Dienstag, 15. September 2009
Und einen Donnerkeil führ ich im Munde
Es gibt hier in Portugal eine Unart, die meistens von Männern aller Altersgruppen, sehr selten von Frauen, praktiziert wird.
Diese Unart ist selbst für mich sehr gewöhnungsbedürftig, obwohl ich ehrlich gestehen muss, dass auch ich schon mehrmals diesem „Laster“ verfallen bin.
Ich rede von dem Benutzen eines Zahnstochers in aller Öffentlichkeit, so wie man es in Deutschland niemals wagen würde.
Ein Zahnstocher (port.: palito) ist hier in Portugal so etwas wie ein Attribut männlicher Macht und Würde, den man bei allen Gelegenheiten im Munde führt.
Nach einem leckeren Mahl, ragt er angriffslustig, wie der Zahn eines Vampirs, aus dem Mundwinkel oder hängt schlaff und traurig wie eine erloschene Zigarette von den Lippen herunter, je nach seelischer Befindlichkeit des Trägers.
Im Restaurant wird nach dem üppigen Mahl vom Ober erwartet das er ohne Aufforderung die Zahnstocher serviert. Tut er dies nicht, so wird er regelrecht angeherrscht, es gefälligst zu tun.
Er bringt sie dann eilfertig, und schon kann man(n) sich hinter vorgehaltener Hand, ohne das Gespräch zu unterbrechen, der Lust des Zahnstocherns hingeben.
Wie ich bereits zugegeben habe, pflege auch ich manchmal ein leckeres Mahl in einem Restaurant mit einem Zahnstocher zu beenden. Aber ich könnte niemals, so wie manche meiner Landsleute, sogar auf die Tanzfläche mit einem Zahnstocher gehen, obwohl ich zugeben muss, dass dann beim Tanzen ansatzweise die nötige Distanz gewahrt wird und eine hoheitsvolle Kopfhaltung gegeben ist.
Ich könnte auch Niemals, wie viele, nach der Mittagspause die Firma mit dem Zahnstocher im Mund betreten.
Für mich undenkbar, aber für viele meiner Landsleute absolut normal.
Bei Friedrich Schiller, in seinem Werk "Johanna von Orleans" heißt es an einer Stelle:
„...und einen Donnerkeil führ ich im Munde."
Hier in Portugal handelt es sich bei diesem Donnerkeil wohl ohne Zweifel um einen Zahnstocher!
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