Mittwoch, 3. Oktober 2012
Castelo Branco
In Mittelportugal, nordöstlich von Lissabon und nahe der spanischen Grenze, liegt die alte Hauptstadt der historischen Provinz Beira Baixa, Castelo Branco.
In Castelo Branco leben etwa 40.000 Menschen, die laut einer Studie der portugiesischen Verbraucherschutzorganisation DECO, und im Vergleich zu anderen Städten der Region, ein überdurchschnittlich hohes Maß an Lebensqualität genießen.
Aber die Lebensqualität wird auch schon vor 2000 Jahren nicht schlecht gewesen sein, denn zahlreiche Funde belegen, das schon die alten Römer sich anscheinend in diesem Teil der Beira Baixa sehr wohl gefühlt haben müssen – auch wenn heute leider nichts mehr an diese Zeit im Stadtbild erinnert.
Im Jahre 1182 wird Castelo Branco zum ersten Mal erwähnt.
In einem Dokument aus diesem Jahr vermacht der Edelmann Fernandes Sanches dem religiösen Tempelritterorden (port.: templários) eines seiner Güter, die Vila Franca da Cardosa, die einstmals im heutigen Stadtgebiet von Castelo Branco lag.
Im Jahre 1213 ersuchen die Tempelritter in einem Schreiben an Papst Innozenz III um die Erlaubnis, eine Burg für ihren Orden an dieser Stelle bauen zu dürfen.
In einer Urkunde an die Tempelritter, aus dem Jahre 1215, gewährt der Papst daraufhin diesen Bau, der urkundlich zum ersten Mal „Castelobranco“ genannt wird.
So wird zwischen den Jahren 1214 und 1230 eine weiße Burg (port.: Castelo Branco) errichtet, die damals noch weit davon entfernt war, einmal die Stadt zu werden, die sie heute ist.
Leider sind heute nur noch geringe Fragmentteile aus dieser Zeit vorhanden.
Innerhalb der ehemaligen Burgmauern existieren damals, bis ins 16. Jahrhundert hinein, nur die Burg, die Kirche Igreja de Santa Maria do Castelo und einpaar Behausungen für die einfachen Bewohner der Burg.
Im Jahre 1510 erteilt König Manuel I in einem Brief (port.: carta de foral) der grenznahen Burg Sonderrechte und ihren Bewohnern gewisse Bürgerrechte.
König João III sichert 1535, in einem erneuten Brief, weiterhin den Bewohnern der Burg diese besonderen Bürgerrechte.
Basierend auf diese königlichen Sonderrechte wächst die Burg zusehends.
Anfang des 17. Jahrhunderts findet das Leben nicht mehr nur innerhalb der Burgmauern statt, sondern auch außerhalb dieser.
So kommt es, das im Jahre 1642, nach der erneuten Unabhängigkeit Portugals von Spanien, die aus den fugen geratene Burg durch König João IV, zur Kleinstadt Vila de Castelo Branco erhoben wird.
Erst 1771 werden Castelo Branco, durch König José I, die vollen Stadtrechte verliehen.
Durch die grenznahe Lage zu Spanien kam Castelo Branco in der Geschichte stets eine bedeutende militärstrategische Rolle zu.
Trotz des wehrhaften Ausbaus der Stadtmauer hatte die Stadt im Laufe der Geschichte so wiederholt unter fremden Angriffen und Überfällen zu leiden, zuletzt im Jahre 1807, als napoleonische Truppen unter General Jean-Andoche Junot, erhebliche Schäden in der Stadt anrichteten.
So kommt es, das Castelo Branco, weil es immer eine umkämpfte Stadt war und ihre Bürger eher mehr Sinn zur Verteidigung als zur Schönheit hatten, heute leider kein außergewöhnlich ansprechendes Ortsbild vorweisen kann.
Hauptanziehungspunkt der Stadt ist der Jardim Episcopal, der ehemalige bischöfliche Garten.
Er ist einer der schönsten barocken Parks in ganz Portugal.
Die in Terrassen angelegten Gärten entstanden zu beginn des 18. Jahrhunderts, als Castelo Branco von Papst Klemens XIV zum Bischofssitz ernannt wurde.
Der Park ist ein wahrer Panoptikum barocker Überschwänglichkeit und Verspieltheit: Sorgsam gestutzte Bäume und Sträucher, sowie kunstvoll geformte Beete sind belebt von Teichen und Wasserspielen.
Beeindruckend ist die Überfülle barocker Gartenplastiken, wie unzählige Erzengel, Evangelisten, Apostel, Könige, Tiergestalten und allegorischen Figuren.
Die nördliche Parkbegrenzung bildet der alte Bischofspalast (port.. Antigo Paço Episcopal).
Der ursprünglich gotische, und im Jahre 1726 barock umgestaltete Bau beherbergt heute ein Museum, das prähistorische und römische Funde aus der Umgebung von Castelo Branco zeigt, sowie Gemälde portugiesischer Meister, Gobelins, Münzen, Möbel und Waffen.
Vor dem Bischofspalast steht der schöne Pelourinho (dt.: Pranger), der von den Einheimischen „Cruzeiro de São João“ genannt wird, mit seinem gedrehtem Schaft.
Weitere sehenswerte Gebäude der Stadt sind der alte Stadtpalast Solar dos Viscondes de Oleiros, in dem heute das Rathaus untergebracht ist, die aus dem Jahre 1519 stammende Kirche Igreja da Misericórdia, mit ihrem imposanten manuelinischen Portal und das Museum Cargaleiro, das eine große und bedeutende Sammlung des Malers und Keramikkünstlers Manuel Cargaleiro beherbergt.
In der Umgebung von Castelo Branco befinden sich zahlreiche lohnenswerte Ausflugsziele. Etwa 60 km nordöstlich liegt z.B. das malerisch gelegene historische Dorf Monsanto, das den Ruf hat „das portugiesischste Dorf“ Portugals zu sein (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Gemeindeausflug 2012 der DEKL in die Beira Baixa“, vom 30. September 2012).
Rund 30 km südwestlich von Castelo Branco befindet sich, in einem Naturschutzgebiet, das imposante Felsentor Portas de Ródão.
Portas de Ródão ist der Name einer natürlichen Wasserschlucht, die der Tejo über Jahrmillionen in den Felsen ausgewaschen hat.
Nördlich von Castelo Branco, am Nordabhang des Gardunha-Gebirges, befindet sich das Städtchen Fundão, das in ganz Portugal vor allem wegen seinem intensiven Kirschenanbau, zweifelsohne die besten und leckersten Kirschen des Landes, bekannt ist.
Wer einmal das ursprüngliche Portugal kennen lernen möchte, dem seien ein Ausflug nach Castelo Branco und seine Umgebung nur wärmstens zu empfehlen.
Castelo Branco ist leicht mit dem Auto zu erreichen, da es infrastrukturmäßig sehr gut an Autobahn und Schnellstraßen angeschlossen ist.
Aber noch empfehlenswerter ist eine Anreise nach Castelo Branco mit der Eisenbahn.
Alleine die wunderschöne Zugfahrt von Lissabon aus, immer am Ufer des Tejo entlang, ist wahrlich eine Reise wert!
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