Samstag, 25. Juni 2011
Hermínio de Palma Inácio
Es gibt Männer (und natürlich auch Frauen!) die ich einfach wegen ihres Mutes und ihrer Zielstrebigkeit schätze!
Einer von ihnen ist Hermínio da Palma Inácio.
Im Ausland kaum bekannt, wird er hier in Portugal teilweise sogar bewundert.
Abgesehen davon das er der erste Luftpirat der Welt war, der ein Flugzeug entführte, und er der Autor eines der beispiellosesten Banküberfälle hier in Portugal war, war er auch ein Mensch voller Prinzipen und Aufrichtigkeit.
Wie kommt es aber, das ein Flugzeugentführer und Bankräuber, so viel Achtung und Respekt hier in Portugal besitzt?
Nun ich werde versuchen dies hier zu erklären.
Hermínio da Palma Inácio wird am 29. Januar 1922 in dem Ort Ferragudo, bei Lagos, an der Algarve geboren.
Nach seinem Abitur wird er Flugmechaniker bei der Portugiesischen Luftwaffe (port.: Força Aérea Portuguesa).
Die Luftfahrt hat es ihm angetan, und er will nicht nur Flugzeuge reparieren, sondern sie auch gerne fliegen.
Also macht er mit 20 Jahren seinen zivilen Flugschein (port.: brevet de piloto civil).
Er macht seinen Militärdienst auf der Flugzeugbasis Nr. 1 von Sintra (port.: Base Aérea n° 1 de Sintra), und dort fängt er an, gegen das politische System von Diktator Salazar zu kämpfen.
Am 10. April 1947, im Alter von nur 25 Jahren, nimmt er an einem Militärputsch teil, den General Marques Godinho befehligt.
Seine Aufgabe ist es, die Flugzeuge die auf der Flugbasis stehen, zu sabotieren.
Er wird auch seiner Aufgabe gerecht, aber der Putsch misslingt gründlich.
Palma Inácio wird denunziert und von der Geheimpolizei PIDE (port.: Policia International e da Defesa do Estado) festgenommen.
Hätte die Geheimpolizei damals schon gewusst, das Palma Inácio einmal dem Diktator Salazar und seinem Regime so viel Kopfschmerzen bereiten würde, hätten sie ihn bestimmt erschossen oder in eine der Kolonien deportiert.
Nach seiner Festnahme in der Nähe von Loures, foltert die Geheimpolizei Palma Inácio zwölf lange Tage im Gefängnis von Aljube.
Sie wollen von ihm wissen wer sein Kontaktmann ist.
Er überlebt schwer verletzt die Folter, bleibt aber standhaft.
Er verrät keinen einzigen Namen!
Er bleibt bis Mai 1949 im Gefängnis.
In diesem Monat kann er aus einem offenen Toilettenfenster des Gefängnisses flüchten.
Mit der Hilfe von vier Bettlaken, die aneinander geknotet sind, springt er 15 Meter in die Tiefe. Als die Wärter seine Flucht bemerken, entkommt er ihnen nur dadurch, dass es ihm gelingt, sich unter die Menschen in der Lissabonner Baixa zu mischen.
Nach seiner Flucht verbringt er sieben Monate, bei guten Freunden versteckt, auf einem Bauernhof in der Nähe von Odivelas, bevor er auf einem Frachtdampfer in Richtung Casablanca, im damaligen französischen Marokko, fliehen kann.
In Marokko heuert er, mit falschem Namen, auf mehreren Handelsschiffen als Lastenträger an, die ihn nach Nordeuropa, Asien und in die USA bringen.
In den USA lebt er einige Zeit lang im Bundesstaat Massachusetts, bis die amerikanischen Behörden im Jahre 1955 dahinter kommen, das er sich illegal im Lande aufhält.
Er wird aus den USA ausgewiesen und geht nach Rio de Janeiro, in Brasilien.
Hier tritt er mit Humberto Delgado, den er noch aus seiner Zeit bei der portugiesischen Luftwaffe kennt und Henrique Galvão, den zwei größten Kritikern des Salazarregimes, in Verbindung.
In Brasilien wird er Besitzer einer kleinen Firma die Flugzeuge repariert, und mit dieser wird er dann auch etwas wohlhabend.
Das meiste Geld aber, das er verdient, steckte er in revolutionäre Aktionen die er plant.
Eine dieser ersten Aktionen, die er plant, ist die „Operation Vagô“, die erste Flugzeugentführung der Welt.
Am 10. November 1961 steigt Palma Inácio, mit fünf anderen Antifaschisten, in Casablanca, in eine viermotorige „Super Constellation“ der Fluggesellschaft TAP, in Richtung Lissabon, ein.
Knapp eine halbe Stunde vor der Ankunft in Lissabon betritt Palma Inácio, mit einer Waffe in der Hand, das Cockpit.
Er wendet sich an Flugkapitän José Marcelino und Copilot Raul Teles Grilo, und sagt zu ihnen, mit ruhiger Stimme:
„Meine Herren, dies ist eine revolutionäre Aktion. Ich möchte keinem Weh tun“.
Er verlangt von dem Flugkapitän, dass er eine Landung in Lissabon simuliert und dann besonders niedrig über der Hauptstadt fliegt.
Von Lissabon aus fliegen sie dann weiter gen Süden, über die Städte Barreiro, Setúbal, Beja und Faro.
Jede dieser Städte wird mit tausenden antifaschistischen Flugblättern „bombardiert“ – über 100.000 Stück insgesamt – auf denen für freie Wahlen geworben, das Regime von Salazar offen anprangern und dessen Sturz gefordert wird.
Hermínio de Palma Inácio befiehlt Flugkapitän José Marcelino den marokkanischen Flughafen Tanger anzufliegen.
Da die „Super Constellation“ besonders niedrig fliegt, kann sie vom Radar der Kampfjets der Flugwaffe nicht geortet werden.
Über dem Atlantik aber, werden zwei Zerstörer der portugiesischen Marine auf das Flugzeug aufmerksam.
Mit einem gekonnten Flugmanöver, den Palma Inácio selbst fliegt, kann das Flugzeug aus dem Schussfeld der Zerstörer genommen werden.
Die 13 Passagiere an Bord der „Super Constellation“ bemerken während des ganzen Fluges nichts. Erst als sie in Tanger landen, wird ihnen klar, dass sie entführt worden sind.
Palma Inácio entschuldigt sich bei jedem Fluggast und trinkt mit ihnen ein Glas Sekt, um mit ihnen den Erfolg der Mission zu feiern.
Er verabschiedet sich von ihnen und begibt sich wieder nach Brasilien, wo er die Arbeit, als einfacher Mechaniker, in seiner eigenen kleinen Firma wieder aufnimmt.
In den nächsten Jahren spart er wieder etwas Geld, um erneut eine Operation gegen das Salazarregime zu starten.
Er will wieder dem Diktator den Schlaf rauben.
Er plant die „Operation Mondego“, dessen Ziel es ist, die Zweigstelle der Bank von Portugal (port.: Banco de Portugal), in der Stadt Figueira da Foz, zu überfallen.
Er plant den Überfall auf diese Bank, weil er der Meinung ist, das es kein besseres Ziel gibt, als die Bank von Portugal, die ein Symbol des Staates ist.
Und diesem Symbol des Staates das Geld zu rauben, um damit zukünftige Aktionen gegen den selbigen zu unternehmen, ist sein großes Ziel.
Bevor Palma Inácio mit seinen drei Gefährten Camilo Mortágua, Barracosa und Luis Benvindo den Raub begeht, versprechen sie sich, das geraubte Geld niemals für sich selbst privat zu nutzen, sondern es für erneute Aktionen zu verwenden.
Außerdem machen sie aus, bei ihren Aktionen, niemals Blut vergießen zu lassen.
Am 17. Mai 1967, zehn Minuten vor Schließung der Bank um 16:00 Uhr, zielt Palma Inácio mit einem Revolver Smith & Wesson auf den Bankangestellten Adelino Cardoso und sagte zu diesem, mit ruhiger Stimme: „Dies ist ein Überfall! Keiner Bewegt sich!“
Nachdem die acht Bankangestellten und die drei Kunden überwältigt sind, rauben sie den Tresor aus und schließen ihre Geiseln in der Toilette ein.
Ohne dass sie auffallen, gehen sie mit dem Geld aus der Bank und begeben sich zum Flugplatz von Cernache, in der Nähe von Coimbra.
Der Raub bringt ihnen damals stolze 29.274.390 Escudos ein, was nach heutigem Wert ca. 5 Millionen Euro sind.
Am Flugplatz nehmen sie sich eine einmotorige „Auster“, um mit dieser zu fliehen.
Sie landen in Vila do Bispo, an der Algarveküste, wo sie der Polizei eine falsche Spur legen. Während diese nämlich glaubt, die Bankräuber wären über das Meer in das nahe Marokko geflohen, machen sie sich über Spanien auf den Weg nach Frankreich.
In Paris werden sie bei dem Versuch eine große Menge Geldscheine zu wechseln, von der Polizei festgenommen.
Palma Inácio muss wieder ins Gefängnis, bis die Regierung von Präsident Charles De Gaulle entscheidet ob sie ihn an Portugal ausliefern soll, so wie es Salazar wünscht, oder nicht.
Nach sechs Monaten kommt die französische Regierung zu dem Entschluss, das der Banküberfall politisch motiviert war, und nicht nur kriminell. Palma Inácio wird daraufhin frei gelassen.
Er hätte sich spätestens jetzt zur Ruhe setzen können.
Aber er ist weiterhin politisch aktiv und 1972 betritt er erneut sein Heimatland.
Er will diesmal irgendeinen hohen Politiker des Regimes entführen, um ein politisches Zeichen zu setzen.
Doch er gerät erneut in die Fänge der Geheimpolizei PIDE und wird bei der Vorbereitung zu diesem Coup festgenommen und später im Gefängnis von Caxias schwer gefoltert.
Erst am 26. April 1974, einen Tag nach der geglückten Nelkenrevolution, kommt er, wie viele andere politische Gefangene, frei.
Endlich sieht er sich am Ziel seiner Träume – einem freien Portugal!
Nachdem Portugal nun eine Demokratie ist, begibt er sich freiwillig in die Stadt Figueira da Foz, um dort auf einem öffentlichen Platz, Rechenschaft über das Geld abzugeben, welches er 1967 dort beim Bankraub gestohlen hat.
Am 14. Juli 2009 stirbt er, verarmt aber nicht alleingelassen, in einem Altersheim in Lissabon.
Er, der er ein Kämpfer für die Freiheit und die Demokratie war, war wohl der letzte romantische Revolutionär Portugals.
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