Freitag, 3. August 2012

Die Kleinen hängt man, die Großen lässt man laufen



Während ich diese Zeilen hier schreibe, sitzt der portugiesische Musiker João Martins im Stadtgefängnis von Angra do Heroismo ein.
Sein Vergehen:
João Martins hat in seiner kleinen Bar, die er auf der Azoreninsel Terceira betreibt, die Raubkopie einer CD abgespielt.

Bei einer Bar, genauso wie bei einem Restaurant, einem Kino oder einem Schwimmbad, handelt es sich, im juristischen Sinne, immer um einen öffentlichen Platz.
Da das Abspielen von Raubkopien in der Öffentlichkeit aber aus urheberrechtlichen Gründen verboten ist und der Musiker so gegen das Recht auf geistiges Eigentum verstoßen hat, wurde er, zu Recht, zu einer Geldstrafe verurteilt.
João Martins hat sich aber geweigert diese Geldstrafe zu bezahlen, und musste daher nun für 30 Tage hinter Gitter.

Der Musiker hat, laut Gesetzbuch, zweifelsohne gegen geltendes Recht verstoßen und so meinten daher wohl die Richter ihm eine angemessene und gerechte Strafe auferlegen zu müssen, und sei es nur, um an ihm ein Exempel zu statuieren.
Aber, so frage ich mich und fragen sich viele andere Portugiesen auch:
wo bleibt die angemessene und gerechte Strafe für all die Persönlichkeiten, die den portugiesischen Staat immer und immer wieder im großen Stil betrogen und bestohlen haben?

Ich denke dabei vor allen Dingen an die zwei markantesten Fälle der letzten Jahre, nämlich an Fátima Felgueiras, die ehemalige Bürgermeisterin von Felgueiras, und an Isaltino Morais, den noch im Amt befindlichen Stadtoberhaupt von Oeiras, die beide nachweislich Bestechungen, Geldwäsche, Steuerhinterziehungen und Amtsmissbrauch im großen Stil begangen haben und dafür noch nicht einmal richtig bestraft wurden.

Ich Frage mich weiterhin:
ist es akzeptabel, das das Abspielen einer Raubkopie oder das unerlaubte downloaden von urheberrechtlich geschützten Werken im Internet wirklich strafrechtlich höher zu bewerten ist als das unterschlagen und stehlen von Millionen von Steuergeldern?

Wo kommen wir denn da hin?
Werden Morgen etwa Kleinkinder in Erziehungsbootcamps gesteckt, nur weil sie, ohne die Zustimmung der jeweiligen Komponisten und Autoren, Kinderlieder gesungen haben?
Werden demnächst ältere Frauen, die auf einer Parkbank zusammensitzen und häkeln, festgenommen nur weil sie eine mögliche Gefahr für die portugiesische Textilindustrie darstellen?
Oder werden gar bald die vielen jungen Kicker dazu verdonnert, an Cristiano Ronaldo und Luis Figo, nur weil sie deren Trikots tragen und ihre Fußballtricks auf dem Platz nachahmen, Tantiemen zu zahlen?

Lächerlich, einfach nur lächerlich!

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen