Mittwoch, 27. Juli 2011
Meuterei auf der Bounty in Neuzeitversion
Eine Sondereinheit der Marinepolizei (port.: Grupo de Ações Táticas da Polícia Marítima) musste gestern, mitten in der Nacht, mit zehn Mann ausrücken um dem Kapitän des unter maltesischer Flagge fahrenden Öltankers "Al-Mahhoobah" zu Hilfe zu kommen.
Der Kapitän hatte nämlich um 00:30 Uhr ein Notruf ausgesendet, indem er behauptete, die Besatzung wolle ihn lynchen.
Da die Marinepolizei (port.: Polícia Marítima) solch ein Notruf nicht ignorieren kann, machten sich also zehn Mann der Sondereinheit auf den Weg um den 100 m langen und 40 m breiten Öltanker in ihre Gewalt zu nehmen.
Die 18 Mann Besatzung, alles philippinische Staatsbürger, wurden von der Polizei auf See, in etwa der Höhe von Cascais, vernommen und am Ende zwei von ihnen, anscheinend die Rädelsführer, festgenommen.
Wie die Polizei mitteilte, hatte es an Bord wegen dem Be- und Entladen des Tankers Unstimmigkeiten gegeben.
Laut dem Kapitän fingen die Streitigkeiten im Hafen von Leixões, unweit von Porto, an, und eskalierten dann kurz vor der Ankunft des Tankers im Lissabonner Hafen.
Der Tanker durfte dann in Porto Brandão, in der Nähe von Lissabon, vor Anker gehen, und dort verbleibt er, bis er von der Polizei freigegeben wird.
In letzter Zeit häufen sich die Fälle von Gewalt an Bord von ausländischen Schiffen und Tanker, die durch portugiesische Gewässer fahren.
Die Marinepolizei verzeichnete alleine in der ersten Hälfte dieses Jahres 83 angezeigte Fälle.
Aufgenommen werden diese Anzeigen von der Polizei, auch heute noch, mit dem Begriff "rebelião" oder "revolta".
Dies kommt, auch wenn man es kaum glauben mag, dem deutschen Begriff der "Meuterei" nahe.
Dienstag, 26. Juli 2011
Snoopy-Parade Lisboa
Vor Jahren fand hier in Lissabon die „Cowparade Lisboa“ statt. Dutzende buntbemalte Kühe dekorierten damals, auf originelle Weise und zur Freude eines jeden von uns, Lissabons wichtigste Straßen und Plätze.
Nachdem sie einige Wochen das Stadtbild bereichert hatten, wurden dann die Kühe versteigert und der Erlös ging an wohltätige Organisationen.
Dieses Jahr wiederholt sich das ganze Schauspiel wieder, allerdings nicht mit Kühen, sondern mit riesigen Snoopyfiguren.
Insgesamt 20 verschiedene bunte Figuren dieses Zeichentrickhelden können bis zum kommenden 15. August in der Avenida Duque D´ Ávila, unweit der Praça Duque de Saldanha, bewundert werden.
Anlässlich des 60. Geburtstages von Snoopy wurden berühmte portugiesische Persönlichkeiten aus Radio, Film und Fernsehen aufgefordert, Snoopyfiguren originell anzumalen und zu dekorieren.
Schauspieler, Komiker und Sänger wie Herman José, Albuquerque Mendes, Nuno Markl, Ana Galvão, Guilherme Parente, Rita Fernandes, Mariola, Anna Westerlund, Marta de Castro, Evelina Oliveira, Acácio de Carvalho, Graça Viterbo, Pedro Ribeiro, Vanda Miranda und Vasco Palmeirim wurden so gebeten jedem einzelnen Snoopy eine individuelle Note zu geben.
Die Snoopyfiguren werden ab dem 15. August versteigert, und der Erlös kommt dann der UNICEF zugute, die damit das Projekte „Schulen für Afrika“ unterstützt.
Die „Snoopy Parade Lisboa“ ist eine Initiative der Copyright Promotions und der Peanuts Worldwide.
Samstag, 23. Juli 2011
Krawattenzwang aufgehoben
Gestern hatte ich geschäftlich auf der Bank etwas zu erledigen. Irgendwie hatte ich das Gefühl, etwas sei anders als die anderen Male in denen ich zur Bank gehe.
Auch als mich der Bankangestellte freundlich bediente, wurde ich dieses misstrauische Gefühl nicht los, das da etwas war, was anders war als sonst.
Kurz vor dem Verlassen der Bank, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Die ganzen männlichen Bankangestellten hatten keine Krawatte um den Hals!
Diese Herren, die mich sonst immer mit hoch geknöpften Hemden und einem Schlips empfangen und bedienen, selbst bei den höchsten Sommertemperaturen, waren auf einmal Schlipslos.
Es scheint so, als ob das nicht tragen einer Krawatte nun auch im finanziellen Sektor angekommen ist.
Begonnen hat diese Mode des nicht tragen einer Krawatte aber im hiesigen Landwirtschafts- und Umweltministerium (port.: Ministerio da Agricultura e do Ambiente).
Als die neue junge Landwirtschafts- und Umweltministerin Assunção Cristas Anfang dieses Monats ihr Amt antrat, war eine ihrer ersten Amtshandlungen das Herausgeben eines neuen Erlasses aus ihrem Haus.
Dieser Erlas besagt, das der Krawattenzwang im Ministerium aufgehoben ist und jeder Mann dieses Symbol universeller Formalität zukünftig zuhause lassen kann!
Somit werden Schlipsträger, so scheint es, in gewissen Kreisen bald zu einer vom aussterben bedrohten Art gehören.
Die Ministerin Assunção Cristas gibt als Grund für diese Maßnahme, die den originellen Namen „Ar Cool“ trägt, das Sparen von Energie in ihrem Ministerium an.
Laut der Ministerin besagen Studien aus Japan, das man in einem Büro in dem Männer keine Krawatte tragen müssen, die Klimaanlagen im Durchschnitt um 2°C runtergedreht werden können.
Laut des Umweltministeriums wird das herunterfahren der Klimaanlagen im Sommer so alleine im Landwirtschafts- und Umweltministerium dafür sorgen das im Durchschnitt so viel CO² eingespart werden kann, mit der sonst eine Stadt wie Aveiro, Braga oder Guimarães die Umwelt während einem Tag im Jahr belasten.
Dieser Erlas aus dem Landwirtschafts- und Umweltministerium soll kein symbolischer Akt sein.
Er soll viel mehr zukünftig landesweit auf alle ca. 2500 Regierungsgebäude ausgeweitet werden und für die ca. 44.500 Staatsbeamten gelten.
Assunção Cristas, die mit gutem Beispiel vorangehen will, muss nur noch ihre Ministerkollegen von diesem Vorhaben überzeugen.
Dieser Erlas ist für keinen Ministerialbeamten bindend.
Jedem ist es freigestellt ab jetzt Krawatte zu tragen oder nicht.
Aber eines hat die Ministerin schon klargestellt – nach Brüssel werden die Herren auch weiterhin mit Krawatte reisen.
Ab jetzt ist nur noch laufen billiger
Das Verkehrsministerium hier in Lissabon hat gestern verlautbaren lassen, dass die Preise im Öffentlichen Verkehr (port.: transportes públicos) bald durchschnittlich um 15% angehoben werden sollen.
In Worten: fünfzehn Prozent!
Das heißt, dass manche Transportmittel sogar um 25% teurer werden können.
Noch einmal in Worten: fünfundzwanzig Prozent!
Meine Monatskarte, für die ich im Augenblick 55,00 Euro bezahle, wird mich also demnächst mindestens 63,25 Euro kosten!
Die Preiserhöhung soll schon ab dem kommenden Monat August gelten.
Dies ist, meiner Meinung nach, Raub auf höchstem Staatsniveau.
Wir werden hier in Portugal in letzter Zeit mit immer weniger Verkehrslinien und -verbindungen der öffentlichen Verkehrsmittel konfrontiert, die zumeist unpünktlich und unsauber sind und dazu noch unfreundliches Personal haben.
Dafür sollen wir nun mehr bezahlen!
„Das will mir nicht in den Kopf rein.
Wieso soll ich für eine schlechtere und unfreundlichere Dienstleistung mehr bezahlen, als ich es jetzt schon tue?“
Diese Frage habe ich gestern, per E-Mail, an vier in Lissabon ansässigen Transportfirmen geschrieben.
24 Stunden später habe ich noch keine Antwort bekommen, weder von der Carris (Busse und Straßenbahnen), der TransTejo (Schiffe und Fährboote), der CP (Bahnen) noch von der Metro (U-Bahnen).
Nun ja, es ist Wochenende, vielleicht lassen sich die Herrschaften ja noch ein bisschen Zeit mit einer Antwort.
Fakt ist nur eins:
Ab jetzt ist nur noch laufen billiger!
F*** you Moody´s
Die Raitingagentur Moody´s hat dieser Tage ein besonderes Souvenir aus Portugal erhalten.
Die Porzellanmanufaktur „Faianças Bordallo Pinheiro“, die für ihre erstklassige Ware berühmt ist, hat Humor gezeigt, und der hier in Portugal im Augenblick wenig geliebten Moody´s, eine Porzellanfigur zukommen lassen, die einen „Zé Povinho manguito“ in einem Fass darstellt.
Ein „Zé Povinho“ ist eine männliche Figur, die traditionell auf komische Art und Weise den typischen Portugiesen darstellt, und gleichzeitig das personifizierte Nationalsymbol Portugals ist.
„Manguito“ ist eine obszöne Geste mit dem Arm, die man jemanden zeigt den man nicht mag, ähnlich dem Mittelfingerzeigen in Deutschland.
Somit ist ein „Zé Povinho manguito“ eine wenig schmeichelhafte Figur, die man nur wirklich ganz besonderen Personen und Institutionen schenkt.
So eine besondere Institution ist die Raitingagentur Moody´s für uns Portugiesen!
Ob die Herren von Moody´s die Figur besonders lustig fanden, wage ich zu bezweifeln.
Die meisten Portugiesen aber finden die Figur sehr originell und die Manufaktur hat schon begonnen, aufgrund der starken Nachfrage, die originelle Porzellanfigur zu produzieren.
Die Figur wird jetzt sogar in einer Geschenkbox angeboten, in der auch eine frankierte und an Moody´s adressierte Postkarte steckt, die jeder Käufer dann persönlich beschriften und an Moody´s senden kann.
Käuflich zu erwerben ist die Porzellanfigur für 64,00 Euro im Geschäft "Vista Alegre", am Largo do Chiado, in Lissabon.
Die Firmenleitung von „Faianças Bordallo Pinheiro“ rechnet fest damit, „Zé Povinho-Figuren“ auch nach Griechenland, Irland, Italien und Spanien exportieren zu können.
So kommt es, das Moody´s im Augenblick einem kleinen Industriezweig in Portugal eher hilft als schadet!
Freitag, 22. Juli 2011
Die neue Stadtteilaufteilung von Lissabon
Nach einem Beschluss des Stadtrates von dieser Woche, besteht Lissabon ab jetzt, anstatt der 53 Stadtteile (port.: freguesia) die es bis dato hatte, nur noch aus 24 Stadtteilen.
Dies ist eine Reduzierung um mehr als die Hälfte.
Die meisten Stadtteile werden zusammengelegt und erhalten neue Namen.
Das neue Stadtteilaufteilungsgesetzt soll im September im Stadtparlament zur Wahl stehen und soll dann bei der nächsten Kommunalwahl im Jahre 2013 in Kraft treten.
Diese neue Aufteilung wurde unternommen, um die Bürokratie in der Stadt zu minimieren, um Geld zu sparen und um Entscheidungen die im Stadtparlament getroffen werden, besser umsetzen zu können.
Nicht jeder, zumal die die schon seit Generationen in so manch altem Stadtteil leben, war mit dieser neuen Grenzziehung der Stadtteile einverstanden.
Aber die Mehrheit des Stadtrates hat entschieden und das Gesetz wird sicherlich mit großer Mehrheit im September angenommen.
Die 24 neuen Lissabonner Stadtteile sind:
• Belém (hier werden die ehemaligen Stadtteile Francisco Xavier und Santa Maria de Belém zusammengelegt)
• Ajuda (unverändert)
• Alcântara (unverändert)
• Benfica (unverändert))
• São Domingos de Benfica (unverändert)
• Alvalade (hier werden die Stadtteile Campo Grande, São João de Brito und Alvalade zusammengelegt)
• Marvila (unverändert)
• Areeiro (Zusammenschluss der zwei Stadtteile Alto do Pina und São João de Deus)
• Santo António (drei Stadtteile bilden dieses Stadtteil: São Mamede, São José und Coração de Jesus)
• Santa Maria Maior (insgesamt 13 alte Stadtteile legen sich zu diesem neuen Mega-Stadtteil zusammen. Es sind: Mártires, Sé, Socorro, Sacramento, São Nicolau, Madalena, Santa Justa, Santiago, São Cristóvão, São Lourenço, Castelo, São Miguel und Santo Estêvão)
• Estrela (hier tun sich Lapa, Santos-o-velho und Prazeres zusammen)
• Campo de Ourique (Zusammenlegung von Santo Condestável und Santa Isabel)
• Misericórdia (vier Stadtteile tun sich hier zusammen: Mercês, Santa Catarina, Encarnação und São Paulo)
• Arroios (hier werden die Stadtteile Anjos, Pena und São Jorge de Arroios zusammengehen)
• Beato (unverändert)
• São Vicente (Zusammenlegung der ehemaligen Stadtteile São Vicente de Fora, Graça und Santa Engrácia)
• Avenidas Novas (besteht aus den zwei Stadtteilen São Sebastião da Pedreira und Nossa Senhora de Fátima)
• Penha de França (Zusammenlegung der zwei Stadtteile São João und Penha de França)
• Lumiar (unverändert)
• Carnide (unverändert)
• Santa Clara (Charneca e Ameixoeira)
• Olivais (Santa Maria dos Olivais)
• Campolide (unverändert)
• Parque das Nações (neu gegründet)
Donnerstag, 21. Juli 2011
Die Erfindung des Spannbetttuches
Heute habe ich mal wieder mein Bett bezogen.
Mit wenigen Handgriffen hatte ich nach kurzer Zeit mein Bett gemacht. Aber ein Bett in kurzer Zeit zu beziehen ist heute nur möglich, dank der Erfindung des Spanbetttuches.
Die Erfindung des Spannbetttuches war wohl eine der angenehmsten Erfindungen für alle die, die es satt hatten, dass sich das Bettlaken während des Schlafes zusammenknüllte und jeden Morgen irgendwo wieder zu suchen war.
So viele Menschen leben ihr Leben, ohne jemals eine einzige brauchbare Idee zu haben.
Johannes Gutenberg aus Mainz war da anders: Er hatte gerade wütend eine handgeschnitzte Druckplatte kaputt getreten, als ihm die Idee kam, in Zukunft mit beweglichen Lettern zu drucken.
Und schon war der Buchdruck erfunden!
Nicht ganz so bekannt wie Gutenberg ist der Portugiese Mário Marques, und doch ist seine Erfindung auf einem anderen Gebiet kaum weniger revolutionär: Vor gut dreißig Jahren war er es nämlich, der die Idee zum Spannbetttuch hatte.
Im Sommer 1977 war der damals 34jährige portugiesische Textilkaufmann Mário Marques auf Dienstreise in Schweden. Dort lernte er eine junge Dame kennen und lud diese in sein Hotelzimmer ein.
Als er morgens mit besagter Dame aufwachte, stellte er fest, dass das Bettlaken fast noch genauso straff auf der Matratze lag, wie am Abend zuvor. So als hätten er und die Dame gar nicht darin geschlafen.
Dieses Phänomen verwunderte den Textilkaufmann sehr und er sah sich Betttuch und Matratze genauer an, alleine schon aus beruflichen Gründen.
Als er die Matratze hochhob, bemerkte er, dass die Ecken des Lakens mit Schnüren zusammengebunden waren.
Die Idee fand Mário Marques grandios und sie ließ ihn auch nach seiner Rückkehr nicht mehr los.
Zurück in Portugal gründete er mit seinem Bruder eine Fabrik für Spannbettlaken. Um den Aufwand zu minimieren, d.h. nicht jedes Mal die komplette Matratze umzudrehen, versahen sie die Bettlaken rundum mit Gummibändern, die einfach unter der Matratze zu fixieren waren. Nach einem halben Jahr Experimentierphase kam das neu erfundene Spannbettlaken auf den Markt.
Von 1978 bis 1983 hatte Marques mit seiner Erfindung bereits 97 % aller europäischen Haushalte erreicht.
800 Angestellte arbeiteten für Mário Marques und bereits mit 38 Jahren war er, der ehemalige Textilkaufmann, Multimillionär.
Seine Geschichte und sein Leben erinnern einen stark an die berühmte Geschichte vom Tellerwäscher, der zum Millionär wird.
Mit 47 Jahren verkaufte Mário Marques seine Anteile an seiner Firma und erwarb, er der er immer ein begeisterter Hobbywinzer war, das Weingut Quinta de Santa Cruz in der Nähe von Maia, bei Porto.
Dort widmet er sich der Produktion, des für die Region typischen, Vinho Verde.
Ein einziges, kleines Makel hat allerdings die Erfindung des Spannbetttuches: Bis heute weiß niemand so recht, wie man ein Spannbettlaken nach dem Waschen zusammenlegt.
Knüllen?
Rollen?
Irgendwie schief falten?
Es wird Zeit, dass nach Mário Marques endlich wieder einmal ein Mensch eine gute Idee hat.
Dienstag, 19. Juli 2011
Flamingos im Tejo
Wenn man Lissabon in Richtung Alentejo verlässt, und über die imposante Vasco da Gama Brücke (port.: Ponte Vasco da Gama) fährt, fällt einem beim genaueren hinschauen des südlichen Tejoufers auf, das dort tausende rosafarbene Vögel mit langen Beinen im Wasser stehen.
Beim genaueren hinschauen erkennt man dann, das es sich bei diesen Wasservögeln um Flamingos handelt.
Man möchte es kaum glauben, aber es sind wirklich Rosaflamingos (port.: flamingos-rosados / lat.: Phoenicopterus roseus) die sich da im Wasser tummeln.
Rosaflamingos sehen zwar exotisch aus, und ihre Heimat ist vor allem Afrika und Asien, aber sie kommen sehr wohl auch hier in Südeuropa vor, von Südfrankreich über Spanien bis hierher, nach Portugal.
In Portugal kommen sie vor allem an der Algarve und in den großen Flussdeltas des Tejo und des Sado vor.
Hier im Tejo kommen sie von Alcochete, Moita über Montijo und Samoco bis hinüber nach Barreiro, Seixal und Corroios vor.
Dank der vielen metallurgischen Industrie, die noch vor einigen Jahren am südlichen Tejoufer angesiedelt war, waren Rosaflamingos hier im Lissabonner Unland, die letzten Jahrzehnte eher selten anzutreffen.
Aber in den letzten Jahren gibt es immer mehr Flamingos, die sich hier treffen, um sich zu paaren und zu nisten.
Man schätzt das etwa 8.000 dieser Vögel im Tejodelta beheimatet sind.
Das es heute wieder eine größere Anzahl von Rosaflamingos im Lissabonner Raum gibt, ist, wie ich schon in meinem Beitrag „Delphinschule zu Besuch in Lissabon“, vom 15.07.2011 erwähnt habe, der stark verbesserten Wasserqualität des Tejo zu verdanken und der Tatsache das die meisten Schwerindustriebetriebe ihre Arbeit eingestellt haben.
Vor allem die neuen Kläranlagen in Lissabon und in Seixal sorgen endlich für mehr sauberes Wasser.
Wer schon einmal im Zoo Flamingos gesehen hat, weiß dass diese Vögel eine beachtliche Größe erreichen können. Zwischen 120 cm und 140 cm können die Rosaflamingos groß werden.
Wie der Name schon sagt, haben sie ein rosafarbenes, auffälliges Gefieder und dunkelrosafarbene lange Beine, so dass man sie unter hunderten von Vögeln sofort erkennt.
Als die Vasco da Gama Brücke vor Jahren gebaut wurde, liefen die Umweltschützer Sturm. Sie zeigten sich besorgt, dass die Flamingos durch den aufkommenden Verkehr, für immer aus dem Tejodelta verschwinden könnten.
Aber genau das Gegenteil ist eingetroffen.
Seit Jahren steigt die Population der Rosaflamingokolonie stetig an.
Die Flamingos fühlen sich nämlich nicht durch den Autoverkehr gestört, der auf der Brücke herrscht, sondern sie fühlen sich dank des sauberen Wassers immer mehr wohler im Tejo.
Auf das diese grazilen Wasservögeln, die so ein wunderschöner Anblick sind, noch lange das Tejodelta mit ihrer Präsens bevölkern und beleben mögen.
Eurostat-Statistik 2011
Wie die europäische Agentur Eurostat, die für die offiziellen Statistiken innerhalb der EU zuständig ist, vor einigen Tagen veröffentlichte, leben in Portugal zurzeit etwa 457.000 ausländische Mitbürger.
Davon sind in etwa 25.000 deutsche Staatsbürger, die zumeist an der Algarve leben oder sich im Großraum Lissabon aufhalten.
Zum Vergleich:
in Deutschland leben und arbeiten an die 120.000 Portugiesen, die vor allem in Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen leben.
Insgesamt machen die ganzen Ausländer die hier leben, 4,3 % der aktuellen portugiesischen Gesamtbevölkerung aus.
Laut Eurostat, stammen von den ca. 457.000 Ausländern, ca. 94.000 aus den Staaten der Europäischen Union (port.: União Europeia) und ca. 353.000 aus Nicht-EU-Ländern (port.: países extracomunitários).
Glaubt man der Statistik, leben im Augenblick ca. 32,5 Millionen Ausländer aus Nicht-EU-Ländern in der Gemeinschaft.
Das sind 6,5 % der gesamten Bürger der EU.
Freitag, 15. Juli 2011
Erobere den Alentejo
Mit dem spanischen Werbeslogan „Conquista el Alentejo“ (dt.: Erobere den Alentejo / port.: Conquista o Alentejo) läuft im Augenblick eine Campagne des Portugiesischen Touristikamtes (port.: Turismo de Portugal), die hierzulande, in großen Teilen der Bevölkerung, für Unverständnis und Unmut sorgt.
In den verschiedensten Printmedien und auf riesigen Outdoorplakaten, die in vielen spanischen Städten hängen, sieht man wie mit dem berühmten Badestrand von Troia und einer im Wind wehender spanischer Flagge, Werbung für einen günstigen Urlaub im Alentejo gemacht wird.
Der Fakt, dass eine spanische Flagge an einem portugiesischen Strand, im Alentejo, als Werbekulisse dient, ist für manchen Portugiesen alleine schon ein Affront.
Aber mit dem Titel der Campagne „Erobere den Alentejo“ geht das Portugiesische Touristikamt für viele eindeutig zu weit.
Ich habe mir die Campagne schon selber angeschaut, und finde diese eher absurd, als böswillig gemacht.
Insgesamt 200.000 Euro hat das Touristikamt für diese Campagne, die bis zum Ende des Jahres andauern soll, ausgegeben.
Aber die Campagne droht ein Fiasko zu werden.
In der Zwischenzeit ist nämlich im Internet eine Petition gegen die sie angelaufen.
Über 600.000 Menschen haben diese virtuelle Petition schon „unterschrieben“, um gegen die Werbecampagne zu protestieren.
Sie argumentieren, dass diese Campagne ein Akt des „Kolonialismus“ ist.
Ich kann den Ärger von vielen Portugiesen Verstehen, aber meiner Meinung nach, reagieren viele auch übertrieben.
Man darf nicht vergessen, dass es sich hierbei lediglich um eine Werbeaktion handelt.
Nicht mehr und nicht weniger!
Da gleich von Kolonialismus zu reden, ist starker Tobak.
Man sollte die Kirche im Dorf lassen und erst einmal sehen was diese Campagne dem Tourismus im Lande überhaupt einbringt.
Leider hat sich dadurch mal wieder gezeigt, dass wir Portugiesen, jedenfalls die Mehrheit, keinerlei Humor haben!
In Zeiten wie diesen, sollte man einen gewissen Stolz ablegen und sich auf das Wesentliche konzentrieren.
Wer sich jetzt dem Luxus hingibt, so vehement gegen diese Campagne auszusprechen, sollte selber Urlaub im Alentejo machen, und somit diese Region fördern, oder einfach nur den Mund halten.
Alles andere ist sonst sinnloses Gerede, welches keinem etwas einbringt!
Delphinschule zu Besuch in Lissabon
Etwa 20 Delphine, darunter auch einige Jungtiere, waren letzte Woche wieder einmal zu Besuch in Lissabon.
Es ist zwar ein seltenes Phänomen, dass diese Meeressäuger im Tejo gesichtet werden, aber in letzter Zeit kommen solche Besuche öfters mal vor.
Dies war nicht immer so!
Noch vor nicht allzu langer Zeit war die Wasserqualität des Tejo so schlecht, das den Bürgern Lissabons sogar vom schwimmen im Fluss dringest abgeraten wurde.
Ich selber kann mich noch an die trübe, stinkende Brühe erinnern, die jahrelang vor aller Augen, am Terreiro do Paço und am nahen Cais do Sodré, aus den Kanalisationsrohren direkt in den Fluss geleitet wurde.
Heute aber, nachdem die Kläranlage (port.: Estação de Tratamento de Águas Residuais = ETAR) im Stadtteil Alcântara am 21. Januar 2011 in Betrieb genommen wurde, ist die Wasserqualität um vieles besser.
In Lissabon werden heute alle Abwässer gereinigt und dies hat zur Folge, dass nun, wie schon geschrieben, wir öfters Mal Besuch von Delphinen bekommen.
Uns Lissabonner sind die Delphine jedenfalls jederzeit
willkommen!
Mittwoch, 13. Juli 2011
Padrão dos Descobrimentos
Der Diktator António de Oliveira Salazar sagte einmal die bedeutenden Worte:
„Unsere glorreiche Vergangenheit als Portugiesen lastet schwer auf unserer Gegenwart“.
Nun, die Wort Salazars wogen einmal viel.
In der heutigen Zeit aber, haben nur noch seine Denkmäler Gewicht, viele von ihnen sogar mehr Gewicht als Zierde.
Der Padrão dos Descobrimentos (dt.: Denkmal der Entdeckungen) aber ist eine Ausnahme.
Zum 500. Todestag von Heirich dem Seefahrer (port.: Henrique o Navegador) im Jahre 1960, gab Salazar dieses Denkmal bei Leopoldo Neves de Almeida, dem offiziellen Architekten des Diktators, in Auftrag.
Neben dem Jachthafen, am Ufer des Tejo, mit dem Hieronymuskloster im Hintergrund und der Torre de Belém nur ein paar hundert Meter weiter, sticht der steinerne Bug eines Segelschiffes majestätisch in den Fluss.
An der Spitze des Denkmals steht Heinrich der Seefahrer, mit einem, für ihn so charakteristischen „Chapéu Bolhones“ (dt.: Bologneser Hut) und einer Karavelle in der Hand.
Hinter dem Navigator sind mehrere Adlige, Kartographen, Kapitäne, Astronomen und Chronisten rechts und links von ihm aufgereiht, so als wären sie alle eine Mannschaft die jeden Augenblick in See stechen will.
Insgesamt sind es 33 Persönlichkeiten aus der Zeit der Entdeckungen, die das riesige Denkmal zieren.
Nur eine von ihnen ist eine Frau, nämlich Königin Filipa de Lencastre, die Mutter von Heinrich dem Seefahrer.
Die 33 historischen Personen, die in Stein gemeißelt, das Denkmal schmücken, sind:
• Infante Henrique (dt.: Heinrich der Seefahrer)
• Infante Pedro (Bruder von Heinrich dem Seefahrer)
• Infante Fernando (Bruder von Heinrich dem Seefahrer)
• König Afonso V (Bruder von Heinrich dem Seefahrer)
• Königin Filipa de Lencastre (Mutter von Heinrich)
• Fernão Mendes Pinto (Schriftsteller)
• Gonçalo de Carvalho (Mönch)
• Henrique de Carvalho (Mönch)
• Luís de Camões (Portugals berühmtester Dichter)
• Nuno Gonçalves (Maler)
• Gomes Eanes de Azurara (Chronist und Historiker)
• Pêro da Covilhã (Forscher)
• Jehuda Cresques (Kartograph)
• Pêro Escobar (Seefahrer, Entdecker der Goldküste)
• Pedro Nunes (Mathematiker und Astronom)
• Pêro de Alenquer (Seefahrer)
• Gil Eanes (Seefahrer, Entdecker des Kap Bojador)
• João Gonçalves Zarco (Seefahrer, Entdecker Madeiras)
• Vasco da Gama (Entdecker des Seewegs nach Indien)
• Afonso Gonçalves Baldaia (Seefahrer, Entdecker des Goldflusses)
• Pedro Álvares Cabral (Seefahrer, Entdecker Brasiliens)
• Fernão Magalhães (Seefahrer und erster Weltumsegler)
• Nicolau Coelho (Seefahrer und Indienfahrer)
• Gaspar Corte-Real (Seefahrer, Entdecker Neufundlands)
• Martim Afonso de Sousa (Erster Gouverneur von Brasilien)
• João de Barros (Historiker)
• Estêvão da Gama (Seefahrer, Gouverneur von Indien)
• Bartolomeu Dias (Seefahrer, Entdecker des Kaps der Guten Hoffnung)
• Diogo Cão (Seefahrer, Entdecker des Kongos)
• António de Abreu (Seefahrer, Entdecker der Moluken)
• Afonso de Albuquerque (Seefahrer, Militär und Politiker)
• São Francisco Xavier (Missionar, der Heilige Franziskus)
• Cristóvão da Gama (Seefahrer und Kapitän zur See)
Heutzutage ist es verboten das Denkmal als „Kletterburg“ zu benutzen.
Aber in meiner Kindheit bin in ich oft, wenn wir hier in Portugal Urlaub gemacht haben, auf den riesigen Figuren rumgeklettert und habe mich ab und zu auch hinter den Verse haltenden Camões versteckt.
Vor dem Eingang des Denkmals befindet sich auf dem Boden eine riesige Windrose aus marmornen Mosaiksteinen. Die Windrose ist ein Geschenk der Republik Südafrika, anlässlich der Feiern zum 500. Todestag von Heinrich dem Seefahrer im Jahre 1960, und hat ein Durchmesser von 50 m.
Eine Weltkarte, ebenfalls aus Mosaiksteinen, im Zentrum der Windrose, zeigt die Seerouten und Entdeckerdaten der portugiesischen Seefahrer im 15. und 16. Jahrhundert.
Von der 52 m hohen Plattform des Denkmals der Entdeckungen hat man, so meine persönliche Meinung, die schönste Sicht auf Lissabon und den Stadtteil Belém.
Leider werden die Besucher, die die Stadt in nächster Zeit besuchen, nicht in den Genuss dieser wunderschönen Aussicht kommen, denn das Denkmal der Entdeckungen wird ab dieser Woche für Besucher, wegen aufwendiger Renovierungs- und Säuberungsarbeiten, geschlossen bleiben.
Montag, 11. Juli 2011
Gestohlene Kirchenschätze
Vor ein paar Tagen wurde im spanischen Wallfahrtsort Santiago de Compostela, aus dem Kirchenschatz der dortigen Kathedrale, das Buch „Códico Calextino“ (esp.: Códice Calixtino / lat.: Codex Calixtinus) gestohlen.
Beim „Códico Calextino“ handelt es sich um eines der wertvollsten Bücher der gesamten Kirchengeschichte.
Zwischen den Jahren 1125 und 1160 von mehreren Theologen, Malern, Fabeldichtern und Musikern geschrieben und gemalt, ist er das bedeutendste schriftliche Dokument Spaniens.
Bis jetzt tappt die spanische Kriminalpolizei im Dunkeln, denn noch weiß man nicht wer das Buch gestohlen hat, wer den Raub in Auftrag gegeben hat und wie der Raub vonstatten ging.
Kirchenraub ist auch hier in Portugal leider an der Tagesordnung.
Es vergeht nicht einen Monat, indem wir hier nicht lesen müssen, dass wieder einmal aus einer Kirche oder Kapelle wertvolle Figuren und Gemälde gestohlen worden sind.
Während früher nur die Almosenkästen (port.: caixas de esmolas) aufgebrochen wurden, verschwinden heute sogar die bronzenen Kirchenglocken, über Nacht, von den Kirchtürmen.
Die Liste der bestohlenen Kirchen ist lang und die Wiederentdeckungsquote der einzelnen Kirchenschatzteile durch die Kriminalpolizei ist leider sehr gering.
Fast immer stecken reiche Kunstsammler hinter diesen Überfällen auf die Gotteshäuser.
Praktiziert werden die Einbrüche aber meistens von organisierten Bandengruppen aus Osteuropa.
Gestohlen werden zumeist wertvolle Kruzifixe, Schüsseln, Trinkbecher, Hostienbehälter aus Silber und Gold und auch alte Gemälde.
Was für ein Wert hinter jedem Objekt steckt, wird einem erst klar, wenn man die Versicherungssumme erfährt, die hinterher für jedes einzelne Kunststück bezahlt wird.
So bezahlte die Versicherung z.B. für drei kleine silberne Kruzifixe, die aus der Kirche Igreja da Campia in Vouzela vor einiger Zeit gestohlen wurden, 15.000 Euro.
Für sieben kleine Heiligengemälde, die von der Kirche Igreja de Santo Cassourado in dem Ort Paredes de Coura, entwendet wurden, bezahlte die Versicherung gar die stolze Summe von 340.000 Euro.
Von der neuen Kirche Igreja de Nossa Senhora de Fátima in Viana do Castelo wurden in letzter Zeit vier Kupferplatten, die das Dach des Gebäudes bedecken, im Wert von ca. 2.400 Euro gestohlen. Das erscheint nicht viel, aber wenn man bedenkt, dass die Kirche ursprünglich mit 320 Kupferplatten bedeckt war, kann man sich vorstellen was für ein immenser Schaden entstehen kann, wenn man die übrigen Kupferplatten bald nicht abmontieren.
Kupfer ist überhaupt im Augenblick bei den Langfingern sehr gefragt.
So wurden in diesem Monaten die kupfernen Kirchenglocken einer Kirche in Mosteiros und einer Kirche in Gavião gestohlen.
Sogar vom altehrwürdigen Kloster Mosteiro de São Bento de Cástris, Mitten in Évora, wurde über Nacht die Glocke entwendet.
Hinter all diesen Raubzügen steckt eine Mafia, die Millionen von Euros umschlägt.
Eine Sonderkommission der portugiesischen Kriminalpolizei (port.: (port.: Polícia Judiciária = PJ) hat vor einiger Zeit die Sonderkommission „SOS Igreja“ (dt.: SOS Kirche) ins leben gerufen. Diese Sonderkommission, deren Aufgabe es ist die Diebstähle aufzuklären und zu verringern, hat in letzter Zeit auch einigen Erfolg gehabt.
Aber es wird in der Zukunft unheimlich schwer sein, sich gegen eine gut funktionierende, gut organisierte, technisch hoch ausgerüstete und skrupellose Kunstmafia zu behaupten.
Mautgebühren
Nun ist es amtlich: Ab diesem Jahr muss man wieder, nach 15 Jahren, eine Mautgebühr (port.: portágem) bezahlen, wenn man die Tejobrücke „Ponte 25 de Abril“ mit dem Auto, dem Bus oder dem Motorrad im Monat August überqueren will.
Diese Maßnahme überrascht kaum einen, denn sie war schon von der alten sozialistischen Regierung unter José Socrates, im Falle eines Wahlsieges, vorhergesehen.
Die Sozialisten verloren zwar die Wahlen, aber die schwere wirtschaftliche Lage in Portugal zwingt die neue Regierung von Pedro Passos Coelho an dieser Maßnahme festzuhalten.
Laut Álvaro Santos Pereira, dem neuen Wirtschafts- und Arbeitsminister, spart der portugiesische Staat durch diese Maßnahme an die 48 Millionen Euro bis zum Jahre 2019.
Alleine schon diesen August werden ca. 4,4 Millionen Euro eingenommen.
Natürlich gibt es schon die ersten Proteste gegen diese Maßnahme. Vor allem die Einwohner Almadas, die zum großen Teil in Lissabon beschäftigt sind, beschweren sich das sie nun auch im August die Mautgebühr bezahlen werden müssen.
Sie finden dies durchaus ungerecht, da sie ja das ganze Jahr die Maut bezahlen müssen, und somit finanziell benachteiligt sind.
Dies ist aber eine Milchmädchenrechnung, denn im Monat August, dem Monat indem die meisten Portugiesen Urlaub haben, werden auch sicherlich tausende Lissabonner die Brücke überqueren müssen, wenn sie an die Lissabonner Hausstrände fahren wollen
Ich, der ich selber in Almada lebe und jeden Tag nach Lissabon rein muss, finde es nicht mehr als gerecht wenn ab jetzt auch im August die Mautgebühr erhoben wird.
Wenn ich nämlich das ganze Jahr über, egal in was für einen Monat, in den Norden, in den Süden oder in den Osten des Landes fahren will, muss ich ja auch immer Mautgebühren bezahlen.
Warum sollten also im Monat August, die abertausenden Lissabonner und Touristen aus aller Welt, die diese Brücke mit dem Auto überqueren, nicht ebenfalls zur Kasse gebeten werden?
Ich meine, wenn ich mit dem Auto nach Spanien, Frankreich oder Belgien fahre, muss ich doch auch das ganze Jahr über Mautgebühren bezahlen.
Ich kann allerdings diejenigen verstehen, die darüber aufgebracht sind, das wir hier im Süden des Landes, wenn wir nach Lissabon rein fahren wollen, immer eine Mautgebühr entrichten müssen, während weiter oben im Norden, in der Stadt Porto, kein einziger Cent bezahlt werden muss, wenn man dort in die Stadt rein fährt.
Besonders gerecht ist das nun ja wirklich nicht!
Ob nun mit oder ohne Mautgebühren, ich wünsche allen eine allzeit gute Fahrt auf Portugals Strassen und einen schönen, sonnigen Urlaub.
„Boas Férias“
Samstag, 9. Juli 2011
Sommerkino im Garten des Goethe-Instituts
Gestern begann im Garten des Goethe-Institus, der im Campo dos Mártires da Pátria n° 37 liegt, genau neben der Deutschen Botschaft, dass diesjährige Sommerkinoevent.
Mit dem Roadmovie „Im Juli“, einem Werk des deutsch-türkischen Regisseurs Fatih Akin, begann gestern der Zyklus.
Am 15. Juli 2011 folgt dann der Film „Ein Freund von mir“ und eine Woche darauf, am 22. Juli, endet das diesjährige Sommerkinoprogramm mit dem Film „Sommer vorm Balkon“, einem Streifen von Andreas Dresen.
Der Eintritt des Sommerkinoevents ist frei!
Außer guten Filmen kann man auch coole Livejazzkonzerte, die parallel zu den Kinovorführungen laufen, hören.
Die Kinoabende beginnen, an den von mir angegebenen Tagen, immer um 19:30 Uhr.
Ramschniveau
Die Ratingagentur Moody´s hat diese Woche die Kreditwürdigkeit Portugals und die seiner Staatsunternehmen auf Ramschniveau heruntergestuft.
Das tut weh und ist durchaus bedauerlich!
Aber meiner Meinung nach, und die europaweite Empörung über diese Herabstufung zeigt es deutlich, ist dies kein allzu großer Grund zur Besorgnis.
Hier in Portugal ist man zwar über die Ignoranz und Inkompetenz von Moody´s und seinen amerikanischen Konkurrenten Fitch und Standard & Poor's leicht irritiert, aber da man von diesen unseriösen Agenturen nicht sehr viel mehr erwartet, geht man hier eher gefasst mit der ganzen Situation um.
Das die amerikanische Moody´s-Agentur nicht seriös recherchiert und arbeitet sieht man daran, dass die hoch verschuldete USA im Augenblick besser von ihr bewertet wird als z.B. Griechenland oder Portugal!
Ich stelle mir, vor allem nach den Ereignissen dieser Woche, nun allen ernstes zwei Fragen:
1. „Wer bewertet eigentlich die Ratingagenturen“? und
2. „Wer bezahlt die Ratingagenturen“?
Ganz offensichtlich erleben wir im Augenblick einen offenen Krieg zwischen dem Dollar und dem Euro. Die Ratingagenturen sind hierbei die schärfsten Waffen der angloamerikanischen Hochfinanz.
Selbstverständlich werden die Ratingagenturen in nächster Zeit nicht aufhören Euro-Länder wie Portugal niederzumachen.
Sie wissen, dass der Dollar langsam aber sicher seinem Ende entgegengeht, und somit ist ihre Weltleitwährung „Dollar“ in Gefahr.
Also führen sie diesen unmoralischen, unseriösen und durchaus kriminellen Währungskrieg gegen Portugal.
Nicht militärisch und offen, sondern eher geldpolitisch, verdeckt, aber sehr real und gefährlich.
Doch Moody´s scheint sich dieses Mal ins eigene Fleisch geschnitten zu haben.
Die ganze europäische Politik, allen voran die EU-Kommission und ihr Präsident José Manuel Barroso, reagieren mit Empörung und in scharfer Form, auf das harte Moody´s-Urteil.
Schon werden die ersten Stimmen laut, die Verlangen das amerikanische Ratingagenturensystem zu durchbrechen, und eine eigene, europäische Ratingagentur, zu gründen.
Spätestens im Herbst sollen Vorschläge zur Regulierung der schon bestehenden Ratingagenturen vorgestellt werden.
Donnerstag, 7. Juli 2011
Luis Filipe, der vergessene Prinz
Am 21. März 1887 wurde im Königspalast von Belém, in Lissabon, ein Infant geboren, über den viele Menschen heute zwar wissen wie er gestorben ist, aber leider kaum ein Mensch kennt heute die Geschichte seines kurzen Lebens.
Der vollständige Name des kleinen Infanten war Luis Filipe Maria Carlos Amélio Vítor Manuel António Lourenço Miguel Rafael Gabriel Gonzaga Xavier Francisco de Assis Bento de Bragança Sachsen-Coburg-Gotha e Orleans.
Er war der erstgeborene Sohn von König Carlos I und seiner Gattin, Königin Maria Amélia, aus dem Hause Orleans.
Als Kronprinz hatte Luis Filipe den Titel eines Prinzen von Beira, und er trug auch den Titel eines Herzogs von Bragança und den Titel eines Herzogs von Sachsen-Coburg-Gotha.
Die Erziehung von Luis Filipe war die eines Thronfolgers.
Er wuchs in einem liebevollen Elternhaus auf, im Schoße einer harmonischen und charismatischen Familie.
Nichtsdestotrotz wuchs er in einer politischen und sozialen sehr schwierigen Zeit auf.
Vor allem das englische Ultimatum von 1890 und die immer häufiger werdenden republikanischen Bewegungen sorgten für eine ständige Krise im Königreich.
Infant Luis Filipe und seinen Lehrern war die schwierige Situation, in der sich die Nation damals befand, sehr wohl bewusst. Dementsprechend bereiteten die Lehrer den Kronprinzen auf seine zukünftige, verantwortungsvolle Aufgabe vor.
Sie zogen ihn zu einem gütigen, intelligenten, ehrlichen und sensiblen Menschen heran, der einen einwandfreien Charakter vorweisen konnte.
Wie ernst es König Carlos I mit der Erziehung seines Erstgeborenen war, sieht man, wenn man sich die Namen der Lehrer anschaut, die ihn von klein auf unterrichteten.
Seine Lehrer waren Oliveira Ramos, der ihn in portugiesischer Literatur unterrichtete, Lopes Praça unterwies ihn in Philosophie und Recht, Garcia Guerreiro in Geographie und Geschichte, der Marques Leitão brachte ihm Mathematik bei, Oberstleutnant José Joaquim de Castro unterwies ihn in Topographie, Ballistik und Taktik und der deutsche Kerausch unterrichtete ihn in deutscher Literatur, Geographie, Philosophie und Geschichte.
Als Luis Filipe 13 Jahre alt war, im Jahre 1900, wurde er der Obhut von Joaquim Augusto Mouzinho de Albuquerque, einem Helden der Afrikafeldzüge, anvertraut.
Mouzinho de Albuquerque weißte den jungen Infanten in der Kriegsführung ein.
Mit all diesen Lehrern und Mentoren wuchs Infant Luis Filipe zu einer charismatischen, humorvollen und starken Persönlichkeit heran.
Diese Persönlichkeit demonstrierte Luis Filipe das erste Mal öffentlich am 25. Mai 1901.
An diesem Tag legte er offiziell den Eid als Thronfolger ab.
Als seine Eltern, der König und die Königin, im Jahre 1906 dem Königreich Spanien einen Staatsbesuch abstatteten, vertrat er als legitimer Thronfolger, König Carlos I im Staatsrat (port.: Conselho de Estado).
Er nahm von da an mehrmals an den Sitzungen des Staatrates teil und er entwickelte mit der Zeit ein gewisses Feingefühl für die Politik.
Das Jahr 1907 wird ein ganz besonderes Jahr im kurzen Leben von Luis Filipe.
Vom 01. Juli bis zum 27 September stattet er den portugiesisch-afrikanischen Kolonien Angola, Moçambique, Cabo Verde, São Tomé und Principe und den englischen Kolonien Rhodesien und Südafrika einen offiziellen Besuch ab.
Seit João VI aus Brasilien zurückgekehrt war – wo er die Jahre der französischen Besatzung in Portugal verbracht hatte – hatte kein Mitglied der königlichen Familie jemals wieder einen Fuß in eine ihrer Kolonie gesetzt.
Diese Reise, die Luis Filipe machte, fand zu einer Zeit statt, in der ausländische Mächte, auch Deutschland, anfingen offen Interesse an den portugiesischen Gebieten zeigen.
Um den Anfängen zu wehren, schickt also der König seinen Sohn ins südliche Afrika, um den vorhandenen Machtanspruch Portugals zu bekräftigen.
Heute würde man sagen, diese Reise war alles andere als sicher, ja manchmal sogar gefährlich.
Aber der Infant und sein Gefolge überstanden alle diese Reise heil und sicher.
Keiner der an dieser Reise teilgenommen hatte, konnte auch nur annähernd ahnen, dass sie den möglichen Gefahren Afrikas entkommen waren, um nur ein paar Monate später Zeugen eines gewaltsamen Mordes, mitten in Lissabon, zu werden, der die königliche Familie, das Königreich Portugal und selbst andere Königreiche tief erschütterte.
Es war am 01. Februar 1908, als der König und die Königin, zusammen mit dem Kronprinzen in Lissabon, mit der königlichen Barkasse eintrafen. Sie hatten einpaar Tage in Vila Viçosa, dem Stammsitz der Braganças, verbracht und kehrten nun an diesem Tag in die Hauptstadt zurück.
Sie wurden von Infante Manuel, dem jüngeren Sohn des Königs, Infante Afonso, dem Bruder des Königs und der Regierung empfangen.
Zusammen bestieg die königliche Familie eine offene Kutsche und begab sich in Richtung des Necessidades-Palastes.
Aber sie kamen nicht weit.
Noch in der Praça do Comercio, kurz vor dem einbiegen in die Rua do Arsenal, wurde aus der Menge heraus auf die königliche Familie geschossen.
Die Attentäter Alfredo Costa e Manuel Buíça treffen König Carlos I im Rücken und im Nacken. Er ist sofort tot.
Infant Luis Filipe wird schwer verwundet und Infant Manuel wird am Arm getroffen. Nur die Königin bleibt unverletzt.
(zu dem Anschlag auf die königliche Familie werde ich bei Gelegenheit in diesem Blog einen Beitrag schreiben!)
Der Thronfolger ist so schwer verletzt, das er den König nur um knapp eine halbe Stunde überlebt.
Sein Bruder Manuel wird noch am selben Tag den verwaisten portugiesischen Thron als Manuel II besteigen.
Luis Filipe stirbt an diesem 01. Februar, noch nicht einmal 21jährig, in den Armen seiner Mutter, der Königin.
Aber mit Luis Filipe stirbt auch die Hoffnung einer ganzen Nation.
Er, der er mit so viel Hingabe und Liebe als zukünftiger König erzogen worden war, starb einen völlig sinnlosen und gewalttätigen Tod.
Luis Filipe wird am 08. Februar 1908 im Mausoleum der Braganças, im Kloster São Vicente de Fora in Lissabon, beigesetzt
Die Monarchie sollte sich von dem blutigen Attentat auf Carlos I und Luis Filipe nie wieder erholen.
Knapp zwei Jahren nach dem Königsmord, musste Manuel II und der Rest der königlichen Familie ins Exil gehen, und in Portugal wurde die Republik ausgerufen.
Dienstag, 5. Juli 2011
Palácio dos Santos
Im Lissabonner Stadtteil Santos, durch den ich jeden Tag auf dem Weg zu Arbeit fahren muss, liegt ein prachtvoller Palast, welches durch die französische Trikolore im Palastgarten, seine heutige Bestimmung jedermann von weitem anzeigt.
Es handelt sich bei diesem Stadtpalast um den Sitz des französischen Botschafters in Portugal, Monsieur Pascal Teixeira da Silva, einem portugiesischstämmigen Franzosen.
Der Palácio dos Santos (dt.. Palast der Heiligen), wie er im Volksmund heißt, liegt auf einer Anhöhe im gleichnamigen Stadtteil Santos.
Dank seiner privilegierten Lage am Ufer des Tejo, wurde die Anhöhe auf dem heute der Palast steht, schon zur Zeit der Römer besiedelt.
Den Namen „Santos“ (dt.: „Heilige“) hat das Stadtteil von den Geschwistern Veríssimo, Máxima und Julia, die während der Regierungszeit Kaiser Diokletian, um 300 n. Ch. den Märtyrertod starben, und dessen Leichen, der Sage nach, in einem Boot hier an das Lissabonner Ufer angespült wurden.
Die Geschwister wurden für heilig gesprochen und in einer kleinen Kapelle, die sich ursprünglich an der Stelle befand, an der heute die Alte Kirche Igreja dos Santos-o-Velho steht, beigesetzt.
Den römischen Geschwistern verdankt dieser Lissabonner Stadtteil also seinen Namen.
Im 12. Jahrhundert wurde anstelle der Kapelle ein Kloster errichtet, in dem vor allem Witwen und Töchter des kleinen Adels unterkamen.
Nachdem der Orden das Kloster im Jahre 1490 verließ und in ein neues umzog, wurden sowohl das Kloster als auch die zu ihm gehörenden Ländereien am Ufer des Tejo an Fernão Lourenço vermietet. Er war ein sehr wohlhabender Bankier, der die wichtigsten portugiesischen See- und Entdeckungsreisen seiner Zeit finanzierte.
Nach dem Tod Fernão Lourenços im Jahre 1497 zieht König Manuel I als neuer Mieter in das Gebäude ein, und so wird aus dem ehemaligen Kloster und späteren Bürgerhaus ein königlicher Wohnsitz, so königlich das in seinen Mauern sogar König Manuel I die spanische Infantin Isabella, die Tochter der Katholischen Könige, ehelicht.
König Manuel I zieht später in dem von ihm neu erbauten Palácio da Ribeira um.
Dafür zieht sein Urenkel, der spätere König Sebastião I, in den Palácio dos Santos ein. Er verbringt sein ganzes kurzes Leben in dem Palast, bis er im Jahre 1578, erst 24jährig, im marokkanischen Alcácer Quibir in einer Schlacht fällt.
Der Geschichte nach soll D. Sebastião I im August 1578 im Palastgarten von Santos, auf dem weißen Marmortisch der heute noch dort steht, seine letzte Mahlzeit auf portugiesischem Boden zu sich genommen haben, bevor er nach Marokko segelte.
Nach dem Tod des jungen Königs wird der Edelmann Luis de Lencastre, ein Nachfahre der großen Königin Philippa of Lancaster, der neue Mieter des Stadtpalais.
Im Jahre 1629 erwirbt sein Sohn Francisco Luis de Lencastre das ehemalige Kloster käuflich vom Orden und ab dieser Zeit wird der Palast unter dem Namen Palácio dos Lencastre bekannt.
Im Besitz der Familie Lencastre sollte der Palast dann auch bis zum Jahre 1909 bleiben.
Durch die Jahrhunderte hinweg wird der Palast durch die neuen Eigentümer mehrmals renoviert.
Anfang des 18. Jahrhunderts werden die Palastkapelle und das Hauptgebäude des Palastes von dem Architekten João Antunes völlig neu gestaltet und der Palast auf seine heutige Größe erweitert.
Die nahe Kirche Igreja dos Santos-o-Velho wurde ebenfalls durch den Architekten João Antunes renoviert.
Im Jahre 1711 geht Pedro de Lencastre, der damalige Besitzer des Palastes, die Ehe mit Maria Sofia de Lorena, der Tochter von Rodrigo de Sá Menezes, dem Marquis von Abrantes (port.: Marquês de Abrantes), ein.
Mit dieser Heirat zieht auch die Kunst in den Palácio dos Santos ein.
Während die ehemaligen Besitzer mehr Wert auf das Äußere des Gebäudes gaben, konzentriert sich der neue Besitzer Pedro de Lencastre verstärkt auf die Inneneinrichtung.
Die meisten Zimmer und Salons lässt er mit Kacheln und Fresken ausgekleidet und mit wertvollen Möbelstücken, die heute noch dort existieren, dekorieren.
Im Porzellansaal (port.: Sala de Porcelana), dem schönsten und originellsten Saal des Palastes, lässt Pedro de Lencastre z.B. eine pyramidenförmige Decke aus reinstem Porzellan anfertigen.
Am 01. November 1755 ereignet sich das große Erdbeben von Lissabon.
Dem Beben folgen riesige Tsunamiwellen die die Lissabonner Altstadt völlig zerstören.
Man weiß heute nicht mehr mit Sicherheit genau, inwieweit das Palastgebäude bei diesem großen Erdbeben in Mitleidenschaft gezogen wurde.
Aber da der Stadtteil Santos im Allgemeinen zu den weniger zerstörten der Stadt gehörte, geht man davon aus, dass die Schäden eher geringfügig waren.
Was man mit Sicherheit heute belegen kann, ist die Tatsache, dass man anhand von Registrierungen weiß, dass viele Mitglieder der Familie Lencastre nach dem großen Beben im Palast Zuflucht gesucht und auch gefunden haben.
Als die zweite Herzogin von Abrantes (port.: Duquesa de Abrantes) 1780 kinderlos stirbt, erben die Mitglieder der Familie Lencastre den Adelstitel Abrantes.
Ab dieser Zeit ist der Palast auch unter dem Namen Palácio dos Abrantes bekannt.
Zwischen den Jahren 1841 und 1849 vermietet der damalige Besitzer des Plastes, Pedro de Lencastre, das Gebäude an Marie Amélie de Beauharnais, der Witwe des ehemaligen Kaisers von Brasilien, Pedro I.
Marie Amélie de Beauharnais wird die erste französische Bewohnerin des Hauses.
Im Jahre 1870, nach dem Tod von José de Lencastre, dem Bruder von Pedro de Lencastre, wird das Gebäude erneut vermietet. Diesmal an den französischen Botschafter in Portugal, den Grafen Armand (port.: Conde Armand), der aus dem Palast seinen Amts- und Wohnsitz macht.
Am 14. August 1909 verkauft João de Lancastre den Palast, nachdem dieser über 300 Jahren im Familienbesitz war, an den französischen Staat.
1937 zieht das Französische Sprachinstitut (port.: Instituto Francês / fr.: Institute Francais) in den Westflügel des Palastes ein.
Heute ist der Palácio dos Santos, der vor kurzem für 3 Millionen Euro restauriert wurde und eines der schönsten Königspaläste Portugals ist, nicht mehr Wohnsitz, sondern nur noch Amtssitz des französischen Botschafters.
Französische Diplomaten, die hier in Lissabon akkreditiert sind und waren, bezeichnen den Palast als die drittschönste Botschaft Frankreichs auf der Welt, gleich nach denen in Rom und Prag.
Nach Informationen der französischen Botschaft sind derzeit ca. 15.000 Franzosen in Portugal registriert.
Davon leben etwa 9.000 im Großraum Lissabon, etwa 6.000 in Porto und schätzungsweise 1.000 an der Algarve.
Vom Botschaftsgarten hat man, wenn die Botschaft einem die Gelegenheit dazu gibt, einen wunderschönen Blick über den Tejo und die andere Flussseite.
Leider öffnet die Botschaft, aus Sicherheitsgründen, nur selten ihre Pforten.
Eines der Tage an denen man sowohl den Palastgarten als auch einige Räume des Palastes besichtigen kann, ist jedes Jahr am 18. Mai, dem Internationalen Tag des Museums.
Leider war mir, krankheitsbedingt, ein Besuch in diesem Jahr nicht möglich.
Aber ich nehme es mir für das nächste Jahr ganz fest vor!
Sonntag, 3. Juli 2011
Ein kleines Dankeschön
Sehr oft wird behauptet, wir würden heutzutage in einer sehr schnelllebigen, technisch hoch entwickelten und medialen Zeit leben.
Dieser Tage ist mir wieder einmal bewusst geworden, wie technisch hoch entwickelt und klein diese unsere Welt nun wirklich ist.
Als ich meiner neuen Arbeitskollegin Sandra dos Santos, die erst seit kurzem aus Deutschland nach Portugal gezogen ist, von diesem Blog hier erzählte, und ihr anbot, ab und zu mal im „Planet Portugal“ reinzuschauen, erzählte sie mir, das sie meinen Blog, schon kennen würde.
Beide reagierten wir sehr überrascht, dass sie per Zufall, schon auf meiner Seite gesurft ist und „Planet Portugal“ sehr wohl kannte.
Dies hat mir mal wieder gezeigt, in was für einer kleinen Welt wir, dank Internet, doch alle leben.
Ob in Australien (schönen Gruß an Radical Royalist), Kanada, Brasilien, Deutschland, Japan oder hier in Portugal, überall habe ich aufmerksame Leser, die meinen Blog mit Interesse lesen und verfolgen.
Ihnen allen, die mich nun seit über 500 Einträgen jeden Tag direkt, indirekt und häufig unwissentlich mit ihren Beiträgen zu diesem Blog verhelfen, gilt mein allerherzlichster Dank.
Einige von ihnen sind angehörige meiner Familie, Arbeitskollegen und Freunde, aber die meisten von ihnen sind mir völlig unbekannt.
Aber alle inspirieren sie mich auf irgendeine Art und Weise, und machen so diesen Blog erst möglich.
Dies ist ein großartiges Geschenk für mich, und ich hoffe wir werden uns gegenseitig noch über viele Jahre begleiten.
Dankeschön!
Samstag, 2. Juli 2011
Grüne Oasen
In Lissabon ist es im Augenblick unerträglich heiß!
Wer aber eine kühle, grüne Oase in der jetzigen Sommerhitze sucht oder einfach nur der Hektik der Großstadt entfliehen will, sollte einen der vielen Gärten und Parks aufsuchen, die über die ganze Stadt verteilt sind.
Unabhängig davon, ob man lieber eine moderne Gartenarchitektur mag oder den ursprünglichen Charme bevorzugt, ob man für einpaar Stunden an der frischen Luft sein will, oder so wie ich, einfach eine erholsame Mittagspause genießen will, man wird in Lissabon garantiert eine Grünfläche für jeden Geschmack finden.
Auch jeder Hobbybotaniker wird hier in der Hauptstadt auf seine Kosten kommen.
Wir befinden uns zwar am äußersten Rand Europas, aber trotzdem finden wir hier in den vielen Gärten und Parks der Stadt Bäume, Pflanzen und Blumen aus aller Welt.
Sie wurden über 500 Jahre lang von den portugiesischen Kolonien in Afrika, Brasilien, Indien und China gesammelt und hier in der Stadt dann angepflanzt.
Ich habe hier einmal die sehenswertesten und erholsamsten Gärten und Parks der Hauptstadt aufgelistet:
• Jardim 09 de Abril
• Jardim do Campo Grande
• Jardim Amália Rodrigues
• Jardim Fernanda de Castro
• Jardim da Estrela (dt.. Estrelapark)
• Jardim Garcia de Orta
• Jardim da Fundação Calouste Gulbenkian (dt.: Park der Gulbenkian-Stiftung)
• Jardim Botânico da Faculdade de Ciências (dt.: Botanischer Garten der Wissenschaftlichen Fakultät)
• Jardim do Príncipe Real
• Jardim e Miradouro de São Pedro de Alcântara (dt.: Park und Aussichtspunkt von São Pedro de Alcântara)
• Jardim Botânico da Ajuda (dt.: Botanischer Garten im Stadtteil Ajuda)
• Jardim-Museu Agrícola Tropical (dt.: Tropischer Garten im Stadtteil Belém)
• Jardim e Miradouro do Torel (dt.: Park und Aussichtspunkt von Torel)
• Jardim da Praça do Império (Park von Belém)
• Jardim Vasco da Gama
• Jardim da Torre de Belém
• Jardim do Castelo de S. Jorge
• Parque Florestal de Monsanto (dt.: Monsantopark)
• Parque Recreativo dos Moinhos de Santana
• Parque Eduardo VII
• Parque do Monteiro-Mor
• Parque Recreativo do Alto da Serafina
• Quinta das Conchas e dos Lilazes
• Tapada da Ajuda (dt.: Wildpark von Ajuda)
• Tapada das Necessidades (dt.: Wildpark im Necessidadespalast, dem portugiesischen Außenministerium)
Und wer mich einmal in der Mittagszeit besuchen will, der braucht nur jeden Tag in den kleinen Park „Jardim 09 de Abril“, den viele noch unter seinem alten Namen „Jardim da Rocha do Conde“ kennen, zu kommen.
Er liegt genau neben dem Nationalmuseum für Alte Kunst (port.: Museu Nacional de Arte Antiga), und von ihm aus hat man eine der schönsten Aussichten über den Lissabonner Hafen und den Tejo.
In diesem Park pflege ich nämlich, unter vielen alten Bäumen, wie brasilianischen Tipuanas, Sumaúmas,und Jacarandas und imposanten Dattelpalmen und Granatapfelbäumen, fast immer meine Mittagspausen zu verbringen.
Freitag, 1. Juli 2011
Originelle Wechselstube
Laut einer Schätzung der Portugiesischen Nationalbank (port.: Banco de Portugal) sind wir Portugiesen im Besitz von alten Escudogeldscheinen im Wert von ca. 183 Millionen Euro.
Zwar ist der Escudo seit zehn Jahren nicht mehr die alleinige offizielle Währung des Landes, nichtsdestotrotz geht die Nationalbank davon aus, dass wir hier diese unglaubliche Geldsumme weiterhin in Kaffeedosen, Schubladen, unter unseren Matratzen usw. aufbewahren.
Auch wenn der Euro seit gut acht Jahren die alleinige Währung Portugals ist, gibt es dennoch, zur Verwunderung vieler, Geschäfte und Läden in denen heute noch die alte Währung angenommen wird.
Eines dieser Läden ist das Einrichtungsgeschäft „Antes de…“ in der Avenida Miguel Bombarda n° 98b.
Als ich gestern in diesem Geschäft war, um mir ein
Bilderrahmen zu kaufen, bekam ich mit, wie eine Dame vor mir, ihren Einkauf mit einem alten 5.000 Escudoschein bezahlte.
Anstandslos nahm der Ladenbesitzer den alten Geldschein an und gab der Dame das Wechselgeld in Euro heraus.
Ich habe immer gedacht, dass nur noch die Bank von Portugal alte Geldscheine annimmt. Aber ich wurde an diesem Samstag eines besseren belehrt.
Ich kam mit dem Ladenbesitzer ins Gespräch und der bestätigte mir, dass er seit gut sechs Jahren wieder alte Escudoscheine annimmt.
Er meinte, er hätte damals gehört das noch eine Menge altes Geld im Umlauf sei, und da er jederzeit die alten Scheine bei der Bank umtauschen könne, hat er sich überlegt weiterhin auch Escudos anzunehmen, dies auch, um so mehr Kundschaft in sein Geschäft zu locken.
So wurde aus dem Einrichtungsgeschäft auch eine originelle Wechselstube und aus dem ursprünglichen Werbegag wurde ein „Service“, den die Kundschaft dankend annahm, denn da sie ja das Geld im Laden zu einem festen Wechselkurs bekommen (1000 Escudos = 5 Euro), ersparen sie sich den Gang zur Bank und damit die nötige Bürokratie, die für den Umtausch nötig wäre.
Wie mir Luis Cardoso, der Ladeninhaber, betätigte, kommt jede Woche mindestens ein Kunde in seinen Laden, der seinen Einkauf mit Escudoscheinen begleicht.
Da wir im Moment eine schwere finanzielle Krise hier in Portugal durchmachen, und da die Portugiesische Nationalbank einen Wechsel der alten Geldscheine bis zum Jahr 2022 garantiert, rechnet der Ladeninhaber in nächster Zeit mit einem erhöhten Kundenzulauf.
Ich selber werde mal sehen welche Geldscheine ich noch in meiner Schreibtischschublade aufbewahre.
Wer weiß ob ich meinen nächsten Einkauf im „Antes de…“ nicht auch mit Escudos bezahlen werde…
Sparen, sparen, sparen!...
„Spart!
Spart noch mehr!
Und spart noch viel mehr!“
Diese Aufforderung unserer Politiker müssen wir uns hier in Portugal seit Monaten anhören.
Aber viel schlimmer als die hiesigen Politiker, sind die aus dem Ausland, die von uns das Selbe fordern und nicht aufhören, uns gute Ratschläge zu geben!
Es sind keine leichten Zeiten für Portugal.
Das Land ist hoch verschulet, wir müssen tatsächlich massiv sparen, bekommen keine günstigen Kredite mehr und dann sind da auch noch die Ratingagenturen, wie Standard & Poor's und Fitch & Moody's, die nacheinander einfach die Bonität unseres Landes gesenkt haben.
Das hat zur Folge, das nach dem Rating von Standard & Poor's, wir hier in Portugal, was Schulden angeht, sogar unzuverlässiger sind als z.B. Kasachstan.
Das zwingt mich zu einer Frage, die ich mir in letzter Zeit oft gestellt habe:
Was wäre in Deutschland los, wenn die Deutschen so sparen müssten wie wir hier in Portugal und sie konstant so öffentlich gedemütigt werden würden wie wir?
Sparaufforderungen folgen hier auf Sparaufforderungen.
Jetzt plant die neue Regierung sogar ein neues Sparpaket.
Gestern hat Prämierminister Pedro Passos Coelho in der Nationalversammlung (port.: Assembleia Nacional) angekündigt, das durch eine Sonderabgabe (port.: contribução extraordinária) 50% des Weihnachtsgeldes eines jeden Portugiesen am Ende des Jahres vom Staat einbehalten wird.
50% - man muss sich das einmal vorstellen!
Es wird hier im Augenblick, auf Teufel komm raus, gespart.
Mal abgesehen davon, dass selbst aus ökonomischer Sicht, es nicht besonders klug ist, nur zu sparen, drängt sich bei mir vor allem noch eine Frage auf:
Ist den Beobachtern aus der Ferne bewusst, welche Auswirkungen all diese Entscheidungen auf unser Leben hier in Portugal haben?
Alleine in den letzten Monaten wurden hierzulande so viele Ausgaben reduziert, die in Relation zur deutschen Wirtschaft, knapp 250 Milliarden Euro entsprechen würden.
Beim aktuellen Sparpakt, den uns die EU und der IWF Mitte Mai bewilligt haben, ging es um 78 Milliarden Euro.
Umgemünzt auf die Verhältnisse in Deutschland wären das fast 836 Milliarden Euro, in Worten: achthundertsechsunddreißig Milliarden Euro!
Es scheint mir unvorstellbar, dass die deutsche Politik und Wirtschaft so etwas stemmen könnte.
Sicherlich, solche Vergleiche, wie ich sie hier vorbringe, hinken immer, weil sich für gewöhnlich, Zahlen und Daten kaum übertragen lassen.
Dennoch sind solche Vergleiche nützlich, alleine um die derzeitige Situation hier in Portugal zu verstehen.
Was also wären die Folgen, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel die portugiesischen Sparmaßnahmen eins zu eins umsetzen müsste, die wir hier aufgebürdet bekommen?
Nun, die erste Folge wäre, dass die meisten Menschen in Deutschland erheblich weniger Geld zur Verfügung hätten.
Ein durchschnittlicher Rentner käme nur noch auf knapp 900 Euro monatlich, anstatt auf gut 1000 Euro, abgesehen davon das unsere Rentner von 900 Euro im Monat nur träumen können.
Ein junger Lehrer würde monatlich nicht mehr rund 3300 Euro brutto, sondern nur noch ca. 3000 Euro verdienen.
Auf fast alle Arbeitnehmer käme einerseits eine Gehaltskürzung von 20, 30 oder gar 50 Prozent, andererseits eine neue Krisensteuer von ein bis vier Prozent, dazu.
Hinzu käme, dass das Leben teurer werden würde, denn auf viele Güter gäbe es deutlich höhere Steuern.
Gastronomen, Tankstellenbesitzer oder Handwerker würden diese wohl größtenteils an uns Verbraucher weitergeben.
Im Einzelfall wären das keine allzu üppigen Preisunterschiede
Doch in der Summe kämme da einiges zusammen – zumal die Menschen ja netto dann über viel weniger Geld verfügen würden als bisher.
Die Perspektiven auf dem Arbeitsmarkt wären miserabel.
Die meisten Unternehmen würden entweder gar nicht mehr einstellen oder nur noch Hungerlöhne bezahlen. Die Zahl der Beamten müsste in den kommenden Jahren um ein Viertel sinken.
Auch die Bildungspolitik würde massiv leiden.
Zwar ist hier, in den portugiesischen Sparplänen, keine Rede von Kürzungen, allerdings spricht auch keiner von Erhöhungen. Sämtliche Projekte in diesem Ressort blieben also erst einmal auf der Strecke.
Als nächstes müsste sich dann Deutschland von einigen wichtigen Besitztümern, wie Immobilien, Ländereien und Staatsbetrieben wie die Deutsche Bahn verabschieden, um auf die unglaubliche Summe von 836 Milliarden Euro zu kommen.
Diese Zahlen zeigen in etwa, wie einschneidend die Bemühungen hier in Portugal sind.
Welche gesellschaftlichen Auswirkungen solche drastischen Einsparungen in Deutschland allerdings hätten, kann man nur schwer abschätzen.
Unzufriedenheit und Unmut wie hier in Portugal und gewalttätige Demonstrationen wie sie derzeit in Griechenland an der Tagesordnung sind, würden wohl auch in Deutschland sicherlich zu erwarten sein.
Alles in allem sind wir Portugiesen wirklich zu bedauern.
Aber um ehrlich zu sein, ist Mitleid wohl das schlimmste, was uns im Augenblick passieren könnte – noch viel schlimmer als das ganze sparen!