Samstag, 12. September 2009

Ich wünsche allen eine gute Reise…


Vor ein paar Tagen habe ich den Roman „Eine Spur von Verrat“, der englischen Schriftstellerin Anne Perry, zu Ende gelesen.
Anne Perry schreibt viktorianische Kriminalromane, bei denen selbst einem Alfred Hitchcock die Augen übergehen würden.

In einem der letzten Kapitel des Romans vergleicht die Schriftstellerin das menschliche Leben mit einer Zugreise.
Ich fand diesen Vergleich sehr interessant und ich will nun hier versuchen, mit meinen eigenen Worten, ihn wiederzugeben.

Anne Perry schreibt das man in einen Zug (und damit meint sie das Leben!) oft ein- und aussteigt und das es bei manchen Aufenthalten angenehme Überraschungen und glückliche Momente, aber leider auch Unfälle und Schicksalsschläge gibt.
Wenn wir geboren werden und in einen Zug einsteigen, treffen wir Menschen, von denen wir glauben, dass sie uns während der ganzen Reise begleiten werden, wie z.B. unsere Eltern.

Leider ist aber die Wahrheit eine andere.
Sie steigen irgendwann aus und lassen uns ohne ihre Liebe und Zuneigung, ohne ihre Freundschaft und Gesellschaft zurück.
Allerdings steigen dafür andere Menschen, die für uns sehr wichtig werden, in den Zug ein.

Es sind diese unsere Geschwister, unsere Freunde und andere Menschen, die uns begegnen und die wir lieben lernen.
Manche Personen, die einsteigen, betrachten die Reise als kleinen Spaziergang. Andere finden nur Traurigkeit auf ihrer Fahrt durch das Leben. Und es gibt wieder andere, die Hilfe brauchen.
Manche hinterlassen beim Aussteigen eine immerwährende Sehnsucht, eine unbeschreibliche „Saudade“, wie wir hier in Portugal wohl sagen würden.
Manche stürzen uns in tiefe Not.

Wiederum andere steigen ein und wieder aus und wir haben sie kaum bemerkt.
Es erstaunt uns, dass manche Passagiere, die die wir am liebsten haben, sich in einen anderen Waggon setzen und uns die Reise in diesem Abschnitt alleine machen lassen. Selbstverständlich lassen wir uns nicht davon abhalten, die Mühsal auf uns zu nehmen sie zu suchen und uns zu ihrem Waggon durch zu kämpfen.
Leider können wir uns dann manchmal nicht zu ihnen setzen, weil der Platz an ihrer Seite schon besetzt ist.

So ist das Leben. Voll an Herausforderungen, Träumen, Fantasien, Hoffnungen und Abschieden, aber ohne Wiederkehr.

Machen wir also die Reise durch das Leben so gut wir können! Versuchen wir mit dem Zug gut anzukommen und sehen wir in jedem von ihnen das Beste!
Erinnern wir uns daran, dass in jedem Abschnitt der Strecke einer unserer Gefährten schwanken kann und möglicherweise unser Verständnis braucht.
Auch wir werden während der Fahrt schwanken und es wird dann hoffentlich jemand da sein, der uns versteht und hilft.

Das große Mysterium unserer Reise ist, dass wir nicht wissen, wann wir endgültig aussteigen werden und genauso wenig wann unsere Mitreisenden aussteigen werden, nicht einmal die, die derzeit neben uns sitzen.

Seit dem lesen des Romans von Anne Perry, denke ich immerzu, wie es wohl sein wird, wenn meine Eltern, meine Familie, meine Freunde oder sogar ich selber einmal aus dem Zug für immer aussteigen werden.

Ich weiß sehr wohl, dass die Trennung von den Menschen die ich liebe, und die ich während der Reise traf, mich sehr schmerzen wird.
Aber ich habe die Hoffnung, dass ich irgendwann am Hauptbahnhof ankommen werde.
Dann werde ich sie alle kommen sehen, mit Gepäck, das sie beim Einsteigen noch nicht hatten. Ich glaube das wird mich glücklich stimmen.
Was mich dann ebenso glücklich machen wird, ist der Gedanke, dass ich mit geholfen habe ihr Gepäck zu tragen und die richtigen Inhalte hinein getan habe.

Ich hoffe ich werde eine schöne, erfolgreiche und gesunde Zugreise machen.
Auf alle Fälle werde ich versuchen, beim Aussteigen einen leeren Sitz zurücklassen, der Sehnsucht und schöne Erinnerungen bei den Weiterreisenden, die mir so am Herzen liegen, hinterlässt.

Ich wünsche allen eine gute Reise...

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