Donnerstag, 29. September 2011
Teatro Nacional de São Carlos
Das am 30. Juli 1793 fertig gebaute Nationaltheater São Carlos (port.: Teatro Nacional de São Carlos), das bis heute die durch das große Erbeben von 1755 völlig zerstörte Oper (bitte lesen sie hierzu auch meinen Beitrag „Die Oper am Tejo“, vom 11.09.2011!) ersetzt, war nie ein reines Reservat des Hofes, wie es das nicht mehr existierende Opernhaus gewesen war, sondern eher ein Schauplatz des Bürgertums.
Finanziert wurde das Theater, das eigentlich von Anfang an dazu bestimmt war eine Oper zu sein, von einer Gruppe reicher Bürger, die unter dem Prämierminister Marquês de Pombal, aufgestiegen waren.
Vor allem die Familie Quintela, die das damalige Tabakmonopol besaß und die das Grundstück für den Bau des Theaters zur Verfügung stellte, die Familie Cruz Sobrais, die in Brasilien ein Vermögen mit Kaffee gemacht hatte und die Familie Caldas, die im lukrativen Zuckerhandel tätig war, sorgten mit ihrem Geld dafür das der klassizistische Bau in einer Rekordzeit von nur 6 Monaten erbaut wurde.
Am gleichnamigen Platz, dem Largo de São Carlos, im Stadtteil Chiado, gelegen, wurde das Theater von dem im italienischen Bologna geschulten portugiesischen Architekten José da Costa e Silva erbaut, der sich ohne Zweifel von der Mailänder Scala inspirieren ließ.
Das Operngebäude ist von pombalinischen Häusern umgeben.
In jenem direkt gegenüber dem Schauspielhaus, hoch oben im 4. Stockwerk, wurde im Jahre 1888 Fernando Pessoa, einer der größten Dichter und Poeten Portugals, geboren.
Eröffnet wurde das Theater am 31. Juli 1793, durch Königin Maria I, mit der Oper „La Ballerina arnante“, des italienischen Komponisten Domenico Cimarosa.
Zuerst trug die Oper den Namen „Teatro Carlota Joaquina“.
Carlota Joaquina de Bourbon war eine spanische Infantin und heiratete 1790 den portugiesischen Thronfolger Infante João, der Jahre später als König João VI den Thron bestieg.
Die in Marmor gemeißelte lateinische Inschrift an der Außenfassade des Theaters zeugt heute noch von dieser ursprünglichen Namensgebung.
Aber da das Volk die Kronprinzessin Carlota Joaquina, gelinde gesagt, nicht ausstehen konnte, wurde die Oper alsbald von allen nur das „Teatro Italiano“ (dt.: Italienisches Theater) genannt, da früher ausschließlich italienische Opern hier gespielt wurden.
Dies führte so weit, das selbst portugiesische Komponisten ihre Werke nur aufführen konnten, wenn die Opern in italienischer Sprache verfasst waren.
Als Alfredo Keil (bitte lesen sie hierzu auch meinen Beitrag „Alfredo Keil“, vom 22. August 2011), der Verfasser der portugiesischen Nationalhymne, im Jahre 1899 die erste in Portugal verfasste Oper „A Serrana“ hier uraufführte, musste er dies auf Italienisch machen.
Selbst französische oder deutsche Opern, inklusive die Opern von Wagner mussten vor einer Aufführung zuerst ins italienische übersetzt werden!
Italienisch war bis zum Jahre 1910, als die Monarchie stürzte und die Republik ausgerufen wurde, die Sprache der Oper schlecht hin, und so erklärt es sich, warum es heute von bekannten ausländischen Opern hier in Portugal stets eine originale und eine italienische Version gibt.
Der regelmäßige Opernbesuch gehörte Anfang des 19. Jahrhunderts, alsbald zum Leben der kulturell interessierten und begüterten Schichten Lissabons.
Das Teatro Nacional de São Carlos ist eine der ältesten, heute noch existierenden, Opernhäuser Europas.
Von den fünf Logenreihen und insgesamt 600 Sitzplätzen aus kann man Darbietungen von höchster Akustikqualität erleben.
Namhafte Opernsänger und Opernsängerinnen sind in diesem Opernhaus aufgetreten.
Zu erwähnen seien hier die Italiener Ebe Stignani und Mario del Monaco, die hier gemeinsam gastierten, die deutsche Opernsängerin Georgine von Milinkovic, die Schweizerin Elisabeth Glauser, der Finne Heikki Siukola und der Deutsche Klaus König.
Heute geht der Spielplan normalerweise von November bis Juni, aber außerhalb dieser Zeit finden auch andere Konzerte und Theater- und Ballettaufführungen statt.
Seinen Ruf als „Theater des Volkes“ (port.: „Teatro do Povo“) hat sich das Teatro Nacional de São Carlos bis heute erhalten.
So werden, wenn große Opern auf dem Programm stehen, die Aufführungen direkt auf eine riesige Leinwand übertragen, so dass jeder in den Genuss kommen kann, in einer lauen Sommernacht, ein Opernstück zu genießen.
Ein Genuss den sich wirklich jeder leisten kann und sollte!
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