Wer in den nächsten Wochen hier in Lissabon
verweilt und plant das berühmte Museum für Alte Kunst (port.: Museu de Arte
Antiga) aufzusuchen, der wird die Gelegenheit haben eine faszinierende
Sonderausstellung zu besuchen, die den Namen „Josefa de Óbidos e a invenção do
barroco português“ (dt.: Josefa de Óbidos und die Erfindung des portugiesischen
Barocks“) trägt, und die den Werken der Barockmalerin Josefa de Óbidos gewidmet
ist.
Josefa de Óbidos, die eigentlich als Josefa
de Ayala Figueira im Jahre 1630 in der spanischen Stadt Sevilla geboren wurde
und die sich erst später in ihrem Leben mit dem Namen ihrer Wahlheimat Óbidos
titulierte, war die bedeutendste portugiesische Malerin des Barocks und ohne
Zweifel eine für ihre Zeit sehr ungewöhnliche Frau.
Josefa de Óbidos wurde im Februar des Jahres
1630, der genaue Tag ist leider nicht bekannt, als Tochter des portugiesischen
Malers Baltazar Gomes Figueira im andalusischen Sevilla geboren.
Sie wurde, dem Taufbuch der Kirche San
Vicente nach, am 20. Februar 1630 in dieser Kirche in Sevilla getauft.
Ihr Vater war als junger Mann im Jahre 1626 aus
Portugal nach Sevilla gezogen, um dort beim Militär eine Karriere zu machen.
Doch dann entschloss er sich, er der
anscheinend immer einen Hang für die schönen Künste besaß, an der damals
einflussreichen Sevillaner Malerschule (esp.: Escuela de Sevilla) das Malen zu
erlernen.
Sevilla übte im damaligen vereinigten
Portugal und Spanien einen sehr großen Einfluss auf das gesamtiberische
Kunstschaffen aus.
Die Maler die Anfang des 17. Jahrhunderts in
Sevilla lebten und arbeiteten belieferten nicht nur die zahlreichen Kirchen,
Klöster und Paläste im damaligen Vereinigten Königreich Spanien-Portugal mit
ihren Bildern, sondern auch die vielen in dieser Zeit neu entstehenden Kirchen
und Klöster in den Kolonien Mittel- und Südamerikas.
In Sevilla lernte Baltazar Gomes Figueira
seine spätere Ehefrau, die andalusische Adelige Catarina de Ayala Camacho
Cabrera Romero, kennen und ehelichte diese im Jahre 1628.
1634, Josefa war gerade mal vier Jahre alt
geworden, verließen ihre Eltern mit ihr und ihrer kleinen Schwester Luisa, die
1632 auf die Welt gekommen war, Sevilla und zogen nach Portugal zurück.
Da ihr Vater keinen Hehl daraus machte, dass
er die portugiesische Unabhängigkeitsbewegung unterstützte, wurde er zur
„persona non grata“ erklärt und ihm wurde das Arbeiten in Spanien unmöglich
gemacht.
Nach dem Verlassen Spaniens lebte die Familie
zuerst in der kleinen Stadt Peniche, an der Atlantikküste, wo ihr Vater eine
Anstellung gefunden hatte.
Doch etwas später, als Josefa sechs Jahre alt
wurde, fanden sie und ihre Eltern in der Stadt Óbidos, auf dem Landgut Quinta
da Capeleira, der zum Familienbesitz ihres Vaters gehörte, ihr neues Zuhause.
Seit ihrer frühesten Kindheit schaute sie
ihrem Vater beim malen über die Schultern und dieser brachte ihr die ersten
Pinselstriche bei.
Josefa war das, was man heute wohl ein
„künstlerisch begabtes Kind“ nennen würde, denn sie fing nicht nur an ihre
Zeichnungen und Malereien zu perfektionieren – sie spezialisierte sich vor
allem darauf Blumen, Früchte und andere Stillleben (port.: natureza morta) zu
malen – sondern zeigte auch viel Fingerfertigkeit beim gravieren, töpfern,
Silber- und Goldschmieden.
Als sich Portugal im Jahre 1640 von der
Personalunion mit Spanien löste und wieder unabhängig wurde, wurde ihr Vater
Baltazar Gomes Figueira nach Lissabon berufen, wo er am Hofe des neuen Königs
João IV Hofmaler wurde.
Josefa blieb mit ihrer Mutter und ihrer
kleinen Schwester in der Provinz, in Óbidos, zurück.
Der Vater kam nur noch sporadisch nach
Óbidos, da ihn seine Arbeit als Hofmaler in Lissabon voll beschäftigte.
Trotz der geographischen Trennung, bekamen
Josefas Eltern in den folgenden Jahren noch fünf weitere Kinder: Francisco im
Jahre 1634, Basilia 1635, José 1637, Antonia 1639 und nach dem frühen Tod des
ersten Josés bekamen die Eltern 1643 noch einen Sohn, den sie ebenfalls José
nannten.
Wohl ab dem Jahre 1644, so belegen Unterlagen
des Augustinerklosters Santa Ana in der Stadt Coimbra, besuchte sie die dortige
Klosterschule und erhielt religiösen Unterricht.
Für sie war eine Zukunft als Nonne vorgesehen
– so hatten es wohl jedenfalls ihre Eltern geplant.
Doch sie zeigte wenig interessierte an dem
religiösen Leben; das einzig spirituelle das für sie damals wohl Bedeutung
hatte, waren die biblischen Motive die sie auf ihre Leinwände pinselte. Beweis
dafür waren ihre ersten erhaltenen zwei Gravuren – eine „Santa Catarina“ und
ein „São José“ -, welche sie mit 14 und 15 Jahren im Kloster in Coimbra malte.
Um 1653 verließ Josefa mit Erlaubnis ihres Vaters das Kloster Santa Ana und kehrte von Coimbra nach Óbidos in ihr Elternhaus zurück. Doch bevor sie Coimbra verließ, malte sie noch für die dortige Universität und für die Kathedrale auf Wunsch mehrere Bilder, darunter die Bilder „Santa Maria Madalena“ und „São Francisco e Santa Clara adorando o menino Jesus“, ihre wohl berühmtesten Frühwerke.
In Óbidos wieder angekommen fing sie an, im
Alter von 23 Jahren, ihre ersten bezahlten Auftragswerke zu malen. Diese zwei
Gemälde – eine Mutter Gottes und ein Christuskind – malte sie für das
Franziskanerkloster Convento de Varatojo in der Stadt Torres Vedras.
Sowohl dem Klerus als auch dem Adel gefielen
ihre Werke äußerst gut und so begann sie regelrecht im Akkord zu malen.
Zeitgenossen sagten über Josefa, sie würde so
schnell und gut Bilder malen, wie ein Bäcker schnell gutes Brot backen würde.
Die nächsten Aufträge die sie malte waren
verschiedene Gemälde mit biblischen Motiven für das Kloster in Alcobaça (port.:
Mosteiro de Alcobaça), das Kloster in Batalha (port.: Mosteiro da Batalha) und
das Kloster São Jerónimo in Vale Bem-Feito, bei Mirandela.
Für die Kathedrale von Évora malte sie um
1662 eines ihrer schönsten und berühmtesten Bilder, ein von Blumen umringtes
Osterlamm (port.: cordeiro pascal), das heute im Regionalmuseum von Évora
(port.: Museu Regional de Évora) hängt.
Diesen Bildern folgen noch viele andere für
Kirchen, Klöster und Adelspaläste darunter z.B. Werke wie „Natureza morta:
caixa com potes“ (1660) oder „O Mês de Março“ (1668).
Ab 1668 fing Josefa an ihre Bilder mit
„Josefa de Óbidos“ zu unterschreiben, einen Namen mit dem sie fortan ihre
Bilder bis an ihr Lebensende signierte.
Mit den Jahren entwickelt sich Josefa de
Óbidos, die immer in der Provinz blieb und die so niemals die Barockhochburgen
Italien oder Flandern kennen lernte und die nicht mit anderen Barockmalern wie
Caravaggio, Rubens, Rembrandt, Vermeer oder van Dyck verkehrte, hierzulande zu
einer Meisterin dieser Malkunst.
Ihre zahlreichen religiösen Bilder, die sie
voller Frömmigkeit malte und dabei perfekt das Sakrale mit dem Profanen
verband, ihre einzigartigen Portraits, die die gemalte Personen immer sehr real
zeigten, als auch ihre vielen ästhetischen Stillleben mit den verschiedensten
Motiven, wie z.B. Obst, Fische, Jagdwild oder Blumen – vor allem Blumen – waren
immer von Licht und Schatten geprägt und voller Leben und kräftiger Farbigkeit.
Beste Beispiele aus dieser Zeit sind z.B. „Adoração dos
Pastores“ (1669), „Natureza morta: frutos e
flores“ (1670), „Menino Jesus Peregrino“ (1672),
„Transverberação de Santa Teresa“ (1672), „Visão de São João da
Cruz“ (1673) und „O menino Jesus Salvador do Mundo“ (1673).
Als ihr Vater 1674 starb, erhielt sie vom Königshaus
den Auftrag verschiedene Porträts zu malen, darunter eines von Königin Maria
Francisca Luisa Isabel de Saboia, Gattin des neuen Königs Pedro II, und eines
der einzigen Tochter des Königpaares, der Infantin Isabel Luisa de Bragança.
Zur Hofmalerin machte Pedro II sie nicht,
obwohl der Monarch anscheinend sehr mit ihren Arbeiten zufrieden war.
Aber eine Frau als Hofmalerin, das wäre dann
doch zu viel des Guten gewesen, für die damalige konservative Zeit.
Andere Bilder die sie nach dem Tod ihres Vaters
malte waren u.a. so berühmte wie „Cesta com cerejas, queijos e
barros“ (1675), „Anunciação“ (1676), „Calvario“ (1679) und
„Natureza morta: vaso de flores“ (1680).
Nach dem Tod ihres Vaters Baltazar wurde
Josefa die alleinige Ernährerin ihrer Mutter, ihrer Geschwister sowie ihrer
Nichten.
Da ihre Gemälde immer bekannter und beliebter
wurden, konnte sie ihre Familie gut über die Runden bringen, sowie das Haus und
den Hof.
Josefa selbst trat nie in den Stand der Ehe
ein.
An Kunden für ihre gemalten Kunstwerke
mangelte es Josefa nicht. Es wird erzählt, das alles was damals Rang und Namen
hatte, und im benachbarten Badeort Caldas da Rainha zur Kur ging, bei ihr in
Óbidos vorbeischaute um eins oder gleich mehrere Bilder in Auftrag zu geben.
Am 22. Juli 1684 verstarb Josefa de Óbidos –
heute würde man sagen „plötzlich und unerwartet“ – im Alter von nur 54 Jahren.
Sie war so bekannt und beliebt, dass man sie
unter dem Altar der Stadtkirche São Pedro in Óbidos beisetzte, wo sie heute
noch liegt.
Josefa de Óbidos, war eine gebildete und für
die damalige Zeit sehr moderne, emanzipierte Frau, die damals, in einer von
Männern beherrschten Welt, mit vielen, vielen Tabus brach.
Ihre Werke zeigen uns heute noch, wie viel
künstlerische Begabung in dieser rein autodidaktischen Künstlerin steckte.
Wie am Anfang dieses Textes schon erwähnt,
kann man in den nächsten Monaten im renommierten Museum für Alte Kunst (port.:
Museu de Arte Antiga) in Lissabon eine Sonderausstellung besuchen, die dieser
großen Künstlerin und den über 130 ihrer Werke gewidmet ist, die für diese
Exposition zusammengetragen wurden.
Ich kann jedem diese Ausstellung nur
wärmstens ans Herz legen!
Museu de Arte Antiga – Lisboa
Exposição Josefa de Óbidos e a ivenção do barroco português
16. Mai – 06. September 2015
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