Freitag, 18. September 2009
Blinde Kuh in Lissabon
In dem post „GoCar´s“, welches ich am 12. September in dieses Blog eingepostet habe, mache ich darauf aufmerksam das es seit kurzem hier in Lissabon eine neue Art und Weise gibt, die Hauptstadt zu erkunden, nämlich mit kleinen, gelben Cabriolets, den so genannten GoCar´s, die via GPS die Touristen durch die Stadtviertel führen, und ihnen dabei viele interessante Informationen über die einzelnen Sehenswürdigkeiten geben.
Heute möchte ich gerne über eine andere, neue Idee berichten, wie man meine Heimatstadt neuerdings erkunden kann.
Die Idee ist so einfach wie genial: Die Teilnehmer dieser etwas anderen Stadtführung spazieren mit verbundenen Augen durch Lissabons Altstadt, der Alfama. Gestützt durch noch „sehende“ Begleiter beginnt ein neues Lissabon-Erlebnis: Lauschend, tastend, erspürend, riechend.
An vielen Orten der Welt gibt es ein ähnliches Konzept in Form von Dunkel-Restaurants, in denen einem das Essen im Dunkeln serviert wird, wie z.B. im Restaurant „unsicht-bar“ in Berlin oder im Restaurant „Bem Me Quer“ hier in Lissabon, mit seinem „Jantar Sensorial“ (deutsch: Sinnliches Abendessen). Neu ist die Übertragung der Idee vom Lokal hinaus auf die Straße.
Gestützt auf Hör-, Tast- und Riechsinn erschließt sich die Stadt einem ganz neu. Man hört das Zwitschern der Vögel, das tropfende Wasser oder wie eine Wäscherin bei ihrer Arbeit einen Fado singt und viele andere Kleinigkeiten, die wir in der Hektik niemals wahrnehmen.
Und was würde sich besser für eine Stadtführung mit den anderen Sinnen eignen als die Alfama, Lissabons Altstadt, deren Häusermauern noch so viele unerzählte Begebenheiten mitteilen möchten? Deren Geräusche, hier in den autofreien Gassen, vielleicht noch die gleichen sind, wie sie schon vor Jahrhunderten erklangen?
Ein tieferes Erspüren Lissabons ist sicherlich eines der Ziele, die die Macher der „Lisboa Sensorial“-Touren erreichen möchten. Ein anderes ist jedoch viel ernsterer Art: Denn „Lisboa Sensorial“ (deutsch: Sinnliches Lissabon) will über den Weg direkter Erfahrung auch mehr Verständnis für das Leben von Blinden wecken. Blinde und Sehbehinderte haben es hier in Portugal oft nicht einfach: Der Straßenverkehr ist immer wieder rücksichtslos und die Gehwege nicht klar abgegrenzt. Zudem ist die finanzielle Situation von Behinderten in diesem Land sehr prekär: Noch immer ziehen blinde Männer und Frauen durch Lissabons Metro (U-Bahnzüge), um hier um ein Almosen zu bitten.
Jede Tour wird deshalb von einem blinden Stadtführer des Verbands Associação dos Cégos e Amblíopes de Portugal, ACAPO (deutsch: Verband der Blinden und Sehbehinderten Portugals) geleitet. Die Einnahmen aus den Führungen - die Kosten liegen bei etwa 20 Euro pro Person - fließen komplett in die Arbeit von ACAPO.
Das Konzept, entwickelt von der jungen Ideenschmiede „Cabracega“ (deutsch: Blinde Kuh), scheint aufzugehen, denn die angebotenen Touren sind vollkommen ausgebucht.
Obwohl ich in naher Zukunft sicherlich einmal die „GoCar“-Tour ausprobieren werde, kann ich mich für eine „Lisboa Sensorial“-Tour nicht erwärmen.
Nicht das solch eine Tour nicht interessant wäre (sonst würde ich sicherlich hier nicht über sie schreiben!). Aber für mich hat Lissabon sehr viel mit Licht, Sonne und Farben zu tun. Ich persönlich finde das Lissabon ist eine Stadt fürs Auge ist.
Aber wie es schon in dem alten Lissabonner Volkslied „Cheira bem, cheira a Lisboa (deutsch: „Es riecht gut, es riecht nach Lissabon“) heißt, hat Lissabon seine eigene „Duftnote“ und riecht wirklich nach Blumen, Seeluft und gerösteten Kastanien. Und vielleicht kann man diese Gerüche wirklich nur dann intensiv erleben, wenn man mit verbundenen Augen durch die Gassen läuft.
Probieren sie einmal solch eine Stadtführung aus, und schreiben sie mir dann, wie es ihnen gefallen hat.
Tolle Idee, ich würde die Führung dann trotzdem nochmal "sehenden Auges" machen. Und natürlich hoffe das die Tourguides gut aufpassen, das niemand überfahren wird :-).
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