Wer dem sehenswerten Lissabonner
Nationalmuseum für Alte Kunst (port.: Museu Nacional de Arte Antiga), eines der
bedeutendsten Kunstmuseen Portugals, einen Besuch abstattet, der kann in der
Gemäldegalerie ein Bild mit dem Namen „Alegoria ao Terramoto de 1755“ (dt.:
„Allegorie des Erdbebens von 1755“) an der Wand hängen sehen.
Dieses Gemälde zeigt
eine Momentaufnahme des Tages, an dem eine verheerende Erdbebenkatastrophe die
Stadt Lissabon und weite Teile des Landes in Schutt und Asche legte.
Der Maler dieses
Werkes, João Glama Stroeberle, der am Tag des
Bebens selbst in Lissabon weilte, hat mit seinem Pinselstrich perfekt das
apokalyptische Inferno, die gewaltige Zerstörungskraft und das Leiden der Menschen
an diesem so tragischen Tag sehr ästhetisch und eindrucksvoll auffangen und
wiedergeben können.
„João Glama Stroeberle??? Der Nachname klingt
irgendwie deutsch…“ – werden jetzt einige wohl denken
Und das ist sehr
richtig!
João Glama Stroeberle war ein portugiesischer
Maler mit deutschen Wurzeln, der eigentlich nur per Zufall in Lissabon im
Dezember 1708 – das genaue Datum ist leider nicht bekannt – geboren wurde.
Sein aus Passau
stammender Vater, Johann Hermann Ströberle – der später den verportugisierten Namen
João Armando Stroeberle annahm –, war mit
seiner hochschwangeren Gemahlin erst Ende Oktober 1708 in Lissabon angekommen.
Die Eheleute
Ströberle reisten damals im Gefolge der Erzherzogin Maria Anna von Österreich
(port.: D. Mariana de Austria), für die sie Beide schon in Wien tätig waren, nach
Portugal.
Maria Anna kam 1708 mit
einer Eskorte von elf Schiffen über Italien nach Lissabon, um hier den
damaligen König João V zu ehelichen.
Da der Vater
von João Glama Stroeberle am
königlichen Hof in Lissabon eine Beschäftigung fand, konnte er seinem Sohn später
eine recht gute Schulbildung ermöglichen.
Stroeberle Junior entdeckte
schon sehr früh seine Liebe zur Kunst und mit knapp 20 Jahren bekam er eine
Anstellung im Atelier des Malers und Illustrators Francisco Vieira Lusitano,
der unter anderem auch Hofmaler war.
1734 reiste
Stroeberle nach Rom, um in der Ewigen Stadt bei verschiedenen Künstlern seine
Malkunst zu perfektionieren.
Er wurde gleich nach
seiner Ankunft an der renommierten Accademia di San Luca, einer Kunstakademie die
unter der Obhut von Papst Gregor XIII stand und der auch z.B. die Maler
Domenico Guidi und Pietro da Cortona angehörten, aufgenommen.
Im Jahre 1739 gewann
er den ersten Preis eines Wettbewerbes an der Akademie und zur gleichen Zeit
lernte er den Bischof von Porto und damaligen Botschafter Portugals am Heiligen
Stuhl, Frei José Maria da Fonseca e Évora, kennen.
Dieser wurde mit der
Zeit ein sehr guter Freund von Stroeberle und Dank der Position die er innehatte,
verschaffte ihm Bischof Frei José später verschiedene Aufträge beim Papst.
Im Jahr darauf, 1740,
wurde João Glama Stroeberle in die berühmte
Accademia dell’Arcadia eingeführt.
Dieser römische
Dichterzirkel, zu dem einmal später auch Johann Wolfgang von Goethe gehören sollte,
war die wichtigste Vereinigung von Philosophen, Dichtern, Schriftstellern und
Wissenschaftlern in jener Zeit.
20 Jahre bleib
Stroeberle in Italien, bevor er 1754 nach Portugal zurückkehrte.
Er sollte in
Lissabon, auch hier hatte sein Freund der Bischof von Porto wieder seine Beziehungen
spielen lassen, die Innenräume der neu erbauten königlichen Oper bemalen und
dekorieren.
Diese Arbeit ging er
auch mit Elan an, doch leider konnte er sein Werk nicht beenden, denn am 01.
November 1755 ereignete sich das große Erdbeben, der nicht nur die neue Oper
dem Erdboden gleich machte, sondern die ganze Stadt verwüstete.
Dieses Beben prägte João Glama Stroeberle so sehr, das er daraufhin das am
Anfang dieses Textes erwähnte Gemälde „Alegoria ao Terramoto de 1755“ (dt.:
„Allegorie des Erdbebens von 1755“) malte.
In diesem Bild, unten
auf der rechten Seite, hat sich Stroeberle selbst gemalt und somit für die
Nachwelt verewigt, denn es handelt sich bei diesem Selbstbildnis um die einzig
bekannte Abbildung des Malers.
Nach dem Erdbeben
fand Stroeberle keine neue Anstellung in der Hauptstadt.
Obwohl für den
Wiederaufbau von Lissabon zahlreiche Architekten, Künstler, Bildhauer usw. gesucht
wurden, scheinen sowohl König José I als auch sein absolutistisch-regierender Premierminister
Marques de Pombal keine Verwendung für Stroeberle gehabt zu haben. Man sagt,
König José I sei damals mit der Arbeit Stroeberles im neuen Opernhaus nicht so
ganz zufrieden gewesen.
Ob das der Wahrheit
entspricht, kann heute nicht mehr nachvollzogen werde. Fakt ist aber das João Stroeberle bereits 1756 nach Porto, in die Nähe
seines Freundes Bischof José Maria da Fonseca e Évora, zog.
In Porto lebte sich Stroeberle schnell ein.
Vor allem in der dort
vorhandenen großen englischen Gemeinde fand er mit der Zeit Gönner und Liebhaber,
die seine Bilder zu schätzen wussten.
Und so kommt es, dass
es vor allem in den Kirchen und Klöstern in und um Porto heute die meisten
Werke von Stroeberle gibt, so z.B. im Kloster São
Francisco in Porto oder in den Kathedralen von Viana do Castelo und Braga.
In Porto, der Stadt
die ihn einmal mit offenen Armen empfing und dessen Bürger seine Kunst zu
schätzen wusste, in dieser Stadt ist er nach einem langen und erfüllten Leben
dann auch verstorben.
Am 13. Januar 1782 schloss
der portugiesische Maler mit dem deutschen Nachnamen für immer die Augen.
Er wurde 84 Jahre
alt.
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