Samstag, 11. Juni 2011

Manjerico


Der Monat Juni ist gekommen!
In vielen portugiesischen Städten und Gemeinden, wie in Lissabon, Porto, Almada und vielen mehr, werden in diesem Monat die drei Volksheiligen gefeiert.
Die drei Volksheiligen sind der Heilige Antonius (port.: Santo António), der Heilige Johannes (port.: São João) und der Heilige Petrus (port.: São Pedro).

Wenn man dieser Tage durch Lissabon läuft, wird man vor allem in der Altstadt, eine Stadt in Feierlaune erleben.
Der 13. Juni naht, der Tag an dem die Hauptstadt ihren Heiligen Sankt Antonius (port.: Santo António) feiert (bitte lesen sie hierzu auch meinen Eintrag „Santo António de Lisboa“ vom 12.06.2009).
Mehr als ein religiöses Fest, ist das Sankt Antoniusfest ein Fest der Stadt und ihren Bewohnern.

Lissabonner zu sein und das Antoniusfest nicht zu feiern, wäre so, als wenn man als Brasilianer den Karneval nicht feiert würde.
Es würde einfach keinen Sinn machen!
Lissabon ist eine der wenigen Städte auf der Welt, in der das Stadtfest heute noch mit so viel Bürgerbeteiligung und populären Traditionen gefeiert wird.
Die Traditionen und die Rivalität der einzelnen Stadtteile unter sich, auch diese Rivalität ist eine Tradition, macht das Flair dieses Volksfestes aus.

Eine der schönsten Traditionen in dieser Zeit ist es, einem geliebten Menschen einen Manjerico (dt.: Kleinblättriger Basilikum / lat.: Ocimum minimum) zu schenken.
Manjerico ist die wilde Form des Basilikums und eng mit dem Manjericão (dt.: Echter Basilikum / lat.: Ocimum basilicum) verwandt.
Es handelt sich beim Manjerico um eine grüne, kleinblättrige Topfkräuterpflanze, die sehr intensiv und charakteristisch riecht.

Wenn man einen Manjerico kauft, so ist in dem Blumentopf in dem er gepflanzt ist, meistens zusätzlich zu der Pflanze, auch eine bunte Papiernelke (port.: cravo de papel) und ein kleines Spruchband mit einem vierzeiligen Reim ( port.: quadra popular) eingesteckt.
Der Reim handelt fast immer über die Liebe, über Lissabon und über den Stadtheiligen Antonius.

Der Manjerico, der kleine Herzförmige Blätter hat, soll Glück bringen, vor allem in der Liebe.
Deshalb verschenken vor allem Männer ihren Freundinnen oder Frauen noch heute in der Sankt Antoniusnacht einen Manjerico.
Schenkte in frühen Jahren ein Mann seiner Liebsten ein Manjerico, so war das sogar gleichzustellen mit einem Heiratantrag an die Geliebte.

Die Legende besagt, dass der Manjerico nach dem Antoniusfest vertrocknet und abstirbt, so dass es erst im nächsten Jahr wieder einen duftenden Manjerico gibt.

Wie bei jeder Legende, steckt auch in dieser nur die halbe Wahrheit.
Es ist wahr, dass nach dem Stadtfest viele Manjericos absterben, aber auch nur, weil ihre Besitzer sie einfach nicht richtig pflegen.
Der Kleinblättrige Basilikum braucht nämlich eine Menge Wasser und einen windstillen, sonnigen Platz auf der Fensterbank.
Da viele ihn aber in den Schatten stellen und oftmals auch einfach das gießen vergessen, geht er leider meistens auch ein.

Wahr ist aber, dass früher vor allem Schuster in ihren Werkstätten einen Manjerico hatten.
Nicht das diese Berufsklasse besonders oft verliebt war, jedenfalls nicht mehr oder weniger als andere.
Nein, sie hatten einen Manjerico in ihren Werkstätten, um den penetranten Ledergeruch zu übertünchen, der an ihrem Arbeitsplatz oftmals herrschte.

Leider sind die schon erwähnten Vierzeiler ins Deutsche nicht originalgetreu übersetzbar.
Sie würden sich einfach nicht reimen.
Nichtsdestotrotz möchte ich hier einige Reime aufführen, die mir noch vom letzten Sankt Antoniusfest im Gedächtnis geblieben sind.
Wer minimal die portugiesische Sprache beherrscht, wird sie sofort verstehen:

Manjerico, manjerico,
Manjerico que te dei,
A tristeza com que fico
Inda amanhã a terei.

O manjerico comprado
Não é melhor que o que dão.
Põe o manjerico ao lado
E dá-me o teu coração.

Manjerico que te deram,
Amor que te querem dar...
Recebeste o manjerico.
O amor fica a esperar.

No Santo António enfeitado
Há cravos e manjericos
Sardinhas de cheiros encantados
Para os pobres e para os ricos.

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