Dienstag, 24. November 2009

Ludovici, der Deutsche der zu Lebzeiten eine Legende war.


Wer jemals in Mafra war, einem kleinen Ort, 50 km nördlich von Lissabon entfernt, der wird vom gigantischen Klosterpalast (port.: Convento e Palácio Nacional de Mafra), der das kleine unscheinbare Städtchen fast erdrückt, begeistert sein.
Und wer aus Süddeutschland oder Österreich nach Mafra kommt, der wird staunen, wie sehr ihn der gewaltige Bau an seine heimatlichen Klöster und Barockschlösser erinnert.

Der Baumeister dieses riesigen Bauwerkes, Johann Friedrich Ludwig, der von den Portugiesen João Frederico Ludovici genannt wurde, brachte die Idee für dieses Werk, sein Meisterwerk, aus seiner deutschen Heimat nach Portugal.
Geboren wurde Johann Friedrich 1673, auf Schloss Honhardt in Schwaben, als Sohn von Peter Ludwig und dessen Ehefrau Elisabeth Rosina Engelhardt.

Als 14jähriger verliert Johann Friedrich seinen Vater, und sein Onkel Johann Wilhelm Engelhardt, Architekt von Beruf, nimmt sich seiner an.
Durch ihn lernt Johann Friedrich die liebe zur Architektur kennen. Doch von Beruf wird er erst einmal Goldschmied.
In Ulm und Augsburg erlernt er diese filigrane Fertigkeit.
1697 zieht er nach Rom, wo er in der Werkstatt des deutschen Goldschmieds Johann Adolf Gaap, arbeitet.
In Rom, wo er Anfang des Jahres 1700 die Italienerin Ciara Agnese Morelli heiratet, und, wie damals üblich, den italienischen Namen Giovanni Frederico Ludovici annimmt, widmet er sich nun regelmäßig seiner alten Liebe, der Architektur.
Aus Liebe zu seiner Frau, tritt er zum katholischen Glauben über, und lernt in dieser Zeit einige einflussreiche Jesuiten kennen.
Die Jesuiten sind es, die von seinen Goldschmiedarbeiten so begeistert sind, dass sie einige religiöse Dekorationsgegenstände für ihre Kirchen anfertigen lassen.

Mitte des Jahres 1700, fährt Ludovici mit seiner Frau Ciara in seine alte Heimat Schwaben, um sie dort seiner Familie vorzustellen.
Aus Gründen, die bis heute nicht nachvollziehbar sind, die aber so schwerwiegend gewesen sein müssen, das er sogar beschließt mit seiner Ehefrau nach Amerika auszuwandern, verwirft er sich mit seiner Mutter und seinen Geschwistern.

Ende 1700 kommt Ludovici mit seiner Gattin in Lissabon an, um hier ein Schiff in die Neue Welt zu nehmen.
Doch am 01. Januar 1701 ereignet sich ein Ereignis, welches Ludovici dazu bewegt, in Lissabon zu bleiben.
Sein Sohn João Pedro Ludovici kommt in Lissabon zur Welt, aber bei der Geburt des Kindes stirbt seine Ehefrau Ciara.

Ludovici verwirft daraufhin die Pläne nach Amerika auszuwandern und stürzt sich in die Arbeit.
Er ist verantwortlich für die Innenarchitektur vieler Jesuitenkirchen in Lissabon und Umgebung.
Auf Wunsch von König Pedro II erledigt er auch den einen und anderen Auftrag am Hofe.
Der Nachfolger von Pedro II auf dem portugiesischen Thron, König João V, ist von seinen Arbeiten so überzeugt, das er Ludovici 1712 den Auftrag für den Umbau des königlichen Palastes „Palácio da Ribeira“ gibt.
Völlig zufrieden mit diesen Umbauarbeiten, erteilt daraufhin der Monarch dem Architekten den Auftrag in Mafra ein Schlosskloster zu bauen, welches das spanische „El Escorial“ bei Madrid in den Schatten stellen soll.

Die Entwürfe Ludovicis sahen, auf Wunsch des Königs, eine Doppelfunktion der riesigen Anlage vor.
Einerseits sollte der Bau ein Palast für den Hof, andererseits ein Kloster für Hunderte von Mönchen sein.
João V und seine österreichische Gemahlin Maria Anna erfüllten aufgrund eines 1711 abgelegten Gelübdes und aus Dankbarkeit für die Geburt eines Thronerben, des späteren Königs José I, die Verwirklichung des Baus.
Mit den Bauarbeiten wurde am 17. November 1717 begonnen.
Sie sollten sich über 50 Jahr hinziehen…

Die Durchführung des überdimensionalen Projektes stellte für den Architekten keine geringe Aufgabe dar: Bisweilen arbeiteten 50 000 Handwerker und Hilfskräfte am Bau.
Den portugiesischen Staat brachte dieser Bau fast an den Rand des Ruins.
Über 60 Bildhauer fertigten, auf Anweisungen Ludovicis, die zahlreichen Statuen der Kirche, die zu den Meisterwerken portugiesischer Kunst zu zählen sind.
Mönche schufen die Einbände einer Bibliothek, die fast vollständig die Werke der Zeit umfasste.
Eine Kunstakademie (port.: Escola de Risco) die Ludovici in Mafra gründete, lehrte junge Portugiesen an, auch für spätere Generationen im Geiste der Schule von Mafra tätig zu sein.

Aber Ludovici ist nicht nur für den Monumentalbau in Mafra verantwortlich, sondern er ist auch der Erbauer, unter anderem, des Hochaltars der Kathedrale von Évora (port.: Sé de Évora), des Hochaltars von Sankt Vincent in Lissabon (port.: São Vicente de Fora), der Universität von Coimbra (port.: Universidade de Coimbra), mit ihrem charakteristischen Uhrturm und teilweise ist er auch der Konstrukteur des Aquädukt von Alcântara (port.: Aqueduto das Águas Livres no Vale de Alcântara).

Für sich selbst erbaute Ludovici, in der Nähe von Benfica, das Landgut „Quinta de Alfarrobeira“, in dessen Kapelle er 1720 mit der Portugiesin Anna Maria Verney seine zweite Ehe einging, und mit der er sieben gemeinsame Kinder hatte.
Nach seiner Heirat nahm er die portugiesische Staatsbürgerschaft vom König dankend an und ließ sich erneut umtaufen.
Aus Giovanni Frederico Ludovici, ehemals Johann Friedrich Ludwig, wurde nun João Frederico Ludovici.

João Frederico Ludovice wurde 1750 von König José I zum Hofarchitekten (port.: Arquitécto-mor / lat.: Regius Architectus) ernannt und zum Brigadegeneral der Infanterie (port.: Brigadeiro da Infantaria) befördert. Außerdem wurde ihm der Christusorden verliehen, die höchste Auszeichnung der portugiesischen Nation.

Hoch geehrt, bewundert und sogar geliebt, verstarb Ludovici am 18. Januar 1752 in Lissabon, als lebende Legende.

2 Kommentare: