Sonntag, 2. September 2012

Von einem radikalen Tierschützer und Partycrasher



Wer am vergangenen Donnerstagabend, dem 30. August 2012, die Lissabonner Stierkampfarena im Campo Pequeno besucht hat, hat mit ansehen müssen, wie der junge „forcado“ Nuno Carvalho einen schweren Unfall erlitt.

Der 26jährige Nuno Carvalho, der zu der amateuren Forcadogruppe Aposento da Moita (port.: Grupo de forcados amadores do Aposento da Moita) aus dem Ribatejo gehört und von seinen Kollegen liebevoll „Mata“ genannt wird, hatte bei der Ausübung der fünften „pega“ des Abends äußerstes Pech.

Wie bei jeder „pega“ üblich, hatte sich Carvalho mit sieben seiner Kollegen in einer Reihe gegenüber dem Stier gestellt und ihn auf sich zurasen lassen, um diesen dann sprichwörtlich „bei den Hörnern zu packen“.
Leider hat er den Stier nicht richtig nehmen können und so stürzte er daraufhin so unglücklich zu Boden, dass der über 500 kg schwere Stier ihn mit einem seiner Hufe schwer am Rücken traf.

Sofort wurde Nuno Carvalho ins Lissabonner Krankenhaus Santa Maria (port.: Hospital de Santa Maria) gebracht, wo er noch in der gleichen Nacht, neun Stunden lang, an der Wirbelsäule operiert wurde.
Wie gestern Freunde von Carvalho berichteten und die Ärzte des Krankenhauses Santa Maria leider heute auch bestätigten, gibt es nur noch wenig Hoffnung, das Nuno Carvalho jemals wieder selbstständig laufen wird.

Weshalb ich dies alles erzähle?

Nun gestern war ich auf einem Geburtstag.
Es waren sowohl Portugiesen als auch Deutsche zu diesem Geburtstag eingeladen und irgendwie kamen wir während des späten Nachmittags auf den Vorfall im Campo Pequeno zu sprechen.
Fast jeder, sowohl „aficionados“ (dt.: Stierkampfliebhaber) als auch Stierkampfgegner, hat seine Meinung zu diesem tragischen Vorfall geäußert, ohne verletzend zu sein oder überheblich zu wirken.

Aber da es heutzutage anscheinend auf jeder Feier einen Spielverderber geben muss, ich glaube die Jugend nennt so etwas „Partycrasher“, wurde auch die gestrige Geburtstagsfeier leider von solch einem Individuum heimgesucht.

Ein Freund eines Freundes, der aus Deutschland hier in Portugal zu Besuch ist und mehr zufällig als beabsichtigt auf die gestrige Geburtstagsfeier mitgenommen wurde, outete sich als „radikaler Tierschützer“.
Das waren wirklich seine Worte:
„Ich bin ein radikaler Tierschützer!“

Nun, jedem das seine, aber anscheinend war der junge Mann nicht nur ein „radikaler Tierschützer“ sondern gleichzeitig auch ein „radikaler Weltverbesserer“ und ein „radikaler Moralist“.
Denn er war doch tatsächlich der Meinung, dass wir Portugiesen (er sprach doch tatsächlich von „ihr Portugiesen“!) blutrünstige, grausame, primitive und perverse Tiermörder seien.
Er meinte noch, es geschehe dem jungen Nuno Carvalho recht, das er jetzt wahrscheinlich ein Leben lang Querschnittsgelähmt bleiben werde, und er würde diesen jungen Mann kein bisschen bemitleiden.

Nun, alleine schon des Geburtstagskindes wegen, haben wir, die anderen Gäste, uns zurückgehalten und sind nicht weiter auf das Thema eingegangen.
Schließlich wurde uns allen – sowohl Deutschen als auch Portugiesen, die wir hier in diesem kulturlosen Land leben – eine gute Kinderstube mit auf dem Weg gegeben und dazu auch noch die Gabe des fremdschämens…

Ich habe dann am Abend, bevor ich gegangen bin, dem „radikalen Tierschützer“ noch meine Blogadresse http://www.planetportugal.blogspot.com/ mit auf dem Weg gegeben, und ihm gesagt er solle unbedingt einmal reinschauen, denn ich versprach ihm, ich würde den gestrigen Abend sicherlich bei Gelegenheit Revue passieren lassen und ihn dann bestimmt erwähnen.

Und da ich immer das zu halten pflege was ich verspreche, habe ich also nun hier, in diesem Beitrag, über den gestrigen Vorfall erzählt.

Aber eines wollte ich Dir hier noch einmal gesagt haben, lieber „radikaler Tierschützer“:

Wir mögen zwar hier am Rande Europas leben, und wir mögen in Deinen Augen nicht gerade die höchste Kultur besitzen, dennoch wissen wir sehr wohl was sich gehört.
Bei fremden Leuten zum Geburtstag eingeladen zu sein, sich dort den Magen mit leckeren Schweine- und Rindersteaks bis zum geht nicht mehr voll zu stopfen, die Geburtstagsgäste und das Geburtstagskind zu beleidigen und dann über einen Querschnittsgelähmten auf die übelste Art und Weise abzulästern, gehört sich einfach nicht.
Du behauptest wir, die wir „aficionados“ sind, wären pervers, grausam und primitiv.
Im Grunde genommen bist Du gestern Abend der Perverse, Grausame und Primitive gewesen!

Unbekannterweise wünsche ich dem forcado Nuno Carvalho für die nächste Zukunft viel Mut, Kraft und Selbstvertrauen.
Er wird es brauchen.

Die allerbesten Genesungswünsche! Boa sorte para o futuro e muita saúde Nuno!

2 Kommentare:

  1. Guten Morgen Ângelo

    Ich habe sowohl die spanische als auch die portugiesische Variante des Stierkampfes kennen gelernt. Beides ist nicht mein Ding.

    Ich kämpfe lieber mit Messer und Gabel mit einem 300gramm Rindersteak durch (well-done) ... :-)))

    Aber ich gebe Dir zu allem, was Du zu diesem deutschen Klugscheisser sagst, absolut Recht.

    Und der Typ hat sich echt den Magen mit Fleisch voll gehauen???

    So sind sie halt manchmal(!), die deutschen Jungspunde, - bigotte Dummsabbel mit Goebbels-Schnauze und moralisch von fragwürdiger Konstitution.

    Darf ich fragen, WO(!) sich diese Geburtstagsfeier abgespielt hat? In der Nähe von Setúbal? Kommt dieser Typ aus der Bremer Ecke?

    Ich les Deinen blog gerne...

    Alles Gute

    Tano

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  2. Tano,

    wenn du schon über User des Portugalforums herziehst, könntest du das wenigesten dort machen. ;-).

    Grüße
    can

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