Donnerstag, 5. November 2009

Vom Tempel zum Schlachthof und zurück


Évora ist eine wunderschöne, alte Stadt im Alentejo.
Die Stadt, deren historisches Zentrum 1986 von der UNESCO in die Liste des Weltkulturerbes aufgenommen wurde, ist eine römische Gründung, die ursprünglich Liberatias Iulia hieß.

Das einzige Bauwerk aus dieser Gründungszeit ist der relativ gut erhaltene Römische Tempel mit seinen korinthischen Säulen, aus dem 1. Jahrhundert n. Chr.
Überhaupt gilt dieser Tempel als der besterhaltene der gesamten Iberischen Halbinsel.

Mitten auf dem Largo Conde de Vila Flor stehend, ist das 15m x 25m große Bauwerk umgeben von der imposanten Kathedrale (Sé), dem alten Inquisitionsgericht (Tribunal da Inquisição), der Kirche und dem Kloster Lóios (Igreja e Convento dos Lóios) und der Stadtbibliothek (Biblioteca Pública de Évora).

Obwohl der Tempel heute unter dem Namen Diana-Tempel bekannt ist, also der römischen Göttin der Jagd gewidmet ist, so ist sicher, dass er erst seit dem 17. Jahrhundert so genannt wird.
Denn vorher wurde der Tempel dem römischen Kaiser Augustus zugeschrieben, der seinerzeit ebenfalls als römischer Gott angesehen wurde.
Welcher Gottheit nun der Tempel eigentlich geweiht war, bleibt ein Rätsel.
Wie aus dem Augustus-Tempel der Diana-Tempel wurde, wird wohl für ewig ein Geheimnis der Geschichte bleiben.

Was allerdings kein Geheimnis ist, ist der Grund, warum der Tempel nach fast 2000 Jahren heute noch so gut erhalten ist, und immerhin 14, seiner ursprünglichen 18 Granitsäulen, imposant in den Himmel ragen.
Die außerordentliche Konservierung der korinthischen Säulen gelang nämlich durch eine, nach heutigen Maßstäben, unglaubliche Kunstschändung!

Im 14. Jahrhundert hatte man die Flächen zwischen den Säulen einfach zugemauert und den Tempel in ein Schlachthaus umgewandelt.
Ein Verwendungszweck, der ihn letztlich vor dem Abbruch bewahrt hat.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war der ehemalige Tempel der Schlachthof der Stadt Évora!

Erst 1870 entdeckte man die Säulen neu und legte sie vorsichtig frei.
1871 übernahm der italienische Architekt Giuseppe Cinatti die Instandsetzungsarbeiten.

Diesen Wiederaufbauarbeiten haben es die Besucher Évoras zu verdanken, das sie heute, Mitten in der portugiesischen Einöde, eines der schönsten Bauwerke römischer Kunst bestaunen und bewundern können.

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