Wer jemals einem
typisch-portugiesischen Stierkampf beigewohnt hat, der weiß dass dieser
wesentlich unblutiger über die Bühne läuft als etwa z.B. die spanische Version
dieses Schauspiels.
Wem aber die
portugiesische „tourada“ trotz allem doch ein wenig zu „gewalttätig“ ist, der
sollte eine der in Nordportugal um diese Jahreszeit üblichen „chegas de bois“
besuchen.
Im Gegensatz zu einem
normalen Stierkampf in der Arena, bei dem sich immer Mensch und Tier gegenüber
stehen, ist die „chegas de bois“ immer nur ein Kräftemessen zwischen zwei Tieren.
Diese Duelle zwischen
zwei Stieren, bei dem die männlichen Tiere auf natürliche Art und Weise ihre
Rangordnung klären, gehen für gewöhnlich immer unblutig aus. Sobald einer der
kämpfenden Tiere mit den Knien den Boden berührt oder er vor seinem Gegner
Reißaus nimmt, ist der Kampf beendet.
So ein Wettbewerb kann
nur wenige Sekunden lang dauern, kann sich aber auch über eine gute halbe
Stunde hinziehen – es kommt immer auf das Aggressionspotential der einzelnen
Tiere an.
Der Kampf zwischen
zwei männlichen Rindern, bei dem die Tiere instinktiv ihre Rangfolge klären,
war schon bei den alten Römern ein beliebtes Schauspiel. Mit den Jahrhunderten
aber starb diese Art des Spektakels aus und der klassische Stierkampf, zwischen
Torero und Stier, setzte sich hierzulande durch.
Erst vor einpaar
Jahrzehnten kam die seit vielen Generationen ausgestorbene Tradition der
„chegas de bois“ wieder in Mode.
Durch die immer
größer werdende technische Industrialisierung der Landwirtschaft nach der
Nelkenrevolution in Portugal waren sehr viele heimische landwirtschaftliche
Nutztiere, die nicht rentabel waren, plötzlich vom aussterben bedroht.
So „entdeckten“ einige
Bauern und Grundbesitzer in den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts die
„chegas de bois“ wieder, organisierten zahlreiche Wettbewerbe, schrieben
Preisgelder für die Duelle aus, erlaubten das Wetten und machten so auf diese
Weise fast ausgestorbene Rinderrassen für Züchter und Publikum wieder attraktiv.
Der Ausdruck „chegas
de bois“, mancherorts auch unter dem Begriff „chegas de touros“ bekannt, setzt
sich aus dem portugiesischen Verb „chegar“ (dt.: beikommen, annähern) und dem
Wort für Stier (port.: boi, touro) zusammen, und beschreibt einfach so die
„Annährung von Stieren“ (port.: „chegas de bois“) die miteinander kämpfen
wollen.
Zwei fast
ausgestorbene portugiesische Rinderrassen kamen durch diese ausgefallenen
Stierkämpfe bei Bauern und Rinderzüchtern wieder in Mode:
das kleine Barrosão-Rind (port.: raça barrosã), mit seinen langen,
geschwungenen und bis zu 100 cm langen Hörnern, das in der Region um die
nordportugiesischen Städte Montalegre, Alfândiga da Fé, Mirandela und Vila Flor
seine Heimat hat und das bis 1.200 kg schwere und temperamentvolle
Mirandesa-Rind (port.: raça mirandesa), aus der Gegend um die Städte Miranda do
Douro, Bragança, Vinhais, Vimioso und Mogadouro, in der nordöstlichsten Provinz
Portugals, dem Trás-os-Montes.
Die
meisten Stiere dieser beiden Rinderrassen die zum Kampfwettbewerb antreten, gehören
heute zumeist privaten Züchtern und Bauern.
Doch einige
Dörfer und Gemeinden im Norden Portugals, in denen traditionsgemäß das Vieh
immer der ganzen Dorfgemeinschaft gehörte und gehört, stellen heute noch so
genannte „bois do povo“ (dt.: Volksstiere / Allgemeinheitsstiere) zum Kampf auf.
Die „chegas de bois“
finden den ganzen Sommer lang – meistens bis Mitte August – in vielen Städten
und Dörfern Nordportugals statt und sind ein imposantes und spektakuläres
Schauspiel, das ich jedem nur empfehlen kann!
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