Mittwoch, 17. August 2011

Barock in Lissabon






Das Wetter scheint endlich besser zu werden.
Nach einem mittelmäßigen Frühling und einem zu kalten Frühsommer lädt das Wetter jetzt zum baden am Meer, einem leckeren Eis in der nächsten Diele oder einem langen Spaziergang am Strand ein.
Wer dennoch nicht an den Strand fahren und lieber in der Hauptstadt seine freie Zeit verbringen will, der sollte diese mit etwas Kultur bereichern.

Architekturtechnisch kann man in Lissabon eine Menge entdecken und alle Kunstrichtungen bestaunen.
Der Kunststil der es mir besonders angetan hat, ist der Barock.
Auf dem Gebiet barocker Architektur steht in Portugal an erster Stelle natürlich der gewaltige Baukomplex des Klosterpalastes von Mafra (port.: Palácio e Convento de Mafra) der dem spanischen Vorbild des El Escorial folgend, innerhalb seiner Mauern ein königliches Schloss, eine Kirche und ein Kloster beherbergt.
Aber auch hier in Lissabon ist die barocke Kunst an vielen Sehenswürdigkeiten der Stadt zu bewundern.

Anbei eine kleine Aufzählung der wichtigsten barocken Monumente der Hauptstadt:

• Basílica da Estrela (dt.: Sternbasilika) – Diese strahlend weiße Kirche hat ihren Ursprung in einem Versprechen den die unglückliche Königin von Portugal, Maria I, die später geistig umnachtet in Rio de Janeiro starb, als junge Frau gab. Sie versprach eine Kirche zu errichten, wenn sie einen männlichen Nachfolger gebären sollte. Der liebe Gott muss ihre Gebete erhört haben, denn die Königin gebar, nach jahrelanger Kinderlosigkeit, im Jahre 1767 mit Infante João einen männlichen Thronfolger, den späteren João VI. Im Jahre 1776 legte man den Grundstein für die Kirche und 1779 begann Mateus Vicente, ein Architekt aus der renommierten Schule von Mafra, mit dem Bau der Basilika, die zwei Kirchtürme besitzt und eine wunderschöne Kuppel die Tageslicht durchfluten lässt. Nach dem Tode von Mateus Vicente, im Jahre 1786, baute seine Freund Reinaldo Manuel an dem Kirchengebäude weiter. 1789 wurde es feierlich eingeweiht. In einem Nebenraum der Basilika, befindet sich einer der größten und schönsten Weihnachtskrippen (port.: Presépio) Portugals. Die Krippe hat über 500 Figuren und wird dem Bildhauer Machado de Castro, der auch die meisten Statuen in der Basilika erschuf, zugeschrieben. Genau neben der Krippe, im rechten Querschiff, steht der schwarze Sarkophag mit den Gebeinen der königlichen Stifterin, die später aus Brasilien in die Kirche überführt wurden.

• Igreja de Santa Engrácia (dt.: Kirche Santa Engrácia) – Diese Kirche kann sich rühmen der erste sakrale Barockbau Portugals zu sein. In der Alfama, auf einem Hügel gelegen, ist sie weit über der Stadt sichtbar. Die Kuppel und das achteckige Innere verleihen dem Raum Großzügigkeit und Weite. Die Kirche ist mit verschiedenfarbigem Marmor ausgekleidet und mit kostbaren Materialien dekoriert. Es war brasilianisches Gold der diese Extravaganz ermöglichte. Heute ist die Kirche das Nationale Pantheon Portugals (port.: Panteão Nacional). Hier sind in großen marmornen Sarkophagen verschiedene portugiesische Persönlichkeiten, wie Humberto Delgado und Amália Rodrigues, beigesetzt.

• Igreja de São Roque (dt.: Sankt Rochuskirche) – Diese einschiffige Jesuitenkirche ist wohl die unscheinbarste und nüchternste der ganzen Stadt, jedenfalls von Außen. Denn von Innen wird man von der barocken verschwenderischen und prunkvollen Pracht mit der sie ausgeschmückt ist, fast erschlagen. Wertvolle Gemälde, verschiedenfarbiger Marmor, bunte Azulejos und vergoldete Holzschnitzereien (port.: telha dourada) machen diese Kirche zu einer der schönsten Portugals. Der Kirche angeschlossen ist das mit vielen Goldschmiedearbeiten, kostbaren Reliquienschreinen und wertvollen Kirchengewändern und Altardecken ausgestattete Museum für Sakrale Kunst (port.: Museu de Arte Sacra).

• Igreja do Menino Deus (dt.: Gotteskind-Kirche) – Diese in der Alfama, an dem Platz gleichen Namens, gelegene Kirche feierte vor einigen Monaten ihren 300sten Geburtstag. Obwohl die mit blau- und rosafarbenem Marmor ausgelegte Kirche, eines der schönsten Exemplare des Barocks in der Hauptstadt ist, ist sie den meisten Lissabonnern unbekannt. Im Jahre 1711 wurde mit ihrem Bau begonnen. Ihre Architekten waren die königlichen Baumeister João Antunes und Frederico Ludovice, der Erbauer des Klosterpalastes von Mafra. Da das Portal der Kirche in der Regel verschlossen ist, sollte man nicht gleich wieder gehen, sondern an die Haustür mit der Nr. 27 klopfen. Eine der dort lebenden 16 Nonnen des Ordens São José de Cluny (dt.: Heiliger Josef von Cluny) wird schon gerne aufschließen.

• Igreja da Madre de Deus (dt.: Kirche der Heiligen Mutter Gottes) – Diese Kirche gehört zum Kloster der Heiligen Mutter Gottes (port.: Convento da Madre de Deus), in dem heute das Nationale Kachelmuseum (port.: Museu Nacional do Azulejo) untergebracht ist. In diesem Museum ist die weltweit größte Kachelsammlung untergebracht. Mit dem Bau der Kirche und des Klosters wurde im Jahre 1509 im Auftrag der Infantin Leonor, einer Schwester von König Manuel I, begonnen. Die Kirche ist völlig mit Azulejos verkleidet und die wertvollen Gemälde sind mit vergoldeten Holzschnitzereien (port.: telha dourada) umrahmt, die fast jedes freie Fleckchen ausfüllen. Ein Besuch dieser Kirche ist nur in Kombination mit einem Besuch im Museum möglich.

Außerhalb von Lissabon kann man natürlich noch weitere barocke Schätze, wie z.B. den schon erwähnten imposanten Klosterpalast in Mafra, die wunderschöne Kirche der Kleriker (port.: Igreja dos Clérigos) in Porto und den königlichen Palast in Queluz (port.: Palacio Real de Queluz), bewundern, um hier nur drei Beispiele zu nennen.

Aber auch andere Kunststile können in Lissabon und dem übrigen Portugal bestaunt werden.
Leider ist aus der römischen und maurischen Zeit architektonisch so gut wie nichts mehr vorhanden.
Aber von der Romantik, über die Gotik, der urportugiesischen Manuelistik, der Renaissance, dem Klassizismus bis hinüber zur Moderne kann man in Portugal vieles einzigartiges entdecken.

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