Worte:
„Liberdade ou morte“
(dt.: „Unabhängigkeit oder Tod“).
Dieser Schrei, der
als „Ruf von Ipiranga“ (port.: „Grito di Ipiranga“) bekannt ist, gilt als die
Unabhängigkeitserklärung Brasiliens.
Am 12. Oktober 1822
wurde Pedro als Pedro I zum Kaiser von Brasilien proklamiert und daraufhin am
01. Dezember feierlich in Rio de Janeiro gekrönt.
Nach der
Unabhängigkeit Brasiliens von Portugal endete auch die portugiesische Ära in
São Paulo.
Aber, auch wenn São
Paulo schon lange nicht mehr unter portugiesischem Einfluss ist – jedenfalls
dem politischen – so ist „Sampa“, wie die Stadt auch liebevoll genannt wird, doch eine
sehr portugiesische Stadt.
Nirgendwo auf der
Welt leben so viele Portugiesen und nirgendwo sind so viele portugiesische
Unternehmen niedergelassen wie hier!
Dies sind nur zwei von
vielen Superlativen dieser Stadt.
São Paulo ist die
größte Stadt des Bundesstaates gleichen Namens, die größte Stadt Brasiliens und
die größte Stadt der südlichen Hemisphäre und sie ist das wichtigste
Wirtschafts-, Industrie-, Finanz- und Kulturzentrum, nicht nur Brasiliens
sondern ganz Südamerikas.
Für mich persönlich
ist São Paulo die Stadt der Städte!
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