Die portugiesische
Regierung von Premierminister Pedro Passos Coelho hat diese Woche beschlossen,
in einem baldigen Referendum das Volk darüber entscheiden zu lassen ob
gleichgeschlechtliche Paare zukünftig das Recht haben sollen Kinder zu
adoptieren, oder ob ihnen dieses Recht weiterhin verwehrt bleibt. Zwar dürfen
homosexuelle Paare hierzulande schon seit 2010 heiraten, eine Adoption von
Kindern ist ihnen aber gesetzlich nicht erlaubt.
Da in Portugal aber
Referenden – seien sie konfirmativ, obligatorisch oder konsultativ – normalerweise
verfassungspolitisch nur ausnahmsweise vorgesehen sind, wird jetzt wohl das
Portugiesische Verfassungsgericht (port.: Tribunal constitucional) darüber
entscheiden müssen, ob die geplante Volksbefragung überhaupt stattfinden wird.
Das Oberste Gericht
Portugals wurde in den letzten Monaten schon mehrmals von der Opposition zu
Hilfe gerufen, um bei parteipolitischen Konflikten zu helfen und über die
politischen Entscheidungen des Parlaments verfassungspolitisch urteilen zu
lassen.
Kaum eine rigorose Sparmaßnahme
von Pedro Passos Coelho die nicht vom Verfassungsgericht einkassiert wurde,
kaum eine geplante Kürzung die nicht umgekippt oder eine Einsparung die die
Richter am Obersten Gerichtshofs Portugals nicht zu stoppen versuchte.
Das sich die 13
Richter des Verfassungsgerichtshofs in letzter Zeit so vehement gegen Premierminister
Passos Coelho und seine bürgerlich-konservative Regierung gestellt haben, hat
sie hierzulande für manche zu so etwas wie „gesetzestreuen Helden Portugals“
werden lassen.
Das ist natürlich
absoluter quatsch, denn die Richter tun nichts mehr oder weniger als ihre
Arbeit!
Das die obersten
Hüter der portugiesischen Verfassung dabei heutzutage anscheinend etwas
rigoroser auf die Finger der Regierung schauen als früher, liegt einzig und
alleine an der Tatsache, das die 13 Richter des aktuellen Verfassungsgerichts mehrheitlich
noch von den oppositionellen Sozialisten eingesetzt wurden und nicht von den
regierenden Konservativen.
Nicht mehr und nicht
weniger.
Ich bin schon
mehrmals von meinen deutschen Freunden gefragt worden, wie sich denn nun dieses
Verfassungsgerichts zusammensetzt und wie seine Kompetenzen, Aufgaben und
Pflichten vereinfacht lauten.
Nun, das Tribunal
constitucional (dt.: Verfassungsgericht) ist das höchste Gerichtsorgan der
portugiesischen Republik.
Seine Aufgabe besteht
darin neue Gesetze nach ihrer Verfassungsmäßigkeit zu beurteilen, die
vorhandene Verfassung zu wahren und zu schützen, die Daten für Wahlen und
Referenden anzusetzen und Parteien zu erlauben oder zu verbieten.
Das
Verfassungsgericht setzt sich aus 13 Richtern zusammen, die für einmalige neun
Jahre gewählt werden.
Zehn dieser Richter
werden von den Abgeordneten der im portugiesischen Parlament sitzenden Parteien
mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit ins Verfassungsgericht gewählt.
Die restlichen drei
Richter werden von den anderen, schon gewählten, Richtern ernannt.
Sechs der 13 Richter müssen
vor ihrem Einzug ins Verfassungsgericht Richter an einem portugiesischen
Gericht gewesen sein und die anderen sieben müssen ein abgeschlossenes
Jurastudium vorweisen.
Obwohl mehrheitlich
von den Abgeordneten des Portugiesischen Parlaments gewählt, ist jeder der
Verfassungsrichter parteipolitisch und finanziell unabhängig. Sie sind in all
ihren Urteilen und Entscheidungen einzig und allein ihrem Gewissen verantwortlich!
Das Tribunal
constitucional, oftmals hier in Portugal mit „TC“ abgekürzt, hat seinen Sitz in
einem Stadtpalast in der Rua de O Século n° 111, im Lissabonner Stadtteil
Mercês.
Dieser altehrwürdige
Stadtpalast trägt den Namen Palácio Ratton und wurde einstmals von dem
französischen Großindustriellen Jácome Ratton erbaut, der Mitte des 18. Jahrh.
mit seinen Eltern nach Portugal ausgewandert war.
Die Rattons galten
unter dem Marques de Pombal als einer der angesehensten und wichtigsten
Industriellenfamilien ihrer Zeit in Portugal.
Das portugiesische Verfassungsgericht
setzt sich momentan aus folgendem Richtergremium zusammen:
- Prof. Dr. Joaquim José Coelho de Sousa Ribeiro, Präsident des Verfassungsgerichts
- Prof. Dr. Joaquim José Coelho de Sousa Ribeiro, Präsident des Verfassungsgerichts
- Prof. Dr. Maria Lucia Amaral, Vizepräsidentin
des Verfassungsgerichts
- Dr. Lino José Baptista Rodrigues Ribeiro
- Dr. José da Cunha Barbosa
- Prof. Dr. João Eduardo Cura Mariano Esteves
- Dr. Carlos Alberto Fernandes Cadilha
- Prof. Dr. Ana Maria Guerra Martins
- Dr. Maria de Fátima Mata-Mouros de Aragão Soares
Homem
- Prof. Dr. Pedro Manuel Pena Chancerelle de
Machete
- Prof. Dr. Maria José Reis Rangel de Mesquita
- Prof. Dr. Catarina Teresa Rola Sarmento e
Castro
- Prof. Dr. Maria João da Silva Baila Madeira
Antunes
- Dr. Fernando Vaz Ventura
Mit sieben Männern
und sechs Frauen auf dem Richterstuhl ist das Richtergremium des
portugiesischen Verfassungsgerichts vorbildlich geschlechtsrepräsentiv.
Sie, die obersten
Hüter des Gesetzes, werden auch in Zukunft darüber wachen, das die Wahrheit und
das Recht mit der portugiesischen Verfassung konform sind – auch wenn es nicht
jedem passt…
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