Donnerstag, 25. Juli 2013

Die neue portugiesische Koalitionsregierung



Nach einer dreiwöchigen Regierungskrise, die durch den Rücktritt des ehemaligen Finanzministers Vitor Gaspar (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Ein längst fälliger Rücktritt“, vom 01. Juli 2013) und dann 24 Stunden später, durch den Rücktritt des Außenministers Paulo Portas (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Wenn einem Premierminister die Kabinettsmitglieder davonlaufen“, vom 01. Juli 2013) entstanden ist, wurde am gestrigen Mittwoch die neue Regierung vereidigt.

Nachdem Staatspräsident Anibal Cavaco Silva noch versucht hat die regierenden Koalitionsparteien PSD und CDS-PP und die oppositionellen Sozialisten durch einen „Kompromiss zur nationalen Rettung“ zu einer Regierungsallianz zu bewegen, und dieser Versuch am letzten Wochenende kläglich gescheitert ist, hat Cavaco Silva, der sich kategorisch gegen Neuwahlen ausgesprochen hat, nun entschieden, die Regierungskoalition von Premierminister Pedro Passos Coelho im Amt zu belassen.

Der Staatspräsident, der nach der portugiesischen Verfassung sehr wohl das Recht hätte das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, so wie es die Opposition verlangt, hat diese Woche bekannt gegeben das er in dem fortbestehen der bisherigen Koalition die einzige Möglichkeit sieht, die Regierungskrise erst einmal zu beenden.

Damit diese Koalition aber auf Dauer besteht, musste Premierminister Pedro Passos Coelho eine Regierungsumbildung vornehmen.
Diese neue Regierung wurde gestern vereidigt und setzt sich wie folgt zusammen:

- Pedro Passos Coelho (Premierminister)
- Paulo Portas (Vize-Premierminister)
- Rui Machete (Außenminister)
- Maria Luis Albuquerque (Finanzministerin)
- José Pedro Aguiar-Branco (Verteidigungsminister)
- Paula Teixeira da Cruz (Justizministerin)
- Assunção Cristas (Ministerin für Landwirtschaft und Umwelt)
- Paulo Macedo (Gesundheitsminister)
- Miguel Macedo (Innenminister)
- António Pires de Lima (Wirtschafts- und Arbeitsminister)
- Nuno Crato (Minister für Bildung)
- Pedro Mota Soares (Minister für Soziales)
- Jorge M. da Silva (Minister für Umwelt, Raumordnung und Energie)
- Miguel Poaires Maduro (Minister für regionale Entwicklung und Assistent des Premierministers
- Luis Marques Guedes (Minister für Präsidentschafts- und Parlamentsangelegenheiten

Ob die neue Regierung über die Stabilität und den Zusammenhalt verfügt, die von Nöten sein werden, um die Regierungsgeschäfte bis zur nächsten vorgesehenen regulären Parlamentswahl zu ermöglichen, wird sich zeigen…

…aber an Krisen sind wir hier in Portugal ja langsam gewöhnt!

Dienstag, 23. Juli 2013

Sintra




Das 25 km von Lissabon entfernte romantische Städtchen Sintra liegt etwa 200 m über dem Meer, in den waldreichen Granitbergen der Serra de Sintra, auf einem von zwei Schluchten begrenzten Bergvorsprung.
Die heutige Kleinstadt wurde im November 1147 von König Afonso Henriques den Arabern abgerungen und diente seit dem 14. Jahrhundert, nicht zuletzt wegen seines angenehm ausgeglichenen Klimas, den portugiesischen Königen aus dem Hause Avis als Sommerresidenz.
Erst im 18. Jahrhundert wurde das Schloss von der nachfolgenden Bragança-Dynastie zugunsten von Mafra und Queluz vernachlässigt.

Wiederentdeckt wurde die Serra de Sintra und der abgeschiedene Ort in der Romantik, besonders von englischen Reisenden, die es auch zu schätzen wussten, wenn sich die „Gipfel“ der Umgebung in 500 m Höhe dramatisch in Wolken hüllten, so wie der englische Schriftsteller William Thomas Beckford, der 1787 die Serra de Sintra in den höchsten Tönen in seinen Tagebüchern pries.

Der britische Adlige George Gordon Noel Byron, der unter dem Namen Lord Byron weltberühmt wurde, sprach 1809 bewundernd von Sintra als einen „glorious Eden“ (dt.: glorreiches Eden), und in einem Brief an einen Freund schrieb er einmal über Sintra:

„…unter jedem Aspekt der entzückendste Ort Europas, mit Schönheiten jeder Art gesegnet, natürlicher wie künstlerischer. Paläste und Gärten breiten sich inmitten Felsen, Katarakten und Abgründen aus. Klöster stehen auf erstaunlichen Höhen, diese mit Aussicht auf den Atlantik und den Tejo. Es vereint sich hier die Wildheit der schottischen Westen Highlands mit dem grün des Südens Frankreichs…“

Und auch der Dichter Robert Southey, ebenfalls ein Brite, beschreibt Sintra, in einem Schreiben aus dem Jahre 1800, als ein „Paradies auf Erden, dem es nur an frischer Butter und guter Gesellschaft fehle“.
Also Butter, so kann ich aus eigener Erfahrung sagen, bekommt man heutzutage in Sintra problemlos!

In Wahrheit wird die Schönheit der Landschaft, in Verbindung mit dem prächtigen subtropischen Pflanzenwuchs und der Nähe zum Meer, wirklich nicht leicht übertroffen, so dass Sintra mit Recht als einer der schönsten und charmantesten Orte Portugals, ja der ganzen Iberischen Halbinsel, gilt.

Mittelpunkt von Sintra ist der Largo Rainha Dona Amélia, ein großer, zentraler Platz, an deren Nordseite sich der stattliche Palácio Nacional de Sintra (dt.: Nationalpalast von Sintra) erhebt.
Der geschichtsträchtige königliche Palast ist ein verwirrendes Konglomerat der Stile und Jahrhunderte. Seine zwei unverwechselbaren kegelförmigen Küchenschornsteine sind heute das Wahrzeichen Sintras.
König João I baute im frühen 15. Jahrhundert den alten gotischen Palast von König Dinis aus. Seine Nachfolger nahmen dann noch zahlreiche Erweiterungen und Änderungen vor. König Manuel I fügte um 1510 den Ostflügel mit den charakteristischen Doppelfenstern hinzu.
Weitere Umbauten folgten dann im 17. und 18. Jahrhundert.
Das Innere des Nationalpalastes ist reich an seltenen alten Azulejos, wie man sie im Arabischen Saal (port.: sala árabe), im Elsternsaal (port.: sala das pegas) oder im Meerjungfrauensaal (port.: sala das sereias) bewundern kann, reich an wunderbaren Kassettendecken, wie die in der Schlosskapelle (port.: capela do palácio), die im Wappensaal (port.: sala dos brasões) und die im Schwanensaal (port.: sala dos cisnes) bestaunt werden können und überraschenden, maurisch-inspirierten Innenhöfen.

Das Schloss von Sintra, mit all seiner Pracht und seinem Glanz – für einen König aus dem Hause Bragança wurde es zum Gefängnis; der seit Kindestagen gelähmte und geistesschwache Afonso VI, der von 1656 bis 1662 unter der Vormundschaft seiner Mutter, Königin Luisa de Gusmão, stand, wurde hier zum Spielball der Hofintrigen, in denen auch seine junge Frau, Königin Maria Francisca Isabela von Savoyen – die ihren Schwager Pedro, den nachfolgenden König Pedro II, viel interessanter fand als ihren Ehemann – eifrig mitmischte.
Afonso VI, so wurde damals von seinem Bruder Pedro in die Welt gesetzt, sei nicht im Stande die Ehe mit seiner Frau zu vollziehen.
Dies war dann schließlich der Grund weshalb die Ehe zwischen Afonso VI und Maria Francisca Isabella von Savoyen annulliert wurde und Afonso zum Thronverzicht 1668 gezwungen wurde.
Die letzten Jahre seines Lebens, bis zu seinem Tod am 12. September 1863, verbrachte Afonso VI als Verbannter und Gefangener im Schloss von Sintra.

Vor dem Nationalpalast steht ein zu einem Brunnen umgestalteter spätgotischer Pelourinho (port.: Pranger).
Südwestlich schließt sich an den Largo Rainha Dona Amélia die Praça da República an.
Dieser Platz wird von der ursprünglich aus dem 12. Jahrhundert stammenden, später jedoch mehrfach umgebauten Igreja de São Martinho und dem Stadtmuseum (port.: Museu Municipal) begrenzt.
Einige hundert Meter weiter westlich ist das unvergleichliche Spielzeugmuseum (port.: Museu do Brinquedo), in einem ehemaligem Feuerwehrhauptquartier, untergebracht.

Außer diesen zentralen Highlights hat Sintra noch viele andere bedeutende und schöne Sehenswürdigkeiten die entdeckt werden wollen.
Die für mich wichtigsten Attraktionen in Sintra sind:

- Palácio de Monserrate (dt.: Palast von Monserrate) – dieser exotische Mogulschloss liegt in dem prächtigen Parque de Monserrate, die Beide alleine Dank der Phantasie des Engländers Sir Francis Cook, einem bedeutenden Kunstsammler seiner Zeit, entstanden sind

- Palácio de Seteais (dt.: Palast von Seteais) – dieser klassizistische Riesenpalast, dessen Name ins deutsche übersetzt so viel wie „Sieben Seufzer“ bedeutet, ließ sich der niederländische Konsul und Diamantenhändler Daniel Guildemeester im Jahre 1787 bauen. Heute ist in dem Palast ein Luxushotel untergebracht

- Palácio Nacional da Pena (dt.: Nationalpalast von Pena) – Dieser Palast erinnert an ein maurisch-manuelistischen Schloss Neuschwanstein. 1511 ließ König Manuel I, an der Stelle an der heute der Palast steht, ein Kloster errichten, das 1755 schwer unter dem Erdbeben litt und daraufhin verlassen wurde. Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha, Prinzgemahl der portugiesischen Königin Maria II, kaufte 1838 die romantisch überwucherten Ruinen, und machte aus ihnen seine Sommerresidenz. In seinem Auftrag schuf der weit gereiste Ingenieur und Geologe Wilhelm Ludwig von Eschwege in zehn Jahren Bauzeit eine Phantasieburg, in der sich zahllose Details berühmter portugiesischer Gebäude wieder finden. Die alte maurische Klosterkirche mit Azulejos aus dem Jahre 1619 und einem Renaissance-Altar aus Alabaster und Marmor wurde dabei in den Neubau mit einbezogen. Der Park um den Palast sollte ursprünglich im englischen Stil angelegt werden, ist dann aber letztendlich so phantasievoll geraten wie der Palast

- Castelo dos Mouros (dt.: Maurenburg) – Im 8. Jahrhundert errichteten die arabischen Mauren hier eine Burg, die sie auch bis zu ihrer Eroberung durch König Afonso Henriques im November 1147, bewohnten. Nach ihrer Eroberung nutzten die portugiesischen Könige die Anlage kaum, obwohl sie nachweislich noch bis zum 14. Jahrhundert bewohnbar war. Von der ursprünglichen Burganlage ist heute leider nicht mehr viel erhalten, und das wenige was man heute noch bewundern kann, haben wir dem Ruinenverliebten Prinzgemahl Ferdinand von Sachsen-Coburg-Gotha zu verdanken, der die Ringmauern einstmals, entsprechend dem Zeitgeschmack des 19. Jahrhunderts, restaurieren ließ

- Quinta da Regaleira (dt.: Landgut Regaleira) – Die Quinta da Regaleira ist ein etwa 4 ha großes Landgut, indem ein riesiges, luxuriöses Herrschaftshaus steht, das einstmals von dem visionären italienischen Architekten Luigi Manini für den Kaffeeplantagenbesitzer und Millionär António Augusto Carvalho Monteiro entworfen und gebaut wurde. Sowohl das Herrschaftshaus als auch der exotische Park, mit seinen vielen tropischen Pflanzen, den blauen Seen und den dunklen Grotten, sind wunderschön anzusehen

- Convento dos Capuchos (dt.: Kapuzinerkloster) – Bei dieser tief im Wald gelegenen Klosterruine handelt es sich um ein ehemaliges Kloster der Franziskaner aus dem Jahre 1560

- Museu do Ár (dt.: Luftfahrtmuseum) – Das interessante und sehenswerte Luftfahrtmuseum liegt im Ort Pêro Pinheiro, einer Gemeinde von Sintra, auf dem Gelände der Luftbasis Nr.1 (port.: Base Aérea n°1). Hier kann man zahlreiche historische Flugzeuge, Hubschrauber und viele andere aeronautische Objekte besichtigen (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Das Luftfahrtmuseum von Sintra“, vom 13.07.2013)

Zu Sintra gehören – last but not least – die Queijadas, kleine, süße Törtchen mit einer Frischkäsefüllung, deren Geschmack trotz des Namens, mit dem deutschen Käsekuchen nichts zu tun hat, auch wenn viele ausländische Reiseführer das Gegenteil behaupten. Die Queijadas de Sintra sind zweifelsohne der kulinarische Höhepunkt der Stadt Sintra.

Die ganze Serra de Sintra wurde im Jahre 1995 auf die Weltkulturlandschaftsliste der UNESCO aufgenommen, und deshalb empfehle ich jedem, der mit dem Auto und einer guten Straßenkarte oder einem brauchbaren Navigationssystem unterwegs ist, die Serra auf jeden Fall selber auf eigene Faust zu erforschen.
Er wird es auf keinen Fall bereuen!

Sonntag, 14. Juli 2013

João de Almeida Torto – Verrückt oder einfach nur ein Träumer?


Wenn man das Luftfahrtmuseum (port.: Museu do Ár) in Sintra besucht (lesen sie bitte hierzu auch meinen vorhergehenden Blogeintrag „Das Luftfahrtmuseum in Sintra“, vom 13.07.2013), kann man die verschiedensten aeronautischen und militärhistorischen Objekte bewundern.
Wenn man das Museum betritt, sieht man gleich, von der Eingangstür aus, die vielen verschiedenen Flugzeuge und Hubschrauber in der Ausstellungshalle stehen, so das man vom imposanten Gesamtbild der vielen Flugexponate erst einmal „erschlagen“ wird.
Erst mit der Zeit, bekommt man dann ein Gefühl für die vielen Details und Besonderheiten der einzelnen Stücke des Museums.

Und so fällt einem erst beim verlassen des Museums ein ganz besonderes Ausstellungsstück auf, das genau auf der rechten Seite des Eingangs/Ausgangs von der Hallendecke herunterhängt.
Es handelt sich bei diesem Exponat um die Attrappe eines Menschen mit Flügeln und einem Kopfhelm, der einem Vogelkopf nachempfunden ist.

Was hat es mit dieser merkwürdigen Flugattrappe, die einen sofort an Ikarus erinnert, auf sich?
Nun, das Exponat stellt João de Almeida dar, den die Geschichte später den Beinamen „o torto“ (dt.: „der Verrückte“) gab und der als der erste Flugpionier Portugals gilt.

João de Almeida Torto hat Anfang des 16. Jahrhunderts in der nordportugiesischen Stadt Viseu gelebt.
Ob er in dieser Stadt auch geboren wurde lässt sich heute nicht mehr sagen, aber sicher ist, dass er in Viseu gelebt und gewirkt hat.
João de Almeida war am dortigen Krankenhaus, dem Hospital de Santo António, Krankenpfleger und er hatte zwar nicht die Lizenz zum töten, aber sehr wohl eine Lizenz zum Aderlass, eine in der damaligen Zeit sehr verbreitete und anerkannte Art des Heilverfahrens.
Außerdem übte er den Beruf des örtlichen Barbiers aus.
Da er auch des Schreibens und Lesens mächtig war, verdiente er sich nebenbei auch ein bisschen Geld als Schreiber und verfasste hauptsächlich persönliche, nicht amtliche, Briefe und auch Liebesbriefe, für die er das doppelte Geld verlangte.
All diese vielseitigen Tätigkeiten zeugen davon, dass João de Almeida eher ein kluger und einfallsreicher Mensch war, aber keinesfalls ein „verrückter“, wie er später genannt wurde.

Aber wie kam João de Almeida zu seinem Spitznamen „o torto“, der Verrückte?
Nun, heute würde man sagen João de Almeida war ein Abenteurer, zwar einer der durchgeknallten Sorte, aber er war durch und durch ein Abenteurer.

Anfang Juni 1540 bringt João de Almeida ein selbst geschriebenes Schreiben in Umlauf, auf dem er den Bürgern der Stadt Viseu folgendes mitteilt:

„Ich tue den Einwohnern dieser Stadt kund, das noch bevor dieser Monat sich dem Ende neigt sie ein großes Wunder sehen werden, dann nämlich wenn ein Bürger dieser Stadt mit künstlichen Flügeln von der Spitze der Kathedrale bis zum Sankt Mathäusfeld fliegen wird, dies verspreche ich Euch mit meinem Wort – João de Almeida“)

(port.: „Saibam todos os senhores habitantes desta cidade, que não terminará este mês sem se ver a maior das maravilhas, a qual vem a ser um homem desta cidade voar, com asas feitiças, da torre da Sé ao Campo de São Mateus, pelo que responde por sua pessoa e bens – João de Almeida“)

Da er von der Kathedrale springen wollte, war sein Flugversuch von der Kirche genehmigt und sogar gefördert worden.
Dies war nur möglich, weil João de Almeida Torto mit der vollen Unterstützung des damaligen Bischofs von Viseu, dem Kardinal Miguel da Silva, rechnen konnte.
Kardinal Miguel da Silva war, bevor er zum Bischof von Viseu ernannt worden war, Jahre lang Botschafter Portugals beim Papst in Rom gewesen.
In Rom lernte Kardinal da Silva auch einen gewissen Leonardo da Vinci kennen und ließ sich von diesem mit Interesse dessen Ideen und Erklärungen für geplante und entworfene Flugapparate erklären.
Als der Kardinal nun in Portugal, in seiner Stadt Viseu, von einem Abenteurer hörte, der vorhatte, mit selbst gebastelten Flügeln zu fliegen, sicherte er diesem seine Unterstützung zu.
João de Almeida Torto bat also den Kardinal vom höchsten Punkt der Stadt, der Kathedrale, springen zu dürfen, und diesem, seinem Wunsch, kam der Kardinal ohne wenn und aber nach!

Und so kam es, das in den ersten Morgenstunden des 20. Juni 1540 sich eine riesige Menschenmenge vor der Kathedrale von Viseu versammelte, um dem Schauspiel, das ihnen João de Almeida Torto versprochen hatte, beizuwohnen.

Eigenhändig zog João de Almeida Torto an diesem Morgen, noch vor dem Sonnenaufgang, mit einem Seil seine selbstgebauten Flügel auf den Turm der Kathedrale hoch, auf den er alleine hochgestiegen war.
Die Flügel bestanden aus doppellagigem weißen Leinenstoff, die er mit jeweils drei Metallringen an jedem Flügel an seine Arme befestigte. Hinzu wurden die Flügel mit einem Riemen aus Rinderleder an seinem Rücken und seiner Brust angebunden. Sein Schuhwerk bestand aus dicksohligen Schuhen, die ebenfalls aus Rinderleder gefertigt waren.
Er trug zusätzlich noch einen Helm in Form eines riesigen Vogelkopfes, durch dessen geöffneten Schnabel er sehen konnte.

Er muss ziemlich exotisch und für viele damals auch angsteinflössend ausgesehen haben.
So etwas hatten die Bürger von Viseu noch nie gesehen!

Als die Uhr der Kathedrale die fünfte Stunde schlug, machte João de Almeida Torto einen Satz und sprang wie vorgehabt in Richtung des Feldes Campo de São Mateus.
Augenzeugen berichten, João de Almeida Torto wäre tatsächlich einige Meter geflogen, wäre dann aber ins trudeln geraten, da ihm der Vogelkopfhelm wohl verrutscht war, und er nichts mehr sehen konnte.
Es gelang ihm auf dem Dach der an der Kathedrale angrenzenden Kapelle São Luis unversehrt zu landen und er hätte hier seinen Flug ruhig beenden sollen.
Doch João de Almeida Torto war, wie schon erwähnt, ein Abenteurer und zwar einer der risikofreudigen.
Also beschloss er, aufgestachelt von einer grölenden Menge, seinen Flug in Richtung des nahen Campo de São Mateus fortzusetzen.

Als er vom Dach der Kapelle São Luis sprang fiel er auf die Erde wie ein Stein.
Schwer verletzt und bewusstlos wurde er in das nahe Krankenhaus Hospital de Santo António, wo er selbst als Krankenpfleger gearbeitet hatte, gebracht.
Zwei Stunden nach dem fatalen Sprung erlangte er noch einmal für kurze Zeit das Bewusstsein, fiel aber dann in ein Koma, aus dem er nie wieder erwachte.
Drei Tage nach seinem spektakulären Flugversuch, dem ersten von dem hier in Portugal berichtet wird, verstarb João de Almeida Torto in den Armen seiner Frau.

Am Tag vor seinem Sprung hatte João de Almeida Torto noch, auf Wunsch seiner Gattin, sein Testament vor einem Richter gemacht.
Da das Ehepaar keine eigenen Kinder hatte, und die wenigen Besitztümer im Todesfall von João de Almeida Torto dann automatisch an seine Brüder übergegangen wären und nicht etwa an seine Ehefrau, wollte sich diese, die einen möglichen unglücklichen Verlauf schon vorhergesehen hatte, auf alle Fälle finanziell absichern.

Vielleicht war João de Almeida Torto wirklich „verrückt“ wie ihn später alle nannten.
Aber vielleicht war er nur ein Mann, der den Menschheitstraum des Fliegens gelebt hat und für diesen Traum letztendlich mit seinem Leben bezahlen musste, getreu dem alten Sprichwort:


„Du bist nicht arm weil Du träumst, viel ärmer sind die, die noch nie geträumt haben!“ 

Samstag, 13. Juli 2013

Das Luftfahrtmuseum in Sintra








Am gestrigen Freitag war ich mit meinem Neffen und meiner Nichte in Sintra, im dortigen Luftfahrtmuseum (port.: Museu do Ár).
Wir hatten schon vorgestern versucht das Museum zu besuchen, aber Dank des Navi´s, das wir benutzt haben um dort anzukommen, sind wir in der Gegend herumgefahren und haben besagtes Museum nicht gefunden.
Gestern aber, nach einer intensiven Suche in Google-Maps, haben wir dann doch den Weg zum Museu do Ár entdeckt!

Das Luftfahrtmuseum liegt auf dem Gelände der Flugbasis Nr. 1 (port.: Base Aérea n°1), in dem kleinen Ort Pêro Pinheiro, einer Gemeinde der Stadt Sintra.
In ihm sind viele historische Flugzeuge, Hubschrauber, Flugzeugmotoren, Turbinen und zahlreiche Flugzeugmodelle ausgestellt.
Das Museum hat im Laufe der Zeit zahlreiche wertvolle militärhistorische Objekte gesammelt, diese liebevoll restauriert und sie dann hier ausgestellt.
Über insgesamt 10.000 einzelne Ausstellungsstücke bildet die wertvolle Sammlung des Museums.
Flugzeugliebhaber und Kenner der internationalen Luftfahrt bezeichnen das Museu do Ár, aufgrund seiner sehr gut erhaltenen historischen Flugapparate, als eines der besten Museen der Luftfahrt weltweit.

Die Anfänge des Museums gehen auf das Jahr 1968 zurück.
Am 21. Februar 1968 wurde es gegründet und dann, knapp 4 Monate später, am 01. Juli 1968, dem Tag der Portugiesischen Luftwaffe (port.: Força Aérea Portuguesa), offiziell eingeweiht.
In vier Hallen, ehemalige Flughangar, sowie auf einem Hallenvorfeld können Besucher über 100 Jahre portugiesischer Fluggeschichte bestaunen und erleben.

In der ersten Halle, der größten des Museums, sind verschiedene aeronautische Geräte sowie mehrere historische Flugzeuge, Hubschrauber und Doppeldecker ausgestellt.
So kann man hier z.B. eine alte Junkers JU52 aus dem Jahre 1930, einen Doppeldecker Avro Cadet aus dem Jahre 1931 und eine De Havilland DH-89 Dragon Rapide aus dem Jahre 1934 bewundern.
Eine De Havilland DH-87 Hornet, ebenfalls Baujahr 1934, und eine nordamerikanische F-86 Sabre, aus dem Jahre 1947, sind hier ebenso ausgestellt.

Die zweite Halle ist der portugiesischen Fluggesellschaft TAP (port.: Transportes Aéreos Portugueses) gewidmet.
Hier werden, unter anderem, verschiedene Flugkapitän- und Stewardessenuniformen, Geschirr, Flugzeugsitze und auch der erste Flugsimulator der Fluggesellschaft gezeigt.

In der dritten Halle, die das Historische Hangar (port.: Hangar histórico) genannt wird, befinden sich fast ausnahmslos Flugzeuge der Luftwaffe, die in den ehemaligen portugiesischen Überseegebieten in Afrika, wie Angola, Moçambique und Guiné-Bissau, unterwegs waren.
So sind hier z.B. eine Dassault Falcon, eine einstrahlige Lockheed T-33 sowie ein Northrop T-38 Talon Überschalljet ausgestellt.

In der vierten und letzten Halle, dem Saal der Pioniere (port.: Sala dos Pioneiros) wird den Männern gedacht (Frauen sind leider keine dabei!), die für die portugiesische Luftfahrt unglaubliches geleistet haben und als Flughelden in die Geschichte eingegangen sind.
So werden hier persönliche Gegenstände, Flugkarten und historische Bilder, von António Jacinto da Silva Brito Paes, dem ersten Menschen der im Jahre 1924 den ersten Flug von Portugal nach Macau vollzog und von José Manuel Sarmento de Beires, dem ersten, der 1927 den Südatlantik nachts überflog, gezeigt.
Ebenso zu sehen sind hier einige persönliche Exponate der Piloten Carlos Eduardo Bleck und Humberto da Cruz, die 1930 die Flugverbindung Lissabon – Angola, gründeten.
Auch den zwei größten Flugpionieren Portugals, Carlos Viegas Gago Coutinho und Artur de Sacadura Freire Cabral, den beiden Ersten Menschen, die 1922 den Atlantik von Osten nach Westen, von Lissabon nach Rio de Janeiro, erfolgreich überflogen, ist in dieser Halle ein Platz gewidmet.

Die Flugbasis von Sintra, auf der das heutige Museum steht und die auch eine Flugakademie (port.: Academia da Força Aérea) beherbergt, war die erste Militärflugbasis Portugals.
Das Museum kann, sofern sie den Weg dorthin finden, an jedem Wochentag, außer Montags, von 10.00 Uhr bis 17.00 Uhr besichtigt werden.

Donnerstag, 11. Juli 2013

Kompromiss der nationalen Rettung


Was sich hier in Portugal in den letzten zehn Tagen innenpolitisch abgespielt hat, wird einer Tragikomödie von Carl Zuckmayer oder Friedrich Dürrenmatt mehr als gerecht.

Da tritt am 01. Juli, zwar nicht ganz unerwartet aber für jedermann doch überraschend, Vitor Gaspar, der „Architekt der portugiesischen Sparpolitik“, von seinem Amt als Finanzminister zurück (bitte lesen sie hierzu meinen Blogeintrag „Ein längst fälliger Rücktritt“, vom 01.07.2013).
Noch nicht einmal 24 Stunden später, am 02. Juli, nimmt Außenminister Paulo Portas, weil er mit der Wahl der neuen Finanzministerin Maria Luis Albuquerque nicht einverstanden ist, seinen Hut (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Wenn einem Premierminister die Kabinettsmitglieder davonlaufen“, vom 02.07.2013).

Der Rücktritt von Paulo Portas, dem Vorsitzenden der konservativen Partei CDS-PP, die mit der PDS, der Sozialdemokratischen Partei von Premierminister Pedro Passos Coelho, eine Koalitionsregierung führt, hat zur Folge das Portugal, zu den gravierenden wirtschaftlichen Problemen die es schon hat, nun auch eine sehr ernste Regierungskrise bekommt.

Während Premierminister Pedro Passos Coelho nun in den folgenden Tagen versucht, mit deutlichen Zugeständnissen an den kleineren Koalitionspartner CDS-PP, seine Koalitionsregierung noch zu retten, fordern die linken Oppositionsparteien und die größten Gewerkschaften vehement sofortige Neuwahlen!

Da kommt nun Staatspräsident Anibal Cavaco Silva ins Spiel:
Laut der Portugiesischen Verfassung ist der Staatspräsident zwar befugt das Parlament aufzulösen und Neuwahlen anzusetzen, aber er hat auch die Pflicht den politischen Konsens zwischen den Parteien zu suchen und zu fördern.
Er muss nun entscheiden wie es politisch in Portugal weitergeht.

In einer mit Spannung erwarteten Fernsehansprache hat nun Staatspräsident Cavaco Silva gestern, seinem Volk mitgeteilt, zu welchem Ergebnis er nun, nach mehrtägigen Gesprächen mit allen im Parlament anwesenden Parteien, gekommen ist:

Staatspräsident Cavaco Silva schließt sofortige Neuwahlen – so wie sie von den Oppositionsparteien verlangt werden – kategorisch ab.
Er meint, und da muss ihm wohl jeder rational denkender Mensch Recht geben, das sofortige Neuwahlen die bisherigen mühevollen Fortschritte Portugals im Euro-Rettungsprogramm zu Nichte machen würden und das das Vertrauen der Geldgeber-Troika, bestehend aus der EU, der Europäischen Zentralbank und dem Internationalen Währungsfond, fortan stark gefährdet sein würde.
An Neuwahlen, so Cavaco Silva, wird wohl erst ab Juni 2014 zu denken sein, dann nämlich wenn Portugal den Euro-Rettungsschirm verlassen hat und sich dann hoffentlich selbständig an den internationalen Finanzmärkten behaupten wird können.

Er mahnte die Regierungsparteien und ausdrücklich auch die oppositionelle Sozialistische Partei PS fortan zu mehr politischem Konsens und zu einem „Kompromiss der nationalen Rettung“ (port.: Compromisso de salvação nacional“) an.

Somit bleibt die, in den letzten Tagen schon von vielen totgesagte Regierung von Premierminister Pedro Passos Coelho, weiterhin im Amt.
Paulo Portas, der diese schwere Regierungskrise mit seinem Rücktritt vor zehn Tagen erst verursacht hat, geht als Sieger aus diesem ganzen Theaterstück heraus.
Nicht nur das er als Minister im Amt bleibt, sondern Pedro Passos Coelho hat ihn zu seinem Vize-Premierminister gemacht.
Außerdem wird Portas ab jetzt die Verhandlungen mit der Troika übernehmen, eine Aufgabe die bis dato der Premierminister selbst innehatte.
Und damit nicht genug, die kleine Koalitionspartei CDS-PP wird zukünftig auch den Wirtschaftsminister stellen.

Pedro Passos Coelho scheint somit die Krise erst einmal überstanden zu haben und er hat seine Regierung retten können.
Aber zu welchem Preis?
Paulo Portas hat hoch gepokert, und er hat auf der ganzen Linie gesiegt.
Ob nur zum Wohl seiner Partei oder aber zum Wohl der Nation, das wird die Zukunft zeigen!

Sonntag, 7. Juli 2013

Juan Carlos I zu Besuch in Lissabon








Auch wenn der spanische König Juan Carlos ein gerngesehener Gast hier in Portugal ist, und er mehrmals im Jahr in Lissabon zu Besuchen verweilt, schließlich ist er ja hier in der Lissabonner Umgebung im Exil aufgewachsen, handelt es sich heuer, bei diesem Besuch von dem ich hier im Blog schreiben will, nicht um den Besuch des spanischen Königs, sondern um das nach ihm benannte Flagschiff der spanischen Marine, dem Flugzeugträger (port.: porta-aviôes / esp.: portaaviones) „Juan Carlos I“.

Als ich vorgestern vom Büro nach Hause fuhr, sah ich das am Hafendock des Jardim do Tabaco (port.: Doca do Jardim do Tabaco) ein ganz besonderes Schiff angelegt hatte, nämlich besagter Flugzeugträger „Juan Carlos I“.
Dort wo normalerweise die vielen großen Luxusliner aus aller Welt ankern, wenn sie die Stadt Lissabon besuchen, stand diesmal dieser graue Koloss mit den vielen Flugzeugen und Hubschraubern an Deck.
Da ich weiß, das mein Neffe Nélson ein begeisterter Liebhaber der Luftfahrt ist und ich auch wusste das er noch nie auf einem Flugzeugträger war, beschloss ich heute mit ihm und der ganzen Familie, dieses imposante Schiff, den Stolz der spanischen Marine, zu besuchen.

Als Resümee des Besuches des Flugzeugträgers „Juan Carlos I“, das auch gleichzeitig als amphibisches Kampfschiff eingesetzt werden kann, kann ich nur sagen, das eine Führung durch das Innenleben eines solchen seetüchtigen Flughafens und der Aufenthalt auf dem riesigen Flugdeck, zweifellos sehr interessant und spannend sind.

Laut der spanischen Marine hat der Flugzeugträger „Juan Carlos I“, der am 10. März 2008 von der spanischen Navantia-Werft im galizischen Ferrol vom Stapel gelassen wurde, eine Länge von 236 Metern, eine Breite von 32 Metern und einen Tiefgang von maximal 8 Metern. Das Flugdeck misst 202 Metern.
Mit einer Maschinenleistung von 22.000 kW erreicht das Schiff eine maximale Geschwindigkeit von 21 Knoten, was 39 km/h entspricht.
Die ständige Besatzung ist 243 Mann stark, aber bis zu 1.200 Soldaten können mit dem größten Schiff der spanischen Armada befördert werden.

Nélson und ich, wir haben die Führung auf dem Flugzeugträger „Juan Carlos I“ sehr genossen und ich kann nur jedem empfehlen, der einmal die Möglichkeit hat einem solchen Riesen einen Besuch abzustatten, dies auch unbedingt zu tun.
Er wird es nicht bereuen!

Dienstag, 2. Juli 2013

Wenn einem Premierminister die Kabinettsmitglieder davonlaufen



Erst gestern habe ich hier in meinem Blog vom Rücktritt des portugiesischen Finanzministers, Vitor Gaspar, geschrieben und dabei erwähnt, das die Nachricht von seinem Rücktritt bei vielen Bürgern, mich eingeschlossen, wie eine Bombe eingeschlagen hat.
Nun, anscheinend werden wir uns wohl hier in Portugal in nächster Zeit an solche „Bombeneinschläge“ im übertragenden Sinn gewöhnen müssen, denn heute ist erneut eine solche Bombe hochgegangen.

Außenminister Paulo Portas hat heute seinen Stuhl im Palácio das Necessidades, dem Außenministerium (port.: Ministério dos Negócios Estrangeiros) hier in Lissabon, geräumt.
Mit dieser Amtsniederlegung befindet sich Portugal nun endgültig in einer Regierungskrise, auch wenn Premierminister Pedro Passos Coelho das anscheinend ignoriert.

Paulo Portas, Vorsitzender der rechtskonservativen Partei CDS-PP (port.: Centro Democrático e Social – Parido Popular / de.: Sozialdemokratisches Zentrum – Volkspartei), dem wichtigen Koalitionspartner von Premierminister Passos Coelho, hat seinen Rücktritt damit begründet, das er die Wahl seines Chefs, die ehemalige Staatssekretärin Maria Luis Albuquerque als neue Finanzministerin zu ernennen, nicht mittragen kann und will.
Unklar ist jetzt, ob der Abgang von Paulo Portas bedeutet, dass die Koalitionsregierung von Premierminister Passos Coelho nun zu Ende ist oder nicht.

Gestern der Rücktritt des Finanzministers, heute der Rücktritt des Außenministers und morgen?
Wie lange wird Premierminister Pedro Passos Coelho noch im Amt bleiben?
Eines ist sicher: ohne die Stimmen der Rechtskonservativen hat die Regierung keine Mehrheit im Parlament – und das kann selbst Premierminister Passos Coelho mit der Zeit nicht ignorieren!

Montag, 1. Juli 2013

Ein längst fälliger Rücktritt



Die heutigen Abendnachrichten haben für mich, genauso wohl wie für jeden Portugiesen der während des Tages keine Nachrichten auf dem PC, im Radio oder im Fernsehen verfolgen konnte, eingeschlagen wie eine Bombe!

Der portugiesische Finanzminister Vitor Gaspar hat heute, nach langem hin und her, seinen Hut genommen und bei Premierminister Pedro Passos Coelho seinen Rücktritt eingereicht.

Vitor Gaspar, offiziell nach dem Premierminister der zweitwichtigste Mann der Regierungskoalition, aber faktisch der Minister mit der höchsten Macht in der Regierung, war in der portugiesischen Bevölkerung der meistgehassteste Politiker des Landes.

Dabei ist Gaspar gar kein Politiker!
Er hatte keinerlei politische Erfahrung bevor er das Amt des Finanzministers vor zwei Jahren übernahm.
Vitor Gaspar ist von Haus aus Ökonom, sogar ein recht guter.
Sein größter Fehler aber war es in den letzten zwei Jahren, nicht zu begreifen, dass man eine Nation und seine Bürger niemals wie ein marodes Unternehmen führen kann!

Seine strikten Sparmaßnahmen sorgten bei der portugiesischen Bevölkerung für immer mehr Unmut. Das ging soweit, dass am vergangenen Donnerstag der vierte Generalstreik, in zwei Jahren, das Land praktisch lahm legte und sich sogar, erstmals in der portugiesischen Streikgeschichte, die Arbeitgeber mit den Arbeitnehmern solidarisierten.
Diese Tatsache wird auch der Hauptgrund dafür gewesen sein, weshalb Vitor Gaspar heute von seinem Amt zurückgetreten ist – ein längst fälliger Rücktritt!
Er hat wohl gespürt, dass der öffentliche Druck immer größer wird, und gemerkt dass er an einem Punkt angelangt ist, wo ihn keiner mehr haben will!

Seine Nachfolge im Finanzministerium (port.: Ministério das Finanças) wird ab morgen die Staatssekretärin im Finanzministerium, Maria Luis Albuquerque, antreten.
Sie wird keine leichte Aufgabe übernehmen, denn, so Premierminister Passos Coelho, sie soll auf alle Fälle die Sparpolitik von Vitor Gaspar fortsetzen.

Maria Luis Albuquerque war bis jetzt für die Privatisierung zahlreicher Staatsunternehmen und für die Ausgabe von Staatsanleihen zuständig.
Da ihre bisherige Arbeit aber von verschiedenen Politikern der Opposition und sogar von einigen Ministern der Koalitionsregierung stark kritisiert wird, werden wohl auch zukünftig weitere Konflikte mit dem Finanzministerium nicht zu vermeiden sein.
Aber vielleicht gelingt es ja Maria Luis Albuquerque, im Umgang mit dem politischen Gegner, den Wirtschaftsführern, den Gewerkschaften und den Bürgern, mehr auf Konsens statt auf Konfrontation zu setzen!

Es wäre für die ganze Nation wünschenswert!