Mittwoch, 3. Juni 2009

Zwei Herzen schlagen in meiner Brust


Kann ein Mann zwei Heimatländer haben?

Im Jahre 1972, im zarten Alter von 6 Jahren, betrat ich zum ersten Mal deutschen Boden.
Mein Vater war schon 1971 als „Gastarbeiter“ ‚(und als Gäste haben wir uns auch immer gefühlt, obwohl wir uns wirklich niemals einer Assimilierung entgegengestellt haben) ins Land gekommen, um für den großen Merckkonzern in Darmstadt, am Fliesband zu stehen. Er ging nach Deutschland aus zwei fundamentalen Gründen:

Einerseits war 1971 hier in Portugal immer wieder die Angst im Raum, der Diktator Marcelo Caetano könne nun auch verheiratete Familienväter für den Kriegsdienst einziehen lassen, um die Kolonialkriege zum erfolgreichen Ende zu führen.
Und zweitens leidete meine Schwester Carla Marina, damals knapp 1 Jahr alt, schwer an Asthma und mein Eltern sahen nur durch eine Beschäftigung im Ausland die Möglichkeit soviel zu verdienen, das sie genug Geld hatten, um meiner Schwester die nötigen Medikamente zu kaufen.
Also folgte meine Mutter meinem Vater Anfang 1972 nach Deutschland, und Beide holten sie mich und meine Schwester im Juni des selben Jahres nach.

In Deutschland ging ich sofort in die Schule, und ich kann ohne weiteres behaupten, das der Mensch, der ich heute bin, ich dem deutschen Schulwesen und meinen hervorragenden Lehrern zu verdanken habe.
Überhaupt, habe ich dem deutschen Staat vieles zu verdanken. Denn ohne dieses Land wäre ich nicht der gebildete, aufgeklärte, liberale, belesene und politisch interessierte Mensch den alle meine Freunde kennen und, so denke ich, auch schätzen.

Aber trotz allem, ist mir Deutschland nie eine Heimat gewesen. Im Gegenteil, je mehr Jahre ich in Deutschland verbrachte, desto fremder wurden mir die Menschen, die Kultur und der Alltag. Wie der Name „Gastarbeiter“ schon sagt, fühlte ich mich als Gast, aber nie dazugehörend. Es lag nicht daran, dass ich keine Freunde hatte, oder dass ich mich irgendwie religiös, kulturell oder politisch unterdrückt fühlte. Es war einfach die menschliche Wärme, die mir fehlte.
Deutschland konnte mir nie das Geben, was Portugal mir gegeben hat, nämlich das Gefühl dazu zugehören.
Portugal war, ist und wird wahrscheinlich bis an mein Lebensende, immer mein Vaterland sein.
Früher sah ich es als „Schicksal“ nicht in einer Kultur zuhause zu sein und auch nicht in der anderen. In Deutschland war ich der Ausländer, in Portugal der Deutsche.

Heute sehe ich die Sache mit ganz anderen Augen.
Heute kann ich behaupten, dass ich in beiden Ländern zuhause bin.
Portugal ist mein Vaterland und deutsch ist meine Muttersprache.
Zwei Herzen schlagen in meiner Brust, der eine ist deutsch, der andere portugiesisch. Und im Rhythmus dieser zwei Herzen lebe ich mein Leben.

Und somit glaube ich, selber die Antwort auf die Frage gegeben zu haben, die ich ganz am Anfang dieses Textes gestellt habe, nämlich ob ein Mann zwei Heimatländer haben kann.

„Yes, he can!“

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