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Dienstag, 18. November 2014

Damião de Góis – Humanist, Historiker und Diplomat


Am 16. Oktober Anno Domini 1572 verhängte das Inquisitionsgericht (port.: tribunal do Santo oficio) zu Lissabon die Strafe „carcere perpetuo“ gegen den Humanisten, Historiker und Diplomaten Damião de Góis. Wegen Ketzerei und Abwendung von der römisch-katholischen Kirche wurde er zuerst zum Tode verurteilt, dann aber begnadigt und seine Strafe wurde in lebenslange Haft umgewandelt.
18 Monate dauerte damals das Gerichtsverfahren gegen den 70jährigen Damião de Góis.
Gleich nach seiner Verurteilung wurde er ins Kloster von Batalha (port.: Mosteiro da Batalha) gesteckt, durfte dann aber nach einiger Zeit seine Haftstrafe unter Hausarrest in seinem Geburtshaus in Alenquer verbringen.
Hier in Alenquer verstarb er dann drei Tage vor seinem 72. Geburtstag, am 30. Januar 1574.

Damião de Góis wurde als Sohn des adligen Gutsherren und Viehzüchters Rui Dias de Góis und seiner vierten Ehefrau, der Flämin Isabel de Limi, am 02. Februar 1502 in der portugiesischen Stadt Alenquer geboren.
Als Damião neun Jahre alt war verstarb sein Vater und er wurde von seiner Mutter an den Hof in Lissabon geschickt um dort König Manuel I als Pagen zu dienen.

Die Regentschaft von Manuel I, am Anfang des 16. Jahrhunderts, war wirtschaftlich und kulturell das „goldene Zeitalter“ der portugiesischen Entdeckungs- und Expansionspolitik.
Damião de Góis wuchs damals an einem Hof auf, an dem sich die verschiedensten Seefahrer, Kartografen, Schriftsteller, Theologen, Dichter, Maler, Mathematiker und Astronomen die Klinke in die Hand gaben.
Damião wollte zuerst Seefahrer werden, aber als König Manuel I im Jahre 1521 stirbt und sein Sohn João III den Thron übernimmt, sieht der es nicht ein, warum er einen so klugen Kopf wie Damião de Góis zur See fahren lassen soll, wenn der ihm von viel größerem Nutzen an Land sein kann.

Und so wurde Damião im Jahre 1523, im Alter von 21 Jahren, von König João III nach Antwerpen geschickt – dem führenden Handelsplatz und Finanzzentrum des damaligen Europas – um dort Sekretär des Königs am Handelskontor (port.: feitoria) zu werden. Er führte seine Arbeit in Antwerpen zur vollsten Zufriedenheit des Monarchen aus, aber mit der Zeit fand Damião die Schreibarbeit recht monoton und sie erfüllte ihn nicht.

Damião nahm jede Gelegenheit wahr sich weiterzubilden. Unter anderem lernte er in Antwerpen bei einem Privatlehrer latein und italienisch und bei einem Besuch im schweizerischen Fribourg nahm er Theologie- und Philosophieunterricht bei seinem späteren Freund Erasmus von Rotterdam (port.: Erasmo de Roterdão).
1531 beschloss König João III ihn auf eine diplomatische Reise durch den Norden Europas zu schicken. Und so kam es, das Damião de Góis in den folgenden zwei Jahren Polen, Litauen, Dänemark, Schweden, Endland, Frankreich und auch Deutschland als Vertreter des Königs von Portugal bereiste.
In Deutschland lernte er dann in Wittenberg Philipp Melanchton (port.: Filipe Melâncton)  und Martin Luther (port.. Martinho Lutero) kennen und freundete sich mit den beiden Reformatoren an.
Später wird Damião de Góis sich aber, als er von der Inquisition in die Mangel genommen wird, vor allem von Luther und seinen revolutionären Ideen distanzieren.

Im Jahre 1533 beendete Damião de Góis seine diplomatische Reise durch Nordeuropa und kehrte an den Hof in Lissabon zurück.
König João III ernannte ihn zum Schatzmeister der „Casa da India“ (dt.: Indienhaus), der damaligen zentralen Verwaltungsbehörde aller portugiesischer Überseegebiete und des Überseehandels. Da es aber nur bei der Ernennung dieses prestigeträchtigsten Postens blieb, beschloss Damião de Góis nach ein paar Monaten wieder Portugal zu verlassen – ohne die Erlaubnis des Königs!

Damião de Góis hatte eine Einladung seines Freundes Erasmus von Rotterdam erhalten und reiste über Basel nach Fribourg, wo er dann für fünf Monate im Hause des wohl berühmten Humanisten seiner Zeit blieb.
Anfang 1534 tritt Damião eine Reise nach Italien an, wo er sich an der damals sehr renommierten Universität von Padua einschrieb um zu studieren.
Hier in Padua blieb er die nächsten vier Jahre seines Lebens und während seiner Studienzeit lernte er viele berühmte Wissenschaftler und Theologen der damaligen Zeit kennen. Eine der Bekanntschaften die er in Padua verhängnisvoller Weise machte, war die des portugiesischen Jesuitenpaters Simão Rodrigues de Azavedo.
Azavedo wird elf Jahre später derjenige sein, der Damião de Góis bei der Inquisition anschwärzt, und mit dafür sorgt, dass er lebenslänglich erhält.

Als Damião de Góis sein Studium 1538 beendete, reiste er ins flämische Leuven (port.: Lovaina / dt.: Löwen) um an der dortigen Katholischen Universität weiter zu studieren. In Leuven lernte er kurz nach seiner Ankunft die Tochter des reichen Kaufmanns André van Hargen lernen, die Bürgerstochter Johanna van Hargen.
Ein Jahr später, 1539, heiraten Damião de Góis und Johanna van Hargen.
In Leuven publiziert Damião seine ersten großen Werke:
Im Jahre 1539 „Commentani rerum gestarum in India“, 1540 „Fides, religio moresque Aethiopum“ und 1544 „Damiani a Goes eqvitis Lvsitani aliqvot opvscvla“

Als französische Truppen im Jahre 1542 Flandern überfielen und die Stadt Leuven besetzten, nahmen sie Damião de Góis, einen glühenden Verteidiger der Stadt, fest.
Nur gegen ein sehr hohes Lösegeld und ein gut eingelegtes Wort beim französischen Monarchen Franz I (franz.: François I) konnte König João III damals die Freilassung von Damião de Góis nach monatelanger Haft erreichen.

1545 kehrte Damião de Góis mit seiner Ehefrau Johanna nach Portugal zurück. Dank der sehr guten Geschäftsbeziehungen und den persönlichen Kontakten die er außerhalb Portugals besaß und pflegte konnten er und seine Familie in Portugal ein wohlhabendes und, wie es scheint, recht glückliches Leben führen.
Dieses Glück wurde damals nur dadurch gestört, das Damião de Góis wegen seiner offenen Art und Weise ab und zu mit dem Klerus und dem Adel in Konflikt kam.
So denunzierte ihn z.B. Simão Rodrigues de Azavedo, ein Jesuitenpater den er noch aus Padua kannte, bei der Inquisition als Ketzer. Diese Verleumdungen hatten aber noch keine Konsequenzen für Damião de Góis, denn er genoss damals das uneingeschränkte Vertrauen des Königs.
Erst Jahre später sollte sich das Blatt gegen Damião de Góis wenden!

König João III mochte Damião de Góis sehr und hatte zu ihm größtes Vertrauen. So kam es, dass der König ihn im Jahre 1548 zum obersten Verwalter des Zentralarchivs des Königreiches, der Torre do Tombo, ernannte.
Im Jahre 1566 erhielt Damião de Góis vom Königshaus den Auftrag ein Buch über das Leben des verstorbenen Königs Manuel I und die Entdeckungen während seiner Regierungszeit zu schreiben.

Dieses Buch, mit dem Namen „Crónica do Felicissimo Rei D. Manoel“ (dt.: „Chronik des glücklichen Königs Manuel“), galt damals – und gilt auch heute noch – als das wichtigste Werk von Damião de Góis.
Aber, so bedeutsam diese Chronik über Manuel I literarisch auch war, so verhängnisvoll sollte sie später für den Humanisten Damião de Góis sein.

Denn in einer Zeit in denen Chroniken über Monarchen immer in Lobhudelei ausarteten, wagte es Damião de Góis doch damals tatsächlich die Regierungszeit von Manuel I nicht so strahlend darzustellen wie vom Königshaus eigentlich gewünscht.
Er schrieb in seiner Chronik schonungslos über die Ausbeutung und die willkürlichen Grausamkeiten der damaligen Kolonialzeit und nannte so die Dinge beim Namen.
Viele hochrangige Adlige und Männer der Kirche – allen voran Kardinal Henrique (port.: Cardeal D. Henrique), der Onkel des Königs und Großinquisitor des Königreiches – fanden Damiãos Buch damals recht respektlos und werteten die in Auftrag gegebene Chronik nicht mehr und nicht weniger als Hochverrat – und Hochverrat wurde damals mit der Todesstrafe geahndet!
Ehe sich Damião de Góis versah, stand er plötzlich unter Beobachtung des Großinquisitors Kardinal Henrique.

1571 wurde Damião de Góis tatsächlich von der Inquisition der Ketzerei angeklagt.
In einem Gerichtsverfahren das sich über eineinhalb Jahre hinzog gestand er zermürbt und resigniert die Fehler ein, die er 35 Jahre vorher begangen haben soll, und bat das Inquisitionsgericht um Gnade.
Sein Geständnis und seine bitte um Vergebung verhinderten seinen Tod auf dem Scheiterhaufen, aber sie verhinderten nicht die Demütigung denen er fortan ausgeliefert war und die bis zu seinem Tod andauern sollten.

Damião de Góis, einer der kritischsten Zeitgeister seiner Epoche in Europa und der wichtigste Humanist der portugiesischen Renaissance, wurde nach seiner Verurteilung durch das Inquisitionsgericht unter Hausarrest gesetzt.
Die letzten Monate seines Lebens verbrachte er von allen verlassen in seinem Geburtshaus in Alenquer, wo er am 30. Januar 1574, unter bis heute recht mysteriösen Umständen, starb.

Mittwoch, 2. März 2011

Die Obersten Hüter des Nationalarchivs Torre do Tombo






In meinem post „Torre do Tombo“, in dem ich ausführlich über das nationale Archiv Portugals schreibe, erwähne ich, unter anderem, das das Nationalarchiv der Torre do Tombo (port.: Arquivo Nacional da Torre do Tombo), mit seinen 600 Jahren zu einem der ältesten portugiesischen Institutionen gehört.

Die Aufsicht über diese alte Institution hatte und hat seit dem Mittelalter der „guarda-mor“ inne, was sich leicht mit „Oberster Hüter“ oder „Oberster Wächter“ übersetzen lässt.
Der „guarda-mor“ wurde direkt vom jeweiligen König ernannt, und er hatte, wie der Name schon sagt, die Aufgabe die wichtigsten Dokumente, Urkunden und Akten des Staates, die in seine Obhut gegeben wurden, zu „behüten“ und zu „bewachen“.
Heutzutage nennt man den obersten Dienstherren des Nationalarchivs auch einfach nur Direktor (port.: Director do Arquivo Nacional da Torre do Tombo).

Nach meinen Nachforschungen hat es, seit der Gründung des Nationalarchivs der Torre do Tombo im Jahre 1387, bis heute, insgesamt 59 „guarda-mores“ gegeben.
Es sind, von 1387 als der erste guarda-mor durch seine Majestät König João I ernannt wurde, bis heute, der Reihe nach:

- 1387-1403 João Anes
- 1403-1411 Gonçalo Esteves
- 1414-1418 Gonçalo Gonçalves
- 1418-1454 Fernão Lopes
- 1454-1475 Gomes Eanes de Zurara
- 1475-1482 Afonso Eanes de Óbidos
- 1483-1484 Fernão Lourenço
- 1486-1496 Vasco Fernandes de Lucena
- 1497-1523 Rui de Pina
- 1523-1548 Fernão de Pina
- 1548-1571 Damião de Góis
- 1571-1591 António de Castilho
- 1591-1606 Rodrigo Homem
- 1606-1612 Luís Ferreira de Azevedo
- 1612-1632 Diogo de Castilho Coutinho
- 1632-1634 Manuel Jácome Bravo
- 1634-1640 Gregório Mascarenhas Homem
- 1640-1641 Cristóvão Cogominho
- 1641-1644 Cristóvão de Matos de Lucena
- 1644-1650 João Pinto Ribeiro
- 1650-1656 António de Carvalho de Parada
- 1656-1666 Aires Falcão Pereira
- 1666-1667 José Carneiro de Morais
- 1667-1678 João Duarte de Resende
- 1678-1690 D. António Alves da Cunha, Senhor da Tábua
- 1690-1695 António da Cunha Pinheiro
- 1695-1703 José de Faria
- 1703-1713 Luís do Couto Félix
- 1713-1742 José Couceiro de Abreu e Castro
- 1742-1745 Manuel de Mendonça Pina e Proença
- 1745-1768 Eng.º Manuel da Maia
- 1768-1774 José de Seabra da Silva
- 1774-1799 José Pereira Ramos de Azevedo Coutinho
- 1799-1802 José de Seabra da Silva
- 1802-1806 Luís Pinto de Sousa Coutinho, 1.º Visconde de Balsemão
- 1806-1813 Francisco Velho da Costa Mesquita Castelo Branco
- 1813 Francisco José da Horta Machado
- 1813-1821 António Salter de Mendonça, Visconde de Azurara
- 1821-1834 Manuel Francisco de Barros e Sousa de Mesquita de Macedo Leitão e Carvalhosa, 2.º Visconde de Santarém
- 1834-1836 D. Frei Francisco de São Luís Saraiva,
- 1836-1838 António Nunes de Carvalho
- 1838-1842 António Manuel Lopes Vieira de Castro
- 1842-1856 Manuel Francisco de Barros e Sousa de Mesquita de Macedo Leitão e Carvalhosa, 2.º Visconde de Santarém
- 1856-1861 Joaquim José da Costa Macedo
- 1861-1887 António de Oliveira Marreca
- 1887-1902 José Manuel da Costa Basto
- 1902-1908 Roberto Augusto da Costa Campos
- 1908-1949 António Eduardo Simões Baião
- 1949-1951 Alfredo Augusto Lopes Pimenta
- 1951-1966 João Martins da Silva Marques
- 1966-1988 José Pereira da Costa
- 1988-1990 Humberto Carlos Baquero Moreno
- 1990 Martim Corte-Real de Albuquerque
- 1990-1996 Jorge Borges de Macedo
- 1996-1998 José Mattoso
- 1998-2001 Bernardo de Vasconcelos e Sousa
- 2001-2004 Miriam Halpern Pereira
- 2004-2005 Pedro Dias
- 2005-bis mind. 2011 Silvestre Lacerda

Zu sehen sind hier auf den Bildern die Unterschriften von fünf bedeutenden guarda-mores, nämlich Damião de Góis, Manuel da Maia, Gomes Eanes de Zurara, Fernão Lopes und Rui de Pina.

Torre do Tombo






Am letzten Samstag fuhr ich durch den Campus der Lissabonner Universität (port.: Universidade de Lisboa), im Stadtteil Campo Grande, und ich kam an einem Gebäude vorbei, der imposant aus allen anderen hervorragt, dem Torre do Tombo.

Der Torre do Tombo (dt.: Tomboturm) ist ein öffentliches Archiv das als Zentralarchiv der portugiesischen Nation fungiert, und in dem seit über 600 Jahren alle wichtigen und staatsrelevanten Urkunden, Akten, Dokumente und Schriftstücke Portugals aufbewahrt werden.
Aus dem Mittelalter stammend, und mit über 600 Jahren Geschichte, ist der Torre do Tombo, bzw. das Nationalarchiv, eines der ältesten bestehenden Institutionen der portugiesischen Nation.
Der Titel eines „guarda-mor“ (dt.: Oberster Wächter / Hauptwächter), für den Direktor des Nationalarchivs, ist somit eines der ältesten Titel den der portugiesische Staat zu vergeben hat.
Berühmte guarda-mores waren z.B. Damião de Góis, Fernão Lopes, Gomes Eanes de Zurara und Manuel da Maia.

Seinen Ursprung hat das Nationalarchiv im Jahre 1378, als damals im Hauptturm der Lissabonner Burg Castelo de São Jorge, der so genanten Torre do Tombo, alle wichtigen staatsrelevanten Urkunden und Verträge des Königreiches, gesammelt wurden.
Da sich das Archiv auf der königlichen Burg befand, war das Archiv zu aller erst ein königliches Archiv, bevor er mit der Zeit zum Nationalarchiv wurde.
Diesen Turm gibt es heute leider nicht mehr, da er beim großen Erdbeben im Jahre 1755 völlig zerstört wurde.
Da damals beim Erdbeben aber kein Feuer in der Burg ausbrach, konnten viele geschichtlich-wertvollen Dokumente gerettet werden und bis in die heutige Zeit überdauern.
Die Tatsache, das die Akten und Dokumente des Nationalarchiv beim großen Erdbeben von 1755 so gut wie keinen Schaden nahmen, bedeutet nicht, das das Nationalarchiv über die Jahrhunderte hinweg nicht schwere Krisen überstehen musste.

Die drei verlustreichsten Episoden des Nationalarchivs waren ohne Zweifel die „Filippinische Zeit“ von 1580 – 1640, als die spanischen Könige Filipp II, Filipp III und Filipp IV über Portugal mit absoluter Macht herrschten, und viele Dokumente, vor allem die der Seefahrt- und Entdeckungszeit, in dieser Zeit ins spanische Nationalarchiv von Madrid verschwanden.
Dann war, wie ich schon erwähnte, das Erdbeben vom 01. November 1755, sehr verlustreich für das Archiv, weil es vollkommen zerstört wurde.
Und als dritte, sehr verlustreiche Episode für das Nationalarchiv, gilt die Flucht der portugiesischen Königsfamilie vor den Truppen Napoleons nach Brasilien, im Jahre 1808.
Damals wurde die portugiesische Hauptstadt von Lissabon nach Rio de Janeiro verlegt, und wie alle anderen politischen und kulturellen Institutionen, so musste auch das Nationalarchiv von Portugal nach Brasilien ziehen. Bei diesem Umzug gingen natürlich immens viele Dokumente und Akten der portugiesischen Geschichte unwiederbringlich verloren.

1755 wurde das Nationalarchiv in die Calçada da Estrela verlegt, in das durch das Erdbeben damals nicht zerstörte Benediktinermünster der Gesundheit (port.: Mosteiro de São Bento da Saúde), dem heutigen Benediktinerpalast (port.: Palácio de São Bento), wo es bis 1990 auch blieb.
Obwohl das Nationalarchiv sich nun in einem anderen Gebäude befand, behielt es den Namen „Torre do Tombo“ bei.

Erst 1991 kam das Nationalarchiv der Torre do Tombo (port.: Arquivo Nacional da Torre do Tombo) auf den Campus der Lissabonner Universität.
Dort verteilt er sich auf drei Gebäude und 55.000 m².
In dem einen Gebäude befindet sich die Verwaltung des Nationalarchivs, in einem anderen befindet sich ein Museum, in dem auch kulturelle Veranstaltungen und Ausstellungen stattfinden, und im dritten Gebäude befindet sich das eigentliche Nationalarchiv, in dem auf über 100 Regalkilometern wichtige und geschichtliche Schriftstücke aufbewahrt werden, darunter ein Dokument aus dem Jahre 882, aus der Maurenzeit also, welches das älteste Schriftstück der Torre do Tombo ist, weiterhin über 400 Papsturkunden, über 40.000 Dokumente aus der Zeit der Seefahrten und Entdeckungen und über 36.000 Akten aus den Zeiten der Inquisition.
Das für einen Portugiesen aber wohl wichtigste Schriftstück, das im Archiv der Torre do Tombo lagert, ist wohl die Päpstliche Bulle „Manifestis probatum“, datiert vom 23. Mai 1179, in der Papst Alexander III (port.: Alexandre III), die Unabhängigkeit Portugals „für immer und unwiderruflich“ anerkennt und bestätigt.

Samstag, 9. Oktober 2010

Jean Nicot


“Rauchen schadet ihrer Gesundheit!” – so lautet einer der wohl bekanntesten Antiraucherslogans unserer Zeit.
Das Rauchen, der Tabak, das Nikotin, dies sind alles Dinge auf die heute keiner mehr so recht stolz ist.
Im Gegenteil, wir leben heute in einer Zeit in der es verpönt ist Raucher zu sein.
Das war aber nicht immer so.

Vor etwas mehr als 500 Jahren, wir schreiben das Jahr 1533, bringt der Seefahrer Martim Afonso de Sousa einige Tabakpflanzen (port.: tabaco / lat.: Nicotiana) aus dem vor kurzem entdeckten Brasilien mit nach Europa, die sofort Dank der klimatischen Bedingungen Portugals, in den Gärten des königlichen Hofes von João III und in den Gartenanlagen der portugiesischen Fürsten prächtig gedeihen.
Die Spanier hatten durch Christoph Kolumbus (port.: Cristóvão Colombo) schon Jahre zuvor mit dem Tabak Bekanntschaft gemacht, benutzten die Pflanze aber zuerst lediglich als Zierpflanze in ihren Gärten.

Die Portugiesen, unter besagtem Martim Afonso de Sousa, hatten aber von den heilenden Eigenschaften, die die südamerikanischen Ureinwohner dem Tabak zuschrieben, gehört und brachten dieses nach Europa um es besser zu erforschen.
Es ist überliefert, dass bereits im Jahr 1543 ein Universitätsprofessor aus Coimbra den Tabak wegen seiner Heilkraft empfahl. Eine bereits im Jahre 1545 erschienene Schrift beschreibt eine Vielzahl von Krankheiten, die mit Hilfe des Tabaks geheilt werden könnten.

Im Jahre 1559 wird der 29jähriger französischer Diplomat und Gesandter Jean Nicot an den Hof des jungen portugiesischen Königs Sebastião abberufen, um hier die französische Krone als Botschafter zu repräsentieren.

Der französische Botschafter, der gleichzeitig ein Freizeitbotaniker war und dessen Namen zu seiner Zeit völlig unbekannt war und den heute jeder kennt, freundete sich mit dem berühmten Botaniker Damião de Góis an, und durch ihn lernte er viele Pflanzen kennen, darunter auch die Tabakpflanze.
Ihre Heilkraft interessierte ihn.
Monsieur Nicot führte in Lissabon einige Versuche durch, sogar einige Selbstversuche, und diese überzeugten ihn von der Heilkraft des Tabaks.

1561 schickte Jean Nicot einige Tabaksamen an den französischen Hof.
Schnell verbreitete sich der Tabak in den höheren Kreisen Frankreichs.
Um 1566 benutzte Königin Katharina von Medici Tabak, wie von Nicot geraten, als Schnupfpulver gegen die Kopfschmerzen ihres Sohnes Karl IX. Das Ergebnis war, das der französische König Karl IX seine andauernden Migräneanfälle loswurde.
Die Kunde von der heilenden Wirkung des Tabaks verbreitete sich in den hohen französischen Kreisen, und die Tabakpflanze wurde fortan „Catharinaire“ oder „Herba Prioris“ genannt.

Bereits 1570 benannte der Botaniker Charles Etienne die Pflanze Nicotiana.
Der schwedische Botaniker Carl von Linné nannte sie in seinem 1737 erschienenen Buch Genera plantarum schließlich dann auch Nicotiana tabacum.
Nachdem hier in Portugal der Wirkstoff des Tabaks seit dem Ende des 16. Jahrhunderts bereits nicotina (dt.: Nikotin), nach Jean Nicot, genannt wurde, wurde es erst 1828 offiziell unter diesem Namen weltweit bekannt.

Heute noch, wird in Portugal Tabak angebaut, und zwar auf der Azoreninsel São Miguel.

Wie wir sehen, haben sich im Laufe der Jahrhunderte der Konsum und die Einstellung zum Tabak stark verändert.
Was früher als Wundermittel galt, ist heute als gesundheitsschädigend verschrien und verpönt.

„Rauchen schadet ihrer Gesundheit“ – was hätte wohl Jean Nicot von diesem Slogan gehalten?