Donnerstag, 9. Juli 2009
Die späte Rache Durbans an Fernando Pessoa
Was haben Fernando Pessoa, Portugals größter Dichter und Schriftsteller des letzten Jahrhunderts, und meine Wenigkeit gemeinsam?
Nun, zugegeben, auf den ersten Blick recht wenig;
um nicht zu sagen Nichts!
Aber auf den zweiten Blick, ist da so eine Stelle in unseren Lebensläufen, die auffallend identisch sind.
Ich bin nämlich als sechsjähriger mit meinen Eltern nach Deutschland gezogen und habe in Darmstadt meine Kind-, Schul- und Jugendzeit verbracht.
Und Fernando Pessoa, ist als achtjähriger mit seiner Mutter und seinem Stiefvater João Miguel Rosa nach Südafrika gezogen und hat dort in Durban, am Indischen Ozean, seine Kind-, Schul- und Jugendzeit verbracht.
Und hier hören die Gemeinsamkeiten zwischen mir und Fernando Pessoa auch schlagartig auf.
Denn während ich es nur zum Freizeitschreiber und Hobbydichter gebracht habe, hat Fernando Pessoa, mit seiner originellen Art und Weise des Schreibens, es zum bedeutendsten Schriftsteller der portugiesischen Sprache im 20. Jahrhundert gebracht.
Und noch etwas Gravierendes unterscheidet mich von Fernando Pessoa, was unsere Kindheit und Jugend angeht.
Während ich nämlich meine Zeit in Deutschland nicht leugnen kann (die Veröffentlichung dieses Blogs ist wohl der beste Beweis dafür!) hat Fernando Pessoa während seines ganzen Lebens nur sehr ungern über seine Zeit im südafrikanischen Durban gesprochen, geschweige denn geschrieben!
In keinem seiner Werke geht er auf seine Kindheit und seine Jugend in Durban ein. Er verbrachte neun Jahre in Durban, von seinem achten bis zu seinem siebzehnten Lebensjahr. Man könnte meinen das diese Jahre, die Wissenschaftler als die wichtigsten und prägendesten in unserem ganzen Leben bezeichnen, an Fernando Pessoa völlig vorbeigegangen sind. Man könnte sogar meinen Pessoa hat diese Jahre völlig aus seinem Gedächtnis verdrängt!
Fernando Pessoa wurde am 13. Juni 1888 in Lissabon geboren, und verstarb am 30. November 1935, ebendort.
Seine Mutter hatte, als er sieben Jahre alt war, sich in zweiter Ehe mit dem damaligen portugiesischen Konsul in Durban, Kommandant João Miguel Rosa, verheiratet.
So kam es, dass Fernando Pessoa als Kind nach Südafrika reiste, wo er dann auch bis zu seinem 17. Lebensjahr blieb.
Er lebte mit seiner Familie in der Ridge Road, im vornehmen Stadtteil Comercial District, besuchte dort zuerst die katholische Convent School und später die angesehene Durban High School. Sein Stiefvater war portugiesischer Konsul und er hatte nicht das was man eine allzu strenge Erziehung nennen könnte. Im Gegenteil!
Warum er also dieser Zeit so wenig Beachtung schenkt, wird wohl für immer sein Geheimnis bleiben.
Zwei Büsten erinnern in ganz Durban an Portugals Nationaldichter, der als Kind durch die Strassen dieser Stadt gelaufen ist und an den Stränden des Indischen Ozeans nach Muschelschalen gesucht hat.
Die eine Büste steht an der Kreuzung Pine Road und Gardiner Road, und zeigt Fernando Pessoa, so wie er meistens abgebildet wird, mit Brille und einem großen Hut.
Außer seinem Namen und seinem Geburts- und Sterbedatum ist auch ein Dreizeiler von Pessoa auf der Büste eingraviert, nämlich folgender:
“Oh salty sea
How much of your salt
Are the tears of Portugal?”
Im Original, im Gedichtsband “A Mensagem”, lautet der Dreizeiler:
“Ó mar salgado
Quanto do teu sal
São lágrimas de Portugal?”
Die zweite Büste steht auf dem Gelände der Durban High School, wo Pessoa als Kind in die Schule gegangen ist.
Beide Büsten wurden von portugiesischen Bürgern gestiftet und aufgestellt. Hätte man darauf gewartet dass die südafrikanische Stadtverwaltung Pessoa ein Denkmal setzt, dann hätte man wohl noch ein paar Jahrzehnte warten können.
So gesehen, so wie Fernando Pessoa die Stadt Durban aus seinen Erinnerungen verbannt zu haben scheint, so hat auch Durban Fernando Pessoa vollkommen verdrängt.
Vielleicht ist das die Rache Durbans dafür, dass Fernando Pessoa die Stadt nicht in einem einzigen seiner Werke erwähnt hat.
Hey Paulo,
AntwortenLöschenja, vielleicht erschien ihm das gar nicht wichtig zu sein oder er hatte nicht so tolle Jahre dort verlebt. Wer weiß.....
er würde Durban bestimmt in seinen Gedichten nennen, wenn er von der Stadt und seinen Jahren dort überzeugt wäre, oder?
Aber vielleicht fand er es einfach nicht all zu wichtig seine Kindheit zu erwähnen, weil es eh nicht für den Leser interessant gewesen wäre.
Liebe Grüße,
CarMar