Mittwoch, 29. Dezember 2010
Die Arglosen im Ausland
Kurz vor meiner Fahrt an die Algarve, wo ich vorhabe den Jahreswechsel zu verbringen, bin ich mit dem lesen des Buches „Die Arglosen im Ausland“ von Mark Twain fertig geworden.
Ich habe diesen, mehr oder weniger amüsanten Reisebericht des amerikanischen Schriftstellers, vor Wochen in die Finger bekommen und es mit einigen Unterbrechungen gelesen.
Der vor gut hundert Jahren verstorbene amerikanische Schriftsteller, Autor von Werken wie „Tom Sawyer und Huckleberry Finn“ und „Oliver Twist“, ging im Jahre 1867 an Bord des alten Sezessionskriegschiffes „Quaker City“, in Richtung Jerusalem, auf Pilgerfahrt.
Mark Twains erste Station auf dieser Reise war die Azoreninsel Faial.
Damals brauchte man mit dem Schiff 10 Tage von New York bis nach Horta, der Hauptstadt Faials.
Als Twain mit seinen Mitreisenden endlich auf der Insel ankam, waren sie zuerst noch von den barfüßigen und lachenden Kindern angetan.
Doch ihre Freude hielt sich bald in Grenzen, spätestens als besagte Kinder anfingen sie massiv zu bedrängen und anzubetteln.
So wie Twain in seinem Reisebericht erzählt, flüchtete er mit einigen seiner Mitreisenden in das erst beste Wirtshaus der Stadt.
Erschöpft von der langen Reise auf dem Meer, gerade Mal vor lästig bettelnden Kindern geflüchtet und endlich froh festen Boden unter den Füßen zu haben, bestellten sie nicht nur ein gutes Essen, sondern auch Unmengen von Zigarren und guten Wein.
Als dann die Rechnung kam, erschrak die Reisegesellschaft arg.
21.000 Reis sollten die Amerikaner für ihr opulentes Mahl bezahlen.
Die Amerikaner legten zusammen, und brachten es gerade Mal auf 150 US-Dollar. Das war damals eine Menge Geld, und sie hatten auch nicht mehr dabei.
Als der Wirt ihnen den Wechselkurs verriet, war die Erleichterung, sowohl bei Mark Twain als auch bei seinen Begleitern, sehr groß, denn der Wechselkurs belief sich auf 1 zu 1000.
21.000 Reis waren also damals gerade mal 21 US-Dollar!
Den Namen des Restaurants verrät Twain in seinen Aufzeichnungen leider nicht, aber er erwähnt in seinem Reisebericht „Die Arglosen im Ausland“, das die Bewohner der Insel nicht nur zu den Walen, die sie bejagen, ein „sehr enges Verhältnis“ hatten, sondern auch zu ihren „donkeys“, ihren Eseln also.
Fasziniert berichtet Twain „das die Eseln und die Männer, Frauen und Kinder einer Familie alle zusammen im selben Raum schlafen und das alle wahrhaft glücklich sind“.
Man muss wirklich Amerikaner sein, um solch einen Stuss zu schreiben.
Das Buch hat mehrere solcher klugen Stellen, aber ich finde vor allem diese Stelle sehr aufschlussreich, denn so erfahre ich welch inniges Verhältnis einst die Einwohner dieses Eilandes mitten im Atlantik früher zu ihren grauen Gefährten hatten.
Und ich finde wir Portugiesen schneiden bei diesem Reisebericht gar nicht Mal so schlecht ab.
Viel schonungsloser und sarkastischer geht Mark Twain da schon eher mit den Einwohnern von Tanger, Gibraltar, Marseille, Rom oder Athen um.
Wahrscheinlich hatten diese alle damals keine Esel und waren deshalb „wahrhaft nicht glücklich“ …
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