Dienstag, 4. Januar 2011
Es ist etwas faul im Staate Portugal
Wie jeder weiß und wie jeder (der eine mehr, der anderer weniger) es zu spüren bekommt, befinden wir uns hier in Portugal in einer Zeit voller Krisen.
Selten hat Portugal in den letzten 100 Jahren wirtschaftlich so schlecht dagestanden wie im Augenblick (so viel zum Thema „100 Jahre Republik“).
Mit Island, Irland und Griechenland als abschreckende Exempel vor Augen, bemüht sich die Nation das Schicksal dieser bankrotten Staaten nicht zu erleiden.
Aber es wird schwierig in den nächsten Monaten und Jahren, sehr schwierig!...
Und weil wir so schwere Zeiten haben, und uns gewiss noch schwierigere Zeiten bevorstehen, kann ich, wo doch von mir und den anderen Steuerzahlern erwartet wird, dass wir den Gürtel enger schnallen, nicht nachvollziehen wie andernorts das Geld regelrecht aus dem Fenster rausgeschmissen wird.
Und ich rede hier nicht von den staatlichen Institutionen, wie etwa dem Verteidigungsministerium, dem Verkehrsministerium oder dem Innenministerium, denn von denen sind wir sinnloses Geldausgeben schon gewohnt.
Nein, ich rede hier von den Kommunen und den Städten, die hier in Portugal, auf unsinnigste Art und Weise, öffentliche Steuergelder ausgeben und wo sich dann die Herren Bürgermeister lamentierend vor Fernsehkameras stellen und sagen, wie schlecht finanziell es um sie und ihre Kommunen bestellt ist.
Ich habe hier ein paar Beispiele aus dem letzten Jahr, die jedem normalen Bürger die Schamesröte ins Gesicht treibt, nicht so aber anscheinend den Stadtverwaltungen und den Kommunalpolitikern, die folgende Rechnungen an den portugiesischen Rechnungshof (port.: Tribunal de Contas) gesendet haben, in der Hoffnung der portugiesische Steuerzahler würde diese begleichen:
- So hat in Matosinhos, genauer gesagt im Matosinhos Habit, der Zentrale für städtischen Wohnungsbau, die Neuanschaffung der Eingangstür des Hauptgebäudes stolze 142.320.- Euro gekostet. Würde gerne nur mal wissen, aus was diese Tür besteht, denn schließlich kostet sie ja mehr, als so manche Eigentumswohnung hier in Lissabon.
- Die Hochschule für Technologie an der Universität der Algarve (port.: Escola Superior de Tecnologia da Universidade do Algarve) stellt dem Steuerzahler, den Hin- und Rückflug eines Professors zwischen Faro und der kroatischen Hauptstadt Zagreb, mit 33.745,- Euro in Rechnung. Nachdem ich die Internetseite der portugiesischen Fluggesellschaft TAP besucht habe, habe ich herausbekommen das der teuerste Flug zwischen Faro und Zagreb, hin- und zurück, mit Steuern, gerade Mal knapp 1.700,- Euro kostet. Macht den stolzen Unterschied von über 32.000,- Euro.
- Die Regionalhauptverwaltung der Gesundheitsbehörde des Alentejo (port.: Administração Regional de Saúde do Alentejo), in Évora, hat 97.560,- Euro für die Anschaffung eines Büroschrankes, zwei Computertischen und drei Stühlen mit extra hohen Lehnen ausgegeben. Ich weiß nicht wie der aktuelle qm²-Preis für Büromöbel ist, aber entweder sind diese, vom Gesundheitsamt gekauften und in Rechnung gestellten Möbel, aus purem Gold oder man hat die Alentejanos, die sonst so stolz darauf sind genug Bauernschläue zu haben und sich nicht so leicht übers Ohr hauen zu lassen, ganz schön über den Tisch gezogen. Vielleicht hätte man vor dem Erwerb der Büromöbel einmal bei IKEA vorbeischauen sollen. Die haben nämlich ein sehr gutes Preisleistungsverhältnis was Büromöbel angeht.
- Die Stadt Lagoa (port.: Município de Lagoa) an der Algarve hat für das Anbringen von Motorradtaschen an den von ihren Mitarbeitern benutzten Arbeitsmotorrädern stolze 106.596,- Euro ausgegeben. Ich weiß nicht wie viele Motorräder die Stadt Lagoa insgesamt diesen Umbaumaßnahmen unterworfen hat, aber es scheint ein teurer Spaß zu sein, wenn man sich an der Algarve sein zweirädriges Arbeitsgefährt umpimpern lässt.
- Eine weitere kuriose Rechnung hat die Stadtverwaltung von Ilhavo (port.: Município de Ilhavo) beim portugiesischen Rechnungshof eingereicht. Die bezahlte nämlich angeblich für drei Computer, einem Drucker, neun Telefonen und zwei Scannern insgesamt 380.666,- Euro. Es muss sich hierbei wirklich um ganz besondere PC´s handeln, wenn ein jeder von ihnen über 100.000,- Euro kosten tut.
- Das Rathaus von Loures (port.: Câmara Municípal de Loures) gelegen in einem Weinanbaugebiet, hat 652.300,- Euro für spanischen Rot- und Weißwein ausgegeben. Würde jetzt nur gerne wissen, warum ein Weinanbaugebiet über eine halbe Million Euro für spanische Weine ausgibt. Ist man vielleicht von seinen Weinen nicht überzeugt?
- Die Anschaffung eines Lieferwagens beläuft sich, laut der Stadtverwaltung von Vale de Cambra (port.: Município de Vale de Cambra), auf stolze 1.236.000,- Euro! Hierbei handelt es sich nicht etwa um einen Lieferwagen der Marke Porsche oder Bentley, sondern um einen der Marke Renault. Kein Wunder also das es der französischen Wirtschaft besser geht, als der unsrigen.
- Für die Einweihung des neuen Burgmuseums von Sines (port.: Museu do Castelo de Sines), wurde ein Festzelt angemietet, für den die Stadtverwaltung von Sines (port.: Município de Sines) 1.236.500,- Euro hinblätterte. So erfahren wir das das anmieten eines Festzeltes genauso teuer ist, wie das Anschaffen eines Lieferwagens der Marke Renault…
- Aber den Vogel schließt wohl die Stadtverwaltung von Beja ab. Die hat nämlich tatsächlich beim Rechnungshof hier in Lissabon eine Rechnung eingereicht, die an Dreistigkeit ihres gleichen sucht. Für einen multifunktionalen Fotokopierer der Marke Xerox, Model IRC30801, der im normalen Handel 7.698,- Euro kostet, bezahlte die Stadt Beja angeblich, sage und schreibe 6.572.983,- Euro, in Worten: sechsmillionenfünfhundertzweiundsiebzigtausendneunhundertachtunddreißig Euro!!!
Das es sich bei all diesen Rechnungen um glatten Betrug handelt steht, sowohl für den Rechnungshof als auch für jeden normal denkenden Menschen, außer Frage.
Ich wundere mich nur, warum keiner dieser Herren der Stadtverwaltungen festgenommen oder gleich an die nächste Wand gestellt worden ist.
Beruhigend für mich ist nur, dass der Rechnungshof keinem dieser Fantasierechnungen stattgegeben hat, d.h. es kam niemals zu einer Begleichung der jeweiligen Rechnung, jedenfalls in der gewünschten Höhe.
Aber, und hier wiederhole ich mich, ich kann nicht verstehen und nachvollziehen das all diese kommunalen Organe - Bürgermeister, Stadträte, und andere kommunalen Politiker - ohne eine Anzeige, ohne eine Verurteilung, davon gekommen sind.
Es ist etwas faul im Staate Portugal…
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