Freitag, 25. November 2011
Die Überschwemmungen vom November 1967
Heute vor genau 44 Jahren, in der Nacht vom 25. auf den 26. November 1967, fielen hier in Lissabon die heftigsten Regenfälle seit Menschengedenken.
Als „Cheias de Novembro de 1967“ (dt.: „Überschwemmungen vom November 1967“) ging diese schlimmste Wetterkatastrophe in die Chroniken der Stadt und in die Geschichte des Landes ein.
Fünf Stunden Dauerregen reichten damals aus, um Lissabon und seine Region in ein völliges Chaos zu stürzen.
Mehr als 700 Menschen fanden damals den Tod und über 3.500 wurden in dieser Nacht Obdachlos.
Außer Lissabon waren vor allem die Städte Loures, Odivelas, Vila Franca de Xira und Alenquer betroffen.
Die Überflutungen und Erdrutsche dieser Nacht töteten ganze Familien und rissen Autos, Bäume, Brücken und Häuser, die zumeist nur einfache Bretterbuden (port.: baracas) waren, mit sich und hinterließen nur Morast, Zerstörung und Tod zurück.
Zwischen 19:00 Uhr und Mitternacht an diesem 25. November regnete es unaufhörlich.
Laut der Wetterstation in Monte de Estoril fielen in diesen fünf Stunden sage und schreibe, 159 Liter Regen pro m², das entspricht in etwa 1/5 der Regenmenge die sonst in einem ganzen Jahr über Lissabon herunterkommt.
Der gesamte Großraum Lissabon stand damals unter Wasser.
Aber es waren vor allem die Gegenden um Pontinha, Urmeira, Póvoa de Santo Adrião, Frielas, Quinta dos Silvados, Pombais, Olival de Basto, Senhor Roubado, Serra da Luz, Famões, Bairro da Barrosa und Odivelas die von den starken Wassermassen am schwersten Heimgesucht wurden.
Meine Eltern, die damals mit mir in Pontinha lebten, erzählen heute noch, dass sie sich damals nur mit größter Mühe und viel Glück in dieser Nacht haben retten können. Ich selber war damals erst 18 Monate alt, kann mich also an diese Katastrophe nicht erinnern.
Der erste Hilferuf, der in dieser Nacht bei der Feuerwehr in Pontinha einging wurde um 21:10 Uhr registriert.
Ab da nahmen die Feuerwehren im Großraum Lissabons praktisch im Minutentakt Anrufe mit der bitte um Hilfe entgegen.
Da aber, durch die starken Regenfälle und durch all den Schutt und Dreck den das Wasser mit sich führte, die Straßen in der Zwischenzeit unpassierbar waren, konnten die Feuerwehren nichts tun, außer an die immer häufiger werdenden Anrufer zu appellieren, die Ruhe zu bewahren.
Die Hilfe der Feuerwehren in den ersten Stunden der Katastrophe war unkoordiniert und sehr gering. Und mit dem Morgengrauen des 26. November wurde sie leider auch nicht besser.
Das lag aber nicht in erster Linie an ihnen, sondern an der Tatsache, das die damalige Regierung von Diktator António de Oliveira Salazar die Rettungsarbeiten massiv behinderte und Salazar mit aller Macht die genaue Lage der Situation und die präzise Angaben zu den immer größer werdenden Opferzahlen verheimlichen wollte.
Man kann sagen, dass das damalige Regime diese Katastrophe einfach totschweigen wollte!
Nur die damaligen Studentenvereinigungen der Universität Lissabon (port.: Associações de Estudantes da Universidade de Lisboa) und die Katholische Universitätsjugend (port.: Juventude Universitária Católica) begaben sich damals, gegen den Willen ihrer Universitäten, auf die Straßen und versuchten zu Helfen wo sie konnten.
Sie befreiten mehrere Menschen aus dem Schlamm, retteten teilweise deren weniges Hab und Gut, richteten selbstständig Notunterkünfte her und die Medizinstudenten versorgten die Verletzten so gut sie konnten.
Auch wenn er es gerne anders gehabt hätte, so konnte Salazar es doch nicht verhindern, das die Bilder dieser Überschwemmungskatastrophe damals dann doch um die Welt gingen.
Zwar gab es damals noch kein Internet und die portugiesische Presse stand unter einer strengen Zensur, aber die Korrespondenten der einzelnen ausländischen Fernsehanstalten und Zeitungen die hier in Portugal tätig waren, schickten in den Tagen die nach der Überschwemmung folgten, genügend Film- und Bildmaterial in ihre Heimatländer.
Sie lösten mit ihren Berichterstattungen und den eindrucksvollen Bildern eine internationale Solidaritätswelle aus, wie es sie bis dahin in Portugal, seit dem großen Erdbeben vom Allerheiligentag 1755, nicht mehr gegeben hatte.
Unter anderem kamen damals aus Großbritannien, Frankreich, der Schweiz, Spanien, Italien und sogar aus dem Fürstentum Monaco, Hilfsgüter für die Opfer der Hochwasserkatastrophe an.
Auch Deutschland beteiligte sich damals an dieser Solidaritätswelle. Die damalige Deutsche Bundesregierung ließ den Opfern insgesamt 1.000 Impfungen gegen Typhus (port.: febre tifóide) zukommen.
Statistisch gesehen kommen solche Regenfälle, wie sie 1967 geschehen sind, nur alle 250 Jahre vor.
Aber starke Niederschläge zählen auch heute zu den gefährlichsten Naturkatastrophen in Portugal.
Laut der portugiesische Umweltorganisation „Quercus“, starben im vergangenen 20. Jahrhundert hier in Portugal sieben Mal mehr Menschen an den Folgen von Regenfällen und Überschwemmungen als an den Folgen von Erdbeben!
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