Samstag, 24. September 2011
Staatsbankrotte in Portugal
In meinem jetzt zu Ende gehenden Urlaub bin ich mehrere Male von meinen brasilianischen und deutschen Freunden gefragt worden wie es sich denn augenblicklich in einem Land leben lässt, das den Schatten eines drohenden Staatsbankrotts schon mal vor Augen hatte und in dem jetzt der Alltag alles andere ist als einfach.
Nun, den Brasilianern habe ich geantwortet, dass es sich hier im Augenblick so leben lässt, wie noch vor einigen Jahren in Brasilien und den Deutschen habe ich versucht die Angst vor mehr Investitionen zu nehmen.
Zwar steht Portugal, nach Einschätzungen von ausländischen Ökonomen die das Land gut kennen, vor einem zweiten Rezessionsjahr in Folge, aber die Bedingungen für eine Erholung ab dem Jahre 2013 sind gut.
Die Exporte ziehen an, vor allem die Automobilproduktion läuft mehr als gut.
Die Regierung packt zudem Reformen an, die zwar hart und schmerzhaft sind, aber das Wachstum mittelfristig stärken sollen.
Für die Zukunft stehen also die Zeichen nicht schlecht, obwohl wir hier in Portugal sehr wohl wissen, das es erst einmal noch schlimmer wird.
Portugal hat in seiner über 800jährigen Geschichte schon mehr als ein Mal in solchen schwierigen finanziellen Situationen gesteckt, aber immer wieder überlebt.
Manche dieser Episoden waren sogar weitaus schlimmer als die von heute, und endeten dann immer mit dem Bankrott des Landes.
Den ersten Staatsbankrott hatte Portugal offiziell im Jahre 1560, als Königin Catarina, Witwe von König João III und Regentin des gemeinsamen Enkels Sebastião, die astronomischen Schulden, die ihr Mann, der König, ihr durch seine dekadente Kolonialpolitik hinterlassen hatte, nicht mehr begleichen konnte.
Als Königin Catarina sich nicht mehr im Stande sah, die genuesischen und deutschen Bankiers, die sich in dem vermeintlichen lukrativen Pfefferhandel verspekuliert hatten, nicht mehr auszahlen konnte, musste sie am 02. Februar 1560 das erste Mal Staatsbankrott anmelden.
Aber es sollte nicht bei diesem einen Mal belieben.
Bereits 41 Jahre später, jetzt unter spanischer Herrschaft, verlor Portugal im Jahre 1601 die Kontrolle über die Gewürzinseln in Asien.
Die Holländer, die bis dahin die wertvollen Gewürze nur durch Portugal beziehen konnten, besorgten sich diese nun direkt in Indonesien.
Nach dem Verlust des Gewürzhandelsmonopols musste der spanische König Filipe III, der als Filipe II in Portugal herrschte, am 30. September 1605 den zweiten portugiesischen Staatsbankrott bekannt geben.
Das er selber eine gravierende Mitschuld an der miserablen finanziellen Lage in Portugal hatte, war damals ein offenes Geheimnis, durfte aber, mit Androhung der Todesstrafe, niemand in Portugal behaupten.
Für die nächsten 229 Jahre sollte Portugal finanziell besser dastehen.
Als mit Tod von König João VI im Jahre 1826 zwischen den zwei königlichen Prinzen Pedro und Miguel ein sinnloser Zwist beginnt, fangen auch die finanziellen Sorgen erneut in Portugal an.
Auf der einen Seite steht die gemäßigt-liberale Partei von Pedro und auf der anderen Seite die konservativ-absolutistische Partei von Miguel, die beide die Nation spalten.
Eine Spaltung die das ganze Land zuerst in eine Krise und später in einen blutigen Bürgerkrieg stürzen sollte.
Und dieser Bürgerkrieg, oder besser gesagt die ungeheuerlichen Kosten die dieser Krieg verursachte, sind denn auch die Ursache für den dritten Staatsbankrott Portugals im Jahre 1834.
König Pedro IV, der später als Sieger aus dem Konflikt hervorgehen sollte, sagte einmal die unvergessenen Worte:
„Der Bürgerkrieg eines Volkes ist schändlicher, verachtenswürdiger und ruinöser als jeder Krieg den man gegen eine andere Nation führen muss!“
Unter Maria II, der Tochter von Pedro IV, erlebt Portugal die finanziell schwierigste Zeit seiner Geschichte.
Insgesamt vier Mal in 15 Jahren, nämlich 1837, 1840, 1846 und 1852, werden Königin Maria II und ihr Gemahl Fernando II sich selber und den Portugiesen das absolute finanzielle Fiasko eingestehen müssen. Dazwischen schlittert das Land von Jahr zu Jahr von Staatsstreich zu Staatsstreich, von einer Instabilität zur nächsten und von einem Chaos in das andere.
Erst ab 1853 wird sich die politische Lage und mit ihr die finanzielle Lage verbessern.
Für die nächsten knappen 35 Jahre wird es so etwas wie ein wirtschaftliches Wachstum in Portugal geben.
Erst unter der Regentschaft von König Carlos I wird sich die Lage dramatisch zuspitzen.
Als Anfang des Jahres 1892 die gesamte Welt ihre erste globale Krise erlebt, kann auch Portugal es nicht verhindern in den Strudel von Schulden, Bankencrashs und Fehlspekulationen der internationalen Finanzmärkte gezogen zu werden.
Im Juni 1892 erklärt Prämierminister José Dias Ferreira, der auch die Finanzen leitet, deshalb öffentlich die Zahlungsunfähigkeit seines Landes, zum achten Mal in der Geschichte.
Der Sturz der Monarchie im Jahre 1910 und die darauf folgenden ersten republikanischen Jahre brachten Portugal mehrere Male an den Rand des finanziellen Kollapses.
Erst als António de Oliveira Salazar 1928 das Finanzministerium übernimmt, verbessert sich die finanzielle Lage in Portugal zunehmend, und Portugal kann seine hohen Staatsschulden in wenigen Jahren begleichen.
Allerdings hat die einfache Bevölkerung nichts von dieser verbesserten Lage, im Gegenteil, die Armut, der Hunger und die Misere sind allgegenwärtig in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Portugal.
Heute durchlebt Portugal wieder eine finanziell schwierige aber nicht hoffnungslose Zeit.
Ein Staatsbankrott konnte bis heute, unter anderem auch durch die Hilfe Deutschlands, erfolgreich abgewendet werden.
Ich bin mir mehr als sicher, das Portugal aus der finanziellen Krise die es gerade durchlebt, gestärkt und selbstsicher hervorgehen wird.
Danke für den Beitrag, der mir zumindest in der Einleitung doch sehr optimistisch zu sein scheint. Zieht es sich nicht wie ein roter Faden durch die Geschichte der Staatspleiten Portugals, das zuvorderst die arme geschäftstätige Bevölkerung zu leiden hat ?
AntwortenLöschenGibt es in der Fachliteratur eine deutsch- oder englischsprachige Sozialgeschichte Portugals ?