Dienstag, 29. März 2011
Linie 28
Ich hatte die letzten zwei Tage liebe Freunde aus Deutschland hier in Portugal zu Besuch.
In zwei Tagen lässt sich Portugal, bzw. Lissabon natürlich nicht entdecken.
Aber zwei Tage reichen gerade Mal so aus, einem Besucher die wichtigsten Highlights der Hauptstadt näher zu bringen
Mein Freund Thomas wollte unbedingt einmal mit der berühmten Straßenbahnlinie 28 fahren, denn, so stand es in seinem Reiseführer, mit einer Fahrt in der 28 ließe sich die Stadt am besten erkunden.
Dies mag sehr wohl im Reiseführer stehen, aber in Wirklichkeit ist die Linie 28 total überfüllt und voller Taschendiebe, die versuchen die ahnungslosen Touristen um ihre Geldbörsen, Filmkameras, Fotoapparate und andere Habseeligkeiten zu erleichtern.
Nichtsdestotrotz stellte ich mich heute, mit meinen Freunden aus Deutschland, brav in die Schlange am Largo Martim Moniz an, zahlte 2,50 Euro für den Fahrschein und setzte mich mit ihnen ans geöffnete Fenster, und schon rumpelte diese gelbe Blechdose los.
Obwohl im besagten Reiseführer meiner Freunde steht, die legendäre Linie 28 fahre manchmal sehr dicht an den Altstadthäusern vorbei, wird dieser Hinweis nur selten ernst genommen.
In der Rua das Escolas Gerais, kurz vor dem Kloster São Vicente de Fora (port.: Mosteiro de São Vicente de Fora) hätte eine brasilianische Touristin beinahe ihren teuren Fotoapparat in 1000 Einzelteile zerlegt, weil sie mit diesem arg an einer Hauswand geschrammt ist. Der Fotoapparat hat denn auch einige Kratzer abbekommen, aber wenigstens ist er ihr nicht aus der Hand gefallen, so wie es schon manch anderem Touristen passiert ist.
Wie er denn so dicht an der Hauswand vorbeifahren konnte, wollte die Brasilianerin vom Straßenbahnfahrer wissen. Er gab ihr noch nicht einmal antwort. Wozu auch?!?
Nach diesem kleinen Zwischenfall fuhren wir weiter.
Zehn Minuten später, am Largo de São Vicente, mussten wir erneut anhalten. Ein Clio und ein Taxi waren vor uns zusammengestoßen. Mit einem leichten Blechschaden standen sie etwa 30 cm auf den Straßenbahngleisen. In kurzer Zeit stauten sich vier andere Straßenbahnen hinter uns. Wir konnten zwar nicht viel von Lissabon sehen, außer dem imposanten Kloster der genau vor uns stand, aber immerhin konnten wir das treiben in der Metzgerei beobachten, welche nebenan war und wir konnten in das Esszimmer einer Frau sehen, die gerade ihrem Ehemann das Essen auf den Tisch brachte.
Ein Stockwerk höher wurden Blumen gegossen, und das Wasser tropfte auf den Bürgersteig und auf die die gerade vorbeiliefen. Typisch lissabonnerisch halt!
Nach gut einer halben Stunde kam ein Polizeiwagen und befahl den Unfallwagen, 30 cm zur Seite zu fahren, schließlich würden sie ja den ganzen Verkehr aufhalten. In wenigen Sekunden wurden die Gleise freigemacht.
Hier bestätigt sich wieder einmal meine Vermutung, dass der Portugiese an sich gerne Autorität behandelt werden will.
Nach einem kurzen hin und her ging die Fahrt weiter.
Im Stadtteil Graça angekommen mussten wir erneut eine Zwangspause einlegen. Dieses Mal lag das Problem nicht vor uns, sondern neben uns: ein Mercedes war trotz eines Halteverbotsschild, in eine Lücke eingeparkt, mit dem Heck schräg auf die Fahrbahn herausragend und lediglich geschätzte zwei Zentimeter hinderten unsere Linie 28 am weiterfahren.
Da half alles bimmeln des Straßenbahnfahrers nicht und auch die sonst so ruhigen Lissabonner hätten am liebsten den Mercedes mit der Straßenbahn und mit Gewalt zu Seite gerammt.
In der Zwischenzeit bildete sich eine Schlange von insgesamt sechs Straßenbahnen der Linie 28 in der Rua da Voz do Operário.
Ich bin zu gut erzogen, um hier wiederzugeben was die Fahrgäste und die anderen Autofahrer von sich gaben, was den Mercedesfahrer anging.
Nach gut 15 Minuten tauchte ein junger Mann auf, mit einem Kind auf dem Arm, stieg in den Mercedes ein, ohne auch nur ein Wort zu sagen, und fuhr mit quietschenden Reifen davon.
Und wir?
Wir schauten die Straße hinunter, in der nach gut einer halben Stunde ohne Straßenbahnen etliche Autos sich wirklich nicht sauber eingeparkt hatten.
Das würde bedeuten, dass wir nach ein paar Metern wieder vor der gleichen Situation stehen würden, wie wir sie soeben erlebt hatten.
Also beschlossen wir auszusteigen und zu Fuß weiterzugehen. So ein Spaziergang ins Hotel dauert zu Fuß schon etwas länger, aber es ist eine angenehme und wunderbare Möglichkeit die Stadt gut kennen zu lernen!
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