Mittwoch, 18. Januar 2012

Die Universität von Coimbra





Auf dem höchsten Punkt der Stadt Coimbra, an der Stelle des früheren Königspalastes, von dem heute nur noch ein historisches mauelinisches Portal erhalten ist, steht die alte ehrwürdige Universität von Coimbra (port.: Universidade de Coimbra / lat.: Universitas Conimbrigensis).
Die Universität von Coimbra ist heute eine öffentliche Universität mit über 22.000 Studenten und 1.500 Dozenten.

Am 01. März des Jahres 1290 unterzeichnete der damalige portugiesische König Dinis in der Stadt Leiria den Gründungsvertrag der Universität, der dann durch die päpstliche Bulle „Scientiae thesaurus mirabilis“ am 09. August 1290 von Papst Nikolaus IV bestätigt wurde.
Auf Anweisungen von König Dinis wurde noch im selben Jahr mit dem Bau der Universität begonnen.
Die Universität von Coimbra ist somit die älteste Bildungsanstalt Portugals und eine der ältesten und renommiertesten der Welt.

Ihren Ursprung hat die Universität aber nicht in Coimbra, sondern in Lissabon.
Hier wurde sie, wie bereits erwähnt, im Jahre 1290, an der Stelle an dem sich heute der Largo do Carmo befindet, gegründet.
Die ersten Fächer die damals an der neu gegründeten Universität gelehrt wurden waren Kunst (port.: artes), Kanonisches Recht (port.: direito canónico, Zivilrecht (port.: direito civil), Medizin (port.: medicina) und Theologie (port.: teologia).

Bereits 18 Jahre nach ihrer Gründung in Lissabon wurde die Universität dann im Jahre 1308 zum ersten Mal nach Coimbra verlegt.
30 Jahre später, im Jahre 1338, kam sie wieder nach Lissabon, wo sie dann für die nächsten 16 Jahre blieb.
Im Jahre 1354 wurde sie erneut nach Coimbra transferiert, wo sie dann auch bis 1377 blieb.
Von 1377 an blieb sie für die nächsten 160 Jahre wieder in Lissabon.
Erst 1537 wurde sie, auf Anweisung von König João III, endgültig nach Coimbra verlegt, wo sie dann bis heute auch geblieben ist.

Ihre ersten Statuten (port.: estatutos universitários) erhielt die Universität unter dem Namen „Charta magna privilegiorum“ im Jahre 1309. In ihnen wurden die Dauer eines Studiums an der Universität, die Prüfungskriterien und die daraus resultierenden akademischen Titel festgelegt.

Die zweiten Statuten wurden dann im Jahre 1431 unter König João I gewährt.
In ihnen wurden die Aufnahme- und Studiengebühren für alle Studenten, unabhängig ihrer sozialen Klasse, festgesetzt, genauso wie das Tragen der schwarzen akademischen Tracht festgelegt, die heute noch von den meisten Studenten voller Stolz, und heute durchaus freiwillig, getragen wird.

Unter König Manuel I erhielt die Universität im Jahre 1503 ihre dritten Statuten. Diesmal wurden die genauen Aufgaben und Pflichten des Rektors und der einzelnen Dozenten schriftlich festgelegt, ebenso ihre Gehälter und die einzelnen akademischen Zeremonien klar definiert.

Im Jahre 1559, jetzt unter König Sebastião I, erhielt die Universität ihre vierten Statuten.
In ihnen wurde vor allem beschlossen, dass der Rektor und die restliche Führung der Universität nicht mehr, wie bisher, vom König ernannt wurden, sondern ab diesem Jahr von einem unabhängigen Gremium, dem „Claustro“, zu wählen waren.

Die fünften Statuten sollten 1580 in Kraft treten.
Aber durch die Einverleibung Portugals an das Königreich Spanien in eben diesem Jahr, traten sie niemals in Kraft.

Die sechsten Statuten kamen dann im Jahre 1591 direkt aus Madrid.
In ihnen wurde festgelegt, dass ab sofort der jeweilige spanische Monarch die Amtsgeschäfte der Universität immer gemeinsam mit zwei Mitgliedern des unabhängigen Gremiums der Universität, des „Claustro“, zu leiten hatte.

Unter dem spanischen König Felipe IV, der als Filipe III auch über Portugal geherrscht hat, wurde die Universität dann ab 1630 teilweise neu gebaut.
Es entstand ein U-förmiges Gebäude mit einem riesigen Innenhof.
Der Eingang zu diesem weiten Innenhof war und ist noch heute die „Porta Férrea“ (dt.: Eisernes Tor) aus dem Jahre 1634.
Im Westen, Norden und Osten wird dieser Hof von Universitätsgebäuden umschlossen. Aber die südliche Hofseite bildet eine Terrasse, von der man eine prachtvolle Aussicht auf die Stadt Coimbra und den Fluss Mondego hat.

Im Jahre 1640 mussten die Spanier dann das Universitätsgelände und ganz Portugal verlassen, denn Portugal hatte seine Unabhängigkeit von Spanien wiedererlangt.
Im Jahr darauf, 1641, wurden dann die siebten Statuten herausgegeben. Sie hoben im Großen und Ganzen die vorhergehenden spanischen Statuten auf.

An der Nordseite des Universitätshofes befindet sich das ursprüngliche Universitätsgebäude, indem heute das Rektorat und die juristische Fakultät untergebracht sind.
Über eine breite Freitreppe betritt man den Säulengang, die „Via Latina“ (dt.: Lateinische Weg).
Hier durften sich die Studenten und Professoren früher nur in der lateinischen Sprache verständigen.

Die Nordseite des Hofes begrenzt die Sternwarte (port.: Observatório) und die Westseite die Universitätskirche (port.: Igreja Univeritária).
Die Kirche wurde zwischen 1517 und 1552 als Schlosskapelle erbaut.
Ihr 33 m hoher Turm wurde zwischen den Jahren 1728 und 1733 von dem deutschstämmigen Architekten João Frederico Ludovice erbaut. Er ist das Wahrzeichen, nicht nur der Universität, sondern der Stadt Coimbra überhaupt.
In ihm befindet sich im Glockengeläut die berühmte „cabra“ (dt.: Ziege), eine Glocke die ehemals in dieser traditionsreichen Universität jeden Tag den Unterrichtsbeginn und Unterrichtsschluss der Studenten läutete.

An der Kirche schließt sich die prunkvoll ausgestattete Alte Biblioteca Joanina (dt.: Johannesbibliothek) an, ebenfalls ein Werk des Architekten Ludovice, die zwischen 1716 und 1723 nach dem Vorbild der Wiener Hofbibliothek geschaffen wurde.
Die Gemahlin von König João V, der der Förderer dieser eindrucksvollen Bibliothek war, stammte nämlich ursprünglich aus Österreich.

Unter König José I und seinem Premierminister, dem Marques de Pombal, wurden dann im Jahre 1772 die achten Statuten eingeführt. Diese Statuten, die auch Pombalinische Statuten (port.: estatutos pombalinos) genannt werden, waren dafür verantwortlich, dass sich die Universität grundlegend veränderte.
Waren bisher die theologischen, juristischen und sprachlichen Fächer im Vordergrund gewesen, standen ab jetzt die naturwissenschaftlichen Fächer, wie Biologie, Chemie, Mathematik und Physik, im Mittelpunkt.
Die Bibliothek wurde aus diesem Grund innerhalb von drei Jahren mit 12.000 neuen wissenschaftlichen Büchern aus aller Welt gefüllt!

Die Bibliothek beherbergt heute über 60.000 seltene Bücher und Handschriften aus allen Teilen der Welt und obendrein das wertvolle Archiv der Universität.
Die Decken- und Wandgemälde dieses wunderschönen Gebäudes sind alle vom portugiesischen Künstler António Simões Ribeiro gemalt worden.
Bis zum Jahre 1910 wurde die Bibliothek von den Studenten benutzt.
Heute kann man die Bibliothek zwar besuchen, allerdings kann man dann nur mit einer Sondergenehmigung Einsicht in die alten Bände nehmen.

Anfang des Jahres 1911 erhält die Universität neue Statuten.
Mit dem Ende der Monarchie und mit dem Beginn der Republik erhielt sie zum ersten Mal eine gewisse Autonomie und eine gerechtere Gebührenpolitik, damit ab nun jeder, aber auch wirklich jeder, unabhängig seiner finanziellen Möglichkeiten, studieren konnte.

Die größte architektonische Veränderung der neusten Zeit erlebte die Universität dann von 1942 bis 1969, als nämlich ein großer Teil der Altstadt von Coimbra, südlich des Largo da Feira, abgerissen wurde und neue Universitätsgebäude mit einer Reihe von Instituten, unter anderem die Faculdade de Medicina (dt.: Medizinische Fakultät), die Faculdade das Letras (dt.: Philosophische Fakultät) und die aktuelle Biblioteca Geral (dt.: Allgemeine Bibliothek), unter der Leitung der Architekten José Ângelo Cottinelli Telmo und Cristino da Silva gebaut wurden.

1974, mit dem Ende der Diktatur, reformierte sich die Universität. Sie erhielt neue Statuten und sie wurde, dem politischen Klima entsprechend, demokratischer und dynamischer.
Mit dem Jahr 1989 traten die aktuellen Statuten in Kraft.

Die Universität von Coimbra besitzt heute acht Fakultäten.
Jeder Fakultät ist eine Farbe zugeordnet, die die einzelnen Studenten identifizieren die sie zumeist als farbige Bänder tragen.
Trägt ein Student z.B. ein rotes Band, so weiß man das dieser Rechtswissenschaften studiert, trägt er ein gelbes Band, weiß man das er Medizin studiert, usw., usw.
Die Universität selber identifiziert sich immer mit der Farbe grün.
Die einzelnen Fakultäten und die entsprechenden Farben die ihnen zugeordnet sind

• die Fakultät für Medizin (port.: Faculdade de Medicina) – gelb
• die Fakultät für Pharmazie (port.: Faculdade de Farmácia) – lila
• die Fakultät für Philosophie (port.: Faculdade de Letras) – blau
• die Fakultät für Psychologie und Erziehungswissenschaften (port.: Faculdade de Psicologia e Ciências da Educação) – orange
• die Fakultät für Rechtswissenschaften (port.: Faculdade de Direito) – rot
• die Fakultät für Sportwissenschaften (port.: Faculdade de Ciências do Desporto e Educação Física) – braun
• die Fakultät für Technologiewissenschaften (port.: Faculdade de Ciências e Tecnologia) – blau-weiß
• die Fakultät für Wirtschaftswissenschaften (port.: Faculdade de Economia) – rot-weiß

Diese acht Fakultäten bieten heute Studenten, unter anderem, einen Abschluss in Architektur, Medizin, Erziehungs- und Ingenieurswissenschaften, Recht, Mathematik, Naturwissenschaften, Psychologie, Sozialwissenschaft und Sport an.

Ebenfalls zum Universitätsgelände gehört der exotische Botanische Garten (port.: Jardim Botânico), der einstmals auf Veranlassung des Marques de Pombal angelegt wurde.
Leider ist nur ein Teil des Botanischen Gartens öffentlich zugänglich, denn der größte Teil des Gartens ist dem Biologischen Institut der Universität vorbehalten.

Über die Jahrhunderte hinweg hat die Universität viele Studenten und Studentinnen hervorgebracht, die Berühmtheit erlangt haben.
Einige der berühmtesten ehemaligen Studenten und Studentinnen der Universität von Coimbra sind:

• Manuel Alegre – Poet und Politiker
• Manuel de Arriaga – Politiker und ehemaliger Staatspräsident
• Teófilo Braga – Politiker und ehemaliger Staatspräsident
• Luis de Camões – Poet und Schriftsteller
• Sebastião José de Carvalho e Mello, Marques de Pombal – Politiker und Premierminister
• João Baptista de Almeida Garett – Schriftsteller
• Xanana Gusmão – Freiheitskämpfer und Präsident von Ost-Timor
• Ernesto Rodolfo Hintze Ribeiro – deutschstämmiger Politiker und späterer Premierminister
• Alberto Iria – Historiker
• Artur Jorge – Fußballtrainer
• Eduardo Lourenço – Literaturwissenschaftler
• Egas Moniz – Neurologe, Politiker und Nobelpreisträger
• Vital Moreira – Rechtswissenschaftler
• Pedro Nunes – Mathematiker und Astronom
• Sidónio Pais – Politiker und ehemaliger Staatspräsident
• António de Oliveira Salazar – Politiker und späterer Diktator
• Aristides de Sousa Mendes – Politiker und Konsul
• Miguel Torga – Schriftsteller
• José Maria Eça de Queirós – Schriftsteller
• Antero de Quental – Schriftsteller

Mit ihrer über 700jährigen Geschichte gilt die Universität von Coimbra auch heute noch als die beste Universität Portugals, als eine der drei besten Universitäten im portugiesischsprachigen Raum, nach den Universitäten von São Paulo und Rio de Janeiro in Brasilien, und als eine der besten weltweit.

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