Die Studentenunruhen die Ende der 60er Jahre in vielen Ländern der Welt, leider oftmals auch mit Gewalt, für frischen politischen Wind sorgten sind ein Teil der Geschichte vieler Nationen dieser Zeit.
Was viele heute nicht wissen ist, das diese Studentenunruhen, die im Jahre 1968 weltweit ihren Höhepunkt erreichten, hier in Portugal schon wesentlich früher begannen.
Schon im Jahre 1961 war es an den Universitäten von Coimbra und Lissabon zu zahlreichen Auseinandersetzungen zwischen den Studenten dieser zwei Bildungsanstalten und den Polizeikräften des damaligen Diktators António de Oliveira Salazar gekommen.
Die Studenten, die damals auf die Straße gingen, waren mit ihren Forderungen nach mehr politischen Freiheiten, zweifelsohne die Vorreiter der Revolutionäre des 25. April 1974.
Da aber Salazar kein allzu großer Freund von „Freiheiten“ war, veranlasste er, dass seine Polizei immer härter gegen die politisch engagierten Studenten vorging.
Dies verschärfte den Konflikt an den portugiesischen Universitäten zusehends.
Im April 1962 begannen zahlreiche Studenten an der Universität von Lissabon (port.: Universidade de Lisboa) den Unterricht zu boykottieren und viele von ihnen schlossen sich spontanen friedlichen Demonstrationen an.
Einige von ihnen traten sogar, um ihren Forderungen nach politischer und kultureller Freiheit mehr Ausdruck zu verleihen, einem Hungerstreik bei.
Salazar und sein Regime beobachteten diese Aktivitäten an der Lissabonner Universität zunehmend mit Besorgnis.
Anfang Mai befahl Salazar seiner Geheimpolizei PIDE mit allen Mitteln weitere Eskalationen und politische Aktivitäten an der Universitäten zu unterbinden.
Als sich der gesundheitliche Zustand der Studenten, die sich im Hungerstreik befanden, zunehmend verschlechterte, entschied sich Salazar zu handeln.
In den Morgenstunden des 11. Mai 1962, also vor genau 50 Jahren, umzingelte eine Hundertschaft der Polizei die Mensa der Lissabonner Universitätsstadt (port.: cidade universitária), wo die Studenten damals seit Tagen versammelt waren, und nahm alle Studenten fest.
Die Studenten die sich im Hungerstreik befanden wurden in Lissabonner Krankenhäuser eingewiesen und sofort zwangsernährt. Die anderen von ihnen wurden als „politische Revolutionäre“ in Gewahrsam genommen und auch als solche später verurteilt.
Über 1.500 junge Menschen wurden an diesem Tag von der Polizei verhaftet!
Sie wurden auf dem Campus der Universität zuerst zusammengetrieben und dann mit grünen Doppeldeckerbussen der öffentlichen Verkehrsbetriebe Carris zu der Lissabonner Zivilverwaltung (port.: Governo Civil de Lisboa) gefahren, wo sie dann fotografiert und ihnen die Fingerabdrücke abgenommen wurden, so als ob es sich bei ihnen um Schwerstkriminelle handeln würde.
Nachdem sie kriminaltechnisch Identifiziert waren, wurden sie von der Polizei tagelang vernommen, teilweise sogar zusammengeschlagen, bis man von jedem einzelnen ein „Geständnis“ hatte.
Die meisten von ihnen wurden dann wieder in Doppeldeckerbusse gesteckt und danach in das berüchtigte Gefängnis für politische Gefangene in Caxias, bei Lissabon, gesteckt.
Hier verbrachten sie dann mehrere Wochen, manche von ihnen sogar Monate, bevor sie wieder in die Freiheit entlassen wurden.
Aber viele von ihnen, wie Jorge Sampaio, der spätere Staatspräsident Portugals, João Cravinho, der spätere portugiesische Bauminister oder Ruben de Carvalho, der heute für die kommunistische Partei im Parlament sitzt, sahen ihre damalige Entlassung aus dem Gefängnis von Caxias keineswegs als Befreiung.
Im Gegenteil, viele von ihnen gingen später in den Untergrund und kämpften weiter gegen das diktatorische Regime von Salazar und seinem Nachfolger Marcelo Caetano.
Das damals, an einem einzigen Tag, 1.500 junge Menschen festgenommen werden konnten, ist heute kaum noch vorstellbar.
Aber, so vieles von damals ist heute noch kaum vorstellbar!
Sicherlich, man kann die heutige Zeit auch keinesfalls mit der damaligen vergleichen.
Aber, und da bin ich mir sicher, auch heute träumt sicherlich der eine oder andere Politiker davon, mal auf einem Schlag 1.500 Demonstranten festzunehmen, wenn diese auf den Straßen Portugals mal wieder für mehr soziale Gerechtigkeit, mehr Bildung, einem besseren Gesundheitswesen und mehr politischen Freiheiten aufbegehren.
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