Freitag, 8. April 2011
Nein, ich habe nicht über meine Verhältnisse gelebt!
Portugal hat gestern Nachmittag seinen Euro-Partnern einen schriftlichen Hilfsantrag geschickt, nachdem es am vorherigen Mittwochabend angekündigt hatte, dass es diesen Schritt offiziell gehen werde.
„Meine Regierung hat heute entschieden, den bitteren Weg zu gehen, und die Europäische Kommission in Brüssel um finanzielle Hilfe zu bitten“, sagte Premierminister José Sócrates am Mittwochabend.
Grund für diesen Schritt Sócrates sind letztendlich die hohen Schulden des Landes und die daraus entstandenen Probleme, frische Kredite an den internationalen Finanzmärkten zu erhalten.
Das Vertrauen in Portugal auf den internationalen Finanzmärkten war in den vergangenen Monaten immer wieder gesunken.
Renommierte Wirtschaftsanalysten sagten bereits seit geraumer Zeit voraus, dass Portugal bald auf internationale Finanzhilfe angewiesen sein werde, um seine Schuldenlast zu bewältigen. Investoren hatten von Portugal zuletzt für Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit den Rekordzinssatz von 9% verlangt.
Zum Vergleich: die gleichen Staatsanleihen kosten Deutschland nur 3% Zinsen.
Nachdem Premierminister José Sócrates nach einer Abstimmungsniederlage im Parlament am 23. März unterlegen war, stellte er den Misstrauensantrag, wohl wissend dass er diesen, als Regierungschef einer Minderheitsregierung, verlieren würde. Er musste diesen drastischen Weg in Richtung Euro-Rettungsschirm notgedrungen gehen.
Und man kann José Sócrates wirklich vieles vorwerfen, aber er hat es wirklich zu verhindern versucht diesen schweren Gang zu gehen – wohlgemerkt, er hat es versucht, aber wahrlich wenig dagegen getan, als er es hätte tun können.
Nun wird Portugal über Jahre hinweg zu einem harten Sparkurs gezwungen werden und der jetzt schon armselige Lebensstandard wird wohl noch sinken.
Heute sagte ein deutscher Arbeitskollege zu mir, nicht ohne eine gewisse Ironie in der Stimme zu zeigen:
„Nun ja, das passiert halt, wenn man Jahrelang über seine Verhältnisse lebt!“
Hierzu möchte ich eines ganz deutlich klar stellen:
ICH HABE NICHT ÜBER MEINE VERHÄLTNISSE GELEBT!!!
Mag sein das viele in der portugiesischen Politik, im Fußball und in der Gesellschaft so gelebt haben, aber die Mehrheit der Bevölkerung hat wahrlich nicht über ihre Verhältnisse gelebt, ganz sicher nicht!
Ich weiß nicht wie viel Portugal an finanzieller Hilfe beantragen wird.
Die einen reden von 75 Milliarden Euro, die anderen von 100 Milliarden Euro und wieder andere sogar von 150 Milliarden Euro.
Eine dieser unfassbaren Summen wird es schon sein.
Und egal wie viel es am Ende auch sein wird, es wird sicherlich viel zu viel sein.
„Es ist die paradoxe Wahrheit, das der Kapitalismus regelmäßig Geldwerte vernichten muss, um nicht zu verarmen!“.
Ich weiß nicht wer diesen schlauen Satz einmal gesagt hat, aber an dieser Behauptung scheint etwas Wahres zu sein…
Dienstag, 5. April 2011
Osterbasar 2011
Vorgestern, am Sonntag, fand im Stadtteil Campo de Ourique, in der katholischen Schule der Salesianer (port.: Escola dos Salesarianos), der Ökumenische Osterbasar der deutschen evangelischen und katholischen Kirchengemeinden statt.
Bei besserem Wetter als eigentlich vorhergesagt und auch erwartet, konnte man ein reichhaltiges Angebot an traditioneller Osterdekoration, Kleidung, Krimskrams, deutschen Lebensmittel und einer leckeren Osterbowle bestaunen und genießen.
Spezialitäten aus der deutschen Küche zum Mittagessen, wie Sauerkraut und Bratwurst, und eine reichhaltige Kuchen- und Kaffeetafel sorgten für das Wohlbefinden der Besucher.
Leider hielt sich der „Ansturm“ auf den Osterbasar in Grenzen.
Bleibt nachzuforschen warum dieses Jahr so wenig Besucher zugegen waren.
Sicherlich gibt es dafür Gründe.
Diese gilt es jetzt zu analysieren und bei Gelegenheit zu ändern.
Warum die leckere Osterbowle, die Friederike Zühl mit so viel Liebe und Geschmack gemixt hat, verkannt wurde, wird mir allerdings auf ewig ein Rätsel bleiben.
Nichtsdestotrotz war der Osterbasar, was den Zusammenhalt, den Gemeinschaftssinn und die Aktivität der beiden Gemeinden angeht, ein voller Erfolg!
Samstag, 2. April 2011
Er kam…, las… und siegte…
Am vorgestrigen Donnerstag war, wie in diesem Blog vor Tagen angekündigt, der junge Romanschriftsteller Titus Müller in der Deutschen Evangelischen Kirche zu Lissabon (port.: Igreja Evangélica Alemã de Lisboa) zu Gast, um aus seinem historischen Roman „Die Jesuitin von Lissabon“ vorzulesen.
Begleitet wurde Titus Müller bei dieser Lesung von Paulo Rêgo, seinem portugiesischen Übersetzer, der gerade dabei ist seinen historischen Roman zu übersetzen, damit dieser Ende des Jahres unter dem Namen „A Jesuita de Lisboa“ hier in Portugal erscheinen kann.
Paulo Rêgo, ein ehemaliger Schüler der Deutschen Schule in Lissabon (port.: Escola Alemã em Lisboa), hat schon Werke von Hermann Hesse, Stefan Zweig, Günter Grass und Hans Fallada übersetzt.
Beide stellten sich den anwesenden Literaturliebhabern vor.
Titus Müller erzählte kurz über seinen persönlichen Werdegang, Paulo Rêgo erklärte, anhand eines Textteils, wie er gerade das Werk von Titus Müller ins portugiesische übersetzt und dann fing die Lesung auch schon an.
Titus Müller wirkt auf einen, wenn man ihn zum ersten Mal begegnet, recht jugendlich (nun, er ist ja auch erst 34 Jahre alt), sympathisch, charmant, zuvorkommend und unkompliziert.
Er hat eine Art an sich, die es ihm möglich macht, mit Worten Menschen sofort in seinen Bann zu ziehen.
Das bewundere ich sehr an einem Menschen!
Ich weiß nicht wie viele Gäste bei der Lesung am Donnerstag zugegen waren, jedenfalls war sie gut besucht und jede Altersgruppe, bis auf die ganz junge, schien vertreten zu sein.
Titus Müller brachte uns alle dazu, mit seinen spannenden und sehr detaillierten kleinen Szenenbeschreibungen aus dem Buch in die Geschichte der von ihm erfundenen Figuren Antero, Dalila und Leonor und in das Lissabon des Schicksaljahres 1755 hineinzutauchen.
Mir persönlich haben die vielen Hintergrundinformationen und das große Fachwissen zur Epoche, welches Titus Müller an den Tag legte, sehr imponiert.
Es kommt nicht jeden Tag vor, das ich so viel Wissenswertes über die Geschichte meines Landes und meiner Heimatstadt erfahre, zumal von einem Außenstehenden!
Man merkte bei der Buchpräsentation sofort, dass Titus Müller mittelalterliche Geschichte und Kommunikationswissenschaften studiert hat.
Er erklärte uns, auf eine lockere aber gleichzeitig sehr kompetente Art und Weise, wie der Alltag im Lissabon des ausgehenden 18. Jahrhunderts wohl ausgesehen haben muss.
Er hat mir später erzählt, dass er diese Lesung über sein Buch „Die Jesuitin von Lissabon“ schon mindestens 60 Mal gehalten hat.
Trotzdem hat er uns allen, die wir ihm zuhörten, das Gefühl gegeben er würde die Geschichten alle zum ersten Mal erzählen, mit so viel Hingabe, Spaß und Detailgenauigkeit hat er sie uns vorgetragen.
Später fand Titus Müller noch die Zeit, den Roman, welches mir meine Schwester Carla extra aus Deutschland hatte kommen lassen, zu signieren und mir eine kleine Widmung rein zuschreiben.
Es war ein gelungener und schöner Abend, dessen viele positive Eindrücke mich noch lange begleiten werden.
Ohne Zweifel:
Titus Müller kam…, las… und siegte…!