Samstag, 27. August 2011

Feira da Ladra


Heute Morgen habe ich die Feira da Ladra (dt.: Markt der Diebin), den Lissabonner Flohmarkt, besucht.
Erstanden habe ich dieses Mal zwar nichts, aber ich gehe auch nicht in erster Linie auf den Lissabonner Flohmarkt um dort unbedingt etwas zu kaufen, sondern um in die typische und pittoreske Atmosphäre zu tauchen, die es dort gibt.
An Markttagen ist die Feira da Ladra nämlich eine Insel der Farben, überfüllt, laut, malerisch und liebenswert.

Wer glaubt dieser Trödelmarkt wäre eine Erfindung aus jüngster Zeit, etwa aus Hippietagen, der irrt sich gewaltig.
Im Gegenteil, die „Feira da Ladra“ ist der älteste noch heute existierende Markt im Lissabonner Raum.
Seinen Ursprung hat der Markt im Mittelalter, so um das Jahr 1185 herum, etwa zu einer Zeit also, als Portugal als Nation geboren wurde.
Damals hieß er zwar noch nicht „Feira da Ladra“, sondern „Mercado Franco de Lisboa“ („Freier Markt von Lissabon“) und war ein ganz normaler Wochenmarkt, aber genauso wie heute, konnte man dort schon feilschen und so manches Schnäppchen preiswert erstehen.

Seinen ersten Standort hatte der Markt an der Südmauer der Lissabonner Burg, an einem Platz der heute noch „Chão da Feira“ (dt.: „Marktgelände“) genannt wird.
Abgehalten wurde der Markt damals ein Mal pro Woche, nämlich immer Dienstags. Dieser Wochentag hat sich bis heute erhalten!
Doch König João I wurde das wöchentliche Getriebe vor seiner Haustür wohl zu laut, und damit begannen die Umzüge der Feira.

Der Markt zog um 1430 zuerst zum Hauptplatz Rossio, und dort blieb er auch bis zum verheerenden Erdbeben von 1755.
Nach dem großen Erdbeben, als man daran ging die Stadt und somit auch den Rossio, wiederaufzubauen, zog der Markt im Jahre 1809 zur Praça da Alegria.

Aber auch hier an diesem Platz blieb der Markt nicht für lange Zeit. Als sich der Marques de Castelo Melhor in seinem nahen Palácio do Cadaval von dem lauten Marktgeschrei belästigt fühlte, musste der Markt am 02. Februar 1823 erneut umziehen, diesmal zum Campo de Sant´Ana, genau dahin, wo sich heute die Deutsche Botschaft befindet.

Nach starken Protesten der Marktleute, die sich über die unmöglichen Bedingungen und den Platzmangel auf dem Campo de Sant´Ana beschwerten, zog der Markt, nach noch nicht einmal einem halben Jahr, wieder zur Praça da Alegria zurück.
1835 zog der Markt erneut in den Campo de Sant´Ana um, wo er, jetzt da der Platz erweitert worden war, 47 Jahre blieb.

Im Jahre 1882 zog der Markt in den Campo de Santa Clara um, an den Ort, an dem er heute noch jede Woche abgehalten wird.
Hier, zwischen dem nüchternen Kloster São Vicente de Fora und der schneeweißen Kirche Santa Engracia, dem heutigen Pantheon, entwickelt sich der Markt auch von einem gewöhnlichen Wochenmarkt zu dem Trödelmarkt der er heute ist.
Und erst hier erhält er dann auch den Namen unter dem er noch heute bekannt ist, „Feira da Ladra“.

„Feira da Ladra“ heißt ins deutsche übersetzt so viel wie „Markt der Diebin“. Der Name dieses Flohmarktes spielt auf die Tatsache hin, dass hier oftmals Diebesgut zum Verkauf angeboten wurde und leider noch heute angeboten wird.
Übrigens verdankt der deutsche Begriff „Flohmarkt“ seinen Namen den spätmittelalterlichen Kleidergaben der Fürsten an das einfache Volk. Einmal dem Volk überlassen, wurde mit diesen Kleidungsstücken auch gehandelt. Dabei wechselte der eine oder andere „Floh“ den Besitzer.

1903 genehmigt die Lissabonner Stadtverwaltung den Markthändlern einen zusätzlichen Verkaufstag auf dem Markt.
Zu dem traditionellen Dienstag, der schon seit dem 12. Jahrhundert existiert, kommt nun auch der Samstag dazu.

Ein Besuch der Feira da Ladra an einem dieser zwei Wochentagen ist allemal ein Erlebnis.
Alles Aussortierte, Weggeworfene und leider auch oftmals Gestohlene, wird hier feilgeboten.
Ich habe heute z.B., unter anderem zusammengeklebte Vasen, Sturmlampen für Fischerboote, abgelegte Heilige, alte Ölschinken, kitschig bemalte Teller, Bruchstücke von Azulejos, verbogene Briefbeschwerer, originelle Hüte und selbst verrostete Betten gesehen, die zum Verkauf standen.

Wenn man viel Zeit hat und sehr viel Glück hat, findet man zwischen all diesem Trödel noch die eine oder andere kleine Kostbarkeit.
Sammler origineller Dinge werden zweifellos ihre Freude an der „Feira da Ladra“ haben.

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