Freitag, 12. Juni 2009

Santo António de Lisboa


Vorgestern feierten wir hier in Portugal den Camões-Tag (siehe auch meinen post vom 09. Juni mit dem Titel „Dia de Camões, de Portugal e das Comunidades Portuguesas“).
Gestern war Fronleichnam (Corpo de Deus), ein kirchlicher Feiertag, den man auch in Deutschland feiert.
Und morgen, am 13. Juni, stehen der Hauptstadt und vielen anderen Orten der Nation, die Feierlichkeiten zum Antoniusfest bevor.
Heute schon, am Vorabend des großen Festes, steht die Stadt Lissabon Kopf, um ihren Schutzpatron zu feiern.
Wohlgemerkt „ihren“ Schutzpatron, denn wir sprechen hier über Antonius von Lissabon und nicht über Antonius von Padua (obwohl derselbe Heilige gemeint ist!), so wie er von so vielen genannt wird, denn er wurde in Lissabon geboren und nicht in Padua. Da sind die Lissabonner sehr eigen!

In einem kleinen Haus am Rande der Alfama, wurde 1195 Santo António de Lisboa, als Fernando Martins de Bulhões, geboren. Dort wo sein Geburtshaus stand, steht heute die Kirche mit seinem Namen, genau gegenüber der Lissabonner Kathedrale Sé.
Fernando Martins studierte zuerst in Coimbra, bevor er dann als junger Missionar, sich auf den Weg nach Italien machte. Bei Sizilien erlitt er aber Schiffbruch. Kaum gerettet ging er zuerst nach Assisi, wo er den Heiligen Franziskus kennen lernte, und wo er dem Franziskanerorden beitrat. Hier nahm er dann auch seinen neuen Namen, Antonius, an.
Später ging er dann nach Padua. Er soll ein wortgewaltiger Redner und Prediger gewesen sein, dem sogar die Fische zuhörten, so die Überlieferung. Dort, in einem Kloster in der Nähe von Padua, verstarb er dann auch, erst 36jährig. Als er starb war er bereits hoch verehrt, denn die Menschen liebten seine Predigten und sie mochten ihn, weil er ein einfacher, sympathischer Zeitgenosse war.
Sein Wunderboden waren Umbrien, die Romagna, Venetien und natürlich auch Padua. Und dort, in Padua blieben auch seine Reliquien.

Aber sein Geburtsort und die Kirche die an ihn erinnert, steht wie gesagt hier in Lissabon.
In Italien verehrt man den Heiligen Antonius. Hier in Portugal wird er aber nicht nur verehrt, sondern in erster Linie geliebt.
Jedes Jahr um den 13. Juni, dem Todestag von Antonius, steckt ganz Lissabon im Taumel des größten Festes der Stadt. Alles ist mit bunten Papierschlangen, Lampions und Girlanden geschmückt.
Überall in der Stadt trifft man kleine, tönerne Antonius-Figuren, meistens mit dem Jesuskind auf dem Arm, die uns väterlich aus einem Meer von Manjericos, dem wohlriechenden Basilikum, zu grüßen scheinen.

In der Nacht vor dem Fest finden die Marchas Populares (Volksmärsche) statt, bunte Umzüge mit Musik und Tanz. Diese Umzüge basieren auf uralte Traditionen.
Vereinfacht gesagt, wird jeder der 53 Stadtteile von 30 bis 40 Männer und Frauen bei diesen Volksmärschen vertreten, die Kostüme schneidern, Lieder verfassen und Tänze arrangieren, und sich damit bei der Parade entlang der Avenida da Liberdade präsentieren. Die spektakulärste der 53 Darstellungen wird am Antoniustag mit einem Preis ausgezeichnet. Fast jeder Bewohner – ob Mann oder Frau – feuert bei dieser Gelegenheit sein Stadtteil an. Denn das siegen bei den Marchas Populares ist eine Sache von höchstem Prestige.
Am Tag des Heiligen Antonius selbst, finden die Casamentos de Santo António statt, die Hochzeiten des Heiligen Antonius.
Auch sie sind eine uralte Tradition der Stadt. Jedes Jahr richtet die Stadt eine Hochzeitfeier für 20 Hochzeitspaare aus, wobei die Stadt die ganzen Kosten übernimmt, w.z.B. das Hochzeitskleid für die Braut, den Anzug für den Bräutigam, die Eheringe, die Hochzeitszeremonie, das anschließende Hochzeitsessen (für eine begrenzte Anzahl von Gästen natürlich) und die nach der Hochzeit stattfindende Hochzeitsreise.
Diese Hochzeiten waren früher für die Mittellosen der Stadt gedacht, die den Bund der Ehe schließen wollten, es sich aber finanziell nicht leisten konnten. Heute darf sich jeder bewerben, um als Braut oder Bräutigam bei einer Santo António Hochzeit teilzunehmen. Die einzige Bedingung die die Stadtverwaltung stellt ist, dass die Brautleute geborene Lissabonner sein müssen!

Der Heilige Antonius ist der Beschützer der Liebenden, der Ehen, der Kinder und der Familien. Außerdem ist er der Schutzpatron aller Tiere und der Finder aller verlorenen Dinge.
Man mag an Heilige glauben oder nicht und man mag katholisch sein oder nicht.
Aber für den Lissabonner ist Santo António ein bevorzugter und angenehmer Vermittler zu Gott, und – er ist ein Sohn der Stadt.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen