Sonntag, 30. Oktober 2011
Alentejo
Gestern war ich im Alentejo.
Immer, wenn ich kann, statte ich dieser südportugiesischen Provinz einen Besuch ab.
Mit Freunden aus der Deutschen Evangelischen Kirche zu Lissabon machte ich gestern einen Gemeindeausflug in den Süden.
Mit dem Bus ging es über Évora nach Portel und Alvito, eine Gegend im Alentejo die ich noch nicht kannte.
Portugal mag flächenmäßig eine kleine Nation sein, aber der Alentejo ist groß – sehr groß!
Der Alentejo erstreckt sich über das endlos scheinende Tafelland des Tejo im Norden bis zur Algarve im Süden und reicht von der portugiesisch-spanischen Grenze im Osten bis zum Atlantischen Ozean im Westen.
Der Begriff, und somit auch der Name „Alentejo“, wird im Deutschen wörtlich mit „jenseits des Tejo“ (port.: „alem Tejo“) übersetzt.
Die Bezeichnung beruht auf der Tatsache, dass die Landschaft am Südufer des Tejo, also „jenseits des Tejo“, liegt.
Die Provinz Alentejo wird in zwei historische Gebiete unterteilt.
Einmal in den nördlich gelegenen „Alto Alentejo“ (dt.. Oberer Alentejo), mit seiner Provinzhauptstadt Évora und dann in den südlicher gelegenen „Baixo Alentejo“ (dt.: Unterer Alentejo“), mit der Provinzhauptstadt Beja.
Aus diesen zwei historischen Provinzen bilden sich heute die drei portugiesischen Distrikte Évora, Beja und Portalegre, sowie, aus einem Teil, auch der Distrikt Setúbal.
Die kaum gegliederte, ebene und karge Landschaft des Alentejo erinnert, bis auf die hohen Temperaturen die hier meistens herrschen, an nördliche Breiten. Sie steht im eigenartigen Gegensatz zu den anderen, meist gebirgigen und üppig bewachsenen, Provinzen Portugals.
Im Alentejo gibt es ein altes Sprichwort, das da lautet:
„O Alentejo, são três meses de inverno e nove meses de inferno“, was übersetzt so viel heißt wie:
„Der Alentejo, das sind drei Monate Winter und neun Monate Hölle“.
Dieses Sprichwort drückt, mit wenigen Worten, alles das aus, was es über das Klima im Alentejo zu sagen gibt, nämlich das die langen Sommermonate im Alentejo fast immer unerträglich heiß und dürr sind und das die kurze Winterzeit extrem kalt und unangenehm nass sein kann.
Diesen klimatischen Verhältnissen entsprechend, ist die Vegetation auf anspruchslose und immergrüne Pflanzen, Bäume und Hartlaubgewächse beschränkt.
Der Baumbestand an sich ist minimal, und so etwas wie einen Wald sucht man im Alentejo vergebens. Höchstens vereinzelte kleine Baumgruppen, vor allen Dingen Eichen, können ab und zu Mal auftreten.
Wenn ich hier schon über den Alentejo schreibe, so muss ich auch die Bevölkerung dieser Provinz erwähnen.
Der „Alentejano“ ist in ganz Portugal als gutmütiger, gastfreundlicher und ehrlicher Mensch bekannt. Er hat den Ruf nicht übermäßig intelligent zu sein, aber doch sehr wohl eine gewisse Fuchsschläue zu besitzen.
Es gibt tausende Witze die auf Kosten der „Alentejanos“ gemacht werden. Man kann sagen, dass der Bürger des Alentejo für uns Portugiesen hier die gleiche Rolle übernimmt wie in Deutschland die Ostfriesen.
Mit etwas über 500.000 Einwohnern, das sind knapp 5% der Gesamtbevölkerung Portugals auf gut einem Drittel der Gesamtfläche des Landes, ist der Alentejo sehr dünn besiedelt.
Die Bevölkerung konzentriert sich in wenigen kleineren Städten und in etwas größeren Dörfern und ein großer Teil lebt auf dem platten Land als Viehbauer und Korkeichenbesitzer.
Die größten Städte des Alentejo sind Évora mit etwa 50.000 Einwohnern, Beja mit 26.000, Portalegre mit 18.000 und Sines und Montemor-o-Novo mit jeweils etwa 15.000 Einwohnern.
Doch auch wenn die Gegend sehr ländlich und landwirtschaftlich geprägt ist, handelt es sich beim Alentejo um ein uraltes Kulturgebiet.
Schon in der Steinzeit war die Provinz besiedelt, wie alte Dolmen und Menhire im Alto Alentejo bezeugen. Und auch die Lusitanier und Westgoten hinterließen hier ihre Spuren, ebenso wie die Römer und später die Mauren.
Alle diese Kulturen haben sich gerne hier in dieser Ecke Portugals aufgehalten.
Doch keine von ihnen hatte es leicht hier im Alentejo. Denn alle kämpften sie mit einem elementaren Problem:
der ständigen Wasserknappheit.
Erst in unserer heutigen Zeit ist es gelungen die Wasserarmut in dieser Region einigermaßen zu beheben.
Wasser ist für die Agrarprovinz Alentejo von ungeheuerlicher Bedeutung. Deshalb hat man in den letzten Jahren die größten Flussläufe, wie den Tejo, den Guadiana und den Chança, durch mehrere Talsperren gestaut und so deren Wasser in einem dichten Kanalnetz mittels Pumpen auf das Binnenland verteilt.
Eines dieser Wasserreservoirs ist der große Alquevasee (port.: Barragem de Alqueva), der seinen Namen dem kleinen Ort Alqueva verdankt, und der heute der größte künstliche Stausee Europas ist.
Obwohl mit einem Fünftel am portugiesischen Küstenland beteiligt, ist der Alentejo vollkommen auf das Binnenland ausgerichtet.
Diese Ausrichtung hat zur Folge, dass die endlosen breiten Strände menschenleer und kaum touristisch erschlossen sind.
Auch die Fischindustrie ist kaum erwähnenswert. Noch nicht einmal 1% der Fischereierträge Portugals stammt von hier.
Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass diese Küstenlandschaft Portugals größtes Küstenschutzgebiet beherbergt. Dieses 75.000 Hektar große Schutzgebiet reicht von der Stadtgrenze von Sines bis hin zur Grenze der Westalgarve.
Der Alentejo lebt praktisch nur von der Landwirtschaft. Trotz der großen Trockenheit liegt hier Portugals Kornkammer.
Neben den Getreidefeldern aus Weizen, Roggen und Mais prägen hier vor allem Olivenbäume und Korkeichen das Landschaftsbild.
Zu den Korkeichen sei noch zu sagen, dass sich hier im Alentejo, die weltweit größte Anbaufläche dieses Baumes befindet.
Die karge, aber dennoch wunderschöne Landschaft, und die liebenswürdigen Menschen die dieses Land bevölkern, machen aus dem Alentejo eines der schönsten und geschichtlich wertvollsten Gegenden Portugals.
Schon viele haben ein Loblied auf diese Landschaft gesungen. Und es ist tatsächlich nicht schwer, ins Schwärmen zu geraten, wenn man an die außerordentliche Gastfreundschaft, das gute Essen und die noch besseren Weinen denkt.
Am besten ist es, man entdeckt den Alentejo selber.
Man muss nur, aus Lissabon kommend, eine der beiden Brücken über dem Tejo überqueren um „jenseits des Tejo“, im Alentejo, zu sein!
Donnerstag, 27. Oktober 2011
Es stinkt regelrecht zum Himmel
Heute hat es mal wieder in Lissabon geregnet.
Nicht das es oft regnet in Lissabon.
Aber wenn es hier einmal in der Hauptstadt regnet, dann meistens sintflutartig.
Wenn dann noch der Regen zu einer Zeit fällt, in der das Land von einer Springflut heimgesucht wird, so wie heute Morgen, dann stehen die meisten Straßen und Plätze der Stadt vollkommen unter Wasser, da die Abwässer in den völlig veralteten Kanälen nicht abfließen können.
Steht das Wasser in den Straßen und laufen die Kanäle über, riecht es sofort überall streng.
Aber um ehrlich zu sein: es stinkt schon seit Wochen in der Stadt.
Überall riecht es nach Unrat.
Die Straßen und die Bürgersteige sind von stinkendem Müll übersät, mancherorts stapelt er sich sogar schon.
Die Straßen werden schon seit Wochen nicht mehr richtig sauber gemacht, geschweige denn, so wie früher, mit Wasserhochdruck gereinigt.
Experten sprechen schon von einer Zeitbombe für die öffentliche Gesundheit!
Und natürlich werden auch die Gullys nicht mehr gereinigt und sind so voller Laub und Dreck.
Dies hat zur Folge, dass die Gullys bei jedem Regen verstopfen.
Und diese Verstopfungen führen zwangsläufig zu den überfluteten Straßen, so wie wir sie heute hatten.
Ein Teufelskreis!
Schon seit langer, wirklich langer Zeit, war diese Stadt nicht mehr so verwahrlost und heruntergekommen wie jetzt, da António Costa als Bürgermeister im Rathaus (port.: Câmara Municipal) regiert. António Costa regiert nach dem Motto:
„Warum die Stadt sauber machen, wenn sie doch sowieso dreckig wird!?!“
Um der Wahrheit gerecht zu werden, muss man sagen das Lissabon noch nie eine sterile Stadt war.
Aber heutzutage stinkt sie regelrecht zum Himmel!
Die Bürger dieser Stadt waren noch nie die saubersten, aber sie sind auch keine Schweine.
Wie reinlich oder dreckig die Lissabonner auch sein mögen, Fakt ist, das die städtische Müllabfuhr einfach nicht mehr funktioniert.
Während früher die Müllabfuhr einmal am Tag kam und den Müll beseitigte, kommen die Männer von der Müllabfuhr jetzt nur noch eins- oder zweimal die Woche, wenn überhaupt.
Da die Mülltonnen aber nicht größer geworden sind, hat das zur Folge, dass überall die Mülltonnen überquellen und die Stadt so regelrecht im Müll versinkt.
Hinzu kommt noch das die Straßen und Plätze Lissabons wie öffentlichen Bedürfnisanstalten stinken, weil sich jeder an der nächsten Ecke erleichtert.
Für die, die in dieser Stadt leben und arbeiten müssen, sind diese Zustände unerträglich und es ist schon fast unmöglich geworden hier zu leben.
Anstatt in die Sauberkeit und die Sicherheit Lissabons zu investieren, hat Bürgermeister António Costa es vorgezogen in seiner bisherigen Amtszeit lieber in sinnlose Projekte zu investieren, wie z.B. in Kleingärten (port.: hortas) und in Fahrradwege (port.: ciclovias), die kein Mensch benutzt und braucht.
Man kann sagen, dass das Essenzielle sträflich vernachlässigt wurde, und dass Prestigeobjekte dafür umso mehr gefördert wurden.
Um Bürgermeister einer Stadt zu sein, muss man diese Stadt vor allem lieben und ihre Bürger achten.
Bei Bürgermeister António Costa ist es offensichtlich, dass er weder das eine noch das andere tut!
Dienstag, 25. Oktober 2011
The Vincent Crow
Was zuerst nur eine Projektabschlußarbeit des jungen Graphikdesigners Nuno Dias im April 2011 sein sollte, ist mit der Zeit ein neues Modelabel worden, welches immer mehr Freunde findet.
Das Modelabel „The Vincent Crow“ kann man sich bis dato zwar nur über das Internet und in dem Modegeschäft „Loft Urbanwear“ in der nordportugiesischen Stadt Barcelos, besorgen, aber der junge Designer plant für die nahe Zukunft eine Geschäftsexpansion.
Bei „The Vincent Crow“ handelt es sich um einen jungen, peppigen und urbanen Modestil, dessen Markenzeichen ein Rabe ist.
Nuno Dias selbst bezeichnet sein Label als „Rockermode“.
Um sich von anderen Modelabels zu unterscheiden hat sich der Modedesigner etwas ganz besonderes einfallen lassen.
Er will jedes Jahr einen „Gastdesigner“ dazu einladen eine Special Edition des Modelabels zu kreieren.
Der erste, der eine Sonderedition von „The Vincent Crow“ herausbringen durfte, ist der bildende Künstler „Anoik“.
Er kreierte einen schwarz-grünen Raben auf einem weißen T-Shirt.
Ich selber habe mir ein solches T-Shirt von „The Vincent Crow“ zugelegt, nicht nur um den jungen Designer zu unterstützen, sondern vor allem weil es mir gefällt!
Die Verkaufszahlen zeigen, dass das Modelabel recht gut auf dem portugiesischen Markt ankommt.
Deshalb plant Nuno Dias bald auch in naher Zukunft in Spanien Kunden zu finden.
Wünschen wir ihm recht viel Erfolg dabei!
Montag, 24. Oktober 2011
Jetzt ist es amtlich: Wir Portugiesen sind unglücklich!
Nach einer Studie der OCDE (engl.: Organisation for Economic Co-operation and Development / dt.: Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung / port.: Organização para a Cooperação e Desenvolvimento Económico), die diesen Monat gemacht wurde, sind wir Portugiesen eines der unglücklichsten Nationen der Welt.
Nur die Chinesen und die Ungarn sind noch unglücklicher als wir.
Laut der Studie leben dagegen in Dänemark, in Kanada und in Norwegen die glücklichsten Menschen auf der Welt.
Diese Studie beruht auf Daten die in insgesamt 40 Ländern weltweit erhoben wurden.
Die wichtigsten Kriterien um das Glück und die Zufriedenheit der jeweiligen Bürger zu messen waren für die OCDE, unter anderem, Faktoren wie der monatliche Verdienst, die Gesundheit, eine saubere Umwelt und ein gut funktionierendes soziales Netz.
Zwar ist Portugal offiziell, gleich nach Neuseeland, das Land auf der Welt in dem die sozialen Strukturen stimmen und Polen, Frankreich und Ungarn die Länder in denen es am meisten an einem sozialen Umfeld fehlt, aber es sind die andauernden finanziellen Probleme, die immer stärker steigende Arbeitslosigkeit und das miserable Gesundheitssystem, die uns Portugiesen zu der drittunglücklichsten Nation der Welt machen.
Bei den Sparmaßnahmen die uns hier in Portugal in nächster Zeit noch bevorstehen, ist zu befürchten, dass wir bald wohl auch die Chinesen und Ungarn in der Unzufriedenheitsskala überholen werden!
Sonntag, 23. Oktober 2011
Festgottesdienst mit Frau Dr. Margot Käßmann
Mit viel Orgelmusik, zwei musikalischen Beiträgen unseres Chors und einer sehr packenden Predigt gingen heute, mit einem feierlichen Festgottesdienst, die 250-Jahr-Feiern der Evangelischen Kirchengemeinde zu Lissabon zu Ende.
Die Predigt hielt Frau Dr. Margot Käßmann, die einer Einladung durch den Lissabonner Gemeindekirchenrat anlässlich des Jubeljahres gefolgt war.
Pfarrerin Käßmann, die bis letztes Jahr den Ratsvorsitz der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) innehatte, zelebrierte den Gottesdienst mit unseren Pfarrern Anke und Stefan Stalling und unserem Vikar Tim Winkel.
Der Gottesdienst war mit vielen religiösen und ethischen Werten durchzogen und einer, schon erwähnten, schönen Predigt.
Margot Käßmann, die ich wegen ihrer Positionen zu den Themen der Ökumene, der Familien- und Bildungspolitik, dem Rechtsextremismus, dem Dienst an der Waffe und der Emigration sehr schätze, kannte ich bis dato nur aus verschiedenen Fernsehauftritten und Zeitungsinterviews.
Persönlich war ich ihr bis zum letzten Freitag, als sie ebenfalls beim Kabarettabend der Kabarettistengruppe „Schwarzer Humor“ in der Deutschen Schule von Lissabon zugegen war, noch nie begegnet.
Umso neugieriger war ich auf ein gemeinsames Treffen mit ihr.
Nachdem ich sie kennen gelernt habe, war ich äußerst angenehm überrascht, was für eine nette, freundliche und einfache Persönlichkeit diese Frau doch hat!
Nach dem Gottesdienst gab die Kirchengemeinde im Hof und im Garten der Evangelischen Kirche einen Stehempfang.
Im Anschluss an diesen Stehempfang stellte uns Frau Käßmann, im Rahmen einer Lesung die in der Kirche abgehalten wurde, ihr letztes Buch „Sehnsucht nach Leben“ vor.
Nach der Lesung konnten wir Zuhörern der Autorin ein paar Fragen über „Gott und die Welt“ stellen, und so entstand eine lebendige, interessante und themenreiche Diskussion.
Ich weiß nicht ob Frau Käßmann, die ab nächstes Jahr „Lutherbotschafterin“ im Rahmen des Reformationsjubiläums 2017 sein wird, heuer zum ersten Mal hier in Portugal war.
Aber ich hoffe sie wird nicht zum letzten Mal unserer Gemeinde einen Besuch abgestattet haben.
Samstag, 22. Oktober 2011
Schwarzer Humor
Am gestrigen Freitag fand um 19 Uhr in der Aula der Deutschen Schule in Lissabon eine Aufführung des Pastorenkabaretts „Schwarzer Humor“ statt.
Die Kabarettistengruppe wurde im Jahre 2003 im norddeutschen Brake von den örtlichen Pastoren der vier Kirchengemeinden der Stadt Brake an der Weser gegründet.
Die lustige Truppe setzet sich aus Anke und Stefan Stalling, beide heute evangelische Pastoren in Lissabon, Katja Waldschmidt, Pastoralreferentin im Ammerland, Andreas Technow, Pastor in Brake, Stephan Bohlen, Pastor in Zwischnahn und seiner Ehefrau, der Standesbeamtin Petra Bohlen, zusammen.
Von den sechs Kabarettsmitgliedern lebt und arbeitet heute nur noch einer in Brake.
Die anderen fünf hat es hinaus in die weite Welt verschlagen. Nichtsdestotrotz kamen die Kabarettisten nun wieder zusammen um ihr humorvolles und satirisches Können zu präsentieren.
Solch ein besonderer Anlass sind die diesjährigen Feierlichkeiten der Deutschen Evangelischen Kirche zu Lissabon, die vor 250 Jahren gegründet worden ist.
Mit ihrem Programm „We´ll be black soon“, das eine gelungene und bunte Mischung aus originellen Sketchen und Liedern ist, beschenkten sie gestern Abend das gutgelaunte Publikum.
Mit einem Grußwort von Frau Dr. Margot Käßmann, der ehemaligen Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland, die eine kurze und humorvolle Rede zum Thema „Humor in der Kirche“ hielt, begann der Kabarettabend.
Insgesamt 14 Lieder und Sketche gaben „Schwarzer Humor“ zum
Besten.
Besonders gut gefallen hat mir gestern Abend das Stück „Schöne neue Welt“, in dem Anke Stalling, Andreas Technow und Katja Waldschmied den immer stärker werdenden Einfluss der digitalen Medien in unserer heutigen schnelllebigen Zeit „anprangern“.
Auch das Stück „Der Pappst“, in dem Stefan Stalling dem sehr jungen Nachwuchskabarettisten Frederico Dias de Cunha in einem Zwiegespräch versucht den Beruf und Sinn eines Papstes zu erklären, fand ich köstlich.
Aber vor allen Dingen in dem Stück „Von Vorbildern“, in dem die Vorbildsfunktionen eines Fritz Walters, eines Lothar Matthäus, eines Helmut Schmidts, einer Angela Merkel und noch vielen anderen mehr, satirisch darstellt wurde, brillierte Stefan Stalling mit einem humorvollen Soloauftritt.
Musikalisch unterstützt wurden die Kabarettisten von „De Prinze“, einer an der Deutschen Schule gegründeten Band, ohne deren Mitwirkung der Abend niemals so peppig geworden wäre.
Wie alle Aufführungen und Konzerte die von der Deutschen Evangelischen Kirche in Lissabon organisiert werden, war auch der gestrige Eintritt frei.
Wer aber wollte, konnte am Ausgang eine Spende hinterlassen, die für die zwei Sozialprojekte gedacht sind, die seit Jahren von der Evangelischen Kirchengemeinde Lissabons unterstützt werden.
Es sind dies der „Centro de Apoio Social Pisão da Santa Casa da Misericórdia” in Cascais, in dessen Einrichtungen zurzeit etwa 330 obdachlose, und zum teil psychisch kranke, Männer und Frauen betreut werden und das Sozialzentrum „Serviços Sociais do Bairro da Serafina“ in Lissabon, das einen Altenpflegeheim, einen Kindergarten, eine Jugendbetreuung und ein Essen-auf-Räder für täglich 650 Personen unterhält.
„Schwarzer Humor“ hat gestern für einen gelungenen und spaßigen Kabarettabend gesorgt.
Bleibt nur zu hoffen das die Worte, die der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates zu Lissabon, Stephan Stieb, am Schluss zur Verabschiedung sagte, nicht ungehört bleiben:
„Also, das müssen wir unbedingt bald wiederholen!“
Donnerstag, 20. Oktober 2011
Letzte Ausfahrt: Generalstreik
Die Anzeichen verdichten sich, dass es im November hier in Portugal wohl zu einem Generalstreik kommen wird.
Wer die heutigen Bilder aus Griechenland gesehen hat, wie dort ein Generalstreik das öffentliche Leben vollkommen lahm gelegen hat, bekommt in etwa eine Vorstellung, was da auf uns zukommt.
Während die Regierung seit Anfang dieser Woche im Parlament versucht den Staatshaushalt für das kommende Jahr zu verabschieden, spitzt sich die Lage immer mehr zu.
Die Regierung von Premierminister Pedro Passos Coelho setzt jetzt schon enorme Sparmaßnahmen durch.
Nun plant sie für das kommende Jahr eine weitere Mehrwertsteuererhöhung, eine völlige Streichung des Weihnachts- und Urlaubsgeldes, eine Arbeitszeitverlängerung und sogar die Streichung einiger Feiertage.
Doch trotz all dieser laufenden und angestrebten Maßnahmen, musste die Regierung dieser Tage wieder einmal die Wachstumsprognose nach unten korrigieren.
Die Wirtschaft rutscht nämlich dramatisch ab.
Diese negative Wachstumsprognose bringt Premierminister Passos Coelho in eine immer größer werdende Zwickmühle.
Zwar hat er der Europäischen Union und dem Internationalen Währungsfond hoch und heilig zugesagt weiterhin eisern zu sparen.
Doch andererseits ist die Bevölkerung zunehmend unzufrieden, fühlt sich ungerecht behandelt und geht langsam aber sicher auf die Barrikaden.
Diese Unzufriedenheit wird wohl den befürchteten Generalstreik am kommenden 24. November nach sich ziehen!
Mittwoch, 19. Oktober 2011
Manifestis probatum
Ich habe hier in meinem Blog schon mehrmals die päpstliche Bulle „Manifestis probatum“ (z.B. in dem Beitrag „Torre do Tombo“ vom 02.03.2011 oder in dem Beitrag „05. Oktober 1143“ vom 05.10.2011), erwähnt.
Heute wurde ich gefragt was den „Manifestis probatum“ sei.
Nun ich liebe solche Fragen, denn sie zeigen mir, dass viele Menschen die meinen Blog lesen und verfolgen, dies wirklich mit Interesse und Hingabe tun!
Außerdem „zwingen“ mich solche Fragen dazu, hier im Blog immer wieder detaillierte Beiträge zu schreiben.
Eines dieser Beiträge will ich nun heute gerne hier veröffentlichen!
Um die Frage zu beantworten, was denn „Manifestis probatum“ sei, muss ich ein wenig ausholen.
Im Mittelalter gab es noch keine Organisation wie die heutige UN (engl: United Nations / dt.: Vereinte Nationen / port.: Nações Unidas), die die Unabhängigkeit der einzelnen Staaten anerkennt.
Aber es gab damals eine andere Institution die die Unabhängigkeit der einzelnen Länder der damaligen Welt legitimierte.
Diese Institution war der Papst in Rom.
Nur er hatte damals das Recht einen Staat und dessen Herrscher anzuerkennen und zu bestätigen.
Vereinfacht gesagt heißt das, das der Heilige Vater damals unsere heutige UN war und die Stadt Rom unser heutiges New York.
Das Recht einen Staat und einen Herrscher anzuerkennen gab der Papst durch eine Urkunde kund, der „Bulla pontificia“, die in einer päpstlichen Kanzlei verfasst und dann durch den Papst selber unterschrieben und besiegelt wurde.
Portugal hatte bereits im Jahre 1143, im Vertrag von Zamora (port.: Tratado de Zamora), mit dem Königreich Leon-Kastillien die Unabhängigkeit Portugals besiegelt.
Doch erst mit der päpstlichen Zustimmung war die Unabhängigkeit Portugals anerkannt.
Diese päpstliche Zustimmung, und somit die Anerkennung des Königreichs Portugal, wurde durch die besagte Bulle „Manifestis probatum“, gegeben.
Am 23. Mai 1179, also 36 Jahre nach der Unterzeichnung der portugiesischen Unabhängigkeit, wurde Portugal von Papst Alexander III offiziell als Nation anerkannt.
Diese Anerkennung ließ sich der erste König von Portugal, Afonso Henriques I, etwas kosten.
Fortan musste Portugal nämlich an den Heiligen Stuhl eine jährliche Zahlung von fünf Quintais Gold entrichten und einen Treueschwur an Rom ableisten.
Wenn man bedenkt das ein Quintal heute 58,752 kg sind, dann waren das damals knappe 300 kg Gold die der König an den Kirchenstaat jährlich berappen musste.
Ein hoher Preis!
Aber dafür durfte er sich fortan hochoffiziell „Sua Majestade Fidelissima“ (dt.: „Seine allertreueste Majestät“) nennen.
Die Bulle ist, für heutige Verhältnisse, ziemlich kurz und bündig verfasst.
In nur 11 Sätzen unterstreicht Papst Alexander III die gemeinsame Verbundenheit Portugals und des Heiligen Stuhls.
Unterschrieben und beglaubigt wird die Urkunde in Rom von Papst Alexander III, sowie 24 anderen kirchlichen Würdenträger, am 23. Mai 1179.
Die Originalbulle wurde in lateinischer Sprache verfasst.
Im aktuellen portugiesisch lautet der Text wie folgt:
Alexandre, Bispo, Servo dos Servos de Deus, ao caríssimo filho em Cristo, Afonso, Ilustre Rei dos Portugueses, e a seus Herdeiros, in Perpetuum.
Está claramente demonstrado que, como bom filho e príncipe católico, prestaste inumeráveis serviços a tua mãe, a Santa Igreja, exterminando intrepidamente em porfiados trabalhos e proezas militares os inimigos do nome cristão e propagando diligentemente a fé cristã, assim deixaste aos vindouros nome digno de memória e exemplo merecedor de imitação.
Deve a Sé Apostólica amar com sincero afecto e procurar atender eficazmente, em suas justas súplicas, os que a Providência divina escolheu para governo e salvação do povo.
Por isso, Nós, atendendo às qualidades de prudência, justiça e idoneidade de governo que ilustram a tua pessoa, tomamo-la sob a protecção de São Pedro e nossa, e concedemos e confirmamos por autoridade apostólica ao teu excelso domínio o reino de Portugal com inteiras honras de reino e a dignidade que aos reis pertence, bem como todos os lugares que com o auxílio da graça celeste conquistaste das mãos dos sarracenos e nos quais não podem reivindicar direitos os vizinhos príncipes cristãos.
E para que mais te afervores em devoção e serviço ao príncipe dos apóstolos S. Pedro e à Santa Igreja de Roma, decidimos fazer a mesma concessão a teus herdeiros e, com a ajuda de Deus, prometemos defender-lha, quanto caiba em nosso apostólico ministério.
Continua, pois, a mostrar-te filho caríssimo, tão humilde e devotado à honra e serviço da tua mãe, a Santa Igreja Romana, e a ocupar-te em defender os seus interesses a dilatar a fé cristã de tal modo que esta Sé Apostólica possa alegrar-se de tão devoto e glorioso filho e não duvide da sua afeição.
Para significar que o referido reino pertence a São Pedro, determinaste como testemunho de maior reverência pagar anualmente quatro onças de oiro a Nós e aos nossos sucessores. Cuidarás. por isso, de entregar tu e os teus sucessores, ao Arcebispo de Braga pro tempore, o censo que a Nós e a nossos sucessores pertence.
Determinamos, portanto, que a nenhum homem seja lícito perturbar temerariamente a tua pessoa ou as dos teus herdeiros e bem assim o referido reino, nem tirar o que a este pertence ou, tirado, retê-lo, diminuí-lo ou fazer-lhe quaisquer imposições.
Se de futuro qualquer pessoa eclesiástica ou secular intentar cientemente contra o que dispomos nesta nossa Constituição, e não apresentar satisfação condigna depois de segunda ou terceira advertência, seja privada da dignidade da sua honra e poder, saiba que tem de prestar contas a Deus por ter cometido uma iniquidade, não comungue do sacratíssimo Corpo e Sangue de Jesus Cristo nosso divino Senhor e Redentor, e nem na hora da morte se lhe levante a pena.
Com todos, porém, que respeitarem os direitos do mesmo reino e do seu rei, seja a paz de Nosso Senhor Jesus Cristo, para que neste mundo recolham o fruto das boas obras e junto do soberano juiz encontrem o prémio da eterna paz.
Amen, Amen, Amen
Alexandre Papa III
Ins deutsche übersetzt lautet der Text der Bulle „Manifestis probatum“ wie folgt:
Alexander, Bischof, Diener der Diener Gottes, an den teuren Sohn in Christus, Afonso, erlauchter König der Portugiesen, und seine Nachfolger, auf Ewiglich.
Es ist zweifellos erwiesen, das Du als guter Sohn und katholischer Prinz, unzählige Dienste für deine Mutter, die Heiligen Kirche, erbracht hast, indem du vernichtend und unerschrocken mit militärischen Heldentaten gegenüber den Feinden Christie geglänzt hast und den christlichen Glauben verbreitet hast, und somit ein gutes Beispiel für alle bist.
Die Heilige Kirche schuldet denen die Gott auserkoren hat um zu herrschen und um die Völker zu retten, wahre Liebe und Zuneigung und die Erfüllung ihrer gerechten Bittgesuche.
Deshalb haben Wir, die Klugheit, die Gerechtigkeit und die Regierungstauglichkeit Deiner erlauchten Person berücksichtigend, beschlossen, dich unter dem Schutz des Heiligen Petrus und dem unserigem zu stellen, und gewähren und bestätigen hiermit durch unsere apostolische Autorität Deine erhabene Herrschaft über das Königreich Portugal mit allen Ehren und Würde die einem König gebührt, sowie über alle Gebiete die Du den Sarazenen entrissen hast und auf die kein anderer christlicher Prinz ein Anspruch erheben soll.
Und damit Du Dich weiterhin ereiferst dem Heiligen Petrus und der Heiligen Kirche in Rom zu dienen, haben Wir beschlossen diesen Schutz auch Deinen Nachfolgern zu gewähren und, mit Gottes Hilfe, versprechen Wir diese Gewährung zu verteidigen, soweit es in unserer apostolischen Macht liegt.
Deshalb, treuer Sohn, zeige weiterhin Deine große Untertänigkeit und Ergebenheit gegenüber Deiner Mutter, der Heiligen Römischen Kirche, indem Du erhaben die Interessen des christlichen Glaubens verteidigst, so dass die Heilige Kirche sich weiterhin an ihrem ergebenen und ruhmreichen Sohn erfreuen kann und niemals an seiner Zuneigung zweifeln muss.
Um zu zeigen, dass das hier erwähnte Königreich dem Heiligen Petrus gehört, erklärst Du Dich bereit, als Zeugnis Deiner größten Ehrerbietung, an Uns und Unseren Nachfolgern, die jährliche Summe von vier Unzen Gold zu entrichten.
Du und Deine Nachfolger, Ihr werdet Euch deshalb verpflichten an den Erzbischof von Braga zu gegebener Zeit, immer diese Summe zu entrichten, die somit Uns und Unseren Nachfolgern gehört.
Wir bestimmen sodann, das es keinem Mann erlaubt ist, Deine Person oder die Person Deiner Nachfolger anzuzweifeln und ebenso an Eurem Königreich zu zweifeln, oder Euch das zu rauben was Euch zusteht, und wenn geraubt, Euch dieses augenblicklich wieder zukommen zu lassen ohne auch nur eine Auflage von Euch zu verlangen.
Und sollte in Zukunft eine kirchliche oder eine weltliche Person gegen den von Uns hier beglaubigten Beschluss angehen, und nach zweimaliger oder dreimaliger Warnung keine Rechenschaft über seine Gründe ablegen, dann soll er seiner Ehre und Macht verlustig werden, und er soll wissen das er vor Gott Rechenschaft ablegen muss da er eine Ungerechtigkeit begangen hat, er soll keine heilige Kommunion und somit das Laib und das Blut Christie unseres himmlischen Herrn und Erlösers zu sich nehmen dürfen, und er soll auch in der Stunde seines Todes nicht mit Gnade rechnen können.
Mit allen, die dieses Königreich und seinen König respektieren, sei der Frieden unseres Herren Jesus Christus, und sie sollen in dieser unserer Welt die Früchte ihrer guten Werke einbringen dürfen und einstmals mit dem fürstlichen Richter den Preis des ewigen Frieden finden.
Amen, Amen, Amen
Papst Alexander III
Die Originalbulle befindet sich heute im Nationalarchiv der „Torre do Tombo“ in Lissabon.
Im Jahre 1212, unter Papst Innozenz III, und im Jahre 1218, unter Papst Honorius III, wurde die Bulle erneuert und nochmals beglaubigt.
Montag, 17. Oktober 2011
Eselsohren: „Tod und Teufel“
Es ist schon lange her, das ich ein über 500 Seiten dickes Buch in nur drei Tagen ausgelesen habe.
Heute ist es mal wieder soweit gewesen.
Als ich vor 72 Stunden voller Neugier angefangen habe „Tod und Teufel“ zu lesen, konnte ich noch nicht erahnen, dass ich von der Handlung dieses Buches so gefesselt und begeistert sein würde und das mir die einzelnen Charaktere so schnell ans Herz wachsen würden.
„Tod und Teufel“ ist eine perfekte Mischung aus historischem Krimi und Abenteuerroman, das schon 1994 im Verlag Goldmann erschien, welches ich aber erst jetzt in einem meiner Bücherregale fand.
Geschrieben hat dieses beeindruckende Werk der 1957 in Köln geborene Schriftstellers Frank Schätzing.
Im Mittelpunkt der von Schätzing geschriebenen Geschichte steht der junge Jacop, der sich als Dieb und Herumtreiber im Köln des Jahres 1260 herumschlägt.
Eines Nachts klettert Jacop in den Garten des Erzbischofs der Stadt um ein paar Äpfel zu stehlen.
Genau gegenüber dem erzbischöflichen Garten befindet sich die Baustelle des neuen Kölner Doms.
Vom Apfelbaum aus sieht Jacop, der wegen seiner feuerroten Haare auch der „Fuchs“ genannt wird, wie der Dombaumeister gewaltsam vom Baugerüst in die Tiefe gestürzt wird.
Jacop wird somit unfreiwilliger Zeuge eines Mordes.
Der Ast des Apfelbaums auf dem Jacop sitzt bricht und er muss nun schleunigst vom Tatort fliehen, da ihm der Mörder auf den Fersen ist.
Nur wenigen Menschen kann sich Jacop anvertrauen.
Doch jeder, dem er erzählt was er in dieser Nacht gesehen hat, stirbt auf grausame Art und Weise.
Eine spannende Hetzjagd beginnt, bei der Jacop versucht seine Haut zu retten.
Er hat nur eine Chance um zu überleben: er muss den Mörder entlarven, bevor auch er zu einem seiner potenziellen Opfer wird.
Das Buch ist durchgängig gut geschrieben und sowohl die Örtlichkeiten, die Charaktere als auch die ganze mittelalterliche Atmosphäre werden vom Autor spannend und detailliert dargestellt.
Man erhält auf eindrucksvolle Weise einen Einblick in die verschiedenen sozialen Schichten, die Politik und das Kirchenwesen der damaligen Zeit und erfährt so eine Menge über das alltägliche Leben im Mittelalter.
Schätzings historischer Roman basiert auf den tatsächlichen, bis heute ungeklärten Tod, des damaligen Baumeisters des Kölner Doms Gerhard.
„Tod und Teufel“ ist das erste Buch von Frank Schätzing das ich gelesen habe, aber ich bin mir sicher, dass es bestimmt nicht das letzte war!
Sonntag, 16. Oktober 2011
Marsch der Entrüsteten
Beim Aktionstag gegen die Auswüchse der Finanzmärkte sind am gestrigen Samstag hunderttausende Menschen in insgesamt 82 Ländern der Welt und sage und schreibe in über 950 Städten weltweit auf die Straße gegangen.
Auch hier in Portugal haben gestern mehrere tausend Menschen an einer so genanten „Marcha dos indignados“ (dt.: „Marsch der Entrüsteten“) gegen die Macht der Banken, die Gier der Großkonzerne und die aktuellen gewaltigen staatlichen Sparmaßnahmen protestiert.
Allein an der zentralen Demonstration in Lissabon, die von der Rotunde des Marques de Pombal bis zum Parlament führte, nahmen weit mehr als 150.000 Menschen teil.
Die Kundgebung, die als konfessionslos und unparteiisch angekündigt war, verlief weites gehend friedlich.
Auch in anderen Städten Portugals, wie Brage, Coimbra, Évora, Faro, Porto und Santarém auf dem Festland, Funchal auf Madeira und Angra do Heroismo auf den Azoren, gingen die Menschen demonstrierend auf die Straße.
Vorbild für die Proteste am gestrigen Tag waren die „Occupy Wall Street“ – Dauerkundgebungen die seit gut einem Monat in New York stattfinden.
Sowohl die politischen Oppositionsparteien als auch die Gewerkschaften haben die Demonstrationen gegen die Auswüchse des Kapitalismus begrüßt.
Der Protest tausender Menschen aller Altersgruppen und die Auflehnung gegen das Auseinandertriften von Arm und Reich sind ein Alarmsignal welches auch die Regierung von Pedro Passos Coelho nicht mehr ignorieren kann.
Für den kommenden 26. November ist ein neuer „Marsch der Entrüsteten“ geplant.
Ob bis dahin, wie befürchtet, ein Generalstreik das Land lahm legen wird, ist noch nicht sicher.
Sicher ist aber, das Portugal schweren Zeiten entgegensieht und das die Finanzwelt langsam aber sicher den eisigen Wind spürt, der ihnen entgegen weht!
Samstag, 15. Oktober 2011
Die Erste Belagerung und Eroberung von Lissabon
Vielleicht hatten schon die Römer auf dem höchsten Hügel ihrer „Felicitas Julia“ ein Kastell.
Vielleicht sahen sie von dort oben aus fasziniert den Sonnenspielen im Strohmeer (port.. Mar da Palha), wie die breite Bucht des Tejo von den Lissabonnern genannt wird, zu.
Man weiß es ehrlich gesagt nicht.
Man weiß nur, dass irgendwann die Römer gingen und die Westgoten kamen. Doch auch sie waren irgendwann Geschichte und im 8. Jahrhundert n. Chr. eroberten die Mauren (port.: mouros) die Burg.
Sie verwandelten sie alsbald in einen stolzen Alkazar und 400 Jahre lang wehte die Fahne des Propheten Mohammed über den Zinnen.
Bis im Jahre 1147 sich die Portugiesen unter König Afonso Henriques I anschickten die Stadt zuerst zu belagern und dann zu erobern.
Mit der Eroberung Lissabons setzte Afonso Henriques damals die Grundlage für seine Herrschaft über ganz Portugal.
Zuvor hatte der König im März 1147, mit einer kleinen Truppe, die nördlich von Lissabon gelegene Stadt Santarém von den Mauren befreit.
Um aber in das strategisch wichtige Lissabon einzumarschieren brauchte Afonso Henriques mehr als nur ein paar Mann.
Da traf es sich gut, das am 28. Juni eine Flotte von 164 Schiffen mit insgesamt 13.000 Mann etwas nördlich von Lissabon anlandete.
Diese 13.000 Männer waren Kreuzritter (port.: cruzados) aus England, Deutschland, der Normandie, Schottland, Friesland und Flandern, die am Zweiten Kreuzzug (port.: Segunda Reconquista) teilnahmen und sich auf dem Weg ins Heilige Land befanden.
Eigentlich wollten sie so schnell wie möglich nach Jerusalem weiterreisen.
Aber als König Afonso Henriques ihnen das Recht zur Plünderung Lissabons zugestand, wenn sie anschließend ihm die eroberte Stadt überlassen würden, ließen sie sich von der lukrativen Aussicht überzeugen, ihre Reisekasse durch reiche Beute aufbessern zu können.
Am 01. Juli 1147 begann offiziell die Belagerung Lissabons.
Den 4.000 Portugiesen standen 6.000 Engländer, Normannen und Schotten, sowie 5.000 Deutsche und Friesen und 2.000 Flamen zur Seite.
Gemeinsam kämpfte diese Truppe gegen etwa 7.000 maurische Soldaten und einer zivilen Bevölkerung von ca. 11.000 Einwohnern.
Über fast vier Monate hinweg fanden tagtäglich Scharmützel statt.
Zwar konnten die Portugiesen und die Kreuzfahrer die Stadt langsam für sich einnehmen, die Eroberung der maurischen Burg aber, das Herz der Stadt, erwies sich als äußerst schwierig.
Mehrere Male stand die Belagerung der Stadt auf der Kippe.
Da aber die Nahrungsversorgung der Verteidiger mit der Zeit immer schwieriger wurde und die benachbarten maurischen Fürsten keine Unterstützung entsendeten, entschied sich bald der Krieg zugunsten der portugiesischen Truppen.
Am 24. Oktober 1147 setzten die Engländer und die Deutschen die drei südlichen Burgtore unter heftigen Beschuss und fügten den Verteidigern die ersten größeren Verluste bei.
Martim Moniz, einer der Ritter des Königs, eroberte mit ein paar Mann eines der Tore das in der Zwischenzeit geöffnet war.
Als die Mauren das Tor wieder schließen wollten, warf sich Martim Moniz, unter Einsatz seines eigenen Lebens, zwischen Tor und Torrahmen, so dass die Mauren ihn nicht wieder schließen konnten und die portugiesischen Truppen so in die Burg einmarschieren konnten (lesen sie hierzu bitte auch meinen Beitrag „Martim Moniz“ vom gestrigen 14. Oktober 2011).
Noch am gleichen Tag gaben die Mauren auf und willigten einer Übergabe der Stadt ein.
Eine Kapitulation die leider zu spät kam, denn sie kostete vielen Menschen das Leben.
Während sich auf portugiesischer Seite die Verluste auf insgesamt 1.000 Tote und Verletzte beliefen waren die Verluste auf maurischer Seite weitaus höher. Mann schätzt das etwa 4.000 maurische Soldaten bei der Belagerung Lissabons ums Leben kamen und etwa 6.000 Soldaten und Einwohner verletzt wurden.
Die Hoffnung der Kreuzritter auf reiche Beute erfüllte sich.
Einige von ihnen setzten ihre Weiterreise ins Heilige Land gar nicht mehr fort, sondern kehrten in ihre Heimat als reiche Männer zurück.
Wiederum andere, wie die Normannen Arnold III de Aerschot und Christian de Ghistelles, der Schotte Henry Glanville, die Engländer Simon of Dover, Andrew of London und Gilbert of Hastings, der Flame Saher de Archelle und der Deutsche Heinrich von Bonn, ließen sich noch im selben Jahr als Siedler in Lissabon und Umgebung nieder.
Zu dem Engländer Gilbert of Hastings sei noch zu sagen, dass er noch im selben Jahr, 1147, zum ersten Bischof von Lissabon ernannt wurde.
Aber die meisten der Kreuzritter wartete nur den Winter ab, um dann Anfang Februar 1148 ihren Kreuzzug ins Heilige Land fortzusetzen.
Der Zweite Kreuzzug sollte später, mit einer vernichtenden und blutigen Niederlage in Kleinasien, in einem Fiasko enden.
Die Eroberung Lissabons sollte eines der wenigen Erfolge der Kreuzritter sein, genauso wie die Eroberungen dreier anderer portugiesischer Städte, nämlich Santarém, Sintra und Palmela.
Sowohl Afonso Henriques I als auch seine drei Nachfolger Sancho I, Afonso II und Sancho II residierten in der Burg nur zeitweilig.
Erst Afonso III machte im Jahre 1255 die Burg zu seinem ständigen zuhause, und somit Lissabon zur Hauptstadt des Landes – bis heute!
Freitag, 14. Oktober 2011
Martim Moniz
Der Burghügel ist mit seinen gut 110 Metern Höhe der älteste Teil Lissabons.
Die Sankt Georgs Burg (port.: Castelo de São Jorge) die den Hügel heute krönt, beeindruckt insgesamt mehr durch ihre süperbe Lage als durch ihre dicken Mauern und wuchtigen Türme.
Das mit Burgen reich gesegnete Portugal hat eigentlich viel imposantere Exemplare aufzuweisen als die hier in der Hauptstadt, aber historisch gesehen ist diese Burg für die Geschichte Portugals unumstritten eine der wichtigsten, wenn nicht gar die wichtigste.
Im Jahre 1147 eroberte die Reconquista, unter der Führung von König Afonso Henriques I und seinen Truppen, mit der Hilfe englischer, flämischer und auch deutscher Kreuzritter, die Burg von den Mauren.
König Afonso Henriques wäre niemals in der Lage gewesen die Maurenburg (port.: Castelo dos Mouros) erobern zu können, wenn er nicht die tatkräftige und mutige Hilfe seiner Männer gehabt hätte.
Einer dieser Männer, die dem König damals als Ritter bei der Eroberung tapfer zur Seite standen, war Martim Moniz.
Keiner weiß wann und wo Martim Moniz genau geboren wurde.
Aber man weiß dass er als Held bei der Eroberung Lissabons im Jahre 1147 starb.
Martim Moniz war ein verarmter Ritter aus niedrigem Landadel.
Er war der Sohn eines gewissen Mónio Osores de Cabreira und dessen Ehefrau Maria Nunes de Grijó.
Verheiratet war Martim Moniz mit Teresa Afonso, von der heute einige Historiker meinen, sie wäre wohl eine uneheliche Tochter von König Afonso Henriques I gewesen.
Mit Teresa Afonso hatte er drei Söhne, nämlich Pedro Martins da Torre, João Martins de Cabreira Salsa und Martim Martins de Cabreira.
Das Martim Moniz die Tafel des König teilen durfte, verdankte er vielleicht der Tatsache das er, wie schon erwähnt, der Schwiegersohn des Königs war, aber sicherlich verdankt er dies auch wegen seinem beispiellosen Heroismus.
So soll er bei der Eroberung von Santarém, im Frühling desselben Jahres, sich mutig vor dem König gestellt haben, als dieser gleich von zwei Mauren angegriffen wurde.
Der König sah in ihn seinen Lebensretter, und belohnte ihn, nicht etwa mit Geld und Edelsteinen, sondern mit Achtung und Dank; die höchste Gabe die ein Ritter von seinem König erwarten konnte.
Als der König daran ging die Stadt Lissabon zu erobern, hatte er Martim Moniz an seiner Seite.
Die Eroberung war schwer und verlustreich und nur mit Mühe waren die maurischen Truppen unter Kontrolle zu bringen.
Als der Eroberungstag sich dem Ende hin neigte sah es so aus, als ob die Eroberung Lissabons durch die Reconquista fehlschlagen würde.
Doch plötzlich, inmitten des Kampfgewühls, entdeckte Martim Moniz das eines der riesigen Burgtore, die bis dahin eine Erstürmung der Burg unmöglich gemacht hatten, offen stand um flüchtenden maurischen Soldaten Einlas zu gewähren.
Er kämpfte sich mit seinen wenigen Männern bis zu besagtem Tor durch.
Als die Mauren sahen, dass Martim Moniz und seine Mannen sich dem Burgtor näherten, versuchten sie selbigen so schnell wie möglich zu schließen, um eine Einnahme durch die Portugiesen zu verhindern.
In diesem Moment muss Martim Moniz realisiert haben das die Reconquista der Stadt für lange Zeit verloren war, wenn es ihm nicht gelänge das Tor für die nachrückenden Truppen seines Königs offen zu halten.
So warf er sich, wie die Legende uns berichtet, mutig zwischen Tor und Torrahmen und hinderte so, mit seinem Körper, die Mauren am Schließen desselbigen.
Die Truppen von Afonso Henriques aber hatten so genügend Zeit das Tor zu erobern und zu öffnen und die ganze Maurenburg zu besetzen.
Dieses Tor, das es heute noch gibt, trägt seit diesem Tag den Namen „Porta de Martim Moniz“.
Nur ein paar Meter vom Burgtor entfernt, steht auf einem Sockel, eine Büste aus dem 17. Jahrhundert, die den Helden der Eroberung von Lissabon darstellen soll.
An einer Marmortafel über dem Burgtor kann man folgende Inschrift lesen:
• „El-Rei dõ Afonso Henriques mandou aqui colocar esta statua e cabeça de pedra em memória da gloriosa morte que dõ Marti Muniz, progenitor da família dos Vasconcelos, recebeu nesta porta quando atravessando-se nela franqueou aos seus a entrada com que se ganhou aos mouros esta cidade no ano de 1147.“
Ins deutsche übersetzt lautet oben aufgeführter Text wie folgt:
• „Seine Majestät, König Dom Afonso Henriques hat diesen Sockel und diesen Kopf aus Stein als Andenken an den heldenhaften Tod von Dom Marti Muniz, Vorfahre der Familie derer von Vasconcelos, errichten lassen, der durch seinen Mut es den seinigen ermöglicht hat diese Stadt 1147 von den Mauren zu erobern.“
Das Leben von Martim Moniz war ein Leben mit vielen Geheimnissen.
Doch sein heldenhafter Tod wird, für alle Zeit, eine Fußnote der Geschichte Portugals bleiben.
Donnerstag, 13. Oktober 2011
Inclita Geração
Heute wurde ich gefragt, was, oder besser gesagt wer, denn die „Inclita Geração“ war.
Nun wörtlich übersetzt heißt „Inclita Geração“ auf Deutsch so viel wie „Intakte Generation“ oder „Famose Generation“ oder aber auch „Perfekte Generation“ oder „Berühmte Generation“.
Diesen Begriff erwähnte zum ersten Mal Portugals Nationaldichter Luis de Camões in seinem Hauptwerk „Os Lusiadas“, und titulierte damit die sechs überlebenden Kinder des portugiesischen Königs João I und seiner aus England stammenden Königin Filipa de Lencastre (engl.: Philippa of Lancaster). Die Infanten Branca und Afonso waren im Kindesalter verstorben.
Diese sechs Infanten wurden zu einzigartigen Menschen ihrer Zeit, jeder auf seine Art und Weise.
Der individuelle Wert dieser fünf Prinzen und einer Prinzessin war für die damalige Zeit so bedeutend, dass sie sowohl die Geschichte Portugals als auch die Geschichte des damaligen Europas prägten.
Der Inclita Geração gehörten an:
• Der düstere und traurige Infante Duarte (geb. Viseu 1391 – gest. Tomar 1438), der seinem Vater João I als König auf den Thron folgte
• Der feinsinnige und feinfühlige Infante Pedro (geb. Lisboa 1392 – gest. Alfarrobeira 1449), der Herzog von Coimbra und später einmal Regent des Königreiches wurde, der Dichterruhm sammelte und als der gebildeste Prinz Europas galt
• Der wagemutige und glanzvolle Infante Henrique (geb. Porto 1394 – gest. Sagres 1460), der den Titel eines Herzogs von Viseu trug und der später als „Heinrich der Seefahrer“ in die Geschichtsbücher einging
• Die ebenso schöne wie gebildete Infantin Isabel (geb. Évora 1397 – gest. Dijon 1471), die durch ihre Heirat mit Philipp III, dem Guten, Herzogin von Burgund wurde und für ihren Ehemann mehrere Male die Regentschaft von Burgund übernahm
• Der mutige und gerechte Infante João (geb. Santarém 1400 – gest. Alcácer do Sal 1442), der als Konstabler des Königreichs (port.: condestável do reino) der höchst dekorierteste Soldat seiner Zeit in Portugal war
• Der traurige und unglückliche Infante Fernando (geb. Santarém 1402 – gest. Fez 1433), der in Nordmarokko in maurische Gefangenschaft geriet, dort auch in einem Verließ in Fez den Märtyrertod starb und heute als der Heilige Infant (port.: Infante Santo) bekannt ist
Bei allen sechs Mitgliedern dieser „Perfekten Generation“ handelte es sich um Prinzen und Prinzessinnen die unheimlich charismatisch und populär waren. Sie brachten die Menschen ihrer Zeit zu einem neuen nachdenken und damit zu einem neuen handeln.
Noch heute gelten die Kinder von João I und Königin Filipa de Lencastre als Glücksfall für die damalige portugiesische Monarchie.
Mittwoch, 12. Oktober 2011
Ausgesuchte Werke von Luis Vaz de Camões
Nach meinem gestrigen Beitrag über Luís Vaz de Camões wurde ich heute gefragt ob ich nicht hier das eine oder andere Beispiel seiner Dichtkunst vorstellen kann und will.
Diesem Wunsch gehe ich heute gerne nach und führe nun hier vier Gedichte auf, die von den renommierten deutschen Schriftstellern Hans-Joachim Schaeffers und Wilhelm Storck übersetzt worden sind.
Die Gedichte, Lieder, Oden, Komödien und Sonetten von Camões, allen voran „Die Lusiaden“ (port.: „Os Lusíadas“), sind das Bedeutendste und Berühmteste, welches die portugiesische Literatur zu bieten hat.
Ein gigantisches Werk, das die Liebe, die Frauen und die ganze portugiesische Geschichte und ihre Einordnung in die Geographie der Welt und den Bau des Universums umfasst.
Camões ist ein Dichter von großer Kraft, von einem enormen Erzählungspotential und einer präzisen Schilderungsgabe.
Er selbst rühmt sich, über viele seiner Gedichte, nicht Erfundenes, sondern nur wirklich über Geschehenes zu berichten.
Da das Werk von Camões sehr umfangreich ist, war es für mich äußerst schwierig, hier ein paar Beispiele aufzuführen.
Ich hoffe aber, mit meiner getroffenen Auswahl, ein ungefähres Bild über die Arbeiten des großen Dichters geben zu können.
Die Lusiaden
Erster Gesang, Strophe 1 bis 8:
Die kriegerischen, kühnen Heldenscharen,
Vom Weststrand Lusitaniens ausgesandt,
Die auf den Meeren, nie zuvor befahren,
Sogar passierten Taprobanas Strand,
Die mehr erprobt in Kriegen und Gefahren,
Als man der Menschenkraft hat zuerkannt,
Und unter fernem Volk errichtet haben
Ein neues Reich, dem so viel Glanz sie gaben;
Und die Erinnerungen voller Ruhm
An jene Könige, die stets gemehrt
Das Reich, den Glauben und das Heidentum
In Afrika und Asien zerstört,
Und jene auch, die durch ihr tapferes Tun
Des Todes Forderung von sich gewehrt:
Will mit Gesang ich überall verbreiten,
Wenn mich Talent und Kunst dabei begleiten.
Genug vom schlauen Griechen, vom Trojan
Und von den großen Fahrten, die sie machten;
Genug von Alexander und Trajan,
Von Siegesehren auch, die ihnen lachten;
Ich singe jetzt vom tapferen Lusitan,
Dem sich Neptun und Mars gefügig machten.
Genug von dem, was früher war zu loben,
Denn ein viel größerer Mut hat sich erhoben.
Und ihr, meine Tagiden, habt entfacht
In mir neue Begabung, volle Glut,
Wenn stets, mit einem schlichten Vers bedacht
Von mir ward heiter eures Flusses Flut,
Gebt mir jetzt einen hohen Ton voll Macht,
Einen erhabenen Stil, der Rede Flut,
Damit Phoibos befiehlt, daß eure Welle
Nicht mehr beneide Hippokrenes Quelle.
Verleiht mir Leidenschaft und schönen Sang,
Nicht wie der rauhe Ton der Hirtenflöte,
Vielmehr der kriegerischen Tuba Klang,
Der Mut entzünde und Gesichter röte;
Ich will die Taten rühmen mit Gesang
Des Volks, das Mars durch Kühnheit so erhöhte;
In aller Welt soll man von ihnen singen,
Gelingt es, solchen Preis in Vers zu bringen.
Und Ihr, o hochgeborene, starke Wacht
Von Lusitaniens alter Sicherheit,
Daß Ihr das Reich des Glaubens größer macht,
Erhofft sich fest die kleine Christenheit;
Ihr schreckt so jung der Mauren Heeresmacht,
O schicksalhaftes Wunder unserer Zeit,
Der Welt von Gott geschenkt (der alles lenkt,
Daß von der Welt ihm werde viel geschenkt);
Ihr, zarter Blütenzweig an einem Baum,
Von Christus, dem Erlöser, mehr geliebt
Als jeder andere in des Westens Raum,
Der Kaiser sich und Allerchristlich schrieb;
(Seht Euer Wappen, dort ist anzuschauen
Und zu erkennen, wie man einst gesiegt,
Sein Wappen hat Euch Christus dort gegeben,
Das er sich gab, als man ihm nahm das Leben);
Ihr, starker König, dessen großes Reich
Die Sonne schon erblickt, kaum daß sie steigt;
Erblickt, wenn beide Tageshälften gleich,
Und noch erblickt, wenn sie sich niederneigt;
Ihr sollt das Joch sein und die Schmach zugleich
Des Reiterheeres Ismaels, das weicht,
Der Türken aus dem Orient und des Stammes,
Der noch das heilige Wasser trinkt des Ganges.
Original: Luís Vaz de Camões
Übersetzung: Hans-Joachim Schaeffers
Sonette 173
Natur erschuf mit ihrer ganzen Pracht
Uns einen Schatz, so herrlich und so schön;
Aus Rosen und Rubinen, Gold und Schnee
Hat engelszarte Schönheit sie vollbracht.
Rubin funkelt im Mund, in Reinheit lacht
Des Antlitz’ Rose, für die ich vergeh;
Im Haar ist goldnes Gleißen, hell zu sehen,
Schnee deckt die Brust, der mir das Herz entfacht.
Die Augen zeigen, was Natur vermag,
Aus ihnen machte sie ein Sonnenlicht,
Ein Licht noch heller als der helle Tag.
So, Herrin, hat in Körper und Gesicht
Das allerschönste Kunstwerk sie vollbracht
Aus Rosen, Gold, Rubinen, Schnee und Licht.
Original: Luís Vaz de Camões
Übersetzung: Hans-Joachim Schaeffers
Ohne Dich
Der sanfte Reiz der Berggeländ' und Auen,
Der laubigen Kastanien Schattenkühle,
Der laut'ren Bächlein murmelndes Gewühle,
Verscheuchend Sorg' und Leid von Stirn und Brauen;
Des Meeres dumpf Geroll, die fremden Gauen,
Der Sonne Niedergang am fernen Bühle,
Der Herden Heimzug nach des Tages Schwüle,
Der Wolken hold Gewirr im Abendgrauen;
Kurz, alles was Natur zu wonn'gem Schauer
Für Seel' und Sinn so mannigfach ergossen:
Wo Du mir fehlst, erregt es Gram und Schmerzen;
Dir fern – betracht' ich's lässig und verdrossen;
Dir fern – erweckt mir allezeit im Herzen
Gröss'rer Genuß alleinzig gröss're Trauer.
Original: Luís Vaz de Camões
Übersetzung: Wilhelm Storck
Sehnsucht
Meine Qual und Lust,
Könnt' ich Euch doch sehen!
Sehn' ich heiss heran,
Was ich gerne sähe,
Weicht's aus meiner Nähe,
Und ich seufze: Wann?
Jahre flieh'n hindann;
Wird mir nie geschehen,
Euch einmal zu sehen?
Wie ein Traum entwich,
Also darf das Leben
Rasch für All' entschweben,
Aber nicht für mich;
Tag um Tag verstrich,
Und ich harr' in Wehen,
Ohn' Euch doch zu sehen.
Welch ein herbes Leid
Hat mich doch getroffen!
Solch ein langes Hoffen
In so kurzer Zeit!
Aber Groll und Neid
Mag an mir ergehen,
Kann ich Euch nur sehen!
Ach, wie quälen doch
Amors Tück' und Ränke!
Dass ich nie ihn kränke,
Trag' ich still das Joch;
Wär't Ihr höher noch,
Bliebe doch mein Flehen,
Immer Euch zu sehen.
Meine Qual und Lust,
Ziel der Wünsch und Klagen,
Wem, ach! kann ich sagen,
Was ersehnt die Brust?
Könnt' ich glückbewußt
Tag und Nacht doch stehen
Und Euch immer sehen!
Original: Luís Vaz de Camões
Übersetzung: Wilhelm Storck
Dienstag, 11. Oktober 2011
Luis Vaz de Camões
Lissabon und die Universitätsstadt Coimbra streiten sich darum, Geburtsort von Luís Vaz de Camões, den wohl bedeutendsten portugiesischen Dichter und Poet, zu sein.
Unklarheiten bestehen auch hinsichtlich des Geburtsdatums: 1524 oder 1525 kommt Camões zur Welt.
Er entstammt einer verarmten aber angesehenen portugiesischen Adelsfamilie.
Sein Vater befehligt im königlichen Auftrag ein Schiff.
Genauso wie sein Geburtsjahr und sein Geburtsort sind alle biographischen Angaben über Camões sehr spärlich und teilweise auch nicht gesichert, sondern eher typisch folklorisch angehaucht.
Nur sehr wenige Etappen in seinem Leben sind wirklich dokumentiert.
Väterlicherseits stammt Luís Vaz de Camões von Vasco Pires de Camões ab, einem galizischen Troubadoure der im Jahre 1370 nach Portugal zog um in die Dienste König Fernando I als Minnesänger zu treten.
Der König muss von dem Gesang und der Poesie des Urgroßvaters von Luís Vaz de Camões sehr angetan gewesen sein, denn es ist belegt, dass er ihn mit Ehren, Geld und Ländereien beschenkte.
Der Sohn von Vasco Pires de Camões, Antão Vaz de Camões, der Großvater des großen Dichters, diente dem König in der portugiesischen Marine als Soldat im Roten Meer. Er ehelichte Dona Guiomar da Gama, eine entfernte Verwandte des großen Vasco da Gama.
Aus dieser Ehe entstamme Luís de Camões Vater, Simão Vaz de Camões, der in der königlichen Handelsmarine seinen Dienst versah, und bis nach Guinea und Indien reiste.
Simão heiratete Ana de Sá e Macedo, eine aus Santarém stammende Adlige und beide hatten sie nur einen Sohn, Luís Vaz de Camões.
Man geht davon aus, dass er eine solide und für heutige Begriffe, klassische Erziehung mit Latein, Literatur und Geschichte hatte, wie sie wohl viele junge Männer aus adeligem Hause genossen.
Er soll ein undisziplinierter aber interessierter Schüler gewesen sein.
Wahrscheinlich hat er in Coimbra studiert, obwohl keine Universitätsunterlagen darüber existieren.
Fakt ist, das Camões alsbald zu den gebildesten Männern seiner Zeit gehörte.
Seine Familie ist zwar verarmt, aber dennoch adelig.
Ein Fakt das ihm nach dem Studium die Tatsache ermöglicht Zutritt bei Hofe zu finden und dort auf Bestellung Dramen und Gedichte zu schreiben.
Im wird alsbald eine turbulente und liederliche Lebensweise nachgesagt, mit Saufgelagen, Prügeleien, sowie zahlreichen Liebschaften mit jungen adeligen und nichtadeligen Damen.
Eine dieser Affären hat er mit Infantin Maria, der Schwester des Königs. Sie ist dann auch der Grund warum ihn König João III aus dem erlauchten Kreis des Hofstaats verbannt.
In der Hoffnung, dadurch früher rehabilitiert zu werden, meldet er sich freiwillig zum Militärdienst in Ceute. Hier verliert er bei einem Seegefecht mit den Mauren, nahe der Straße von Gibraltar, sein rechtes Auge.
Insgesamt bleibt er zwei Jahre in Nordafrika, bevor er wieder nach Portugal zurückkehrt.
Kaum in Lissabon angekommen fängt er wieder sein liederliches Leben an.
Am 15. Juni 1552, dem Fronleichnamtag, verstrickt er sich mit Gonçalo Borges, einem Lieblingsdiener des Königs, im Rossio in einen Streit. Bei diesem Streit verletzt er Gonçalo Borges mit dem Säbel schwer am Hals.
Er wird verhaftet und ins nahe Gefängnis Cadeia do Tronco, in die Rua das Portas de Santo Antão n.º 137, gebracht.
Dort verbleibt er für die nächsten neun Monate.
Nachdem König João III einer Bitte von Luís de Camões Mutter nachkommt, wird er am 07. März 1553 begnadigt, allerdings unter zwei Bedingungen:
1. er muss Gonçalo Borges einen Schadensersatz in Höhe von 4.000 Reis bezahlen und
2. er muss augenblicklich Portugal verlassen!
In dem Marineregister aus demselben Jahr findet sich unter der Liste „Gente de Guerra da Armada da India“ (dt.: „Kriegspersonal der Indischen Armada“) folgender Eintrag:
• „Luís de Camões, filho de Simão Vaz e Ana de Sá, moradores em Lisboa, na Mouraria; escudeiro, de 25 anos, barbirruivo, trouxe por fiador o seu pai; vai na nau São Bento, da frota de Fernão Álvares Cabral... entre os homens de armas.“
Was ins deutsche übersetzt so viel heißt wie:
• „Luís de Camões, Sohn des Simão Vaz und der Ana de Sá, wohnhaft in Lissabon, im Stadtteil Mouraria; Schildknappe, 25 Jahre alt, rotbärtig, bringt als Bürge seinen Vater mit; reist auf dem Kriegsschiff São Bento, in der Flotte von Fernão Álvares Cabral... mit den Männern die unter Waffen stehen.“
Mit diesem Eintrag im Marineregister ist eindeutig belegt das Luís de Camões schon am 24. März 1553, 17 Tage nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis, nach Indien reist.
Zunächst wird er nach Goa geschickt, wo er 1554 zuerst unter Vizekönig Afonso de Noronha und ein Jahr später unter dem neuen Vizekönig Pedro Mascarenhas seinen Dienst verrichtet.
Aber auch hier in Goa fällt er in Ungnade und so geht seine Reise nach kurzer Zeit weiter, diesmal nach Macau.
Er dient dem neuen Vizekönig Francisco Coutinho ab 1562 in Macau, das zur damaligen Zeit nichts weiter als ein verlassener Handelsplatz war, als „Versorger der Toten und Vermissten in China“ (port.: „Provedor-mor dos Defuntos e Ausentes para a China“), eine nicht sehr anspruchsvolle Aufgabe, die ihm aber genügend Zeit lässt, sich seinen Dichtungen zu widmen.
Hier in Macau, in einer Felsengrotte die heute nach ihm benannt ist, schreibt er hauptsächlich sein großes episches Werk „Die Lusiaden“ (port.: „Os Lusíadas“ – nach Lusus, dem sagenhaften Stammvater der Portugiesen“).
In dem Epos „Os Lusíadas“ schildert der Dichter auf homerischer Art und Weise, mit Anklängen an die Odyssee, an Mythen und Götter, die Entdeckung des Seewegs und die Reise nach Indien durch den portugiesischen Seefahrer Vasco da Gama.
Auf einer Reise nach Goa, wohin er befohlen wird, erleidet sein Schiff, unweit des Mündungsdeltas des Mekong, Schiffbruch und er kann nur sich und sein Manuskript retten.
In Goa angekommen wird er festgenommen, da man ihm vorwirft Gelder der Verstorbenen, die er eigentlich für die Erben verwalten sollte, veruntreut zu haben.
Nur der neue Vizekönig Antão de Noronha, ein Freund aus der Zeit als Camões noch in Marokko stationiert war, kann ihn vor einer längeren Haftzeit bewahren.
Die letzten Jahre in Asien verbringt er mit schreiben und, für seine Verhältnisse, mit einem recht geordneten Leben.
Erst am 07. April 1570 kehrt Camões, über Moçambique, auf dem Handelsschiff Santa Clara nach Lissabon zurück.
Hier beendet er „Os Lusíadas“ und nach dem er sein Werk vor dem neuen König Sebastião I rezitiert hat, gibt dieser ihm im März 1572 die Erlaubnis die Gedichte zu veröffentlichen.
Der König gesteht Camões, „als Anerkennung für die geleisteten Dienste für die Krone in Indien“, die stolze Summe von 15.000 Reis als Pension, ein.
Wenn man bedenkt, dass zur damaligen Zeit die Hofdamen des Königs jeweils nur 10.000 Reis erhielten, dann ist die Pension für einen alten Soldaten mehr als anständig.
Allerdings sollen die Zahlungen immer sehr unregelmäßig gewesen sein, was Camões, der sich an eine gewisse Lebensstandart gewöhnt hatte, in eine schwere finanzielle Krise stürzte.
Die letzten Jahre seines Lebens verbringt er in völliger Armut in einem Zimmer, unweit der Kirche Igreja Santa Ana.
Nach überlieferten Berichten hatte er äußerste Mühen über die Runden zu kommen.
Mit Bitterkeit erlebt er noch die portugiesische Niederlage im marokkanischen Alcácer-Quibir mit, wo mit dem Tod König Sebastiãos I am 27. August 1578 das Königreich Portugal seine Souveränität an Spanien praktisch verliert.
Im Mai 1580 erkrankt er an der Pest, an der er auch am 10. Juni stirbt.
In einem Massengrab wird er am darauf folgenden Tag, unweit der Kirche Igreja Santa Ana, verscharrt.
Nach dem großen Erbeben im Jahre 1755 wird alles daran gesetzt die sterblichen Überreste von Luís Vaz de Camões wieder zu finden. Aber die Suche scheitert kläglich, und somit sind die Gebeine, die 1880 im imposanten Grab im Hieronymuskloster (port.: Mosteiro dos Jirónimos) zu Lissabon beigelegt wurden sicherlich die Gebeine eines anderen Mannes, aber nicht die von Camões!
Wie so viele seiner Dichterkollegen, so erlebt auch Luís Vaz de Camões nicht mehr den Erfolg den er sich zu Lebzeiten immer so gewünscht hatte.
Über drei zentrale Themen handeln ausnahmslos alle Gedichte, Lieder, Oden, Komödien und Sonetten die Camões zu Papier gebracht hat.
Diese Themen sind die portugiesische Nation, die Liebe und die Frauen.
Erst nach seinem Tod erkennt man den unschätzbaren und stilistischen Wert seiner Werke an – eine Anerkennung die bis zum heutigen Tag andauert!
Eine deutsche Übersetzung von Camões Hauptwerk „Os Lusíadas“ fand erst im Jahre 1808 statt.
Nach der Nelkenrevolution im Jahre 1974 wurde der Portugiesische Nationalfeiertag, der jedes Jahr auf den 10. Juni fällt, zufällig dem Todestag von Camões, in „Dia de Portugal, de Camões e das Comunidades Portuguesas“ (dt.: „Tag von Portugal, von Camões und den Portugiesischen Gemeinden“) umbenannt.
Im Jahre 1992 wurde der Name des Portugiesische Sprachen- und Kulturinstitut (port.: „Instituto de Língua e Cultura Portuguesa“), vergleichbar mit dem Deutschen Goethe-Institut, ihm zu Ehren in „Instituto de Camões“ geändert.
Außerdem trägt der renommierteste portugiesische Literaturpreis, der „Prémio Camões“, seit 1989 seinen Namen.
Wer „Die Lusiaden“ noch nicht kennt oder die Originalfassung auf Portugiesisch nicht lesen kann, dem empfehle ich die sehr lobenswerte deutsche Übersetzung von Hans-Joachim Schaeffers, die im Jahre 2008 im „Elfenbein Verlag“ erschienen ist.
Montag, 10. Oktober 2011
Der Bahnhof São Bento in Porto
Der Bahnhof São Bento in der Stadt Porto ist einer der schönsten der Welt.
Zu diesem Ergebnis jedenfalls kam vor kurzem die berühmte amerikanische Reisezeitschrift „Travel + Leisure Magazine“.
In einem von ihr herausgegebenen Ranking von 14 Plätzen, über die schönsten Bahnhöfe der Welt, belegt der Hauptbahnhof der nordportugiesischen Metropole immerhin den 10. Platz!
Laut „Travel + Leisure“ belegte der neogotische Bahnhof Saint Pancras, in London, den ersten Platz und der zweite Platz ging an den von Gustave Eiffel entworfenen Hauptbahnhof von Maputo, dem früheren Lourenço Marques, in der ehemaligen portugiesischen Kolonie Moçambique.
São Bento belegte, wie schon geschrieben, den 10. Platz.
Zur Entscheidung heißt es hierzu in der Zeitschrift wörtlich:
• „The exterior of the São Bento Station in Oporto, Portugal, is certainly beautiful – and brings to mind 19th-century Parisian architecture with its mansard roof and stone façade – but it is the front hall that will make you gasp. The walls are covered with 20,000 splendid azulejo tin-glazed ceramic tiles, which took 11 years for artist Jorge Colaço to complete.“
Der Bahnhof besticht vor allem, wie im Text erwähnt, durch seine Eingangshalle, dessen Wände mit über 20.000 Azulejos des Malers Jorge Colaço überzogen sind.
Der Künstler brauchte insgesamt elf Jahre um die Azulejogemälde (port.: Paineis de Azulejos), die verschiedene historische Schlachtszenen und geschichtliche Ereignisse aus dem 14. Jahrhundert zeigen, zu vollenden.
Unter anderem stellt er die Hochzeit von König João I mit Königin Filipa of Lencaster, sowie den Einzug von Heinrich dem Seefahrer (port.: Henrique o Navegador), einem Sohn der Stadt, im marokkanischen Ceuta dar.
Auch die berühmte Szene, in der der portugiesische Ritter Egas Moniz mit seiner Familie vor König Afonso VII von Leon und Kastilien büßerhaft niederkniet, ist auf eindrucksvolle Art und Weise dargestellt, genauso wie das Turnier von Arcos de Valdevez.
Insgesamt bedecken die Azulejogemälde eine Fläche von 550 m².
Am 16. Juli 2011 begannen ausführliche Restaurationsarbeiten an den Azulejos, die ein knappes Jahr später, am 09. Mai 2011, beendet wurden.
Der Bahnhof, der seinen Namen dem ehemaligen Kloster Convento São Bento de Avé-Maria aus dem 16. Jahrhundert verdankt, der ehemals an diesem Platz stand, wurde von dem Architekten José Marques da Silva entworfen.
Am 22. Oktober 1900 wurde der Grundstein – übrigens ein Stein des alten Klosters – für den Bahnhof gelegt.
Die Bauarbeiten sollten ganze 16 Jahre dauern, bis schließlich am 29. Mai 1916 der Hauptbahnhof feierlich eröffnet wurde.
Seit 1997 steht das Bahnhofsgebäude als ein „Imóvel de interesse público“ (dt.: „Gebäude des öffentlichen Interesses“) unter Denkmalschutz.
Sonntag, 9. Oktober 2011
Taufe von Anna Gabriele
Heute wurde die kleine Anna Gabriele, im Beisein ihrer Familie, ihren Freunden und der Gemeinde, in der Deutschen Evangelischen Kirche zu Lissabon von Pastor Stefan Stalling feierlich getauft.
Sie ließ die ganze Taufprozedur sowie die danach stattfindende kleine Feier geduldig und beispielhaft über sich ergehen.
Liebe Anna Gabriele,
zu deiner heutigen Taufe wünsche ich Dir nochmals alles Liebe und Gute.
Ich freue mich sehr, dich auf deinem Lebensweg begleiten und an deinem Wachsen und Gedeihen teilnehmen zu dürfen.
Samstag, 8. Oktober 2011
Citânia de Briteiros
Rund 12 km östlich von Braga, der charmanten Stadt in der nordportugiesischen Provinz Minho, befindet sich auf der Anhöhe Monte São Romão, umgeben von den sattgrünen Hügel der Serra Falperra, in dem kleinen Ort Salvador de Briteiros, die Reste der alten eisenzeitlichen Siedlung Citânia de Briteiros.
Citânia de Briteiros ist die älteste bekannte Siedlung in ganz Portugal.
Entdeckt wurde der Ort im Jahre 1874 von dem Archäologen Francisco Martins Sarmento.
Ein Jahr später fing Sarmento an die alte keltiberische Siedlung freizulegen.
Nach neuesten Untersuchungen vermutet man, dass die Ansiedlung bereits um das Jahr 500 v. Chr. gegründet wurde.
Seine höchste Blüte erlebte der Ort wohl im 4. Jahrhundert v. Chr., aber wie Grabungsfunde belegen, wurde er bis in die spätrömische Zeit besiedelt.
Der antike Ort, der ursprünglich von drei Ringwällen umschlossen war, die alle eine Höhe von ca. fünf Metern vorzuweisen hatten und von denen es heute nur noch Reste gibt, umfasste etwa 150 einräumige Wohnhäuser, die größtenteils einen runden oder ovalen, teilweise auch einen rechteckigen Grundriss hatten.
Errichtet wurden die Häuser aus behauenen Steinen, die so passend übereinander geschichtet wurden, dass sie auch ohne Mörtel ein statisch sicheres Haus ergaben. Die ursprüngliche Bedachung bestand damals wohl aus einfachem Stroh.
Deutlich erkennbar sind noch heute die Wasserleitungen der einzelnen Häuser und die Straßen und Wege der Ansiedlung, die bereits damals mit einfachen Steinplatten gepflastert waren.
Heutzutage sind zwei der etwa 150 Rundhäuser des Ortes wieder rekonstruiert worden. Sie sollen einem, in etwa, die ehemalige Bauweise verdeutlichen.
Zwei andere Häuserruinen unterscheiden sich deutlich von den anderen im Ort.
Da wäre einmal ein etwas größeres Haus, das ein Durchmesser von 11 m hat und von dem man vermutet, dass es wohl zu Versammlungszwecken diente.
Das andere Haus liegt, etwas abseits, außerhalb der drei Mauerringe.
Früher nahm man an das dieses Haus eine Todesstätte war, weil es von den anderen doch etwas entfernt liegt.
Aber heute ist man der Meinung, dass es sich bei diesem Gebäude wohl eher um so etwas wie ein gemeinschaftliches Badehaus handelt.
Der Archäologe Francisco Martins Sarmento fand bei seinen Ausgrabungen in den Trümmern zahlreiche bemalte Keramikstücke, kunstvoll behauene Steine, Waffen, Schmuck und die verschiedensten Gerätschaften frühzeitlicher Bauern und Jäger.
All diese Fundstücke befinden sich heute in der nahe gelegenen Stadt Guimarães, in dem kleinen, nach dem Entdecker der Citânia de Briteiros benannten Museum, „Museu da Sociedade de Martins Sarmento“.
Eines der schönsten Ausstellungsstücke des Museums ist der berühmte Monolith „Pedra Formosa da Citânia de Briteiros“ (dt.: „Schöner Stein der alten Wohnstätte Briteiros“), ein mit Gravierungen geschmückter riesiger Stein aus dem vermuteten Badehaus des keltischen Ortes.
Um eine ungefähre Vorstellung der Größe dieses Steines zu haben, muss man wissen, dass er vor schätzungsweisen 3.000 Jahren graviert wurde, er drei Meter breit und zwei Meter hoch ist und an die fünf Tonnen wiegt.
Wie ich aus eigener Erfahrung weiß, sollte man sich für eine Besichtigung der Citânia de Briteiros, ruhig viel Zeit nehmen, da erst im Detail die Schönheit des alten Ortes zum Ausdruck kommt.
Citânia de Briteiros ist seit 1910 ein „Nationales Monument“ (port.: „Monumento nacional“).
Die Ausgrabungen die der Archäologe Francisco Martins Sarmento im Jahre 1875 begann, sind bis heute bei weitem nicht abgeschlossen.
So ist zu vermuten, dass die Citânia de Briteiros noch viele Geheimnisse birgt, die es noch zu entdecken gilt.
Freitag, 7. Oktober 2011
Kulturtage im Chiado
Morgen beginnt die 15. Ausgabe der nationalen Kulturtage im Lissabonner Stadtteil Chiado.
Vom 08.10.2011 bis zum 15.10.2011 organisiert das Nationale Kulturzentrum (port.: Centro Nacional de Cultura), das seinen Sitz im Chiado hat, in der Rua António Maria Cardoso n° 68, mit über hundert Partnern, wie Museen, Kirchen, Orchester, Restaurants, Cafés, Vereine und Galerien, die verschiedensten, größtenteils kostenlosen, kulturellen Events.
So werden z.B. Konzerte auf vielen öffentlichen Plätzen stattfinden, Museumsbesuche mitten in der Nacht veranstaltet und die abwechslungsreichsten Themenrundgänge durch das Stadtviertel organisiert.
Außerdem kann man die verschiedensten Kunstausstellungen, Autorenlesungen und Theateraufführungen besuchen.
Auch Kinder werden mit zahlreichen Geschicklichkeitsspielen, Malwettbewerben und Bastelecken auf ihre Kosten kommen.
Das schönste an den Kulturtagen im Chiado ist, das viele Gebäude und Institutionen, die normalerweise das ganze Jahr über nicht für die breite Öffentlichkeit geöffnet sind, an diesen acht Tagen ausnahmsweise besucht werden können.
Morgen werde ich ab 16 Uhr im Largo do Camões einem klassischen Open Air Konzert beiwohnen.
Vielleicht sehen wir uns ja dort?
Donnerstag, 6. Oktober 2011
Die fünf schönsten Liebesbriefe der Welt
Die Stadt Beja, mitten im Alentejo gelegen, kann zwar keine herausragenden Sehenswürdigkeiten präsentieren, doch die Vielzahl der schönen alten Bauten sowie die winkeligen Gassen der Altstadt und die strahlenden weißen Häuser machen Beja zu einem sehenswerten Ort in Portugal.
So nichts sagend Beja einem auf den ersten Blick auch erscheinen mag, umso überraschender ist es da, das ausgerechnet hier, laut Literaturkritikern, die „Fünf schönsten Liebesbriefe der Welt“ geschrieben wurden.
Diese Liebesbriefe, die als „Portugiessiche Briefe“ (port.: Cartas Portuguesas / fr.: Lettres Portugaises) in die klassische Weltliteratur eingegangen sind, wurden 1669 von einer Frau geschrieben, von der man es wohl am wenigstens erwartet.
Sie wurden von der Nonne Mariana Alcoforado an den französischen Marschall Noël Bouton de Chamilly, dem Marquis de Saint-Léger der von 1636 bis 1715 lebte, geschrieben.
Sóror Mariana Alcoforado, wie sie mit vollem Namen hieß, wurde am 02. April 1640, als Tochter des Offiziers Francisco Alcoforado und der vermögenden Leonor Menezes, in Beja geboren. Auf Wunsch ihrer Eltern trat sie schon als kleines Kind in das Kloster Unserer Lieben Frau der Unbefleckten Empfängnis (port.: Convento da Nossa Senhora da Conceição), in ihrer Heimatstadt ein.
Es war sicherlich nicht Marianas Wunsch gewesen dem Kloster beizutreten, aber wie so viele junge Frauen und auch Männer ihrer Zeit, blieb ihr nichts anderes übrig, als dem Willen ihrer Eltern zu folgen.
Sie muss den smarten französischen Offizier Chamilly wohl das erste Mal im Jahre 1665, von dem vergitterten Fenster ihrer Klosterzelle gesehen haben, der dort im Klosterhof mit seinen Kameraden exerzierte.
Einer dieser Kameraden war Luis Alcoforado, der Bruder von Mariana.
Noël Bouton de Chamilly befand sich in Portugal weil er an den Portugiesischen Unabhängigkeitskriegen (port.: Guerra da Restauração) gegen Spanien, unter dem Befehl Friedrichs von Schomberg, einem Waffenfreund des neuen portugiesischen Königs João IV, teilnahm.
Durch ihren Bruder Luis lernen sich Mariana und Chamilly kennen.
Was nicht sein durfte geschah dann doch:
Die Nonne und der Offizier verliebten sich ineinander, wobei die Liebe auf Marianas Seite wohl stärker war als auf seiner.
Ihr verbotenes Verhältnis dauert 3 Jahre lang, bis dann im Jahre 1668 Chamilly plötzlich, unter dem Vorwand sein Bruder sei schwer erkrankt, nach Frankreich zurückreiste.
Beim Abschied versprach er Mariana sie nach Frankreich nachzuholen.
Doch wie es im Volksmund so schön heißt:
„Aus den Augen, aus dem Sinn!“
Chamilly ließ nie wieder etwas von sich hören!
Alleine und verlassen fängt Mariana an, ihre Briefe zu schreiben – zuerst leidenschaftlich und hoffnungsvoll, später unsicher und zuletzt, aus dem Erkenntnis heraus, dass sie für den jungen französischen Adligen nur ein amüsantes Abenteuer gewesen ist, enttäuscht und distanziert.
So entstehen die schon erwähnten fünf Liebesbriefe, die später einen unbeschreiblichen Skandal hervorrufen sollten, sowohl im erzkatholischen Portugal als auch im konventionellen Frankreich.
Wie die Briefe an die Öffentlichkeit kamen ist heute ein Rätsel, aber man geht davon aus, das Chamilly selbst die Briefe in Umlauf brachte, denn er soll, so ist es überliefert, die Briefe amüsiert seinen Freunden vorgelesen haben.
Einer dieser Freunde war der französische Politiker und Übersetzer Gabriel de Guilleragues.
Man vermutet, dass es Guilleragues war, der die heute noch existierenden Briefe damals in französischer Sprache geschrieben hat.
Leider gibt es heute die originalen Briefe von in portugiesischer Sprache nicht mehr. Man nimmt an, dass die von Mariana verfassten Briefe mit den Jahren verloren gingen.
Wie dem auch sei:
Die Briefe wurden, so skandalös sie auch in der damaligen Zeit waren, später zu den schönsten Liebesbriefen der Welt erklärt.
Zahllose nationale und internationale Schriftsteller haben die Briefe übersetzt und neu verfasst.
Die Portugiesen Alexandre Herculano und Camilo Castelo Branco waren zwei von ihnen, die die Briefe neu interpretierten.
Die Deutsche Mathilde Mann übersetzte die Briefe im Jahre 1905 zum ersten Mal in die deutsche Sprache.
Rainer Maria Rilkes übertrug den Text 1913 und im gleichen Jahr wurden die Liebesbriefe auch von Georg Hecht nochmals übersetzt. Eine weitere deutsche Übersetzung erfolgte durch den Schweizer Walter Widmer im Jahre 1945.
In ihrem letzten Brief an Chamilly erwähnt Mariana auch die Möglichkeit, ihrem Leben selbst ein Ende zu setzen, doch muss es ihr gelungen sein, ihren Kummer zu bewältigen.
Denn sie stirbt erst am 28. Juli 1723, im hohen Alter von 83 Jahren, als Äbtissin in dem Kloster Convento da Nossa Senhora da Conceição, den Kloster den sie ein Leben lang nicht verlassen hat.
In dem erhaltenen Totenschein von ihr heißt es, dass sie sich fünfzig Jahre lang den härtesten Bußübungen unterzogen hat.