Dienstag, 10. Januar 2012
Königin Maria Sofia de Neuburgo
In der hessischen Stadt Darmstadt, meiner zweiten Heimatstadt, kann man im dortigen Museum des großherzoglichen Schlosses ein Porträt eines Kleinkindes bewundern.
Das Gemälde, aus dem Jahre 1675, zeigt die neunjährige Enkelin des damaligen Landgrafen Georg II von Hessen-Darmstadt.
Kaum einer, der das Museum besucht, weiß dass auf dem Gemälde eine zukünftige portugiesische Königin abgebildet ist.
Bei dem neunjährigen Mädchen, das hier von dem unbekannten Maler mit einem dezenten Lächeln gemalt worden ist, handelt es sich um die kleine Marie Sophie Elisabeth von Neuburg und der Pfalz, die später einmal unter dem Namen Maria Sofia Isabel de Neuburgo e do Palatino do Reno e Bragança den portugiesischen Thron besteigen wird.
Die kleine Marie Sophie war eine Tochter des Kurfürsten Philipp Wilhelm von der Pfalz und dessen zweiten Ehefrau Elisabeth Amalie von Hessen-Darmstadt.
Sie erblickte am 06. August 1666 auf Schloss Benrath bei Düsseldorf das Licht der Welt.
Wie alle Kinder von Kurfürst Philipp Wilhelm, genoss auch Prinzessin Marie Sophie eine, für die damalige Zeit, äußerst umfangreiche, musikalische, religiöse und wissenschaftlich fundierte Ausbildung.
Marie Sophie wurde in ein kinderreiches Haus hineingeboren. Insgesamt hatte sie 16 Brüder und Schwestern!
Als zukünftige Königin war sie, was ihre Geschwister anging, in allerbester Gesellschaft.
Ihre Brüder Johann Wilhelm und Karl Philipp z.B. folgten ihrem Vater als Kurfürsten von der Pfalz.
Ihre Schwester Eleonore Magdalena wurde an der Seite von Leopold I Kaiserin des römisch-deutschen Kaiserreiches.
Eine andere Schwester von ihr, Maria Anna, wurde als Ehefrau von Carlos II, Königin von Spanien.
Drei ihrer Brüder schlugen eine Kirchenlaufbahn ein.
So wurde ihr Bruder Franz Ludwig Kurerzbischof von Trier, ihr Bruder Ludwig Anton wurde Bischof von Worms und Alexander Sigismund wurde Bischof von Augsburg.
Sie ist 20 Jahre alt, als der portugiesische Sonderbotschafter Manuel Teles da Silva sich am 08. Dezember 1686 auf dem Weg macht, um bei ihrem Vater, im Auftrag von König Pedro II, der seit vier Jahren Witwer ist, um ihre Hand anzuhalten.
Man wird sich schnell über die Einzelheiten einig, und am 22. Mai 1687 wird der Heiratsvertrag in Heidelberg unterschrieben.
11 Tage später, am 02. Juli 1687, heiratet Marie Sophie per procura in der kurfürstlichen Kapelle zu Heidelberg König Pedro II von Portugal und wird dessen zweite Ehefrau.
Ihr Vater, Kurfürst Philipp Wilhelm, hatte sich im Heiratsvertrag verpflichtet, seiner Tochter eine Mitgift von 100.000 Gulden auf dem Weg nach Lissabon mitzugeben.
Aber der Kurfürst konnte diese Vereinbarung nicht einhalten.
Zwar hatten die Stände von Pfalz-Neuburg der Braut, anlässlich ihrer Hochzeit, 20.000 Gulden geschenkt, ihr zukünftiger Schwager Carlos II von Spanien gab ihr weitere 20.000 Gulden mit auf dem Weg und die jülich-bergischen Landstände machten ihr 10.000 Gulden zur Schenkung.
Dennoch blieb Kurfürst Philipp Wilhelm dem portugiesischen Königshaus erst einmal 50.000 Gulden schuldig, die Hälfte der vereinbarten Mitgift.
Er verpflichtete sich, in einem Zusatz des Heiratvertrages, die fehlende Summe innerhalb von 12 Monaten zu begleichen.
Nichtsdestotrotz machte sich Prinzessin Marie Sophie mit Sonderbotschafter Manuel Teles da Silva und ihrem kleinen Gefolge am 01. August auf den Weg nach Portugal.
Sie reiste zuerst auf einem Schiff den Rhein hinauf und wurde in den Städten Worms, Mainz und Köln feierlich empfangen und dann jedes Mal mit Glanz und Pomp verabschiedet.
Dann überschritt die Prinzessin mit ihrem Gefolge die Grenze zu den Niederlanden.
Hier bestieg Marie Sophie in der Kleinstadt Brila ein englisches Schiff, das ihr James II von England zur Verfügung gestellt hatte, und das sie nach Portugal bringen sollte.
Am 12. August, zur Mittagszeit, ankerte das Schiff, welches Prinzessin Marie Sophie nach Portugal gebracht hatte, im Hafen von Lissabon an.
König Pedro II persönlich holte sie vom Schiff ab und gemeinsam begaben sich beide zur Kapelle des, heute leider nicht mehr existierenden, königlichen Palastes Paço da Ribeira, wo sie vom Lissabonner Erzbischof Luis de Sousa in persona verheiratet wurden.
Die umfangreichen Reisekosten Marie Sophies bestritt damals ihr Bruder Johann Wilhelm.
Maria Sofia, wie die portugiesische Form ihres Namens fortan lautete, war die 25. Königin Portugals.
Die zwölf Jahre, in dem sie den Titel einer Königin trug, waren ohne eine einzige Intrige oder einem einzigen negativem Ereignis ihrerseits behaftet.
Dennoch wurde König Pedro II schon kurze Zeit nach der Hochzeit ihrer überdrüssig, wahrscheinlich weil Kurfürst Philipp Wilhelm ihm die restliche Mitgift schuldig blieb.
Das Verhältnis zwischen dem König und der Königin wurde mit den Jahren immer schwieriger und war alsbald auch vor dem Hof nicht mehr zu verbergen.
Maria Sofia war eine sehr gläubige, gutmütige, respektvolle und beim Volk sehr beliebte Königin.
Die Tatsache, dass sie Witwen und Waisen finanziell unterstützte und das sie sogar, zum Leidwesen ihres Ehemanns Pedro II, in einem Teilflügel des Königspalastes Kranke, Behinderte und Bettler zeitweise unterbrachte, brachten ihr die vollste Hochachtung des ganzen Volkes.
Politisch trat sie nur einmal in Erscheinung, nämlich als sie erfolglos gegen einen Beschluss des Königs vorging, der den kategorischen Verbot beinhaltete, ihren Lieblingsbruder Ludwig Anton am Lissabonner Hof zu empfangen.
Ludwig Anton hatte seine Schwester Maria Anna nach Spanien begleitet, als diese Carlos II ehelichte, und Königin von Spanien wurde.
Maria Sofia, seine andere Schwester, die jetzt Königin von Portugal war, schickte ihrem Bruder eine Einladung nach Madrid, damit dieser sie in Lissabon besuchen möge.
In Coimbra erhielt Ludwig Anton die Nachricht, dass er am Lissabonner Hof nicht erwünscht sei, da Pedro II auch nicht zur Hochzeit von Anna Maria und Carlos II an den spanischen Hof eingeladen worden war.
Selbst nach mehrmaligen Bitten Maria Sofias an Pedro II, ihren Bruder in Lissabon empfangen zu dürfen, blieb der König hart.
Bis auf diese und ähnliche unerfreuliche persönliche Begebenheit mit ihrem Mann, verlief das Leben von Maria Sofia am Lissabonner Königshof recht ruhig und unspektakulär.
Spektakulär waren dagegen ihre Schwangerschaften.
In nur zwölf Jahren schenkte sie ihrem Mann sieben Kinder.
Die Tatsache, dass sie so viele Kinder in so kurzer Zeit gebar, obwohl sie und der König sich eigentlich nicht verstanden, lässt nur eine Schlussfolgerung zu, die damals ein offenes Geheimnis am Hofe war und die da lautete:
„der König nahm die Königin, wenn er einen gewissen Drang verspürte“.
Von den sieben Kindern die Maria Sofia auf die Welt brachte, starben zwei im Kindesalter, nämlich ihr Erstgeborener Sohn Infante João Francisco im Jahre 1688 und ihre Tochter, Infantin Teresa Maria, die 1696 geboren wurde und nur fünf Jahren alt wurde.
Das Erwachsenenalter erlangten ihr zweiter Sohn, der ebenfalls auf den Namen João getauft wurde und später seinem Vater als João V auf dem Thron folgte, Infante Francisco Xavier, Infante António Francisco, Infante Manuel José und Infantin Francisca Josefa.
Im Juli 1699 erkrankte Königin Maria Sofia in ihrer Residenz, dem Palácio dos Corte Real, plötzlich an einer schweren Gesichtsgürtelrose (port.: erisipela do rosto), die ihr ganzes Gesicht und ihren Kopf in Mitleidenschaft zog und ihr ungeheuerliche Schmerzen verursacht haben muss.
Ihr Gesundheitszustand verschlechtert sich von Tag zu Tag mehr und der König, obwohl er noch nicht einmal 200 Meter von ihr im angrenzenden Palast Paço da Ribeira lebte, lässt sich nicht ein einziges Mal an ihrem Krankenbett blicken.
Am 04. August 1699, zwei Tage vor ihrem 33. Geburtstag, erliegt Königin Maria Sofia in ihrem Palast an den Folgen ihrer schweren Krankheit.
Der König lässt daraufhin ihren Leichnam in den königlichen Palast Paço da Ribeira bringen und erst jetzt erweist er der Königin die letzte Ehre.
In der Kirche São Vicente de Fora, in der Gruft der Braganças, findet die vom Volk so geliebte und von ihrem Mann so wenig respektierte Königin Maria Sofia de Neuburgo letztendlich ihre letzte Ruhestätte.
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