Sonntag, 11. August 2013

Die Legende vom Hahn von Barcelos



Vor kurzem traf ich mich mit meinen Arbeitskollegen zu einem Abendessen.
Mit anwesend an diesem Abend war auch Heike, eine Freundin meines Arbeitskollegen Miguel, aus Deutschland.
Heike fragte mich, welche Geschichte sich hinter dem „schwarz-bunten Hahn“ aus Ton verbergen würde, der ihr ständig hier in Portugal auf Schritt und Tritt begegnen würde.

Nun bei diesem „schwar-bunten Hahn“ handelt es sich um den Hahn von Barcelos (port.: galo de Barcelos), der im laufe der Jahrhunderte zu einer Ikone Portugals geworden ist und dessen Existenz einer alten und kuriosen Legende zugrunde liegt.  

Dieser Legende nach, fand vor langer, langer Zeit in der nordportugiesischen Kleinstadt Barcelos, in dem Haus eines wohlhabenden Bürgers der Stadt, ein großes, prächtiges Fest statt.
Aus allen Teilen des Königreiches reisten damals Freunde und Bekannte des Gastgebers an, unter ihnen reiche Edelleute, bedeutende Gelehrte und wohlhabende Bürger, um an diesem Fest teilzunehmen. Sogar aus dem nahen Galicien in Spanien fanden sich Gäste ein.
An diesem Abend tischte der Hausherr, der für seine großzügigen Bankette berühmt war, die edelsten Gaumenfreuden und die besten Weine auf, die man sich nur vorstellen kann.
Nach dem reichhaltigen Tafelgang gingen Hausherr und Gäste in einen anderen Saal, um den Abend ausgelassen mit viel Tanz und Musik fortzuführen.  

Doch der Tanz wurde abrupt beendet, als nämlich dem Hausherrn durch die Dienerschaft mitgeteilt wurde, dass das ganze Tafelsilber verschwunden war.
Wer hatte sich an dem wertvollen Tafelsilber vergriffen?
Wer war verantwortlich für solch einen dreisten Raub?
Der Hausherr hielt sich mit Anschuldigungen zurück, zumal ja der größte Teil seiner Gäste befreundete Edelleute, Gelehrte und Bürger der Stadt waren.
Dennoch musste noch in dieser Nacht ein Schuldiger gefunden werden.
Und er wurde gefunden!

Einer der Diener, der aus Galicien (span.: Galicia / port.: Galiza) stammte, wurde des Diebstahls bezichtigt und, obwohl dieser seine Unschuld beteuerte, sofort festgenommen. 
Am nächsten Tag wurde der Galicier vor einem Richter gebracht.
Der Richter wollte gerade speisen, und wollte sich durch ein langes und lästiges Gerichtsverfahren bei seinem Mittagessen nicht stören lassen.
Da der gebratene Hahn, der sein Mittagsmahl werden sollte, drohte kalt zu werden, verurteilte er den Galicier gnadenlos und ohne viel Federlesen zum Tode durch den Strang.
Als der Richter, quasi als letzte Amtshandlung, den Gefangenen fragte ob er vor seiner Hinrichtung noch ein paar letzte Worte zu sagen hätte, da antwortete ihm der Galicier:

„Euer Ehren ist bin des Raubes nicht schuldig!
Es ist so wahr, das ich unschuldig bin, wie dieser gebratene Hahn vor Euch gleich krähen wird, wenn ihr mich hängt!“
(port.: "Meritíssimo, eu não cometi o roubo. É tão certo eu estar inocente, como certo é esse galo cantar quando me enforcarem.")

Kaum hatte er diese paar Worte gesagt, da erhob sich auf wundersamer Weise der gebratene Hahn von seinem Teller und fing an zu krähen!
Der Galicier wurde sofort freigelassen und durfte die Stadt lebend verlassen!

Wie jede Legende, so ist auch die Legende vom Hahn von Barcelos nichts weiter als eine Geschichte mit vielen nicht nachweisbaren Tatsachenbehauptungen.
Aber aufgrund der vielen moralischen Werte der portugiesischen Kultur die diese Legende beinhaltet und erzählt, wie z.B. den Wert des Stolzes, der Gerechtigkeit, des Wunderglaubens und des Schicksals an sich, ist sie zweifellos eines der wichtigsten Legenden der portugiesischen Nationalität!


1 Kommentar:

  1. Interessant . eine ähnliche Geschichte erzählt man sich in der nordwest-spanischen Santo Domingo de la Calzada (Nähe Logrona, die Hauptstadt der Provinz Rioja) am Camino Frances. Dort werden ein Huhn und eine Henne in der örtlichen Kathedrale gehalten. Die Legende wird das "Hühnerwunder" genannt

    Hier stehen ein Pilger, eine lüsterne und abgewiesene Wirtstocher, ein angeblich gestohlener Silberbecher, Tod durch den Strang und ein Brathuhn- und -hähnchen auf dem Teller des örtlichen Richters im Mittelpunkt.

    http://de.wikipedia.org/wiki/Hühnerwunder

    Mir stekken sich nun zwei Fragen:

    1. Essen alle irdischen Richter gerne Hähnchen?
    2. Sind Engel Geflügel?

    :-))

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