Donnerstag, 6. Dezember 2012

In memoriam: Oscar Niemeyer



Als ich vor zehn Jahren, aus São Paulo kommend, meinen Anschlussflug nach Frankfurt/Main verpasste, war ich eigentlich dazu verdammt die Nacht in dem Flughafen der brasilianischen Hauptstadt Brasilia zu verbringen.

Wie ich schon sagte, ich war eigentlich dazu verdammt.
Aber wer mich kennt, weiß das ich nicht so ohne weiteres eine Nacht auf einem fremden Flughafen verbringen würde, zumal ich einen erholsamen Urlaub hinter mich hatte und am nächsten Morgen einen langen entspannten Rückflug nach Deutschland vor mir hatte.
Da ich also mehr als ausgeruht war, und ich noch über sieben Stunden bis zur Rückreise hatte, beschloss ich ein Taxi zu nehmen, und nach Brasilia rein zufahren.

Die Fahrt in die Innenstadt Brasilias, in dieser tropisch schwül-heißen Nacht, ist mir bis heute unvergessen im Gedächtnis geblieben.
Vom Taxi aus blickte ich in eine supermoderne Stadt hinaus, deren Monumente, Regierungsgebäude und Kathedrale hell erleuchtet auf einem Hochplateau mitten im Urwald lagen, und die mir damals so futuristisch erschien, wie keine andere Stadt die ich bis dahin gesehen hatte.
Ich war nie wieder in Brasilia, aber diese nächtliche Fahrt durch die brasilianische Hauptstadt habe ich nie wieder vergessen.

Das mir das futuristische Brasilia so einprägsam im Gedächtnis geblieben ist, habe ich zweifelsohne auch einem Mann zu verdanken, der wie kein anderer, für moderne, inspirierende Architektur steht – dem von mir sehr geschätzten Star-Architekten Oscar Niemeyer!

Oscar Niemeyer wurde am 15. Dezember 1907 als Oscar Ribeiro de Almeida Niemeyer Soares Filho in Rio de Janeiro geboren.
Der Sohn eines deutschstämmigen Schriftsetzers, dessen Vorfahre Jakob Konrad von Niemeyer im Jahre 1807 mit der portugiesischen königlichen Familie vor den französischen Truppen Napoleons nach Brasilien floh, gilt als Wegbereiter der modernen brasilianischen Architektur.

In seiner über 70jährigen Karriere – noch mit über 100 Jahren war er angeblich oftmals in seinem Architekturbüro an der Copacabana anzutreffen – realisierte Oscar Niemeyer über 620 Projekte in aller Welt.
Zu diesen gehören nicht nur die von mir hier schon erwähnten weltberühmten Regierungsgebäude und die Kathedrale von Brasilia, sondern auch, unter anderen, das UNO-Hauptgebäude in New York, das Kulturzentrum von Le Havre in Frankreich, das Lateinamerika-Memorial in São Paulo und das Museum für Zeitgenössische Kunst in Niterói, das eher an ein UFO erinnert als an ein Museum.

Auch in Portugal und Deutschland hat Oscar Niemeyer, von dem oftmals gesagt wurde er könne mit seinen geschwungenen Formen Stahlbeton zum schweben bringen, wunderschöne architektonische Meisterwerke hinterlassen.
In Funchal, auf Madeira, entwarf er 1966 das futuristische Casino Park Hotel, ein Hotel das sowohl ein Casino als auch ein berühmtes Kongresszentrum beherbergt.
In Deutschland errichtete er 1957 im Berliner Hansaviertel das imposante Interbau-Wohnhochhaus.

Am gestrigen Mittwoch, dem 05. Dezember 2012, verstarb Oscar Niemeyer, zehn Tage vor seinem 105. Geburtstag, in seiner Heimatstadt Rio de Janeiro an akutem Nierenversagen.

Der „Spiegel“ schrieb einmal in einer seiner Ausgaben über Oscar Niemeyer den Satz:
„Nie wieder wird die Zukunft so gut aussehen wie mit den Bauten des Brasilianers.“
Nun, ich weiß nicht wie die Zukunft wirklich aussehen wird.
Aber ich bezweifele stark, das es bald wieder jemanden geben wird, der solche Bauwerke voller Phantasie, Kurven und Träume errichten wird wie einstmals Oscar Niemeyer.

2 Kommentare:

  1. Ein toller Mann der noch mit 103 Jahren Interviews gab und seiner Zeit weit voraus war. Seine Bauten werden uns sein Andenken erhalten.

    AntwortenLöschen
  2. Auch der Film über Oscar Niemeyer "Das Leben ist ein Hauch" (2007) war beeindruckend und ließ viel von der schöpferischen Genialität erahnen.

    AntwortenLöschen