Dienstag, 5. Juli 2011

Palácio dos Santos


Im Lissabonner Stadtteil Santos, durch den ich jeden Tag auf dem Weg zu Arbeit fahren muss, liegt ein prachtvoller Palast, welches durch die französische Trikolore im Palastgarten, seine heutige Bestimmung jedermann von weitem anzeigt.
Es handelt sich bei diesem Stadtpalast um den Sitz des französischen Botschafters in Portugal, Monsieur Pascal Teixeira da Silva, einem portugiesischstämmigen Franzosen.

Der Palácio dos Santos (dt.. Palast der Heiligen), wie er im Volksmund heißt, liegt auf einer Anhöhe im gleichnamigen Stadtteil Santos.
Dank seiner privilegierten Lage am Ufer des Tejo, wurde die Anhöhe auf dem heute der Palast steht, schon zur Zeit der Römer besiedelt.

Den Namen „Santos“ (dt.: „Heilige“) hat das Stadtteil von den Geschwistern Veríssimo, Máxima und Julia, die während der Regierungszeit Kaiser Diokletian, um 300 n. Ch. den Märtyrertod starben, und dessen Leichen, der Sage nach, in einem Boot hier an das Lissabonner Ufer angespült wurden.
Die Geschwister wurden für heilig gesprochen und in einer kleinen Kapelle, die sich ursprünglich an der Stelle befand, an der heute die Alte Kirche Igreja dos Santos-o-Velho steht, beigesetzt.
Den römischen Geschwistern verdankt dieser Lissabonner Stadtteil also seinen Namen.
Im 12. Jahrhundert wurde anstelle der Kapelle ein Kloster errichtet, in dem vor allem Witwen und Töchter des kleinen Adels unterkamen.

Nachdem der Orden das Kloster im Jahre 1490 verließ und in ein neues umzog, wurden sowohl das Kloster als auch die zu ihm gehörenden Ländereien am Ufer des Tejo an Fernão Lourenço vermietet. Er war ein sehr wohlhabender Bankier, der die wichtigsten portugiesischen See- und Entdeckungsreisen seiner Zeit finanzierte.

Nach dem Tod Fernão Lourenços im Jahre 1497 zieht König Manuel I als neuer Mieter in das Gebäude ein, und so wird aus dem ehemaligen Kloster und späteren Bürgerhaus ein königlicher Wohnsitz, so königlich das in seinen Mauern sogar König Manuel I die spanische Infantin Isabella, die Tochter der Katholischen Könige, ehelicht.

König Manuel I zieht später in dem von ihm neu erbauten Palácio da Ribeira um.
Dafür zieht sein Urenkel, der spätere König Sebastião I, in den Palácio dos Santos ein. Er verbringt sein ganzes kurzes Leben in dem Palast, bis er im Jahre 1578, erst 24jährig, im marokkanischen Alcácer Quibir in einer Schlacht fällt.
Der Geschichte nach soll D. Sebastião I im August 1578 im Palastgarten von Santos, auf dem weißen Marmortisch der heute noch dort steht, seine letzte Mahlzeit auf portugiesischem Boden zu sich genommen haben, bevor er nach Marokko segelte.

Nach dem Tod des jungen Königs wird der Edelmann Luis de Lencastre, ein Nachfahre der großen Königin Philippa of Lancaster, der neue Mieter des Stadtpalais.
Im Jahre 1629 erwirbt sein Sohn Francisco Luis de Lencastre das ehemalige Kloster käuflich vom Orden und ab dieser Zeit wird der Palast unter dem Namen Palácio dos Lencastre bekannt.
Im Besitz der Familie Lencastre sollte der Palast dann auch bis zum Jahre 1909 bleiben.

Durch die Jahrhunderte hinweg wird der Palast durch die neuen Eigentümer mehrmals renoviert.
Anfang des 18. Jahrhunderts werden die Palastkapelle und das Hauptgebäude des Palastes von dem Architekten João Antunes völlig neu gestaltet und der Palast auf seine heutige Größe erweitert.
Die nahe Kirche Igreja dos Santos-o-Velho wurde ebenfalls durch den Architekten João Antunes renoviert.

Im Jahre 1711 geht Pedro de Lencastre, der damalige Besitzer des Palastes, die Ehe mit Maria Sofia de Lorena, der Tochter von Rodrigo de Sá Menezes, dem Marquis von Abrantes (port.: Marquês de Abrantes), ein.
Mit dieser Heirat zieht auch die Kunst in den Palácio dos Santos ein.
Während die ehemaligen Besitzer mehr Wert auf das Äußere des Gebäudes gaben, konzentriert sich der neue Besitzer Pedro de Lencastre verstärkt auf die Inneneinrichtung.
Die meisten Zimmer und Salons lässt er mit Kacheln und Fresken ausgekleidet und mit wertvollen Möbelstücken, die heute noch dort existieren, dekorieren.
Im Porzellansaal (port.: Sala de Porcelana), dem schönsten und originellsten Saal des Palastes, lässt Pedro de Lencastre z.B. eine pyramidenförmige Decke aus reinstem Porzellan anfertigen.

Am 01. November 1755 ereignet sich das große Erdbeben von Lissabon.
Dem Beben folgen riesige Tsunamiwellen die die Lissabonner Altstadt völlig zerstören.
Man weiß heute nicht mehr mit Sicherheit genau, inwieweit das Palastgebäude bei diesem großen Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Aber da der Stadtteil Santos im Allgemeinen zu den weniger zerstörten der Stadt gehörte, geht man davon aus, dass die Schäden eher geringfügig waren.
Was man mit Sicherheit heute belegen kann, ist die Tatsache, dass man anhand von Registrierungen weiß, dass viele Mitglieder der Familie Lencastre nach dem großen Beben im Palast Zuflucht gesucht und auch gefunden haben.

Als die zweite Herzogin von Abrantes (port.: Duquesa de Abrantes) 1780 kinderlos stirbt, erben die Mitglieder der Familie Lencastre den Adelstitel Abrantes.
Ab dieser Zeit ist der Palast auch unter dem Namen Palácio dos Abrantes bekannt.

Zwischen den Jahren 1841 und 1849 vermietet der damalige Besitzer des Plastes, Pedro de Lencastre, das Gebäude an Marie Amélie de Beauharnais, der Witwe des ehemaligen Kaisers von Brasilien, Pedro I.
Marie Amélie de Beauharnais wird die erste französische Bewohnerin des Hauses.

Im Jahre 1870, nach dem Tod von José de Lencastre, dem Bruder von Pedro de Lencastre, wird das Gebäude erneut vermietet. Diesmal an den französischen Botschafter in Portugal, den Grafen Armand (port.: Conde Armand), der aus dem Palast seinen Amts- und Wohnsitz macht.
Am 14. August 1909 verkauft João de Lancastre den Palast, nachdem dieser über 300 Jahren im Familienbesitz war, an den französischen Staat.
1937 zieht das Französische Sprachinstitut (port.: Instituto Francês / fr.: Institute Francais) in den Westflügel des Palastes ein.

Heute ist der Palácio dos Santos, der vor kurzem für 3 Millionen Euro restauriert wurde und eines der schönsten Königspaläste Portugals ist, nicht mehr Wohnsitz, sondern nur noch Amtssitz des französischen Botschafters.
Französische Diplomaten, die hier in Lissabon akkreditiert sind und waren, bezeichnen den Palast als die drittschönste Botschaft Frankreichs auf der Welt, gleich nach denen in Rom und Prag.
Nach Informationen der französischen Botschaft sind derzeit ca. 15.000 Franzosen in Portugal registriert.
Davon leben etwa 9.000 im Großraum Lissabon, etwa 6.000 in Porto und schätzungsweise 1.000 an der Algarve.

Vom Botschaftsgarten hat man, wenn die Botschaft einem die Gelegenheit dazu gibt, einen wunderschönen Blick über den Tejo und die andere Flussseite.
Leider öffnet die Botschaft, aus Sicherheitsgründen, nur selten ihre Pforten.
Eines der Tage an denen man sowohl den Palastgarten als auch einige Räume des Palastes besichtigen kann, ist jedes Jahr am 18. Mai, dem Internationalen Tag des Museums.
Leider war mir, krankheitsbedingt, ein Besuch in diesem Jahr nicht möglich.
Aber ich nehme es mir für das nächste Jahr ganz fest vor!

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