Donnerstag, 7. März 2013
Von kreativen und inspirierenden Demonstranten
In einem Interview, den er gestern Abend am Rande einer Kirchenkonferenz über das Thema „Die Kirche in der portugiesischen Gesellschaft“ gab, hat der von mir sehr geschätzte Militärbischof (port.: Bispo das Forças Armadas), D. Januário Torgal Mendes Ferreira, wieder einmal seiner Meinung freien Lauf gegeben.
Der Seelsorger der portugiesischen Streitkräfte, der kein großer Freund der aktuellen Regierung ist, sagte, das seiner Meinung nach, die landesweiten Großdemonstrationen vom vergangenen Wochenende, bei denen über 1,5 Millionen Menschen auf die Straße gegangen sind (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Zum Teufel mit der Troika“, vom 02. März 2013), mehr als deutlich zeigen würden, das die Bevölkerung mit der jetzigen Regierung und den größten Steuererhöhungen in der Geschichte Portugals nicht einverstanden seien.
D. Januário, der schon mehrmals die Politik von Pedro Passos Coelho kritisiert hat, so verglich er vor einiger Zeit die Politik des Premierministers mit der des Diktators Salazar und bezeichnete die aktuelle Regierung gar als zutiefst korrupt und unglaubwürdig, warf dem Premierminister Unsensibilität vor und riet ihm sogar „zu gehen“.
Pedro Passos Coelho bleibt ungerührt und verlässt sich weiterhin darauf, dass die Mehrheit seiner Bürger fast grenzenlos leidensfähig und obrigkeitstreu ist.
Fragt sich nur, wie lange noch?!?
Einer meiner deutschen Freund meinte dieser Tage, er hätte es als sehr kreativ und inspirierend empfunden, als er im Fernsehen sah, wie tausende Demonstranten am vergangenen Samstag gemeinsam das Revolutionslied „Grândola, vila morena“ (bitte lesen sie hierzu auch meinen Blogeintrag „Grândola, vila morena“ vom 26. April 2010) sangen.
Ich glaube, „kreativ und inspirierend“ sind zwei Ausdrücke, die genau das wiedergeben, wie die Mehrheit der Portugiesen im Moment mit der politischen Klasse umgeht, wenn sie versucht, sich Gehör zu verschaffen.
Wie originell so mancher Protest im Augenblick sein kann, zeigt zweifellos eine neue Aktion, die sich jetzt tausende wütender Bürger haben einfallen lassen:
Sie lassen sich Rechnungen und Quittungen in Pedro Passos Coelhos Namen ausstellen und geben auch seine Steuernummer 177.142.430 an, so dass am Ende des Jahres die Ausgaben sein offizielles Einkommen übersteigen werden, und er dann, theoretisch, Besuch von der Steuerfahndung bekommen wird.
Natürlich ist dies nur eine geniale Protestform mehr, die am Ende doch im Sand verlaufen wird.
Aber wenigstens kämpft man mit solchen Aktionen gegen das immer größer werdende Gefühl der Machtlosigkeit hierzulande an!
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