Dienstag, 4. Februar 2014

Moderne Kunst als Konkursmasse


Um in diesen, für Portugal, sehr schwierigen Zeiten an Geld zu kommen, scheut Premierminister Pedro Passos Coelho auch vor außergewöhnlichen Aktionen nicht zurück.
Eine dieser Aktionen war der für den heutigen Tag vorgesehene Verkauf von 84 wertvollen Gemälden und einer Skulptur des katalanischen Malers und Bildhauers Joan Miró, die das renommierte britische Auktionshaus Christie´s für die portugiesische Regierung heute hätte versteigern sollen.

Diese 85 Kunstobjekte von Miró gelten vielleicht nicht als die wertvollsten des Künstlers, sicherlich aber als eine der bedeutendsten und größten Sammlung seiner Werke außerhalb seines Heimatlandes Spanien.

Der portugiesische Staat war in den Besitz dieser modernen Kunstsammlung gekommen, nachdem im Jahre 2008 die Privatbank BPN (port.: Banco Português de Negócios / dt.: Portugiesische Handelsbank), der ehemalige Besitzer der Kunstsammlung, wegen hoher Geldverluste und dubioser Geldwäsche bankrott gegangen war und dann anschließend im Zuge der nationalen Bankrettung verstaatlicht wurde.

Nach der Verstaatlichung der BPN-Bank verschwanden die Gemälde von Miró, die ab diesem Moment offiziell als Konkursmasse galten, in einem Safe und waren der breiten Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich – und ehrlich gesagt, kaum einer dachte noch an die Bilder von Miró.
Bis sich jetzt, wie gesagt, die portugiesische Regierung daran machte, die Kunstwerke zu veräußern, denn „die Sammlung von Miró hätte für den portugiesischen Staat keine Priorität“, so Premierminister Pedro Passos Coelho vor wenigen Tagen im Parlament.

Doch da hat der Premierminister seine Rechnung ohne den Wirt gemacht, oder in diesem Fall, ohne die zahlreichen Kultur- und Bürgerbewegungen die sich mit verschiedenen Unterschriftsaktionen und Internetpetitionen nun gegen diesen massiven kulturellen Ausverkauf gebildet haben, seitdem die geplante Auktion bei Christie´s bekannt geworden ist.
Unterstützung erhalten die Gegner des Verkaufs der Werke von Miró auch von den sozialistischen und kommunistischen Abgeordneten, die den Verkauf in letzter Minute noch im Parlament verhindern wollten.

Mit einem gestern eingereichten Eilantrag vor dem Lissabonner Verwaltungsgericht (port.: Tribunal Administrativo do Circulo de Lisboa) wollten die Gegner die heutige Auktion mit einer einstweiligen Verfügung noch verhindern.
Das scheint ihnen auch geglückt zu sein, denn das britische Auktionshaus Christie´s hat die heutige Auktion erst einmal abgesagt.
Dem Londoner Auktionshaus sei die rechtliche Lage, was das Eigentumsrecht für die Bilder angeht, „zu unsicher“!

Willkommen im harten, realen, portugiesischen Alltag Christie´s!

Wenn man bedenkt, das der Auktionsstartpreis für die ganze Miró-Sammlung heute von Christie´s mit lächerlichen 35 Millionen Euro angegeben war, obwohl das Auktionshaus noch vor fünf Jahren selber die Sammlung mit einen Wert von über 150 Millionen Euro beziffert hat, dann wird einem erst einmal klar, auf welches „Schnäppchen“ Christie´s heute erst einmal hat verzichten müssen.

Portugal hat schon immer die portugiesische Kunst und die portugiesischen Künstler sehr stiefmütterlich behandelt.
Daher ist es nicht sehr verwunderlich, dass ein portugiesischer Premierminister sich nicht ziert die Werke eines ausländischen Künstlers, zumal eines spanischen, zu verhökern.

Egal wie die Geschichte um die Werke von Miró auch ausgehen wird – die Politik hier in Portugal muss endlich eines kapieren:
Mit Staatskunst – und in diesem Fall handelt es sich um eine solche – handelt man nicht!

Punkt! Aus! Schluss!

1 Kommentar:

  1. Auch auf Telepolis | Heise wird über diesen Skandal berichtet http://www.heise.de/tp/blogs/6/155798 .

    Das Londoner Auktionshaus Christie's hat nun erst mal von sich aus - aus Angst vor "juristischen Unsicherheiten" - die Auktion abgesagt.

    Wie sagt einer der dortigen Leserbrief-Schreiber so treffend? "Die spinnen, die Lusitanier ...!" Da ist was dran!

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